HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Schles­wig-Hol­stein, Ur­teil vom 14.10.2014, 1 Sa 151/14

   
Schlagworte: Kündigungsschutz: Kleinbetrieb, Kleinbetrieb
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Aktenzeichen: 1 Sa 151/14
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 14.10.2014
   
Leitsätze:

1. Die Kündigung einer 19 Jahre lang beschäftigten Mitarbeiterin in einem Betrieb mit 5 Arbeitnehmern ist nicht treuwidrig, wenn die Mitarbeiterin bei Zugang der Kündigung bereits längere Zeit erkrankt ist (hier: 2,5 Monate) und auf Nachfrage keine Angaben zu einem möglichen Zeitpunkt der Wiedergenesung machen kann, wenn eine befristete Ersatzeinstellung wegen der Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht möglich ist und die Arbeitskraft - wie regelmäßig - dringend benötigt wird.

2. § 242 BGB verlangt in diesem Fall nur, dass ein "irgendwie einleuchtender" Grund für die Kündigung vorliegt, eine dreistufige Prüfung nach den Grundsätzen der sozialen Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung nach § 1 II KSchG erfolgt nicht.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Lübeck, Urteil vom 25.03.2014, 3 Ca 2678/13
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein

Ak­ten­zei­chen: 1 Sa 151/14
3 Ca 2678/13ArbG Lübeck
(Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!)

Verkündet am 14.10.2014

als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

Ur­teil

Im Na­men des Vol­kes

In dem Rechts­streit

pp.

hat die 1. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 14.10.2014 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt …als Vor­sit­zen­den und d. eh­ren­amt­li­chen Rich­ter …als Bei­sit­zer und d. eh­ren­amt­li­chen Rich­ter … als Bei­sit­zer

für Recht er­kannt:

 

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Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Lübeck vom 25.03.2014 – 3 Ca 2678/13 – wird auf ih­re Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.-.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil ist ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben; im Übri­gen wird auf § 72 a ArbGG ver­wie­sen.

 

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Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten im Be­ru­fungs­ver­fah­ren nur noch über die Rechtmäßig­keit ei­ner Kündi­gung.

Die 1966 ge­bo­re­ne Kläge­rin ist seit dem 01.11.1994 bei der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgängern als Rechts­an­walts- und No­tar­fach­an­ge­stell­te mit Schwer­punkt im No­ta­ri­at auf Grund­la­ge ei­nes schrift­li­chen An­stel­lungs­ver­trags (An­la­ge K1, Blatt 8 der Ak­te) tätig. Die Be­klag­te beschäftigt in ih­rer Rechts­an­walts- und No­tar­kanz­lei ein­sch­ließlich der Kläge­rin fünf Ar­beit­neh­mer.

Seit dem 16.07.2013 ist die Kläge­rin ar­beits­unfähig er­krankt. Nach­dem min­des­tens ein Te­le­fo­nat über den Zeit­punkt ih­rer Rück­kehr an ih­ren Ar­beits­platz geführt wor­den war, kündig­te die Be­klag­te mit am 30.09.2013 der Kläge­rin zu­ge­gan­ge­nem Schrei­ben das Ar­beits­verhält­nis frist­gemäß zum 30.04.2014. Zum 01.04.2014 stell­te sie ei­ne neue Ar­beits­kraft ein.

Ge­gen die Kündi­gung hat die Kläge­rin frist­gemäß Kla­ge er­ho­ben und de­ren Un­wirk­sam­keit we­gen ei­nes Ver­s­toßes ge­gen das Ge­bot der Wah­rung ei­nes Min­dest­maßes an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me gel­tend ge­macht.

Die Be­klag­te hat erst­in­stanz­lich u. a. aus­geführt, ei­ner ih­rer Ge­sell­schaf­ter ha­be, nach­dem er am 22.08.2013 ei­ne wei­te­re Erst­be­schei­ni­gung ei­nes Or­thopäden er­hal­ten ha­be, sich te­le­fo­nisch bei der Kläge­rin er­kun­digt, mit wel­chen wei­te­ren Aus­fall­zei­ten er rech­nen müsse. Dar­auf ha­be die­se erklärt, hier­zu kei­ne Aus­sa­gen ma­chen zu können.

