HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

BAG, Ur­teil vom 14.04.2011, 6 AZR 727/09

   
Schlagworte: Kündigung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 6 AZR 727/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 14.04.2011
   
Leitsätze: Für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB reicht die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Funktion kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Offenbach, Urteil vom 4.12.2008, 3 Ca 375/08
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 24.08.2009, 16 Sa 2254/08
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

6 AZR 727/09

16 Sa 2254/08

Hes­si­sches

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 14. April 2011

UR­TEIL

Gaßmann, Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Sechs­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 14. April 2011 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Fi­scher­mei­er, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Brühler, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Spel­ge so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Spie­ker­mann und Sie­berts für Recht er­kannt:


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1. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 24. Au­gust 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hin­sicht­lich ei­nes Scha­dens­er­satz­be­tra­ges von 29,88 Eu­ro ver­wor­fen und im Übri­gen zurück­ge­wie­sen.

2. Die Be­klag­te hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen. Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten noch über den Zeit­punkt der Be­en­di­gung des

Ar­beits­verhält­nis­ses so­wie über hier­von abhängi­ge Vergütungs­ansprüche.

Die Kläge­rin war bei der Be­klag­ten seit dem 1. April 2008 auf­grund

ei­nes bis zum 31. März 2009 be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags als Rei­ni­gungs­kraft im Rah­men ei­ner ge­ringfügi­gen Beschäfti­gung ge­gen ein Mo­nats­ent­gelt von 350,00 Eu­ro tätig. Die tägli­che Ar­beits­zeit be­trug zwei St­un­den bei ei­ner Sechs­Ta­ge-Wo­che.

Der Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en, in dem un­ter Ziff. 13 ein Kündi­gungs-

recht ver­ein­bart ist, lau­tet aus­zugs­wei­se wie folgt:

„...

14. Schluss­be­stim­mun­gen

...

Ei­ne Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses kann auch durch den Ob­jekt­lei­ter/Nie­der­las­sungs­lei­ter aus­ge­spro­chen wer­den.

...“

Mit ei­nem der Kläge­rin am sel­ben Tag zu­ge­gan­ge­nen Schrei­ben vom

25. Au­gust 2008 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis or­dent­lich zum 8. Sep­tem­ber 2008. Das Kündi­gungs­schrei­ben war un­ter­zeich­net mit:


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„i. V. [Un­ter­schrift] D C

Nie­der­las­sungs­lei­ter“

Herr C ist, wie im Ver­lauf des Rechts­streits un­strei­tig ge­wor­den ist, seit

dem 1. April 2000 der für die Kläge­rin zuständi­ge Nie­der­las­sungs­lei­ter. Die Kläge­rin hat­te vor der Kündi­gungs­erklärung zu ihm kei­ner­lei be­ruf­li­chen Kon­takt und kann­te ihn nicht. Sie wuss­te bis zu die­sem Zeit­punkt auch nicht, dass er die Stel­lung ei­nes Nie­der­las­sungs­lei­ters in­ne­hat­te.

Mit ei­nem der Be­klag­ten am Fol­ge­tag zu­ge­gan­ge­nen Schrei­ben vom

28. Au­gust 2008 wies die Kläge­rin die Kündi­gung ua. we­gen der Nicht­vor­le­gung ei­ner Voll­machts­ur­kun­de zurück. Zwi­schen den Par­tei­en ist un­strei­tig, dass das Ar­beits­verhält­nis spätes­tens mit Be­fris­tungs­ab­lauf am 31. März 2009 ge­en­det hat.

Mit ih­rer am 5. Sep­tem­ber 2008 bei Ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kün-

di­gungs­schutz­kla­ge hat die Kläge­rin gel­tend ge­macht, die Kündi­gung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB un­wirk­sam. Sie sei nicht da­von in Kennt­nis ge­setzt wor­den, wer der im Ar­beits­ver­trag erwähn­te Nie­der­las­sungs­lei­ter sei.

