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LAG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 23.02.2010, 17 Sa 1133/08

   
Schlagworte: Schadensersatz, Wettbewerbsverbot
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 17 Sa 1133/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 23.02.2010
   
Leitsätze: Anforderungen an eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO.(Rn.89)
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 09.06.2008, 3 (8) Ca 336/06
   

17 Sa 1133/08

3 (8) Ca 336/06
Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf  

 

Verkündet am 23. Fe­bru­ar 2010

Will­ms als Ur­kunds­be­am­ter der Geschäfts­stel­le

 

LAN­DES­AR­BEITS­GERICHT DÜSSEL­DORF

IM NA­MEN DES VOL­KES

UR­TEIL

In dem Rechts­streit

der I.+X. Bau GmbH, ver­tre­ten durch die Geschäftsführer Dr. X. G. und I. M., N.-van-der-S.-Straße 6, N.,

- Kläge­rin und Be­ru­fungskläge­rin -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te: Q. Rechts­anwälte, L.-T.-Straße 16, C.,

g e g e n

die C. C. AG, ver­tre­ten durch den Vor­stand, D.-S.-Platz 1-5, N.,

- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te: Rech­t­anwälte N. u.a., S. straße 3, T.,

Streit­verkünde­te:

1. Herr B. von X., M. weg 1, N.,

- bei­ge­tre­ten auf Sei­ten der Be­klag­ten -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te: Rechts­anwälte P. D., O. Straße 1, N.

2. Herrn E. X., Q. weg 16, E.,

- bei­ge­tre­ten auf Sei­ten der Be­klag­ten -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter: Rechts­an­walt K. F., T. platz 11, E.

3. Herrn S. L., S. straße 58, C.,

- bei­ge­tre­ten auf Sei­ten der Be­klag­ten -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te: Rechts­anwälte Dr. P. u.a., W. straße 23-25, C.

hat die 17. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf

 

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auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 23.02.2010
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Jan­sen als Vor­sit­zen­den so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter No­vak und der eh­ren­amt­li­chen Rich­te­rin Krey­mann

für R e c h t er­kannt:

1) Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 9.6.2008 – 3 (8) Ca 336/06 – wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

2) Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

T A T B E S T A N D

Die Par­tei­en strei­ten über Scha­dens­er­satz­ansprüche für die Zeit von 2005 bis 2006.

Die Kläge­rin ist ein Un­ter­neh­men der Ver­kehrs­we­ge­bau­bran­che, ins­be­son­de­re im Be­reich des Au­to­bahn­baus so­wie des Baus von Flug­be­triebs­flächen, die aus­weis­lich des La­ge­be­richts 2005 zum 31.12.2004 ins­ge­samt 1.329 Mit­ar­bei­ter beschäftig­te. Sie gehörte dem X. Bau­kon­zern an. Die Kläge­rin war mit der Mut­ter­ge­sell­schaft, der X. Bau AG, wirt­schaft­lich über ei­nen Cash-Pool ver­bun­den, der im De­zem­ber 2004 von der Kläge­rin gekündigt wur­de.

Die X. Bau AG stell­te am 01.02.2005 ei­nen In­sol­venz­an­trag. Zum 14.02.2005 wur­de die Kläge­rin aus der In­sol­venz her­aus an den T.-Kon­zern ver­kauft. Der Kauf- und Über­tra­gungs­ver­trag be­traf ein Ge­samt­pa­ket be­ste­hend aus der Über­nah­me der Dach­ge­sell­schaft E. Hol­ding mit den An­tei­len der Kläge­rin so­wie wei­te­ren Ge­sell­schaf­ten aus der In­sol­venz­mas­se. Der Ver­kauf wur­de be­reits am 15.02.2005 un­ter dem Vor­be­halt der Zu­stim­mung des Gläubi­ger­aus­schus­ses in der Pres­se be­kannt ge­macht. Am 01.04.2005 wur­de das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der X. Bau AG eröff­net. Am 06.04.2005 stimm­te der Gläubi­ger­aus­schuss dem Ver­kauf der Geschäfts­an­tei­le der Kläge­rin an die T.–Grup­pe zu. Der Be­scheid der Kom­mis­si­on der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten da­tiert vom 23.06.2005.

 

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Die Be­klag­te (vor­her: Be­klag­te zu 1) war eben­falls am Er­werb der Kläge­rin in­ter­es­siert und führ­te hier­zu ver­geb­lich Ver­hand­lun­gen mit dem In­sol­venz­ver­wal­ter der X. Bau AG. Sie plan­te un­abhängig vom Er­folg der Ver­kaufs­bemühun­gen mit dem In­sol­venz­ver­wal­ter den Auf­bau ei­ner ei­ge­nen Ver­kehrs­we­ge­bau­s­par­te. Nach dem die Ver­hand­lun­gen mit dem In­sol­venz­ver­wal­ter über den Kauf ge­schei­tert wa­ren, ent­schloss sich die Be­klag­te ihr Ziel im Rah­men ei­ner ei­ge­nen C. und C. Ver­kehrs­we­ge­bau GmbH zu ver­fol­gen. Sie schloss hier­zu 2005 mit den Streit­verkünde­ten zu 1), 2) und 3) (vor­her Be­klag­ter zu 2), 3) und 4)) so­wie mit wei­te­ren Mit­ar­bei­tern der Kläge­rin Dienst- bzw. Ar­beits­verträge. Im un­mit­tel­ba­ren zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit den Kündi­gun­gen der von der Kläge­rin zur Be­klag­ten wech­seln­den Mit­ar­bei­ter kam es so­wohl zur Löschung und Nut­zung von Da­ten der Kläge­rin durch Mit­ar­bei­ter für die Be­klag­te.

En­de Fe­bru­ar 2005 er­fuhr Herr L., zu dem Zeit­punkt noch Mit­glied der Führungs­ebe­ne der X. Bau AG da­von, dass der Streit­verkünde­te zu 2), tech­ni­scher Lei­ter der Düssel­dor­fer Nie­der­las­sung der Kläge­rin und der Streit­verkünde­te zu 3), kaufmänni­scher Lei­ter die­ser Nie­der­las­sung, so­wie der tech­ni­sche Lei­ter der Ham­bur­ger Nie­der­las­sung der Kläge­rin, Herr I., der tech­ni­sche Lei­ter der Dresd­ner Nie­der­las­sung der Kläge­rin, Herr T. und der kaufmänni­sche Lei­ter der Ber­li­ner und Ham­bur­ger Nie­der­las­sun­gen der Kläge­rin, Herr M., das Un­ter­neh­men ver­las­sen woll­ten. Hierüber in­for­mier­te er den Streit­verkünde­ten zu 1), der zu­letzt im Auf­sichts­rat der X. Bau AG und für die­se als Be­ra­ter tätig war. Das Auf­sichts­rats­man­dat leg­te er zum 31.12.2004 nie­der. Der Be­ra­ter­ver­trag wur­de am 07.03.2005 rück­wir­kend zum 31.12.2004 auf­ge­ho­ben.

Am 18.02.2005 fand bei der Kläge­rin ein Führungs­kräfte­tref­fen (Ver­kehrs­we­ge­bau-Ta­gung Frank­furt) statt, an dem u.a. die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) so­wie die Her­ren M., I., T. und I. teil­nah­men und in dem sich der Mehr­heits­ak­ti­onär der T.-Grup­pe, Herr Dr. I. u.a. über die zukünf­ti­ge Ent­wick­lung bei der Kläge­rin nach dem Ver­kauf äußer­te.

Am 02.03.2005 tra­fen sich der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten, Herrn C., das Mit­glied der Führungs­ebe­ne der Be­klag­ten, Herrn F., und der Streit­verkün-

 

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de­te zu 1) in Köln. Es wur­de ver­ein­bart, dass der Streit­verkünde­te zu 1) Be­ra­tungs­leis­tun­gen für die Be­klag­te im Be­reich „BOT“ Mo­del­le für Au­to­bah­nen er­brin­gen soll­te. Der Streit­verkünde­te zu 1) in­for­mier­te die Ver­tre­ter der Be­klag­ten über den Ab­wan­de­rungs­wil­len der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) so­wie der Mit­ar­bei­ter M., I. und T.. Der Streit­verkünde­te zu 1) ließ sich nach dem Tref­fen te­le­fo­nisch die Wech­sel­wil­lig­keit von die­sen Mit­ar­bei­tern bestäti­gen.

Am 04.03.2005 kündig­te die Be­klag­te die im BOT-Be­reich mit der Kläge­rin be­ste­hen­de Ko­ope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung über pri­vat fi­nan­zier­te Au­to­bahn­ab­schnit­te. Am sel­ben Tag so­wie in der Fol­ge­zeit traf sich der Streit­verkünde­te zu 1) mit Herrn F., um ein Kon­zept des neu­en Geschäfts­felds „Ver­kehrs­we­ge­bau" zu kon­kre­ti­sie­ren und zu­gleich die er­for­der­li­chen or­ga­ni­sa­to­ri­schen Maßnah­men zu tref­fen, um den Streit­verkünde­ten zu 2), 3), Herrn M., Herrn I. und Herrn T. Ge­le­gen­heit zu ge­ben, sich der Be­klag­ten vor­zu­stel­len. Der Streit­verkünde­te zu 1) soll­te als Kon­takt­per­so­nen fun­gie­ren. In dem Zu­sam­men­hang ent­stand ein ers­tes Or­ga­ni­gramm (Vor­ent­wurf Or­ga­ni­sa­ti­on, Blatt 2050 der Er­mitt­lungs­ak­te) für ei­ne ent­spre­chen­de Ver­kehrs­we­ge­bau­ein­heit der Be­klag­ten.