We­gen des wei­te­ren Vor­trags der Par­tei­en in ers­ter In­stanz und der dort ge­stell­ten Anträge wird auf den Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ver­wie­sen.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ab­ge­wie­sen und zur Be­gründung im We­sent­li­chen aus­geführt:

 

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Die Kündi­gung sei nicht treu­wid­rig. Viel­mehr hätten bei Zu­gang der Kündi­gung ob­jek­tiv ein­leuch­ten­de Gründe für de­ren Aus­spruch vor­ge­le­gen. Die Kläge­rin sei be­reits länger als zwei Mo­na­te ar­beits­unfähig ge­we­sen, die Be­klag­te ha­be nicht ge­wusst, wie lan­ge die Ar­beits­unfähig­keit noch an­dau­ern wer­de. Die von der Kläge­rin vor­ge­leg­ten Erst­be­schei­ni­gun­gen ver­schie­de­ner Fachärz­te hätten eher dafür ge­spro­chen, dass es sich um ei­ne me­di­zi­nisch nicht ganz ein­fa­che Si­tua­ti­on ge­han­delt ha­be. Die Kläge­rin ha­be auch ins­be­son­de­re auf Fra­gen nach ei­ner Pro­gno­se erklärt, dass sie nicht sa­gen könne, mit wel­chen wei­te­ren Aus­fall­zei­ten zu rech­nen sei. Die Be­klag­te benöti­ge, wor­auf die Kläge­rin selbst hin­ge­wie­sen ha­be, ei­ne qua­li­fi­zier­te Fach­kraft für das No­ta­ri­at. Mit der Kläge­rin sei ei­ne aus­ge­spro­chen en­ga­gier­te und gu­te Mit­ar­bei­te­rin aus­ge­fal­len. Die Su­che nach ei­nem kurz­fris­ti­gen Er­satz sei nicht er­folg­reich ge­we­sen. Dass die Be­klag­te dann die Chan­ce er­grif­fen und ei­ne an­de­re Re­no- Fach­an­ge­stell­te mit Wir­kung zum April 2014 ein­ge­stellt ha­be, ha­be dem be­trieb­li­chen In­ter­es­se an ei­ner möglichst schnel­len und zu­verlässi­gen Lösung ent­spro­chen, die durch den Aus­fall der Kläge­rin im No­ta­ri­at be­gründet wor­den sei. Da­mit sei gleich­zei­tig die Möglich­keit der Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin ent­fal­len.

Ge­gen die­ses ihr am 17.04.2014 zu­ge­stell­te Ur­teil hat die Kläge­rin am 16.05.2014 Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se nach Verlänge­rung der Be­gründungs­frist bis zum 17.07.2014 am 17.07.2014 be­gründet.

Sie trägt vor:

Die Kündi­gung ver­s­toße ge­gen § 242 BGB und sei nich­tig. Ihr durch langjähri­ge Mit­ar­beit er­dien­tes Ver­trau­en in den Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses dürfe nicht un­berück­sich­tigt blei­ben. Sie sei bei Zu­gang der Kündi­gung 47 Jah­re alt und 19 Jah­re im Un­ter­neh­men beschäftigt ge­we­sen. An ih­rer her­vor­ra­gen­den Qua­li­fi­ka­ti­on und fach­li­chen Kom­pe­tenz bestünden kei­ne Zwei­fel. Sie ha­be in der Ver­gan­gen­heit kei­ne über das übli­che Maß hin­aus­ge­hen­den Fehl­zei­ten auf­ge­wie­sen. Zu der länge­ren Ar­beits­unfähig­keit sei es auf­grund ei­ner un­vor­her­seh­ba­ren Kom­pli­ka­ti­on bei ei­ner im Ju­li 2013 durch­geführ­ten Ope­ra­ti­on ge­kom­men. Es feh­le an ei­ner ne­ga­ti­ven Ge­sund­heits­pro­gno­se. Ei­ne er­heb­li­che Be­ein­träch­ti­gung wirt­schaft­li­cher In­ter­es­sen lie­ge nicht vor. Die Be­klag­te ha­be be­fris­tet ei­ne Krank­heits­ver­tre­tung für sie ein­stel­len

 