Mit meh­re­ren Kla­ge­er­wei­te­run­gen hat die Kläge­rin in der Be­ru­fungs-

in­stanz die auf Ba­sis des ta­rif­li­chen Min­dest­stun­den­lohns von 8,15 Eu­ro er­rech­ne­te An­nah­me­ver­zugs­vergütung für den Zeit­raum Sep­tem­ber 2008 bis März 2009, Ur­laubs(teil-)ab­gel­tung für das Jahr 2009 so­wie Scha­dens­er­satz für nicht gewähr­ten Ur­laub für das Jahr 2008 ein­ge­klagt. Die Be­klag­te hat 165,72 Eu­ro brut­to als Ur­laubs­ab­gel­tung für zwölf Ta­ge Ur­laub des Ur­laubs­jah­res 2008 ge­zahlt. In­so­weit ha­ben die Par­tei­en den Rechts­streit in der Be­ru­fungs­in­stanz übe­rein­stim­mend für er­le­digt erklärt.

Die Kläge­rin hat, so­weit für die Re­vi­si­on von Be­deu­tung, zu­letzt be-

an­tragt

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en

durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25. Au­gust 2008 nicht auf­gelöst wor­den ist;


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die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin 1.855,48 Eu­ro brut­to nebst im Ein­zel­nen auf­geführ­ten Zins­beträgen zu zah­len.

Die Be­klag­te hat ih­ren Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag dar­auf gestützt, dass

die Kläge­rin mit dem Hin­weis im Ar­beits­ver­trag auf die Kündi­gungs­be­rech­ti­gung des Nie­der­las­sungs­lei­ters aus­rei­chend von des­sen Be­vollmäch­ti­gung in Kennt­nis ge­setzt wor­den sei. Durch das Kündi­gungs­schrei­ben sei ihr die Stel­lung des Erklären­den be­kannt ge­we­sen. Da das Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung zum 8. Sep­tem­ber 2008 be­en­det wor­den sei, bestünden kei­ne wei­te­ren Zah­lungs­ansprüche.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung der

Kläge­rin hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nach dem Fest­stel­lungs­an­trag er­kannt und der Zah­lungs­kla­ge in dem noch strei­ti­gen Um­fang statt­ge­ge­ben. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt nur für die Be­klag­te zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die­se ihr Ziel auf Kla­ge­ab­wei­sung wei­ter. Darüber hin­aus hat sie wi­der­kla­gend be­an­tragt,

die Kläge­rin zu ver­ur­tei­len, an die Be­klag­te 1.855,48 Eu­ro nebst im Ein­zel­nen auf­geführ­ten Zins­beträgen zu zah­len.

Mit die­ser Wi­der­kla­ge macht sie die Rück­zah­lung der von ihr zur Ab-

wen­dung der Zwangs­voll­stre­ckung aus dem Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts ge­leis­te­ten Zah­lun­gen gel­tend.

Ent­schei­dungs­gründe

A. Die Re­vi­si­on ist hin­sicht­lich der mit ihr an­ge­grif­fe­nen Ver­ur­tei­lung zur

Zah­lung nur teil­wei­se zulässig.

I. Die Re­vi­si­on setzt sich mit den Ausführun­gen des Lan­des­ar­beits-

ge­richts zu den von ihm zu­ge­spro­che­nen Zah­lungs­ansprüchen nicht im Ein­zel­nen aus­ein­an­der, son­dern be­schränkt sich auf den Satz, dass die­se Zah­lungs-


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ansprüche nicht bestünden, weil das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en am 8. Sep­tem­ber 2008 be­en­det wor­den sei. Das genügt den an die Re­vi­si­ons­be­gründung zu stel­len­den An­for­de­run­gen in­so­weit, als die Be­gründet­heit der Zah­lungs­ansprüche den­knot­wen­dig von dem Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses abhängt (vgl. Se­nat 18. No­vem­ber 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