Am Abend des 14.03.2005 kam es am Frank­fur­ter Flug­ha­fen zu ei­nem Tref­fen zwi­schen Herrn C., Herrn F., den Streit­verkünde­ten zu 1), 2), 3), Herrn M., Herrn I. und Herrn T.. Herr T. hat­te Herrn I., den kaufmänni­schen Lei­ter der Nie­der­las­sung Frank­furt, mit­ge­bracht. In dem Zu­sam­men­hang wur­den for­mu­larmäßige „Ein­stel­lungs­zu­sa­gen“ aus­gefüllt, wo­bei strei­tig ist, ob sie in An­we­sen­heit von Herrn C. aus­gefüllt wur­den. Die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) er­hiel­ten hier­von je­weils ei­ne Ko­pie für sich. Der Streit­verkünde­te zu 2) be­hielt ein nicht aus­gefüll­tes Ex­em­plar des For­mu­lars.

Die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) in­for­mier­ten da­nach im Hin­blick auf den be­ab­sich­tig­ten Wech­sel zur Be­klag­ten eng ver­trau­te Mit­ar­bei­ter im Un­ter­neh­men der Kläge­rin über ih­re Ent­schei­dung bei der Kläge­rin zu kündi­gen. Der In­halt der Erklärun­gen ist strei­tig, ins­be­son­de­re, ob die bei­den Streit­verkünde­ten Mit­ar­bei­ter ak­tiv ab­ge­wor­ben ha­ben oder nur Nach­fra­gen be­ant­wor­tet ha­ben. Der Streit­verkündig­te zu 2) überg­ab sei­ner Se­kretärin Frau T. ein lee­res Ex­em­plar

 

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des For­mu­lars „Ein­stel­lungs­zu­sa­ge". In der Fol­ge­zeit kam es zu ei­nem Aus­tausch von aus­gefüll­ten Ein­stel­lungs­zu­sa­gen zwi­schen den Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) bzw. ih­ren Se­kretärin­nen und Mit­ar­bei­tern der Be­klag­ten.

Am 15.03.2005 ver­sand­te Frau T. das Form­blatt „Ver­trags­be­din­gun­gen/ Ein­stel­lungs­zu­sa­ge" mit dem Hin­weis, „un­ter Be­zug­nah­me auf ei­ne ge­trof­fe­ne Ab­spra­che“, so­wie pri­va­te An­schrif­ten der Mit­ar­bei­ter der Kläge­rin, B., B., E., N., und K. an Herrn F.. Eben­falls am 15.03.2005 über­sand­te Herr F. ei­ne E-Mail an Herrn C., in wel­cher er über den Auf­bau der zukünf­ti­gen Ver­kehrs­we­ge­bau­ge­sell­schaft der Be­klag­ten in­for­mier­te. Dar­in heißt es u.a., ... der Ball rollt wei­ter und wir ha­ben heu­te sechs wei­te­re Schlüssel­po­si­tio­nen wie Kal­ku­la­to­ren, Ar­beits­vor­be­rei­ter etc.... ver­pflich­tet. Übri­gens- die zukünf­ti­ge Geschäftsführung ar­bei­tet nun (noch in­for­mell) mit Voll­dampf an der Sa­che“ (An­la­ge Band LKA NRW Bl. 2787).

In ei­ner „ver­trau­li­chen No­tiz“ vom 15.03.2005 teil­te Herr F. den Her­ren C., S. und I. von der Be­klag­ten mit, dass „... sich zwi­schen­zeit­lich hand­fest die C. C. Ver­kehrs­we­ge­bau GmbH mit Sitz in Es­sen ent­wi­ckeln würde. Per­so­nell würde die Ge­sell­schaft der­zeit sub­stan­zi­ell auf­ge­stockt, so­dass auch jetzt schon Aus­schrei­bun­gen vom Markt auf­ge­nom­men und be­ar­bei­tet wer­den können. Da die Un­ter­neh­mens­ent­wick­lung auf­grund der der­zei­ti­gen Markt­ent­wick­lung ei­ne ge­wis­se Bri­sanz hätte, würde der Vor­gang sehr ver­trau­lich ge­hal­ten... (Ver­merk An­la­ge Band LKA NRW Bl. 2787).

Am 16.03.2005 über­sand­te Herr F. an den Streit­verkünde­ten zu 3) die Ein­stel­lungs­zu­sa­gen für die Mit­ar­bei­ter B., E., K., N. und B. mit der Bit­te, ei­ne ent­spre­chen­de Ge­gen­zeich­nung zu ver­an­las­sen und die­se dann an ihn mit dem Ver­merk „persönlich“ zurück­zu­sen­den.

Am 17.03.2005 tra­fen sich in der Zweig­nie­der­las­sung der Kläge­rin in Leip­zig der Streit­verkünde­ten zu 2), Herr T. der tech­ni­sche Lei­ter der Dresd­ner Zweig­nie­der­las­sung, sein Stell­ver­tre­ter Herr B. so­wie der kaufmänni­sche Lei­ter der

 

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Dresd­ner Zweig­nie­der­las­sung Herr M.. Der An­lass des Tref­fens und die In­hal­te der Gespräche sind strei­tig. Der Streit­verkünde­te zu 2) no­tier­te die Na­men von Mit­ar­bei­tern der Kläge­rin aus der Nie­der­las­sung Dres­den, die für ei­nen Wech­sel in­fra­ge ka­men. Die Fra­ge des Wech­sels des kaufmänni­schen Lei­ters, Herrn M., wur­de auch an­ge­spro­chen. Der Streit­verkünde­te zu 2) for­der­te in dem Zu­sam­men­hang von dem Streit­verkünde­ten zu 1) te­le­fo­nisch ein For­mu­lar „Ver­trags­be­din­gun­gen/ Ein­stel­lungs­zu­sa­gen" an. Nach Über­sen­dung per Fax füll­te der Streit­verkünde­te zu 2) ge­mein­sam mit Herrn M. das For­mu­lar aus, wel­ches dann an das Se­kre­ta­ri­at des Streit­verkünde­ten zu 2) in E. zur Wei­ter­lei­tung an die Be­klag­te ge­sandt wur­de. An die­sem Tag wur­de auch aus der Zweig­nie­der­las­sung der Kläge­rin in E. an Herrn F. ei­ne Ver­ga­be­be­kannt­ma­chung des Lan­des Sach­sen-An­halt ge­faxt.

Am 18.03.2005 kam es in der Nie­der­las­sung E. zu ei­ner von den Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) in­iti­ier­ten Zu­sam­men­kunft mit den Mit­ar­bei­tern Herrn N., Herrn E., Herrn S., Herrn C., Frau I., Herrn C., Herrn B. und Herrn K.. Die An­we­sen­heit wei­te­rer Mit­ar­bei­ter ist strei­tig. Die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) in­for­mier­ten die Mit­ar­bei­ter über ihr zukünf­ti­ges Aus­schei­den bei der Kläge­rin. In der Fol­ge wur­den wei­te­re Ein­stel­lungs­zu­sa­gen für ein­zel­ne Mit­ar­bei­ter aus¬gefüllt. Am sel­ben Ta­ge über­sand­te Herr F. zu­vor be­reits ge­gen­ge­zeich­ne­te Ein­stel­lungs­zu­sa­gen für Frau T., Frau P., Frau I. und Herrn C. an den Streit­verkünde­ten zu 3).

Am 21.03.2005 er­hielt Herr M. ein den An­ga­ben in der Ein­stel­lungs­zu­sa­ge vom 17.03.2005 ent­spre­chen­des An­ge­bot der Be­klag­ten zur An­stel­lung als kaufmänni­scher Lei­ter der Nie­der­las­sung Dres­den in der neu ge­gründe­ten Ver­kehrs­we­ge­bau­ge­sell­schaft. Am 23.03.2005 über­sand­te der Streit­verkünde­te zu 3) die un­ter­schrie­be­nen Ein­stel­lungs­zu­sa­gen für die Mit­ar­bei­ter B., B., C., E., K., N. und P. an die Be­klag­te. Er erklärte, die Ein­stel­lungs­zu­sa­ge von Frau I. nach­zu­rei­chen, da sich die­se zur­zeit in Ur­laub be­fin­de. Der Streit­verkünde­te zu 3) bat dar­um, die ent­spre­chen­den Verträge aus­zu­stel­len und ihm ei­ne Ko­pie an sei­ne Pri­vat­an­schrift zu sen­den. Zu­dem über­sand­te er die aus­ge­fer­tig­ten Ein-

 

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stel­lungs­zu­sa­gen für die Mit­ar­bei­ter F., N., N. und Q. mit der Bit­te, die­se nach Un­ter­schrift zurück­zu­ge­ben.

Mit Schrei­ben vom 24.03.2005 über­sand­te der Streit­verkünde­te zu 3) Herr F. die Ein­stel­lungs­zu­sa­gen für die Mit­ar­bei­ter B., K., B. und E., die man zu­vor irrtümlich nicht bei­gefügt hat­te. Der Ein­stel­lungs­zu­sa­ge von Herrn B. war ei­ne Prämi­en­ver­ein­ba­rung mit der Kläge­rin in Fo­to­ko­pie bei­gefügt. Nach die­ser soll­te Herr B. die in 2001 und 2002 er­hal­te­nen Prämi­en in Höhe von je­weils 25.000,00 DM an die Kläge­rin zurück­zah­len, wenn er das Un­ter­neh­men bis En­de 2006 ver­las­sen würde. Der Streit­verkünde­te zu 3) sprach in der Fol­ge mit Ver­tre­tern der Be­klag­ten über die Über­nah­me der Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung.

Mit Schrei­ben vom 30.03.2005 teil­te die Be­klag­te dem In­sol­venz­ver­wal­ter der X. Bau AG mit, dass ei­ne nicht un­er­heb­li­che Zahl von Be­wer­bun­gen von Mit­ar­bei­tern der Kläge­rin bei ihr vor­lie­ge und be­ab­sich­tigt sei, die­se Mit­ar­bei­ter ein­zu­stel­len.