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können. Im Rah­men ei­ner In­ter­es­sen­abwägung über­wie­ge ihr Ver­trau­en auf den Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses, was die Kläge­rin im Ein­zel­nen wei­ter ausführt.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Lübeck vom 25.03.2014, Az. 3 Ca 2678/13, teil­wei­se ab­zuändern und fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 27.09.2013 nicht auf­gelöst wor­den ist.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie tritt den Ausführun­gen der Kläge­rin ent­ge­gen und weist ins­be­son­de­re dar­auf hin, dass die vom Bun­des­ar­beits­ge­richt zur Prüfung der so­zia­len Recht­fer­ti­gung ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung nach § 1 Abs. 2 KSchG auf­ge­stell­ten Grundsätze kei­ne An­wen­dung fänden. Zu­tref­fend ha­be das Ar­beits­ge­richt fest­ge­stellt, dass kein Ver­s­toß ge­gen Treu und Glau­ben vor­lie­ge. Durch den krank­heits­be­ding­ten Aus­fall der Kläge­rin sei der Ar­beits­ab­lauf in der Kanz­lei ganz er­heb­lich be­ein­träch­tigt wor­den. Darüber hin­aus ha­be die Un­ge­wiss­heit be­stan­den, ob und wann die Kläge­rin wie­der ge­sund­ge­schrie­ben wer­de.

We­gen des wei­te­ren Sach- und Streit­stands im Ein­zel­nen wird auf den In­halt der Ak­te ver­wie­sen.

 

Ent­schei­dungs­gründe:

Die gemäß § 61 Abs. 2, lit c. ArbGG statt­haf­te, form- und frist­gemäß ein­ge­leg­te und be­gründe­te und da­mit zulässi­ge Be­ru­fung der Kläge­rin ist nicht be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat die Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu Recht und mit zu­tref­fen­der Be­gründung ab­ge­wie­sen.

Die Kla­ge ist un­be­gründet.

 

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1. Die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 27.09.2013 ist rechtmäßig.

Die Kündi­gung verstößt nicht ge­gen die gemäß § 242 BGB bei je­dem Rechts­geschäft zu be­ach­ten­den Grundsätze von Treu und Glau­ben.

a) Das Bun­des­ar­beits­ge­richt führt un­ter Hin­weis auf die ent­spre­chen­de Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 27.01.1998 (BVerfGE 97, 169) aus, dass die Ar­beit­neh­mer durch die Her­aus­nah­me aus dem ge­setz­li­chen Kündi­gungs­schutz nach dem Kündi­gungs­schutz­ge­setz nicht völlig schutz­los ge­stellt sind. Wo die Be­stim­mun­gen des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes nicht grei­fen, sind die Ar­beit­neh­mer durch die zi­vil­recht­li­chen Ge­ne­ral­klau­seln vor ei­ner treu­wid­ri­gen Ausübung des Kündi­gungs­rechts des Ar­beit­ge­bers geschützt. Der durch die Ge­ne­ral­klau­seln ver­mit­tel­te Schutz darf aber nicht da­zu führen, dass dem Klein­un­ter­neh­mer prak­tisch die im Kündi­gungs­schutz­ge­setz vor­ge­ge­be­nen Maßstäbe der So­zi­al­wid­rig­keit auf­er­legt wer­den. Darüber hin­aus wirkt der um­so schwächer, je stärker die mit der Klein­be­triebs­klau­sel geschütz­te Grund­rechts­po­si­ti­on des Ar­beit­ge­bers im Ein­zel­fall be­trof­fen ist. In sach­li­cher Hin­sicht geht es dar­um, Ar­beit­neh­mer vor willkürli­chen oder auf sach­frem­den Mo­ti­ven be­ru­hen­den Kündi­gun­gen zu schützen. So­weit un­ter meh­re­ren Ar­beit­neh­mern ei­ne Aus­wahl zu tref­fen ist, ge­bie­tet der ver­fas­sungs­recht­li­che Schutz des Ar­beits­plat­zes i. V. mit dem So­zi­al­staats­prin­zip ein ge­wis­ses Maß an so­zia­ler Rück­sicht­nah­me. Sch­ließlich darf auch ein durch langjähri­ge Mit­ar­beit er­dien­tes Ver­trau­en in den Fort­be­stand ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nicht un­berück­sich­tigt blei­ben (BAG, Ur­teil vom 21.02.2001 – 2 AZR 15/00 -ju­ris, Rn 20).