Da­ge­gen ist die Re­vi­si­on un­zulässig, so­weit in dem vom Lan­des-

ar­beits­ge­richt der Kläge­rin zu­ge­spro­che­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch für den un­ter­ge­gan­ge­nen Ur­laub des Jah­res 2008 auch der selbst un­ter Zu­grun­de­le­gung der Rechts­auf­fas­sung der Be­klag­ten be­ste­hen­de Teil­ur­laub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG ent­hal­ten ist. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat der Kläge­rin in­so­weit un­ter Zu­grun­de­le­gung des ge­setz­li­chen Min­dest­lohns pro Tag 16,30 Eu­ro brut­to und nicht le­dig­lich, wie von der Be­klag­ten bei der Be­rech­nung die­ses Teil­ur­laubs­an­spruchs an­ge­nom­men, 13,81 Eu­ro brut­to zu­er­kannt. In Höhe der Dif­fe­renz von ins­ge­samt 29,88 Eu­ro brut­to für die von der Be­klag­ten ab­ge­gol­te­nen zwölf Ur­laubs­ta­ge hängt der Zah­lungs­an­spruch nicht da­von ab, ob die Be­klag­te mit ih­rer Rechts­auf­fas­sung zu § 174 BGB in der Re­vi­si­on Er­folg hat. Dar­um wäre in­so­weit für die Zulässig­keit der Re­vi­si­on ein ge­son­der­ter Re­vi­si­ons­an­griff er­for­der­lich ge­we­sen. Ein sol­cher ist nicht er­folgt.

II. Der mit dem Wi­der­kla­ge­an­trag ver­folg­te An­spruch aus § 717 Abs. 3

ZPO kann auch im ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren (BAG 23. De­zem­ber 1961 - 5 AZR 53/61 - BA­GE 12, 158, 166; Se­nat 5. No­vem­ber 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, so­weit wie hier der Haupt­sa­che­an­spruch noch rechtshängig ist, noch in der Re­vi­si­ons­in­stanz ge­stellt wer­den (Wiec­zo­rek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Her­get ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. Au­gust 2001 - 4 AZR 298/00 - Ez­BAT BAT §§ 22, 23 B. 1 All­ge­mei­ner Ver­wal­tungs­dienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Ok­to­ber 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es han­delt sich um ei­nen sei­ner Art nach pro­zess­recht­li­chen An­spruch, des­sen Um­fang durch die ma­te­ri­ell-recht­li­chen Vor­schrif­ten der §§ 812 ff. BGB be­stimmt wird. Er kann nach Wahl des An­trag­stel­lers als In­zi­den­t­an­trag (BAG 23. De­zem­ber 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. No­vem­ber 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im We­ge der Wi­der­kla­ge ver­folgt wer­den


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(vgl. Se­nat 29. Fe­bru­ar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bun­des­post § 16 Nr. 1 = Ez­BAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Her­get ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Voll­kom­mer aaO § 33 Rn. 10; Münch­KommZ­PO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Auf­he­bung des die Voll-

stre­ckung ermögli­chen­den Ur­teils Vermögens­ver­schie­bun­gen, die oh­ne Rechts­grund­la­ge er­folgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu ma­chen. Der Voll­stre­ckungs­schuld­ner soll nicht dar­un­ter lei­den, dass der Gläubi­ger sich durch vor­ei­li­ge Aus­nut­zung der ihm vom Staat durch die vorläufi­ge Voll­streck­bar­keit des Ur­teils ein­geräum­ten Macht­stel­lung in den Ge­nuss der Ur­teils­sum­me ge­setzt hat (BAG 23. De­zem­ber 1961 - 5 AZR 53/61 - BA­GE 12, 158, 167 f.). Bis zur Ur­teils­auf­he­bung durch das Re­vi­si­ons­ge­richt be­steht der Be­rei­che­rungs­an­spruch nur be­dingt. Die Ur­teils­auf­he­bung ist ein in­ner-pro­zes­sua­les Er­eig­nis, oh­ne des­sen Ein­tritt über den An­trag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu be­fin­den ist. Aus­ge­hend da­von han­delt es sich bei die­sem An­trag in je­dem Fall um ei­nen Even­tual­an­trag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

B. Im Um­fang ih­rer Zulässig­keit ist die Re­vi­si­on un­be­gründet. Das Lan-

des­ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25. Au­gust 2008 be­en­det wor­den ist. Dar­aus er­ge­ben sich die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­spro­che­nen Zah­lungs­ansprüche aus An­nah­me­ver­zug und Scha­dens­er­satz für die un­ter­ge­gan­ge­nen Ur­laubs- bzw. Ur­laubs­ab­gel­tungs­ansprüche. Der im We­ge der Even­tual­wi­der­kla­ge er­ho­be­ne An­spruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist da­mit nicht zur Ent­schei­dung an­ge­fal­len.