Mit Schrei­ben vom 31.03.2005 über­sand­te der Streit­verkünde­te zu 3) an Herrn F. die un­ter­schrie­be­nen Ein­stel­lungs­zu­sa­gen für die Her­ren E., F., S. und T.. Gleich­zei­tig kündig­te er an, die er­for­der­li­chen Un­ter­la­gen für die Her­ren S., L. und T. nach­zu­rei­chen. An­sch­ließend bat der Streit­verkünde­te zu 3) dar­um, die ent­spre­chen­den Verträge aus­zu­stel­len und Ko­pi­en an sei­ne Pri­vat­an­schrift zu sen­den. Mit ei­nem an Herrn F. ge­rich­te­ten Schrei­ben vom 04.04.2005 über­sand­te der Streit­verkünde­te zu 3) die Ein­stel­lungs­zu­sa­gen für die Her­ren C. und S..

Mit Schrei­ben vom 04.04.2005 wies der Streit­verkünde­te zu 3) Herrn F. mit der Bit­te um Berück­sich­ti­gung dar­auf hin, dass man bei Herrn E. ei­ne Ergänzung for­mu­liert hätte, nach der die­ser bei ent­spre­chen­der Auf­trags­la­ge die Lei­tung der Zweig­nie­der­las­sung West über­neh­men soll­te. Herr F. sand­te dar­auf­hin die­ses Schrei­ben an Frau X.-T. mit der Bit­te um ra­sche Be­ar­bei­tung. Un­ter dem Da­tum 05.04.2005 fer­tig­te der Streit­verkünde­te zu 3) hand­schrift­li­che No­ti­zen zum da­ma­li­gen An­ge­stell­ten der Kläge­rin, Herrn N.. Ne­ben den Da­ten hin­sicht-

 

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lich Kündi­gungs­frist, Ver­weil­dau­er bei der Kläge­rin und Po­si­ti­on wur­den die ak­tu­el­len Pro­jek­te no­tiert, mit de­nen Herr N. zu die­sem Zeit­punkt be­traut war. Darüber hin­aus no­tier­te der Streit­verkünde­te zu 3): „Soll lt. GF LoZN-Lei­tung FFM über­neh­men – Ein­stel­lungs­zu­sa­ge“.

Am 07.04.2005 über­sand­te die Se­kretärin der Be­klag­ten, Frau U., an die Se­kretärin des Streit­verkünde­ten zu 3), Frau D., ei­ne Lis­te mit den Te­le­fon­num­mern von Mo­bil­te­le­fo­nen, die zu­vor oder in der Fol­ge an zur Be­klag­ten wech­seln­de Mit­ar­bei­ter über­ge­ben wur­den.

Am 09.04.2005 fand auf Ein­la­dung der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) vom 04.04.2005 ein von der Be­klag­ten fi­nan­zier­tes Tref­fen am Flug­ha­fen Köln-Bonn zwi­schen Herrn F. und Mit­ar­bei­tern der Kläge­rin statt, die zu die­sem Zeit­punkt be­reits gekündigt hat­ten. Auf der Ein­la­dung für das Tref­fen wur­de hand­schrift­lich ver­merkt „Han­dys für al­le TN (außer L.) mit Na­men ver­se­hen + 2 AYS für Sek. Frau D. und T..“

Mit Schrei­ben vom 11.04.2005 über­sand­te der Streit­verkünde­te zu 3) an Frau X.-T. von der Be­klag­ten die Ein­stel­lungs­un­ter­la­gen der Mit­ar­bei­ter D., M., N., U., E., C., U., G., N., T. so­wie die Be­wer­bungs­un­ter­la­gen der Mit­ar­bei­ter M., X., Q., B., I. und T.. Mit Schrei­ben vom 12.04.2005 über­sand­te der Streit­verkünde­te zu 3) an Frau X.-T. die Be­wer­bungs­un­ter­la­gen der Her­ren F., B. und E..

Am 11.04.2005 über­sand­te die Se­kretärin des Streit­verkünde­ten zu 3), Frau D., an die Se­kretärin der Be­klag­ten, Frau U., per E-Mail ei­ne An­schrif­ten­lis­te (An­la­ge K 11 der Kläge­rin). Frau U. über­sand­te an Frau D. ein in­ter­nes Te­le­fon­ver­zeich­nis der Be­klag­ten und kündig­te die Über­las­sung von vier Ex­em­pla­ren ei­nes „schwar­zen Te­le­fon­buchs“ u.a. für die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) an, wel­ches Kon­takt­da­ten der Führungs­ebe­ne der Be­klag­ten ent­hielt.

Mit Schrei­ben vom 14.04.2005 über­sand­te der Streit­verkünde­te zu 3) Frau X.-T. die Be­wer­bungs­un­ter­la­gen der Her­ren T. und X. so­wie die Ein­stel­lungs­zu­sa­ge aus März für Frau I.. Er bat um Aus­fer­ti­gung der Verträge „wie be­spro­chen“. Mit

 

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Schrei­ben vom 15.04.2005 über­sand­te der Streit­verkünde­te zu 3) Frau X.-T. die Be­wer­bungs­un­ter­la­gen der Her­ren K. und B. so­wie die Ein­stel­lungs­zu­sa­gen der Her­ren C., O. und S.. Am 18.04.2005 über­sand­te der Streit­verkünde­te zu 3) Frau X.-T. die Ein­stel­lungs­zu­sa­ge von Herrn X..

Am 21.04.2005 wur­de durch Ände­rung der Fir­ma der be­reits be­ste­hen­den GmbH die C. C. Ver­kehrs­we­ge­bau GmbH mit ei­nem Ge­sell­schafts­zweck im Be­reich des Ver­kehrs­we­ge­baus im Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­gen. Am 26.04.2005 wur­den die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) von der Kläge­rin von der Er­brin­gung der Ar­beits­leis­tung frei­ge­stellt. Mit Schrei­ben vom 12.05.2005 kündig­te die Kläge­rin die Ar­beits­verhält­nis­se frist­los.

Bis zum 31.03.2005 kündig­ten 25 Mit­ar­bei­ter und bis zum 31.05.2005 wei­te­re 32 Mit­ar­bei­ter der Kläge­rin ihr Ar­beits­verhält­nis. Bis auf die Her­ren I., L., N. und C., de­ren je­wei­li­ge Fol­ge­ar­beit­ge­ber strei­tig sind, wech­sel­ten die Mit­ar­bei­ter di­rekt zur Be­klag­ten. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten ih­res Aus­schei­dens und der von den Mit­ar­bei­tern bei der Kläge­rin wahr­ge­nom­me­nen Auf­ga­ben wird auf die Auf­stel­lung der Kläge­rin Be­zug ge­nom­men (An­la­ge K 36 zum Schrift­satz der Kläge­rin vom 21.11.2007). Zu an­de­ren Ar­beit­ge­bern wech­sel­ten im Zu­sam­men­hang mit den streit­ge­genständ­li­chen Vorgängen min­des­tens noch fol­gen­de 47 Mit­ar­bei­ter (vgl. Sei­te 10 des erst­in­stanz­li­chen Tat­be­stan­des).

Nach dem Vor­trag der Kläge­rin wur­den 70 Ar­beit­neh­mer der Nie­der­las­sung Mag­de­burg gekündigt, weil die Ar­bei­ten we­gen der Ab­wer­bung nicht mehr ord­nungs­gemäß durch­geführt wer­den konn­ten.

Ins­ge­samt re­du­zier­te sich die Be­leg­schaft nach dem La­ge­be­richt der Kläge­rin 2005 von 1329 Mit­ar­bei­tern (An­ge­stell­te und Ge­werb­li­che) zum Stich­tag 31.12.2004 auf 1.101 Mit­ar­bei­ter zum Stich­tag 31.12.2005.

Am 03.05.2005 reich­te die Be­klag­te ein vollständig kal­ku­lier­tes An­ge­bot im Aus­schrei­bungs­ver­fah­ren zur Bun­des­au­to­bahn A 72 ein. We­der die Be­klag­te noch die gleich­falls teil­neh­men­de Kläge­rin er­hiel­ten den Zu­schlag für die­sen

 

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Auf­trag. Herr N. hat­te be­reits am 26.04.2005 mit Vor­ar­bei­ten zur An­ge­bots­er­stel­lung un­ter Be­nut­zung ei­nes vom dem Streit­verkünde­ten zu 2) pri­vat an­ge­schaff­ten Lap­tops, der Soft­ware AR­RIBA und ei­ner Bau­geräte­lis­te der Kläge­rin be­gon­nen.

Im Büro von Herrn E. bei der Be­klag­ten wur­den bei ei­ner von der Staats­an­walt­schaft durch­geführ­ten Durch­su­chung Kal­ku­la­tio­nen der Kläge­rin zur Be­rech­nung der Kos­ten von Be­ton- und Asphalt­misch­an­la­gen so­wie ein Pro­jekt­ma­nage­ment­hand­buch und auf sei­nem PC wei­te­re Kal­ku­la­ti­ons­un­ter­la­gen der Kläge­rin ge­fun­den. Im Büro von Herrn F. bei der Be­klag­ten be­fan­den sich Pro­jekt­steue­rungs­un­ter­la­gen mit über­mal­tem Lo­go der Kläge­rin und bei Herrn K. Be­schaf­fungs­anträge der Kläge­rin. Im Büro des Streit­verkünde­ten zu 1) be­fan­den sich wei­te­re Kal­ku­la­ti­ons­un­ter­la­gen, Leis­tungs­ver­zeich­nis­se und An­ge­bots­un­ter­la­gen der Kläge­rin. Außer­dem be­fan­den sich dort ei­ne Tisch­vor­la­ge zur Auf­sichts­rats­sit­zung der Kläge­rin vom 30.11.2004 mit Vor­schlägen zur In­ves­ti­ti­ons­pla­nung 2005, Pro­gno­sen für den Auf­sichts­rat, die Ent­wick­lung der Außenstände und der Li­qui­dität, Auf­trags­zu­gang und -be­stand so­wie we­sent­li­che Auf­trags­neu­zugänge ne­ben wei­te­ren Un­ter­la­gen. Wei­te­re Un­ter­la­gen der Kläge­rin wur­den in der Pri­vat­woh­nung von Herrn L. ge­fun­den. Im Büro von Herrn B. wur­den Un­ter­la­gen mit Be­zug zur Kläge­rin auf­ge­fun­den.