Vor­lie­gend sind we­der An­halts­punk­te für ein willkürli­ches oder sach­frem­des Kündi­gungs­mo­tiv er­sicht­lich, noch be­darf es ei­ner Aus­wahl un­ter meh­re­ren Ar­beit­neh­mern vor Aus­spruch der Kündi­gung. Der Schutz der Kläge­rin be­schränkt sich da­her dar­auf, dass ihr durch langjähri­ge Mit­ar­beit er­dien­tes Ver­trau­en in den Fort­be­stand ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses bei der Berück­sich­ti­gung der Rechtmäßig­keit der Kündi­gung nicht un­berück­sich­tigt blei­ben darf.

 

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b) Die­ses Kri­te­ri­um ist da­hin zu ver­ste­hen, dass der Grund für ei­ne Kündi­gung ge­genüber ei­nem langjährig beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer auch an­ge­sichts des­sen Be­triebs­zu­gehörig­keit „ein­leuch­ten“ muss. Dies wäre et­wa nicht mehr der Fall, wenn der Ar­beit­ge­ber die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit ei­nem langjährig Beschäftig­ten auf ge­rin­ge krank­heits­be­ding­te Fehl­zei­ten stützen würde. An ei­nem ein­leuch­ten­den Grund könn­te es et­wa auch dann feh­len, wenn der Ar­beit­ge­ber die auf­grund ei­nes ein­ma­li­gen Ar­beits­un­falls ein­ge­tre­te­nen Fehl­zei­ten zum An­lass für ei­ne Kündi­gung neh­men würde. Maßgeb­lich kommt es auf die Umstände des Ein­zel­falls an. Da ei­ne krank­heits­be­ding­te Kündi­gung auch bei Gel­tung des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes zulässig ist, ist sie erst recht im Klein­be­trieb nicht aus­ge­schlos­sen. Die Gren­ze der Treu­wid­rig­keit ei­ner Kündi­gung im Klein­be­trieb ist deut­lich un­ter­halb der Schwel­le zu zie­hen, die für die so­zia­le Recht­fer­ti­gung ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung nach § 1 Abs. 2 KSchG gälte. Würde man die Über­prüfung ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung im Klein­be­trieb nach den­sel­ben Grundsätzen wie im Rah­men der so­zia­len Recht­fer­ti­gung vor­neh­men, würden dem Ar­beit­ge­ber im Klein­be­trieb im Er­geb­nis die im Kündi­gungs­schutz­ge­setz vor­ge­ge­be­nen Maßstäbe der So­zi­al­wid­rig­keit auf­er­legt. Die vor­zu­neh­men­de In­ter­es­sen­abwägung hat sich des­halb dar­auf zu be­schränken, ob sich das auf krank­heits­be­ding­te Fehl­zei­ten gestütz­te Kündi­gungs­mo­tiv auch an­ge­sichts der Be­triebs­zu­gehörig­keit des Ar­beit­neh­mers als ein­leuch­tend er­weist (LAG Ba­den Würt­tem­berg, Ur­teil vom 18.06.2007 – 4 Sa 14/07 - ju­ris, Rn 31 f.) Nach ei­ner Ent­schei­dung des LAG Meck­len­burg Vor­pom­mern (Ur­teil vom 24.01.2012 – 5 Sa 153/11 – ju­ris) verstößt ei­ne Kündi­gung nicht ge­gen § 242 BGB, wenn ein Ar­beits­verhält­nis durch ei­ne lang­an­hal­ten­de Krank­heit des Ar­beit­neh­mers mit un­ge­wis­sem Zeit­punkt der Wie­der­her­stel­lung der Ar­beitsfähig­keit be­las­tet ist. Dies gilt auch dann, wenn der Ar­beit­ge­ber gleich­zei­tig für die Ar­beits­auf­ga­be des gekündig­ten Ar­beit­neh­mers ei­ne Er­satz­kraft un­be­fris­tet ein­stellt (LAG Meck­len­burg Vor­pom­mern, a.a.O.).

Da­nach kommt es vor­lie­gend zunächst ein­mal auf die Ausführun­gen der Kläge­rin in der Be­ru­fungs­be­gründung zur drei­stu­fi­gen Prüfung, die das Bun­des­ar­beits­ge­richt für die so­zia­le Recht­fer­ti­gung ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung ent­wi­ckelt hat, nicht an. Ent­schei­dend ist viel­mehr, ob sich die auf krank­heits­be­ding­te Fehl­zei­ten gestütz-

 

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te Kündi­gung der Be­klag­ten auch an­ge­sichts der Be­triebs­zu­gehörig­keit der Kläge­rin als ein­leuch­tend er­weist.