I. Die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25. Au­gust 2008 ist gemäß § 174

Satz 1 BGB un­wirk­sam, weil ihr kei­ne Voll­machts­ur­kun­de bei­gefügt war und die Kläge­rin die Kündi­gung des­we­gen un­verzüglich zurück­ge­wie­sen hat. Das Zurück­wei­sungs­recht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB aus­ge­schlos­sen. Die Be­klag­te hat die Kläge­rin über das Kündi­gungs­recht des Nie­der­las­sungs­lei­ters C nicht aus­rei­chend in Kennt­nis ge­setzt.


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1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein ein­sei­ti­ges Rechts­geschäft, das ein
Be­vollmäch­tig­ter ei­nem an­de­ren ge­genüber vor­nimmt, un­wirk­sam, wenn der Be­vollmäch­tig­te ei­ne Voll­machts­ur­kun­de nicht vor­legt und der an­de­re das Rechts­geschäft aus die­sem Grund un­verzüglich zurück­weist. Das Zurück­wei­sungs­recht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann aus­ge­schlos­sen, wenn der Voll­macht­ge­ber dem Erklärungs­empfänger die Be­vollmäch­ti­gung vor­her mit­ge­teilt hat. Fol­ge der Zurück­wei­sung nach § 174 Satz 1 BGB ist - un­abhängig vom Be­ste­hen der Voll­macht - die Un­wirk­sam­keit des Rechts­geschäfts. Ei­ne Hei­lung oder Ge­neh­mi­gung nach § 177 BGB schei­det aus (Se­nat 20. Sep-tem­ber 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BA­GE 119, 311).

2. Der Kündi­gungs­erklärung des Nie­der­las­sungs­lei­ters C im Schrei­ben
vom 25. Au­gust 2008 war kei­ne auf ihn lau­ten­de Voll­machts­ur­kun­de bei­gefügt. Die Kläge­rin hat die ihr am Mon­tag, dem 25. Au­gust 2008, zu­ge­gan­ge­ne Kündi­gung aus die­sem Grun­de mit ei­nem bei der Be­klag­ten am Frei­tag, dem 29. Au­gust 2008, ein­ge­gan­ge­nen Schrei­ben und da­mit noch un­verzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurück­ge­wie­sen. Die Zeit zwi­schen dem 25. und dem 29. Au­gust 2008 hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt rechts­feh­ler­frei als an­ge­mes­se­ne Über­le­gungs­frist und Frist zur Ein­ho­lung von Rechts­rat an­ge­se­hen. Es sind kei­ne Umstände des Ein­zel­falls er­sicht­lich, die auf ein schuld­haf­tes Zögern der Kläge­rin schließen las­sen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

3. Das Zurück­wei­sungs­recht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB aus-
ge­schlos­sen. Die bloße Kund­ga­be der dem je­wei­li­gen Nie­der­las­sungs­lei­ter zur Erklärung von Kündi­gun­gen er­teil­ten In­nen­voll­macht in den Schluss­be­stim­mun­gen des Ar­beits­ver­trags reich­te nicht aus, um die Kläge­rin von des­sen Be­vollmäch­ti­gung in Kennt­nis zu set­zen. Dafür hätte es ei­nes wei­te­ren Han­delns der Be­klag­ten be­durft, durch das der Kläge­rin zu­min­dest auf­ge­zeigt wor­den wäre, auf wel­che Wei­se sie den Na­men des ak­tu­el­len Nie­der­las­sungs­lei­ters er­fah­ren könne. Das er­gibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

a) § 174 BGB steht im Zu­sam­men­hang mit dem Ver­bot voll­macht­lo­sen

Han­delns bei ein­sei­ti­gen Rechts­geschäften (§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Ver-