Am 29.06.2005 wur­den die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3), so­wie Herr L. als Geschäftsführer der C. C. Ver­kehrs­we­ge­bau GmbH im Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­gen.

Aus­weis­lich des Be­richts der Wirt­schafts­prüfungs­ge­sell­schaft X. & L. über die Prüfung des Jah­res­ab­schlus­ses be­trug das Er­geb­nis der gewöhn­li­chen Geschäftstätig­keit der Kläge­rin 2005 – 68.759.000 € und 2006 – 16.767.000 € (Bl. 2169 d.A.). Die Kläge­rin er­rech­ne­te ei­nen der Be­klag­ten zu­re­chen­ba­ren Ver­lust von 26.737.000 € für 2005 und von 17.715.000 € für 2006. Un­ter Berück­sich­ti­gung ei­nes Ziel­ergeb­nis­ses von je 963.000 € für die Jah­re 2005 und 2006 er­gibt sich nach Auf­fas­sung der Kläge­rin ein Ge­samt­scha­den von 46.378.000 € (vgl. u.a. die Zu­sam­men­fas­sung Bl. 2057 ff d. Ak­ten).

 

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Die Kläge­rin reich­te am 12.09.2009 beim Amts­ge­richt Co­burg vier Mahn­be­scheids­anträge über 27.350.000 € ge­gen die Be­klag­te und die Streit­verkünde­ten ein. Ge­gen die Mahn­be­schei­de vom 21.09.2005, die am 29.09.2005 zu­ge­stellt wur­den, ha­ben die Be­klag­ten am 05.10.2005 und die Streit­verkünde­ten am 04.10.2005 Wi­der­spruch ein­ge­legt. Das Ver­fah­ren wur­de so­dann zur Durchführung des strei­ti­gen Ver­fah­rens an das Land­ge­richt München I (Ak­ten­zei­chen 33 O 7506/06 und Ak­ten­zei­chen 33 O 18202/05) ab­ge­ge­ben. Nach ei­nem Streit über die Zuständig­keit des Ge­richts hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf durch Be­schluss vom 02.03.2007 das Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf für ört­lich zuständig erklärt. Durch Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 12.04.2007 wur­den bei­de Ver­fah­ren zur ge­mein­sa­men Ver­hand­lung und Ent­schei­dung ver­bun­den.

Die Kläge­rin hat be­haup­tet, dass die Be­klag­te un­ter Mit­hil­fe der Streit­verkünde­ten zu 1) bis 3) ih­re Mit­ar­bei­ter in wett­be­werbs­wid­ri­ger Schädi­gungs­ab­sicht ab­ge­wor­ben ha­be. Der Streit­verkünde­te zu 1) ha­be dem Streit­verkünde­ten zu 3) be­reits am 07. oder 08.03.2005 mit­ge­teilt, dass die Be­klag­te die ge­sam­te Mann­schaft der Kläge­rin bis hin zum Po­lier und das ge­sam­te Be­richts­we­sen über­neh­men wol­le. Dies ha­be der Streit­verkünde­te zu 3) dem Mit­ar­bei­ter S. mit­ge­teilt und ihm be­reits ein Or­ga­ni­gramm der zukünf­ti­gen Ver­kehrs­we­ge­bau­s­par­te der Be­klag­ten über­ge­ben. We­ni­ge Ta­ge nach dem 08.03.2005 ha­be es ein Tref­fen im Düssel­dor­fer Mer­kur-Ho­tel ge­ge­ben, in dem mit ei­nem Teil der ers­ten Führungs­ebe­ne der Kläge­rin, u.a. dem Streit­verkünde­ten zu 3) Initia­ti­ven für die Ab­wan­de­rung der ge­sam­ten ers­ten Ebe­ne der Kläge­rin aus­ge­ar­bei­tet wor­den sei­en. Die zwi­schen der Be­klag­ten und den Streit­verkünde­ten ge­wech­sel­ten Ein­stel­lungs­zu­sa­gen hätten An­ga­ben zu den aus­geübten Po­si­tio­nen, dem Ge­halt so­wie der be­trieb­li­chen Al­ters­vor­sor­ge bei der Be­klag­ten ent­hal­ten. Die Be­klag­te ha­be ih­ren Mit­ar­bei­tern mit dem Ver­zicht auf be­triebs­be­ding­te Kündi­gun­gen und der Zu­si­che­rung von mo­nat­li­chen Al­ters­vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen in Höhe von 350,00 € weit über dem Übli­chen lie­gen­den Ar­beits­be­din­gun­gen an­ge­bo­ten. Bei dem Tref­fen vom 17.03.2005 in Leip­zig sei über die ge­plan­te Über­nah­me des Per­so­nals der Nie­der­las­sung Düssel­dorf und auch die mas-

 

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si­ve Über­nah­me von Mit­ar­bei­tern der Nie­der­las­sung Dres­den ge­spro­chen wor­den. Herr B. ha­be die Auf­ga­be er­hal­ten, mit den Mit­ar­bei­tern der Nie­der­las­sung Dres­den zu spre­chen, um sie für ei­nen Wech­sel zu ge­win­nen. Herr T. ha­be Herrn N. an­spre­chen sol­len, um auch Mit­ar­bei­ter der Zweig­nie­der­las­sung Er­furt für ei­nen Wech­sel zur Be­klag­ten zu ge­win­nen. Herr M. ha­be die Kündi­gungs­fris­ten sämt­li­cher Mit­ar­bei­ter no­tie­ren sol­len. Da­bei sei die Struk­tur der neu­en Ver­kehrs­we­ge­spar­te mit der Be­klag­ten erörtert und be­kräftigt wor­den, die Nie­der­las­sungs­lei­tun­gen der neu­en Ge­sell­schaft mit den bis­he­ri­gen Nie­der­las­sungs­lei­tern der Kläge­rin zu be­set­zen. Herr M. ha­be zur Wech­sel­ab­sicht be­fragt ge­ant­wor­tet, dass er oh­ne ver­bind­li­che Zu­sa­ge der Be­klag­ten kei­nes­falls sein jet­zi­ges Ar­beits­verhält­nis kündi­gen wol­le. An dem Tref­fen in der Dort­mun­der Nie­der­las­sung vom 18.03.2005 hätten zu­vor von dem Streit­verkünde­ten zu 1) aus­gewähl­te Mit­ar­bei­ter teil­ge­nom­men. Es sei bei dem Tref­fen be­schlos­sen wor­den – auch zur Un­terstützung des An­ge­bots der Be­klag­ten zum Er­werb der Kläge­rin vom 19.03.2005 – das zunächst in ei­ner ers­ten Kündi­gungs­wel­le ne­ben den Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) auch die Mit­ar­bei­ter E., B., K., B., N. und T. kündi­gen soll­ten. Erst nach Ein­gang ers­ter Auf­träge der neu­en Ver­kehrs­we­ge­bau­s­par­te der Be­klag­ten hätten je nach Be­darf wei­te­re Mit­ar­bei­ter kündi­gen und über­nom­men wer­den sol­len. So­weit die gemäß „Busi­ness­plan“ pro­jek­tier­ten Umsätze er­reicht würden, ha­be ei­ne wei­te­re Wel­le von Kündi­gun¬gen und Über­nah­men er­fol­gen sol­len. Vor dem Start der Ab­wer­be­ak­ti­on ha­be bei kei­nem Mit­ar­bei­ter die Be­reit­schaft zum Wech­sel be­stan­den. Die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) hätten auch ver­sucht, Frau D. zu ei­nem Wech­sel zur Be­klag­ten zu be­we­gen.

Die Be­klag­te ha­be zu­dem durch die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) ei­ne schlech­te Stim­mung ge­gen die Kläge­rin ver­brei­ten las­sen. Die Äußerun­gen von Herrn Dr. I. sei­en aus dem Zu­sam­men­hang ge­ris­sen wor­den. Ei­ne von Herrn P. sei­tens der T. am 24.03.2005 ab­ge­ge­be­nen Be­stands­zu­sa­ge sei nicht an die Mit­ar­bei­ter der Nie­der­las­sun­gen Düssel­dorf und E. wei­ter­ge­ge­ben wor­den. Der Streit­verkünde­te zu 3) ha­be Frau X. aus der Buch­hal­tung der Kläge­rin auf ih­re Wech­sel­be­reit­schaft an­ge­spro­chen und ihr be­deu­tet, dass bei der Kläge­rin in Düssel­dorf nichts mehr lau­fen wer­de und „al­les platt ge­macht wer­de“.