Die­se Abwägung hat das Ar­beits­ge­richt auf den Sei­ten 7 und 8 der Ent­schei­dungs­gründe in der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung ausführ­lich vor­ge­nom­men und al­le maßgeb­li­chen As­pek­te her­aus­ge­stellt. Die­sen Ausführun­gen schließt sich die Be­ru­fungs­kam­mer in vol­lem Um­fang an und macht sie sich zu Ei­gen.

Maßgeb­lich ist vor­lie­gend, dass die Kläge­rin zum Zeit­punkt der Ar­beits­unfähig­keit be­reits lan­ge Zeit ar­beits­unfähig er­krankt war, nämlich zwei­ein­halb Mo­na­te und dass ei­ne Wie­der­ge­ne­sung auch nach den ei­ge­nen An­ga­ben der Kläge­rin nicht ab­seh­bar war. Die Kläge­rin hat­te, das hat sie im Be­ru­fungs­ter­min auch un­strei­tig ge­stellt, ge­genüber ei­nem der Ge­sell­schaf­ter der Be­klag­ten erklärt, sie könne über die Fort­dau­er ih­rer Ar­beits­unfähig­keit nichts sa­gen.

Fer­ner ist für die Abwägung maßgeb­lich, dass die Be­klag­te je­man­den für die Er­le­di­gung der bis­lang von der Kläge­rin er­le­dig­ten Auf­ga­ben drin­gend benötig­te. Die Be­klag­te beschäftigt, wie die Kläge­rin im Ter­min vor der Be­ru­fungs­kam­mer selbst aus­geführt hat, nur 5 Mit­ar­bei­ter, dar­un­ter auch je­man­den in Teil­zeit. Die Auf­ga­ben, die an sich der Kläge­rin ob­la­gen, nämlich die Be­ar­bei­tung der No­ta­ri­ats­an­ge­le­gen­hei­ten, dul­den re­gelmäßig kei­nen Auf­schub. Die Be­klag­te hat hier­zu von der Kläge­rin un­wi­der­spro­chen aus­geführt, es hätten an­de­re Ar­bei­ten, nämlich Rech­nungs­er­stel­lung und Auf­ga­ben im An­walts­be­reich we­gen der Er­kran­kung der Kläge­rin zurück­ge­stellt wer­den müssen. Dem Vor­trag der Be­klag­ten, ei­ne kurz­fris­ti­ge Er­satz­kraft über das Ar­beits­amt ha­be sie nicht be­kom­men können, den die­se durch ei­ne ent­spre­chen­de Un­ter­la­ge der Bun­des­agen­tur für Ar­beit be­legt hat, ist die Kläge­rin nicht wei­ter ent­ge­gen­ge­tre­ten.

Wenn die Be­klag­te in die­ser Si­tua­ti­on die Möglich­keit nutzt, ei­ne an­de­re Re­no-An­ge­stell­te un­be­fris­tet ein­stel­len zu können, ist das als Kündi­gungs­mo­tiv für die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin, de­ren Ar­beits­kraft da­mit nicht mehr benötigt wur­de, ein­leuch­tend. Dies gilt auch vor dem Hin­ter­grund der langjähri­gen Be­triebs­zu­gehörig­keit der Kläge­rin. Die Be­klag­te darf in­so­weit berück­sich­ti­gen, dass sie

 

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ih­ren Be­trieb wirt­schaft­lich zu führen hat. Die­se Po­si­ti­on der Be­klag­ten ist auch durch Ar­ti­kel 14 GG eben­so grund­recht­lich geschützt, wie das in die Abwägung ein­zu­stel­len­de Recht der Kläge­rin aus Ar­ti­kel 12 Abs. 1 GG. Letzt­lich ver­wirk­licht sich der Schutz der Kläge­rin in­fol­ge ih­rer Be­triebs­zu­gehörig­keit da­durch, dass die Be­klag­te mehr als ca. zehn Wo­chen mit dem Aus­spruch der Kündi­gung ge­war­tet hat. Wenn aber auch zu je­nem Zeit­punkt ei­ne Rück­kehr der Kläge­rin an ih­ren Ar­beits­platz nicht ab­seh­bar war, leuch­tet es ein, dass die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis durch Kündi­gung be­en­det.

2. Die Kläge­rin trägt gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten ih­rer er­folg­lo­sen Be­ru­fung. Gründe für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on sind nicht er­sicht­lich.

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