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tre­ter wie im vor­lie­gen­den Fall Ver­tre­tungs­macht, ist die Ver­tre­tung zwar zulässig. Oh­ne Nach­weis die­ser Voll­macht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm ge­genüber vor­ge­nom­me­ne ein­sei­ti­ge Rechts­geschäft wirk­sam ist. § 174 BGB dient da­zu, kla­re Verhält­nis­se zu schaf­fen (Münch­KommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; So­er­gel/Lep­ti­en BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungs­empfänger ist zur Zurück­wei­sung der Kündi­gung be­rech­tigt, wenn er kei­ne Ge­wiss­heit hat, dass der Erklären­de wirk­lich be­vollmäch­tigt ist und sich der Ar­beit­ge­ber des­sen Erklärung tatsächlich zu­rech­nen las­sen muss (BAG 29. Ok­to­ber 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger ei­ner ein­sei­ti­gen Wil­lens­erklärung soll nicht nach­for­schen müssen, wel­che Stel­lung der Erklären­de hat und ob da­mit das Recht zur Kündi­gung ver­bun­den ist oder übli­cher­wei­se ver­bun­den zu sein pflegt. Er soll vor der Un­ge­wiss­heit geschützt wer­den, ob ei­ne be­stimm­te Per­son be­vollmäch­tigt ist, das Rechts­geschäft vor­zu­neh­men (Se­nat 20. Sep­tem­ber 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BA­GE 119, 311). Das In­kennt-nis­set­zen nach § 174 Satz 2 BGB muss dar­um ein gleich­wer­ti­ger Er­satz für die feh­len­de Vor­la­ge der Voll­machts­ur­kun­de sein (vgl. BAG 20. Au­gust 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündi­gungs­erklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

b) Aus­ge­hend von die­sem Zweck des § 174 BGB reicht für ein In­kennt­nis-

set­zen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mit­tei­lung im Ar­beits­ver­trag, dass der je­wei­li­ge In­ha­ber ei­ner be­stimm­ten Stel­le kündi­gen dürfe, nicht aus. Er­for­der­lich ist viel­mehr ein zusätz­li­ches Han­deln des Voll­macht­ge­bers, auf­grund des­sen es dem Empfänger der Kündi­gungs­erklärung möglich ist, der ihm ge­nann­ten Funk­ti­on, mit der das Kündi­gungs­recht ver­bun­den ist, die Per­son des je­wei­li­gen Stel­len­in­ha­bers zu­zu­ord­nen.

aa) Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts liegt ein

In­kennt­nis­set­zen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Ar­beit­ge­ber be­stimm­te Mit­ar­bei­ter - zB durch die Be­stel­lung zum Pro­ku­ris­ten, Ge­ne­ral­be­vollmäch­tig­ten oder Lei­ter der Per­so­nal­ab­tei­lung - in ei­ne Stel­le be­ru­fen hat, die übli­cher­wei­se mit dem Kündi­gungs­recht ver­bun­den ist (seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 -


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BA­GE 24, 273). Da­bei reicht al­ler­dings die bloße Über­tra­gung ei­ner sol­chen Funk­ti­on nicht aus, wenn die­se Funk­ti­onsüber­tra­gung auf­grund der Stel­lung des Be­vollmäch­tig­ten im Be­trieb nicht er­sicht­lich ist und auch kei­ne sons­ti­ge Be­kannt­ma­chung er­folgt (BAG 20. Au­gust 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündi­gungs­erklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Viel­mehr ist es er­for­der­lich, dass der Erklärungs­empfänger da­von in Kennt­nis ge­setzt wird, dass der Erklären­de die­se Stel­lung tatsächlich in­ne­hat (Se­nat 20. Sep­tem­ber 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BA­GE 119, 311; BAG 29. Ok­to­ber 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Ok­to­ber 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Die­se Not­wen­dig­keit er­gibt sich dar­aus, dass die Be­ru­fung ei­nes Mit­ar­bei­ters auf die Stel­le ei­nes Per­so­nal­lei­ters oder ei­ne ähn­li­che Stel­le zunächst ein rein in­ter­ner Vor­gang ist. Ein In­kennt­nis­set­zen iSd. § 174 Satz 2 BGB ver­langt aber be­griffs­not­wen­dig auch ei­nen äußeren Vor­gang, der die­sen in­ne­ren Vor­gang öffent­lich macht und auch die Ar­beit­neh­mer er­fasst, die erst nach ei­ner even­tu­ell im Be­trieb be­kannt ge­mach­ten Be­ru­fung des kündi­gen­den Mit­ar­bei­ters in ei­ne mit dem Kündi­gungs­recht ver­bun­de­ne Funk­ti­on ein­ge­stellt wor­den sind (vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