 

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Die Kläge­rin hat wei­ter­hin be­haup­tet, dass die Streit­verkünde­ten ent­we­der selbst Un­ter­neh­mens­ge­heim­nis­se der Kläge­rin für die neue Spar­te der Be­klag­ten ge­nutzt oder wech­seln­de Mit­ar­bei­ter zur Mit­nah­me von Un­ter­neh­mens­ge­heim­nis­sen der Kläge­rin und Nut­zung der­sel­ben für die Be­klag­te an­ge­wie­sen hätten. Es sei­en auch in er­heb­li­chem Um­fang Un­ter­la­gen der Kläge­rin gelöscht wor­den. Un­mit­tel­bar nach dem Tref­fen vom 14.03.2005 hätten zur Be­klag­ten ge­wech­sel­te Mit­ar­bei­ter ei­ne große Lösch- und Ko­pier­ak­ti­on von Be­triebs­ge­heim­nis­sen durch­geführt. Herr K. ha­be am 16.03.2005 mit dem Löschen und Ko­pie­ren von ar­beits­be­zo­ge­nen Da­tei­en be­gon­nen. Glei­ches sei durch Herrn B. am 17.03.2005, Herrn B. am 20.03.2005, Herrn N. am 21.03.2005 und Frau T. am 24.03.2005 ge­sche­hen. Herr B. ha­be auch ei­ne CD mit 1.979 Da­tei­en, die ins­be­son­de­re Un­ter­la­gen zu den Bau­pro­jek­ten der Kläge­rin an der A 43 so­wie der A 2 ent­hiel­ten, auf CD ge­brannt. Im April 2005 ha­be die IT-Ad­mi­nis­tra­to­rin, Frau I., um­fang­rei­che Un­ter­la­gen der Kläge­rin aus den Jah­ren 1998 bis 2003 ko­piert. In der Dort­mun­der Nie­der­las­sung sei­en et­wa 100 Da­tei­en, die wich­ti­ge Kal­ku­la­ti­ons­er­geb­nis­se ent­hiel­ten und als Grund­la­ge für die Ab­ga­be von An­ge­bo­ten dien­ten, gelöscht wor­den. Frau I. ha­be im Auf­trag der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) am 20.03.2005 ei­ne E-Mail an die Her­ren C., E., F., S., B., C., N. und N. ge­schickt, die als An­hang ein spe­zi­el­les Löschpro­gramm (Se­cu­re Eras­re) ent­hal­ten ha­be, mit wel­chem die Da­ten gelöscht wor­den sei­en.
Herr N. ha­be auf der Grund­la­ge ei­nes Ver­zeich­nis­ses der Kläge­rin für die Be­klag­te ein kom­plet­tes Preis- und Leis­tungs­ver­zeich­nis er­stellt, wel­ches 4.000 bis 5.000 Pro­duk­te und Leis­tun­gen mit ent­spre­chen­den Prei­sen ent­hal­te und für des­sen Her­stel­lung nor­ma­ler­wei­se 1,5 bis 2 Man­n­jah­re benötigt würden.
Die von Herrn N. ge­nutz­te Ver­si­on des Kal­ku­la­ti­ons­pro­gramms AR­RIBA 9.2 sei mit Stamm­da­ten der Kläge­rin auf­gefüllt ge­we­sen. Die Kal­ku­la­ti­on sei oh­ne die Nut­zung der Da­ten der Kläge­rin weit­aus kom­pli­zier­ter ge­we­sen. Das später von der Be­klag­ten im Aus­schrei­bungs­ver­fah­ren zur A 72 un­ter­brei­te­te An­ge­bot stim­me hin­sicht­lich der be­nutz­ten Ar­ti­kel zu 76 % mit dem An­ge­bot der Kläge­rin übe­rein. Auch bei den Pro­jek­ten B 281 UU Gon­dorf Los B und UU Gon­dorf Los A ha­be es ei­ne Übe­rein­stim­mung von 71,19 % bzw. 73,05 % ge­ge­ben. Die Be­ar­bei­tung des An­ge­bots der Be­klag­ten vom 03.05.2005 für die Aus­schrei­bung A 72 sei nur mit den Un­ter­la­gen der Kläge­rin möglich ge­we­sen. Durch die Ab­wer-

 

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bung der Mit­ar­bei­ter in Schlüssel­po­si­tio­nen sei die Wei­terführung der Zweig­nie­der­las­sun­gen Dort­mund, Mag­de­burg und Er­furt nicht mehr möglich ge­we­sen und sie sei zwi­schen­zeit­lich ge­schlos­sen wor­den. Die Zweig­nie­der­las­sung Er­furt sei heu­te nur noch mit zwei bis drei Mit­ar­bei­tern be­setzt. Die Zweig­nie­der­las­sung Mag­de­burg ha­be man zunächst nur mit tech­ni­scher und kaufmänni­scher Un­terstützung der Nie­der­las­sung Ber­lin zur Ab­wick­lung der lau­fen­den Bau­stel­len wei­terführen können und sie auf­grund feh­len­den Führungs­per­so­nals zwi­schen­zeit­lich auch ge­schlos­sen. Dies ha­be zu be­triebs­be­ding­ten Kündi­gun­gen von 70 ge­werb­li­chen Mit­ar­bei­tern geführt. Die ab­ge­wor­be­nen Mit­ar­bei­ter hätten nicht durch Mit­ar­bei­ter der T. aus­ge­gli­chen wer­den können. In der Fol­ge­zeit sei sie nicht in der La­ge ge­we­sen, den Markt in glei­cher Wei­se zu be­ar­bei­ten, wie es vor der Ab­wer­be­ak­ti­on der Fall ge­we­sen sei.

Zur Dar­le­gung des Scha­dens und ent­gan­ge­nen Ge­winns hat die Kläge­rin im We­sent­li­chen be­haup­tet, dass durch die Ab­wer­bun­gen nicht nur das Know-how des Führungs­per­so­nals ver­lo­ren ge­gan­gen sei, son­dern auch die Ak­qui­si­ti­onsstärke. Durch den Weg­bruch der Führungs­ebe­ne in den be­son­ders be­trof­fe­nen Nie­der­las­sun­gen Düssel­dorf und Dres­den sei die re­gio­na­le Präsenz der Kläge­rin für die An­ge­bots­be­ar­bei­tung und Bau­ausführung nicht mehr ge­ge­ben ge­we­sen. Auch die übri­gen Nie­der­las­sun­gen der Kläge­rin sei­en durch den Weg­gang der Führungs­kräfte er­heb­lich be­trof­fen ge­we­sen, da sie nun­mehr Auf­ga­ben der ge­schlos­se­nen Nie­der­las­sun­gen mit über­neh­men muss­ten. Auf­grund des Weg­falls der Führungs­kräfte sei auch ein Per­so­nalüber­hang in den un­te­ren Ebe­nen ent­stan­den, wo­durch ho­he Per­so­nal­kos­ten das Er­geb­nis der Kläge­rin be­las­tet hätten. Auf­grund der Re­du­zie­rung der Ak­qui­si­tonsstärke sei­en die Auf­trags­eingänge al­ler Nie­der­las­sun­gen um 37 % zurück­ge­gan­gen und da­mit auch das Be­triebs­er­geb­nis mas­siv ein­ge­bro­chen. Die auf den An­ga­ben der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) be­ru­hen­de Er­geb­nis­pla­nung der Kläge­rin für die Nie­der­las­sung Düssel­dorf ha­be für 2005 ein po­si­ti­ves Be­triebs­er­geb­nis in Höhe von 120.000,00 € pro­gnos­ti­ziert. Be­rei­nigt um die Nachträge ha­be sich tatsächlich ein Er­geb­nis von mi­nus 10.351.000,00 € rea­li­siert. Die ope­ra­ti­ven Ver­lus­te der Nie­der­las­sung Düssel­dorf sei­en dann teil­wei­se auf die Nie­der­las­sun­gen Ber­lin und Dres­den ver­la­gert wor­den, so­dass der Ver­lust in Düssel­dorf tatsächlich

 

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noch we­sent­lich höher ge­we­sen sei. Für das Jahr 2005 ha­be sich für die deut­schen Nie­der­las­sun­gen ein Ver­lust von 69.253.000,00 € er­ge­ben. Der ope­ra­ti­ve Ver­lust der fünf von der Ab­wer­bung be­trof­fe­nen Nie­der­las­sun­gen hätte 24.834.000,00 € be­tra­gen. 2006 ha­be der Ver­lust bei 22.764.000,00 € und der ope­ra­ti­ve Ver­lust bei 16.364.000,00 € ge­le­gen. Nach Ab­zug von Nachträgen und Berück­sich­ti­gung von Drohrück­stel­lun­gen ver­blei­be ein ope­ra­ti­ver Ver­lust der fünf von den mas­si­ven Ab­wer­bun­gen be­trof­fe­nen Nie­der­las­sun­gen 2005 in Höhe von 26.737.000,00 € und 2006 in Höhe von 17.715.000,00 €. Für die Er­mitt­lung des ent­gan­ge­nen Ge­winns ha­be sie al­ler­dings nicht die durch­schnitt­li­chen Be­triebs­er­geb­nis­se der Vor­jah­re berück­sich­tigt, son­dern le­dig­lich die un­ter Mit­wir­kung der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) er­stell­ten Ziel­be­triebs­er­geb­nis­se in Höhe von 963.000,00 € berück­sich­tigt.
Für die Rechts­ver­fol­gung durch die Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin sei­en im Jah­re 2005 und 2006 Kos­ten in Höhe von 275.139,77 € an­ge­fal­len. Die not­wen­di­ge Frei­stel­lung von Mit­ar­bei­tern ha­be zu ei­nem Scha­den von 350.000,00 € geführt. Außer­dem ha­be sie 167.114,95 € auf­ge­wandt, um über ei­nen Per­so­nal­ver­mitt­ler kurz­fris­tig Per­so­nal zu ge­win­nen. Dies sei durch bloße Stel­len­aus­schrei­bun­gen nicht möglich ge­we­sen. Ins­ge­samt er­ge­be sich für die Jah­re 2005 und 2006 ein Ge­samt­scha­den von 46.378.000,00 €, den die Be­klag­te auf­grund der Wett­be­werbs­verstöße zu er­set­zen ha­be.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt,

1. die Be­klag­ten zu 1), zu 2), zu 3) und zu 4) wer­den ge­samt­schuld­ne­risch ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 46.378.000,00 € zuzüglich 5 % Zin­sen über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz aus 27.700.000,00 € seit dem 01.01.2006 so­wie aus 18.678.000,00 € seit dem 01.01.2007 zu zah­len.

