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ARBEITSRECHT AKTUELL // 12/011

BAT Al­ters­stu­fen

Ber­lin und Hes­sen müs­sen für Dis­kri­mi­nie­rung durch BAT-Al­ters­stu­fen blu­ten: BAG, Ur­tei­le vom 10.11.2011, 6 AZR 148/09 und 6 AZR 481/09
Hunderteuroscheine

11.01.2012. Der Bun­des-An­ge­stell­ten­ta­rif­ver­trag (BAT) war lan­ge Zeit die Grund­la­ge für die Ver­gü­tung im öf­fent­li­chen Dienst, in Ber­lin und Hes­sen län­ger als an­ders­wo. Über ar­beits­ver­trag­li­che Be­zug­nah­men gilt der BAT auch heu­te noch für vie­le Ar­beits­ver­hält­nis­se. Er sieht vor, dass Ar­beit­neh­mer auf­grund ih­res hö­he­ren Al­ters mehr Geld ver­die­nen als ih­re Kol­le­gen.

Das ist ei­ne ver­bo­te­ne Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung, wie seit Sep­tem­ber 2011 auf­grund ei­ner Ent­schei­dung des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs (EuGH) end­gül­tig fest­steht. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) muss­te dar­auf­hin klä­ren, auf wel­che Wei­se die­se Dis­kri­mi­nie­rung zu be­sei­ti­gen ist. Die Ant­wort: Durch An­glei­chung nach oben, d.h. durch Be­zah­lung al­ler Ar­beit­neh­mer der­sel­ben Ver­gü­tungs­grup­pe nach der höchs­ten Le­bens­al­ters­stu­fe (BAG, Ur­teil vom 10.11.2011, 6 AZR 148/09, und Ur­teil vom 10.11.201, 6 AZR 481/09).

Wie muss die Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung durch den BAT be­ho­ben wer­den?

Über Jahr­zehn­te hin­weg wur­den Ar­beit­neh­mer im öffent­li­chen Dienst auf Grund­la­ge des BAT be­zahlt. Der BAT wur­de zwar seit 2005 weit­ge­hend durch den Ta­rif­ver­trag für den öffent­li­chen Dienst (TVöD) bzw. seit 2006 durch den Ta­rif­ver­trag für den öffent­li­chen Dienst der Länder (TV-L) er­setzt, doch wur­de der BAT in Ber­lin und Hes­sen noch länger an­wandt, nämlich bis 2009 (Hes­sen) bzw. bis 2010 (Ber­lin).

An­ders als der TVöD sieht der BAT vor, dass Ar­beit­neh­mer der­sel­ben Ta­rif­grup­pe al­lein we­gen ih­res Al­ters, d.h. auf­grund von „Le­bens­al­ters­stu­fen“ mehr Geld ver­die­nen. Die­se Schlech­ter­stel­lung jünge­rer Ar­beit­neh­mer ist ei­ne Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung, die durch §§ 1, 7 des All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­set­zes (AGG) seit Au­gust 2006 ver­bo­ten ist. Ob­wohl das ziem­lich klar ist, wur­de darüber jah­re­lang um­strit­ten. Im Sep­tem­ber 2011 zog der EuGH nach zwei Vor­la­gen des BAG ei­nen Schluss­strich un­ter die De­bat­te und bestätig­te, dass die BAT-Al­ters­stu­fen dis­kri­mi­nie­rend sind.

Of­fen blieb die Fra­ge, wie die Dis­kri­mi­nie­rung be­sei­tigt wer­den kann. Aus Ar­beit­neh­mer­sicht durch An­pas­sung nach oben bzw. durch Be­zah­lung nach der höchs­ten Le­bens­al­ters­stu­fe. Für die Länder Ber­lin und Hes­sen ist das unschön, denn das be­deu­tet ei­ne un­ge­plan­te Loh­nerhöhung für al­le mit Aus­nah­me der­je­ni­gen, die oh­ne­hin nach der höchs­ten Al­ters­stu­fe vergütet wer­den. Aber können sich Ber­lin und Hes­sen auf ih­re Ta­rif­au­to­no­mie und auf Ver­trau­ens­schutz be­ru­fen? Nein, wie das BAG nun klar­ge­stellt hat.

BAG: Ar­beit­neh­mer müssen nach höchs­ter Le­bens­al­ters­stu­fe be­zahlt wer­den

Ge­klagt hat­ten der aus Ber­lin stam­men­de Herr Mai, der auch ei­ne der EuGH-Vor­la­gen des BAG ins Rol­len ge­bracht hat­te, und ein Mit­ar­bei­ter der hes­si­schen Uni­ver­sität Mar­burg. Bei­de hat­ten Vergütung nach der höchs­ten BAT-Le­bens­al­ters­stu­fe ver­langt, ob­wohl sie deut­lich jünger wa­ren.

In ers­ter In­stanz blie­ben sie da­mit er­folg­los, doch schon die zuständi­gen Lan­des­ar­beits­ge­rich­te ga­ben ih­nen recht. Auch das BAG ent­schied nun auf der Grund­la­ge des EuGH-Ur­teils vom Sep­tem­ber 2011 zu ih­ren Guns­ten, da es kei­ne an­de­re Möglich­keit gibt, die Dis­kri­mi­nie­rung zu be­he­ben. Ins­be­son­de­re ei­ne „An­glei­chung nach un­ten“ wäre recht­lich un­zulässig. Die mit der „An­pas­sung nach oben“ ver­bun­de­nen Loh­nerhöhun­gen für jünge­re Ar­beit­neh­mer wa­ren zwar nicht ge­wollt. Die Ta­rif­part­ner wa­ren aber we­gen der ju­ris­ti­schen De­bat­te über die­se Fra­ge vor­ge­warnt und hat­ten trotz­dem kei­ne an­de­re Re­ge­lung ge­trof­fen.

Fa­zit: Ar­beit­ge­ber, die im­mer noch nach BAT be­zah­len, spa­ren an der fal­schen Stel­le. Be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer soll­ten schnellstmöglich schrift­lich ih­re of­fe­nen Lohn­for­de­run­gen gel­tend ma­chen. Denn der BAT sieht ei­ne Aus­schluss­frist vor, der zu­fol­ge Ansprüche ver­fal­len, wenn sie nicht in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach Fällig­keit schrift­lich ein­ge­for­dert wer­den.

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Letzte Überarbeitung: 30. März 2019

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