bb) Ist nach ei­ner öffent­lich be­kannt ge­mach­ten Sat­zung oder ei­nem

öffent­lich be­kannt ge­mach­ten Er­lass mit dem Be­klei­den ei­ner be­stimm­ten Funk­ti­on die Kündi­gungs­be­fug­nis ver­bun­den, muss sich der Erklärungs­empfänger zwar die Kennt­nis der Sat­zung oder des Er­las­ses, aus dem sich das Be­ste­hen der Ver­tre­tungs­macht als sol­cher, dh. das Kündi­gungs­recht des je­wei­li­gen In­ha­bers der in der Sat­zung oder im Er­lass ge­nann­ten Stel­le, zu­rech­nen las­sen (Se­nat 20. Sep­tem­ber 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BA­GE 119, 311; BAG 18. Ok­to­ber 2000 - 2 AZR 627/99 - BA­GE 96, 65, 69). Den An­for­de­run­gen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in die­ser Kon­stel­la­ti­on erst dann genügt, wenn der Erklärungs­empfänger von der Per­son des Stel­len­in­ha­bers in Kennt­nis ge­setzt ist. Da­bei genügt es nicht, dass sich die Zu­ord­nung der Per­son zur Funk­ti­on aus öffent­lich zugäng­li­chen Quel­len er­gibt. Er­for­der­lich ist viel­mehr ein zusätz­li­ches Han­deln des Ver­tre­te­nen zur


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In­for­ma­ti­on des Ar­beit­neh­mers. Dafür reicht es aus, den Ar­beit­neh­mer auf­zu­for­dern, sich über die Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur aus den ihm über­ge­be­nen Un­ter­la­gen oder dem ihm zugäng­li­chen In­tra­net zu in­for­mie­ren, so­fern sich aus die­sen Quel­len er­gibt, wer die mit der Ver­tre­tungs­macht ver­bun­de­ne Funk­ti­on kon­kret be­klei­det (Se­nat 20. Sep­tem­ber 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

cc) Kündigt ein Pro­ku­rist, ist die Zurück­wei­sung der Kündi­gung nach § 174

BGB zwar auch dann aus­ge­schlos­sen, wenn der Erklärungs­empfänger kei­ne Kennt­nis von der Er­tei­lung der Pro­ku­ra bzw. der Pro­ku­ris­ten­stel­lung hat und der Ver­tre­ter oh­ne Hin­weis auf sei­ne Pro­ku­ra han­delt. In die­ser Kon­stel­la­ti­on wird je­doch die nach § 174 Satz 2 BGB er­for­der­li­che Kennt­nis des Erklärungs­empfängers von der Be­vollmäch­ti­gung im In­ter­es­se der Si­cher­heit und Leich­tig­keit des Rechts­ver­kehrs nach der Ein­tra­gung der Pro­ku­ra in das Han­dels­re­gis­ter durch § 15 Abs. 2 HGB fin­giert. Auf­grund der Re­ge­lung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Drit­te so be­han­deln las­sen, als ob er die länger als 15 Ta­ge ein­ge­tra­ge­ne Tat­sa­che kennt (BAG 11. Ju­li 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kri­tisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

Ei­ne di­rek­te Kund­ga­be der Be­vollmäch­ti­gung und der Per­son des Be-

vollmäch­tig­ten durch den Voll­macht­ge­ber selbst ist al­so in die­sen Fällen nur auf­grund der Pu­bli­zität des Han­dels­re­gis­ters ent­behr­lich.