2. Es wird fest­ge­stellt, dass die Be­klag­ten zu 1), zu 2), zu 3) und zu 4) ge­samt­schuld­ne­risch ver­pflich­tet sind, die der Kläge­rin aus dem Zeit­raum von März 2005 bis Mai 2005 durch­geführ­ten Ab­wer­be­ak­tio­nen so­wie der in die­sem Zeit­raum ver­an­lass­ten bzw. durch­geführ­ten Löschung, Mit­nah­me und Nut­zung von Da­ten der Kläge­rin ent­stan­de­nen und noch ent­ste­hen­den wei­te­ren Scha­den zu er­set­zen.

Die Be­klag­te und ehe­ma­li­gen Be­klag­ten zu 2) bis 4) ha­ben je­weils be­an­tragt,

 

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die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie ha­ben be­haup­tet, dass die Mit­ar­bei­ter nicht ab­ge­wor­ben wor­den sei­en. Sämt­li­che zur Be­klag­ten ge­wech­sel­ten Mit­ar­bei­ter sei­en oh­ne­hin ent­schlos­sen ge­we­sen, das Un­ter­neh­men zu ver­las­sen. Herr B. ha­be den nun­meh­ri­gen Streit­verkünde­ten zu 3) dar­auf an­ge­spro­chen, ob man sich ein­mal mit Herrn K. über ei­nen Wech­sel un­ter­hal­ten könne. Eben­so ha­be Frau D. den nun­meh­ri­gen Streit­verkünde­ten zu 3) an­ge­spro­chen. Die Ur­sa­che der Per­so­nal­abgänge ha­be min­des­tens gleich­ge­wich­tig in der sich seit 2004 ab­zeich­nen­den schwe­ren wirt­schaft­li­chen Kri­se des X. Bau Kon­zerns ge­le­gen. Für die Mit­ar­bei­ter der Kläge­rin ha­be sich die La­ge bei der Kläge­rin An­fang 2005 sub­jek­tiv als ka­ta­stro­phal bzw. als ech­te Exis­tenz­be­dro­hung dar­ge­stellt. Die Stim­mung sei von be­ruf­li­cher Un­si­cher­heit und Exis­tenz­angst ge­prägt ge­we­sen. Der Be­trieb der lau­fen­den Bau­stel­len sei weit­ge­hend zum Er­lie­gen ge­kom­men. Die kaufmänni­schen Mit­ar­bei­ter sei­en nur noch mit Kri­sen­ma­nage­ment be­fasst ge­we­sen. Gu­te Nach­rich­ten sei­en nicht mehr all­zu ernst ge­nom­men wor­den. Die Befürch­tun­gen der kläge­ri­schen Mit­ar­bei­ter, dass mit Über­gang des Un­ter­neh­mens auf die T.-Grup­pe we­gen er­heb­li­cher per­so­nel­ler Über­lap­pun­gen ei­ne Gefähr­dung ih­rer Ar­beitsplätze ein­tre­ten würde, sei­en ob­jek­tiv ge­recht­fer­tigt ge­we­sen. Außer­dem sei der Markt ins­ge­samt rückläufig ge­we­sen.
Das nach dem 14.03.2005 von ver­schie­de­nen Mit­ar­bei­tern be­nutz­te For­mu­lar „Ein­stel­lungs­zu­sa­ge“ sei von die­sen zweck­ent­frem­det als Be­wer­bungs­bo­gen ver­wen­det wor­den. Nach dem die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) von den Mit­ar­bei­tern mit dem Wunsch kon­fron­tiert wor­den sei­en, ih­nen zur Be­klag­ten zu fol­gen, sei­en sie stets dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, dass sie nicht hierüber ent­schei­den könn­ten, son­dern ei­ne Be­wer­bung bei der Be­klag­ten er­for­der­lich sei. Die For­mu­la­re sei­en je­weils mit der bei der Kläge­rin wahr­ge­nom­me­nen Funk­ti­on und dem ge­zahl­ten Ent­gelt in­ner­halb der übli­chen Span­ne aus­gefüllt wor­den. Herr M. ha­be am Tref­fen vom 17.03.2005 aus Sicht des Streit­verkünde­ten zu 2) über­ra­schend teil­ge­nom­men. Be­reits vor dem Tref­fen ha­be Herr B. sein Aus­schei­den aus dem Un­ter­neh­men be­schlos­sen und auch Herr T. ha­be sich mit ent­spre­chen­den Über­le­gun­gen ge­tra­gen. Zweck des Tref­fens sei ge­we­sen,

 

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si­cher­zu­stel­len, dass die per­so­nel­len Verände­run­gen kei­ne Aus­wir­kun­gen auf den lau­fen­den Be­trieb der Kläge­rin, ins­be­son­de­re auf die ge­mein­sa­men Split­ting­bau­stel­len der Nie­der­las­sun­gen Dres­den und Düssel­dorf auf der Au­to­bahn A 38 ha­ben soll­ten. Bei der Erörte­rung der tech­ni­schen Fra­gen ha­be Herr M. plötz­lich von sich aus die Fra­ge nach dem wei­te­ren Schick­sal sei­ner Per­son auf­ge­wor­fen. Aus ei­ge­nem An­trieb ha­be er Erwägun­gen darüber an­ge­stellt, wel­che Mit­ar­bei­ter der von ihm ge­lei­te­ten Dresd­ner Nie­der­las­sung mögli­cher­wei­se für ei­nen Wech­sel zur Be­klag­ten Be­tracht kämen. Er ha­be die­se Mit­ar­bei­ter na­ment­lich be­nannt und den Streit­verkünde­ten zu 2) ge­be­ten, de­ren Na­men zu no­tie­ren. Herr M. ha­be so­dann an­ge­bo­ten, die Kündi­gungs­fris­ten für die­se Mit­ar­bei­ter zu er­mit­teln. Am 18.03.2005 hätten die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) die Mit­ar­bei­ter spon­tan zu­sam­men­ge­ru­fen und sie – so­weit noch nicht in persönli­chen Gesprächen ge­sche­hen – über ihr be­vor­ste­hen­des Aus­schei­den aus dem kläge­ri­schen Un­ter­neh­men in­for­miert und die­se ge­be­ten, die­se In­for­ma­ti­on an die übri­gen Mit­ar­bei­ter wei­ter­zu­lei­ten. Die Nach­richt ha­be un­ter den be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­tern große Un­ru­he und Auf­re­gung aus­gelöst und den Wunsch ge­weckt, den Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) zur Be­klag­ten zu fol­gen. Die Mit­ar­bei­ter hätten in der Fol­ge­zeit die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) ins­be­son­de­re den Streit­verkünde­ten zu 3) ge­ra­de­zu be­drängt, zur Be­klag­ten mit­ge­nom­men zu wer­den. Ei­nes An­spre­chens oder gar ei­nes Ab­wer­bens ha­be es nicht be­durft. Es ha­be sich ei­ne ge­wis­se Ei­gen­dy­na­mik ent­wi­ckelt. Aus persönli­cher Ver­bun­den­heit hätten die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) den Mit­ar­bei­ter Ko­pi­en des Blan­ko­for­mu­lars der Ein­stel­lungs­zu­sa­ge über­las­sen. Der Streit­verkünde­te zu 3) hat be­haup­tet, dass er nie Ko­pi­en von den Ar­beits­verträgen er­hal­ten ha­be, die die wech­seln­den Mit­ar­bei­ter mit der Be­klag­ten ab­ge­schlos­sen ha­ben. So­weit in den die Ein­stel­lungs­zu­sa­ge bzw. Be­wer­bungs­un­ter­la­gen über­mit­teln­den E-Mails auf ge­trof­fe­ne Ab­spra­chen Be­zug ge­nom­men bzw. um Über­sen­dung von Ver­trags­ko­pi­en an sei­ne Pri­vat­adres­se ge­be­ten wor­den sei, ha­be es sich um ei­ne für die Per­so­nal­ar­beit ty­pi­sche Re­de­wen­dung ge­han­delt. Frau D. ha­be den Streit­verkünde­ten zu 3) von sich aus auf ei­nen Wech­sel zur Be­klag­ten an­ge­spro­chen und auf ei­nen ent­spre­chen­den Hin­weis des Streit­verkünde­ten ei­ne Be­wer­bung bei der Be­klag­ten ein­ge­reicht. Die Be­klag­te hat wei­ter be­haup­tet, dass nach Ein­gang der Kurz­be­wer­bun­gen zunächst die fach­li­che

 

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Qua­li­fi­ka­ti­on des be­tref­fen­den Be­wer­bers ve­ri­fi­ziert und – bei po­si­ti­vem Er­geb­nis – ent­we­der ein von der Be­klag­ten un­ter- bzw. ge­gen­ge­zeich­ne­tes Ex­em­plar der Ein­stel­lungs­zu­sa­ge oder so­gleich ein Ver­trags­an­ge­bot über­mit­telt wor­den sei. Le­dig­lich in Aus­nah­mefällen sei dem be­tref­fen­den Mit­ar­bei­ter auch oh­ne vor­he­ri­ge Ein­rei­chung ei­ner sol­chen schrift­li­chen Kurz­be­wer­bung be­reits ein von der Be­klag­ten un­ter­zeich­ne­tes – und zu­gleich mit den persönli­chen Da­ten des be­tref­fen­den Mit­ar­bei­ters aus­gefüll­tes – For­mu­lar über­mit­telt wor­den. Dann sei der Über­mitt­lung je­doch stets zu­min­dest ei­ne münd­li­che An­fra­ge so­wie ei­ne Abklärung und Ve­ri­fi­zie­rung der fach­li­chen Qua­li­fi­ka­ti­on und der Möglich­keit ei­nes sinn­vol­len Ein­sat­zes im Un­ter­neh­men der Be­klag­ten vor­aus­ge­gan­gen.
Die Be­klag­te hat wei­ter be­haup­tet, dass Herr S. am 27.04.2005 an­ge­ord­net ha­be, nicht mehr benötig­te Da­tei­en zu löschen. Die­se Löschun­gen sei­en dann in Ab­stim­mung mit Herrn M. und Herrn S. ge­sche­hen. Bei den Pro­jekt­steue­rungs­un­ter­la­gen han­de­le es sich um ein käuf­li­ches Kal­ku­la­ti­ons­pro­gramm auf Exel­ba­sis, wel­ches die Kläge­rin auch Wett­be­wer­bern im Zu­sam­men­hang mit der Bil­dung von Ar­beits­ge­mein­schaf­ten zugäng­lich ge­macht ha­be, wie auch der Be­klag­ten im Zu­sam­men­hang mit der Sa­nie­rung der Zen­t­ral­de­po­nie St. Au­gus­tin in 2002. Das Pro­jekt zur A 72 sei nicht auf dem Ser­ver in E. ge­we­sen, son­dern in der Nie­der­las­sung Dres­den. Vom lo­ka­len Ser­ver in E. sei­en Zu­grif­fe auf den Ser­ver in Dres­den tech­nisch nicht möglich ge­we­sen.
Die Be­klag­ten und Streit­verkünde­ten ha­ben wei­ter­hin be­haup­tet, dass die ne­ga­ti­ven Be­triebs­er­geb­nis­se nicht auf den Per­so­nal­wech­sel zurück­zuführen sei­en. Ei­ne Zu­sam­menführung der Nie­der­las­sun­gen der Kläge­rin in Ber­lin und Mag­de­burg sei oh­ne­hin ge­plant ge­we­sen. Ei­ne Fort­schrei­bung der bis­he­ri­gen Um­satz­zah­len sei schon des­we­gen nicht möglich ge­we­sen, weil mit der Über­nah­me durch die T. ei­ne Auf­tei­lung des Mark­tes zwi­schen der Kläge­rin und den bei der T. be­ste­hen­den Ver­kehrs­we­ge­bau­ein­hei­ten er­for­der­lich ge­wor­den sei. Ent­spre­chend dem La­ge­be­richt sei­en ins­be­son­de­re fol­gen­de Ur­sa­chen für die Er­geb­nis­ent­wick­lung 2005 ver­ant­wort­lich ge­we­sen:
Neu­ein­tritt ei­nes ne­ben der Be­klag­ten wei­te­ren leis­tungsfähi­gen Un­ter­neh­mens in den Straßen- bzw. in den Be­ton­s­traßen­bau­markt, Ab­schwächung des Kon­junk­tur­auf­schwungs, in­di­rek­te Aus­wir­kun­gen der In­sol­venz der X. Bau AG, er­werbs­be­ding­te An­pas­sung der Nach­trags­be­wer­tung an die stren­ge­ren kon-

 

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zern­ein­heit­li­chen Be­wer­tungs­grundsätze der T.-Grup­pe, un­verändert schrump­fen­der inländi­scher Bau­markt, ge­stie­ge­ne Prei­se auf den Roh­stoffmärk­ten, Til­gung der im Vor­feld der In­sol­venz der X. Bau AG deut­lich an­ge­stie­ge­nen Ver­bind­lich­kei­ten aus Lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen, Erhöhung von Ver­bind­lich­kei­ten ge­genüber ver­bun­de­nen Un­ter­neh­men, wach­sen­de Ver­un­si­che­rung und zurück­hal­ten­de Aus­schrei­bungs­po­li­tik der öffent­li­chen Hand für Großpro­jek­te, stei­gen­de Zahl von Einsprüchen ge­gen be­ab­sich­tig­te Ver­ga­ben, feh­len­de Ver­gleich­bar­keit der Rück­stel­lun­gen auf­grund kon­zern­ein­heit­li­cher Bi­lan­zie­rungs­me­tho­den, außer­planmäßige Ab­schrei­bung der Be­tei­li­gung an der I.+X. C./Po­len in Höhe von ca. drei Mil­lio­nen € auf ei­nen Er­in­ne­rungs­wert in Höhe von 1,00 € so­wie kon­ser­va­ti­ve Kal­ku­la­ti­ons­ansätze.
Ge­gen die Kau­sa­lität der Mit­ar­bei­ter­ab­wer­bung für die Ver­lus­te spre­che zu­dem, dass bei­spiels­wei­se in den Nie­der­las­sun­gen Frank­furt und Mag­de­burg die Ab­wer­bung von le­dig­lich fünf bzw. sechs Mit­ar­bei­tern zu Er­geb­nisrückgängen in Höhe von ca. 11 Mio. € bzw. 16 Mio. € geführt ha­ben soll, während die mit 11 Per­so­nen durch die be­haup­te­ten Ab­wer­bun­gen be­son­ders stark be­trof­fe­nen Nie­der­las­sun­gen Dres­den/Er­furt le­dig­lich ein Er­geb­nisrück­gang von 3 Mio. € hin­zu­neh­men hat­ten. Die Nie­der­las­sung Ham­burg ha­be trotz der Mit­ar­bei­ter­ab­wan­de­rung stets po­si­ti­ve Be­triebs­er­geb­nis­se er­zielt. Das ne­ga­ti­ve Be­triebs­er­geb­nis in Höhe von 10,5 Mio. € be­ru­he aus­sch­ließlich auf der Zu­sam­men­fas­sung der Nie­der­las­sung mit der Nie­der­las­sung Ber­lin/Bran­den­burg. Der nied­ri­ge Auf­trags­ein­gang in der Düssel­dor­fer Nie­der­las­sung ba­sie­re u.a. dar­auf, dass die vor­mals zu Düssel­dorf gehören­de Zweig­nie­der­las­sung Mag­de­burg zum 01.01.2005 an die Nie­der­las­sung Ber­lin über­ge­gan­gen sei. Auf das Be­triebs­er­geb­nis der Nie­der­las­sung Ber­lin ha­be die be­haup­te­te Ab­wer­be­ak­ti­on kei­ne Aus­wir­kun­gen ha­ben können, da kein Mit­ar­bei­ter die­ser Nie­der­las­sung zur Be­klag­ten ge­wech­selt sei. Ins­ge­samt feh­le es bezüglich der be­haup­te­ten Er­geb­nisrückgänge an der haf­tungs­ausfüllen­den Kau­sa­lität. An­ge­sichts der mas­si­ven wirt­schaft­li­chen Kri­se der Kläge­rin sei ei­ne Fort­schrei­bung der Vor­jah­res­er­geb­nis­se nicht zu er­war­ten ge­we­sen. Teil­wei­se erklärten sich po­si­ti­ve Be­triebs­er­geb­nis­se in den Vor­jah­ren nur durch ein­zel­ne Großpro­jek­te, die so nicht lau­fend am Markt vor­zu­fin­den sei­en. Auch die Veräußerung an ei­nen bis­he­ri­gen Mit­be­wer­ber und die Ein­glie­de­rung in des­sen Kon­zern, mit der sich

 

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dar­aus er­ge­ben­den kon­zern­in­ter­nen Kon­kur­renz­si­tua­ti­on stell­ten ein­schnei­den­de Er­eig­nis­se dar, die zu gra­vie­ren­den Struk­tur­verände­run­gen führ­ten und da­mit ganz er­heb­lich auf die wirt­schaft­li­che Leis­tungs­kraft und die Er­geb­nis­si­tua­ti­on der Kläge­rin Ein­fluss ge­habt hätte. Letzt­lich sei zu berück­sich­ti­gen, dass die Be­triebs­er­geb­nis­se der Kläge­rin in der Mehr­zahl be­reits seit dem Jah­re 2003 teil­wei­se aber auch seit dem Jah­re 2002 ei­ne deut­lich rückläufi­ge Ten­denz auf­ge­wie­sen hätten. Der bau­ge­werb­li­che Um­satz auf dem hei­mi­schen Bau­markt ha­be sich in 2005 er­neut um 6,7 % ver­rin­gert. In der Zeit von Ja­nu­ar 2004 bis Mai 2005 ha­be sich die Li­qui­dität der Kläge­rin im­mer wei­ter ver­schlech­tert. In 49 Fällen sei­en For­de­run­gen von min­des­tens 1 Mio. € am ge­plan­ten Er­le­di­gungs­ter­min nur in Quo­ten zwi­schen 10 % und 50 % erfüllt wor­den. Nach al­le­dem könne nicht von ei­nem gewöhn­li­chen Lauf der Din­ge ge­spro­chen wer­den, so­dass ei­ne hy­po­the­ti­sche Fort­schrei­bung bis­he­ri­ger Be­triebs­er­geb­nis­se auch im Hin­blick auf § 252 Satz 2 BGB nicht ge­recht­fer­tigt sei. Die Kläge­rin tref­fe zu­dem ein Mit­ver­schul­den an der Ab­wan­de­rung ih­rer Mit­ar­bei­ter, da sie es versäumt ha­be, dem durch Ab­schluss lang­fris­ti­ger Ar­beits­verträge, der Ver­ein­ba­rung nach­ver­trag­li­cher Wett­be­werbs­ver­bo­te so­wie der Gewährung at­trak­ti­ver Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen vor­zu­beu­gen.