dd) Teilt der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer be­reits im Ar­beits­ver­trag mit,

dass der (je­wei­li­ge) In­ha­ber ei­ner be­stimm­ten Funk­ti­on kündi­gungs­be­fugt ist, liegt dar­in die Kund­ga­be der Er­tei­lung ei­ner In­nen­voll­macht. Die­se Kund­ga­be be­darf kei­ner Form und un­ter­liegt auch kei­ner In­halts­kon­trol­le nach Maßga­be der §§ 305 ff. BGB, ins­be­son­de­re kei­ner Kon­trol­le auf Trans­pa­renz und Ein­hal­tung des Über­ra­schungs­ver­bots. An­ders als vom Ver­wen­der vor­for­mu­lier­te ein­sei­ti­ge Erklärun­gen des Ar­beit­neh­mers sind ein­sei­ti­ge Rechts­geschäfte und rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lun­gen des Ver­wen­ders selbst kei­ne All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen iSd. § 305 BGB (Däubler/Bo­nin/Dei­nert/Dei­nert AGB-Kon­trol­le im Ar­beits­recht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).


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Die bloße Kund­ga­be der Er­tei­lung der In­nen­voll­macht genügt aber den

An­for­de­run­gen an ein In­kennt­nis­set­zen iSd. § 174 Satz 2 BGB al­lein noch nicht. Auch der Hin­weis des Kündi­gen­den auf sei­ne Ver­tre­ter­stel­lung im Kündi­gungs­schrei­ben schließt das Zurück­wei­sungs­recht des Ar­beit­neh­mers nicht aus (vgl. Se­nat 20. Sep­tem­ber 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BA­GE 119, 311; BAG 12. Ja­nu­ar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 68). Er­for­der­lich ist viel­mehr ein zusätz­li­ches Han­deln des Voll­macht­ge­bers selbst, das es vor Zu­gang der Kündi­gungs­erklärung dem Erklärungs­empfänger ermöglicht, die Per­son des Kündi­gen­den der kündi­gungs­be­rech­tig­ten Funk­ti­on zu­zu­ord­nen. Da­bei muss nicht zwin­gend der Kündi­gungs­be­rech­tig­te im Ar­beits­ver­trag na­ment­lich be­zeich­net wer­den. Aus­rei­chend für ein In­kennt­nis­set­zen ist es auch, wenn der Ar­beit­ge­ber im Ver­trag oder während des Ar­beits­verhält­nis­ses dem Ar­beit­neh­mer ei­nen Weg auf­zeigt, auf dem die­ser vor Zu­gang der Kündi­gung im­mer un­schwer er­fah­ren kann, wel­che Per­son die Po­si­ti­on in­ne­hat, mit der nach dem Ar­beits­ver­trag das Kündi­gungs­recht ver­bun­den ist. Da­bei muss der auf­ge­zeig­te Weg dem Ar­beit­neh­mer nach den kon­kre­ten Umständen des Ar­beits­verhält­nis­ses zu­mut­bar sein und den Zu­gang zu der In­for­ma­ti­on über die be­vollmäch­tig­te Per­son auch tatsächlich gewähr­leis­ten, et­wa durch ei­nen Aus­hang an der Ar­beits­stel­le, durch das dem Ar­beit­neh­mer zugäng­li­che In­tra­net oder durch die Möglich­keit der Aus­kunfts­ein­ho­lung bei ei­nem an­we­sen­den oder zu­min­dest je­der­zeit leicht er­reich­ba­ren Vor­ge­setz­ten. Nicht er­for­der­lich ist, dass der Ar­beit­neh­mer von der ihm auf­ge­zeig­ten Möglich­keit zur In­for­ma­ti­on vor Zu­gang der Kündi­gung tatsächlich Ge­brauch macht. Den An­for­de­run­gen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Er­halt des Kündi­gungs­schrei­bens ge­schieht.

c) Die­se Aus­le­gung des § 174 Satz 2 BGB wird den Er­for­der­nis­sen des

Ar­beits­le­bens, von de­nen sich das Bun­des­ar­beits­ge­richt bei den an ein In-kennt­nis­set­zen zu stel­len­den An­for­de­run­gen stets hat lei­ten las­sen (vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BA­GE 24, 273, 277), ge­recht. In Bran­chen, die von ei­ner ho­hen Fluk­tua­ti­on ge­prägt sind, würde es ei­nen er­heb­li­chen Ver­wal­tungs­auf­wand be­deu­ten, wenn je­dem Kündi­gungs­schrei­ben ei­ne Voll­macht


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bei­gefügt wer­den müss­te. Da­bei wäre in je­dem Fall ei­ne Ur­schrift oder ei­ne die­se er­set­zen­de Aus­fer­ti­gung er­for­der­lich, Ab­schrif­ten oder Fo­to­ko­pi­en so­wie Fax­ko­pi­en reich­ten nicht (vgl. BGH 4. Fe­bru­ar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mit­tei­lung, auf wel­che Wei­se der Ar­beit­neh­mer die Per­son des Kündi­gungs­be­rech­tig­ten im­mer un­schwer er­fah­ren kann, ist da­ge­gen oh­ne be­son­de­ren Auf­wand möglich. Sie schafft kla­re Verhält­nis­se und stellt un­ter den ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen für den Erklärungs­empfänger hin­rei­chend si­cher, dass der Kündi­gen­de tatsächlich kündi­gungs­be­fugt ist.

d) Die Be­klag­te hat die Kläge­rin nicht aus­rei­chend von der Be­voll-

mäch­ti­gung des Nie­der­las­sungs­lei­ters C in Kennt­nis ge­setzt. Sie hat der Kläge­rin we­der im Ar­beits­ver­trag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündi­gung mit­ge­teilt, wer der für sie zuständi­ge Nie­der­las­sungs­lei­ter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündi­gung kei­nen Weg auf­ge­zeigt, auf dem sie im­mer un­schwer er­fah­ren konn­te, wer die­se Funk­ti­on be­klei­de­te.

4. Der Kläge­rin ist es nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt von Treu und Glau-

ben (§ 242 BGB) ver­wehrt, sich auf ih­re Un­kennt­nis von der Voll­macht des Nie­der­las­sungs­lei­ters C zu be­ru­fen.

a) Die Zurück­wei­sung ist nach § 242 BGB un­zulässig, wenn der Kündi-
gungs­empfänger den Ver­tre­ter in der be­ste­hen­den Geschäfts­ver­bin­dung auch oh­ne Vor­la­ge der Voll­machts­ur­kun­de be­reits wie­der­holt als sol­chen an­er­kannt hat, so­lan­ge kein be­gründe­ter Zwei­fel am Be­ste­hen der Voll­macht auf­ge­tre­ten ist (BGH 20. Ok­to­ber 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; So­er­gel/ Lep­ti­en BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

b) Im vor­lie­gen­den Fall hat die Kläge­rin kei­nen Ver­trau­en­stat­be­stand bei
der Be­klag­ten ge­schaf­fen. Sie hat un­strei­tig kei­ner­lei Kon­takt mit dem Nie­der­las­sungs­lei­ter C ge­habt. Das Ar­beits­verhält­nis wur­de aus­sch­ließlich über die Ob­jekt­lei­te­rin ab­ge­wi­ckelt. Herr C hat auch den Ar­beits­ver­trag nicht un­ter­zeich­net. Oh­ne­hin ergäbe sich selbst aus ei­nem sol­chen Um­stand nicht mit hin­rei­chen­der Si­cher­heit, dass ein Kündi­gungs­recht be­stand. Es gibt kei­nen Er­fah­rungs­satz, nach dem die Be­fug­nis zur Ein­stel­lung stets mit der zu ei­ner


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Ent­las­sung ver­bun­den ist (vgl. BAG 29. Ju­ni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

II. Die Re­vi­si­on ist auch un­be­gründet, so­weit sich die Be­klag­te ge­gen ih­re

Ver­ur­tei­lung zur Zah­lung von 1.515,90 Eu­ro brut­to un­ter dem Ge­sichts­punkt des An­nah­me­ver­zugs für De­zem­ber 2008 bis ein­sch­ließlich März 2009 so­wie zur Zah­lung von Scha­dens­er­satz von 309,70 Eu­ro brut­to für die un­ter­ge­gan­ge­nen Ur­laubs- bzw. Ur­laubs­ab­gel­tungs­ansprüche wen­det. Die­se Ansprüche er­ge­ben sich aus dem Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum 31. März 2009. Ih­re Höhe hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­rech­net. Kon­kre­te Rügen er­hebt die Be­klag­te dies­bezüglich nicht.

C. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fi­scher­mei­er Brühler Spel­ge

Sie­berts Spie­ker­mann

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