Mit Ur­teil vom 09.06.2008 hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge teil­wei­se als un­zulässig und teil­wei­se als un­be­gründet ab­ge­wie­sen. So­weit in der Be­ru­fung von Be­deu­tung, hat das Ar­beits­ge­richt im We­sent­li­chen aus­geführt, dass die Be­klag­te und die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) im Zu­sam­men­hang mit den Ab­wer­be­ge­scheh­nis­sen im Zeit­raum März bis Mai 2005 ge­mein­schaft­lich un­lau­te­re Wett­be­werbs­hand­lun­gen zum Nach­teil der Kläge­rin un­ter­nom­men hätten. Es könne zwar nicht fest­ge­stellt wer­den, ob die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) ih­re Ar­beits­kol­le­gen ak­tiv zur Auf­ga­be ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses ge­drängt hätten. Es könne auch nicht die Un­lau­ter- bzw. Treu­wid­rig­keit des Ver­hal­tens der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) in ei­nem durch über­trie­ben vor­teil­haf­te Ar­beits­be­din­gun­gen be­ding­ten An­lo­cken der Mit­ar­bei­ter der Kläge­rin ge­se­hen wer­den. Ei­ne Ge­genüber­stel­lung der Gehälter bei der Kläge­rin und bei der Be­klag­ten ha­be kei­ne außer­halb des Übli­chen lie­gen­de Ge­halts­stei­ge­rung im Ein­zel­nen er­ge­ben. Die Schwel­le zum ar­beits­ver­trags- wie wett­be­werbs­wid­ri­gen Ver­hal­ten

 

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dürf­te je­doch da­durch über­schrit­ten sein, dass die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) den Mit­ar­bei­tern der Kläge­rin in der von ih­nen selbst ge­schil­der­ten Si­tua­ti­on, der be­son­de­ren Un­si­cher­heit über ih­re zukünf­ti­gen Per­spek­ti­ven bei der Kläge­rin, die Möglich­keit eröff­net hätten, durch ei­ne ra­sche Be­wer­bung ei­ne eben­so ra­sche Ein­stel­lungs­zu­sa­ge bei der Be­klag­ten zu er­hal­ten. Dies gel­te zu­min­dest für die in der Düssel­dor­fer Nie­der­las­sung der Kläge­rin Beschäftig­ten so­wie für die­je­ni­gen Mit­ar­bei­ter, hin­sicht­lich de­rer es über das Se­kre­ta­ri­at der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) zu Kon­tak­ten mit der Be­klag­ten ge­kom­men sei. Die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) hätten mit der Eröff­nung ei­nes sol­chen Be­wer­bungs­pro­ze­de­res für die Mit­ar­bei­ter die Türe aus dem Ar­beits­verhält­nis bei der Kläge­rin und hin zum Kon­kur­ren­ten so weit auf­ge­s­toßen, dass dies in der Ge­samt­schau als un­lau­te­re Form der Mit­ar­bei­ter­ab­wer­bung bzw. Un­terstützung des Wech­sels zur Kon­kur­ren­tin zu wer­ten sein dürf­te. Die­ses Ver­hal­ten sei durch die In­ter­es­sen der wech­sel­wil­li­gen Ar­beit­neh­mer so­wie der Be­klag­ten nicht zu recht­fer­ti­gen und ver­let­ze die ver­trag­li­che Pflicht zur Rück­sicht­nah­me auf die Be­lan­ge der Kläge­rin. Es ha­be den Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) nicht ver­bor­gen blei­ben können, dass sie da­mit ei­ne Sog­wir­kung her­bei­geführt hätten, die er­sicht­lich mas­siv nach­tei­li­ge Fol­gen für die Kläge­rin zei­ti­gen würden. Sie hätten die Ei­gen­dy­na­mik der Ab­wan­de­rung nicht durch die Eröff­nung ei­ner be­son­ders ra­schen und ef­fek­ti­ven Be­wer­bungsmöglich­keit verstärken dürfen, son­dern viel­mehr ih­re Ar­beits­kol­le­gen auf das Er­for­der­nis ei­ner Be­wer­bung bei der Be­klag­ten auf nor­ma­lem We­ge und über die dafür ganz all­ge­mein eröff­ne­ten Kanäle ver­wei­sen müssen. Für die Un­lau­ter­keit des Ver­hal­tens der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) spre­che zu­dem, dass sie mit der Ver­mitt­lung der Be­wer­bun­gen – teil­wei­se un­ter Ein­fluss­nah­me auf die Ver­trags­be­din­gun­gen (Prämi­en­ver­ein­ba­rung B., Ergänzungs­ver­ein­ba­rung E.) – be­reits Geschäfte ih­res zukünf­ti­gen Ar­beit­ge­bers und ei­nes di­rek­ten Wett­be­wer­bers der Kläge­rin be­trie­ben hätten. Auch die Mit­tei­lung der Ver­ga­be­be­kannt­ma­chun­gen des Lan­des Sach­sen-An­halt an die Be­klag­te zei­ge, dass die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) be­reits um den wirt­schaft­li­chen Er­folg der neu­en Ver­kehrs­we­ge­bau­s­par­te der Be­klag­ten bemüht ge­we­sen sei­en. Auch ha­be der Streit­verkünde­te zu 2) be­reits vor Aus­schei­den bei der Kläge­rin Mit­ar­bei­tern ei­nen Lap­top zur Be­ar­bei­tung ei­nes An­ge­bots für die Kläge­rin zur Verfügung ge­stellt. Dies könne nicht mehr

 

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als zulässi­ge Vor­be­rei­tungs­hand­lung an­ge­se­hen wer­den. Hin­sicht­lich der Be­klag­ten dürf­te auch von ei­nem wett­be­werbs­wid­ri­gen Ver­hal­ten aus­zu­ge­hen sein. Es sei zwar un­klar, über wel­che Vorgänge sie in­for­miert wor­den sei, doch könn­ten der Be­klag­ten, wel­che zu die­sem Zeit­punkt mit der Kläge­rin zu­min­dest im Wett­be­werb um Ar­beits­kräfte ge­stan­den ha­be, die die Un­lau­ter­keit der Si­tua­ti­on be­gründen­den Umstände kaum ver­bor­gen ge­blie­ben sein, denn es hätten Ver­tre­ter der Be­klag­ten – in­so­weit ist ei­ne Zu­rech­nung des Han­delns von Herrn F. und Frau X.-T. gemäß §§ 81, 89, 831 BGB an­zu­neh­men – die Kurz­be­wer­bun­gen der Mit­ar­bei­ter der Kläge­rin ent­ge­gen ge­nom­men und in kürzes­ter Zeit be­ar­bei­tet. Es sei­en auch zum Teil zunächst ein­sei­ti­ge Ein­stel­lungs­zu­sa­gen er­teilt wor­den. Hier­bei han­de­le es sich um ein un­ty­pi­sches Ein­stel­lungs­ver­hal­ten. Ins­be­son­de­re sei­en Ein­stel­lungs­zu­sa­gen von bei­den Sei­ten of­fen­bar er­teilt wor­den, be­vor je­weils ei­ne Ei­ni­gung über die Ge­samt­heit der Ar­beits­ver­trags­be­din­gun­gen aus­ge­han­delt wor­den sei. Denn die aus­ge­fer­tig­ten Verträge – wie z.T. auch Be­wer­bungs­un­ter­la­gen – sei­en erst nach Aus­tausch der Ein­stel­lungs­zu­sa­gen über­mit­telt wor­den. Der Um­stand, dass die Be­klag­te bei der Be­schei­dung der Be­wer­bun­gen nach ei­ge­nen Be­kun­dun­gen auf die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) ver­trau­te, spre­che dafür, dass sich die Be­klag­te die­ser als Mittäter oder Ge­hil­fen be­dient ha­be, um ihr Ziel ei­nes möglichst ra­schen Auf­baus der ei­ge­nen Ver­kehrs­we­ge­bau­s­par­te zu er­rei­chen. Hierfür spre­che auch der Wort­laut der An­schrei­ben mit de­nen sei­tens des Se­kre­ta­ri­ats des Streit­verkünde­ten zu 3) die Kurz­be­wer­bun­gen der Mit­ar­bei­ter der Kläge­rin an die Be­klag­te wei­ter­ge­lei­tet wor­den sei­en. Es sei­en For­mu­lie­run­gen wie ver­ein­ba­rungs­gemäß oder wie be­spro­chen ver­wandt wor­den. Letzt­lich spre­che auch der Um­stand, dass die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) als Geschäftsführer den Auf­bau ei­ner Ge­sell­schaft für die Be­klag­te mit­ge­stal­ten soll­ten, dafür, dass tatsächli­che Ab­spra­chen mit der Be­klag­ten über die zu die­sem Zeit­punkt – an­ge­sichts der als­bald an­ge­streb­ten Markt­präsenz – vor­dring­li­che Auf­ga­be der Per­so­nal­fin­dung be­stan­den ha­be. In der Ge­samt­schau dürf­te das kol­lu­si­ve Wir­ken der Be­klag­ten und zu­sam­men mit den Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) als wett­be­werbs­wid­rig an­zu­se­hen und da­mit auch ein nach § 9 UWG zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­ten­des Ver­hal­ten der Be­klag­ten an­zu­neh­men sein. Die Be­klag­te hätte sich zwar auch auf dem übli­chen We­ge – per In­se­rat oder durch

 

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te­le­fo­ni­sche Di­rekt­an­spra­che am Ar­beits­platz im zulässi­gen Rah­men – an die Mit­ar­bei­ter der Kläge­rin wen­den können. Es sei aber un­lau­ter, sich in der schwie­ri­gen wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on der zukünf­ti­gen Geschäftsführer der Ver­kehrs­we­ge­bau­to­ch­ter zu be­die­nen, die noch in den Diens­ten der Kläge­rin wa­ren und di­rek­ten Zu­gang zu den ab­zu­wer­ben­den Mit­ar­bei­tern ge­habt hätten und al­lei­ne durch die Be­reit­stel­lung ei­nes schnell ein­ge­spiel­ten Be­wer­bungs­pro­ze­de­res den Er­folg der Ab­wer­bung ganz er­heb­lich fördern konn­ten.
Hin­sicht­lich der be­haup­te­ten Da­tenlöschun­gen sei un­klar, wel­che Da­ten der Kläge­rin hier­von je­weils be­trof­fen ge­we­sen sei­en. Es sei auch nicht sub­stan­ti­iert dar­ge­tan, in­wie­fern bezüglich der Da­tei­en „An­ge­bots­funk­ti­ons­bau­ver­trag“ ei­ne Löschungs­an­wei­sung er­teilt wor­den sei und ob Herr N. bei der Kal­ku­la­ti­on des An­ge­bo­tes für die A 72 Da­ten auf Wei­sung von Ver­tre­tern der Be­klag­ten ver­wandt ha­be oder ob es sich um all­ge­mein zugäng­li­che Da­ten ge­han­delt ha­be. Es sei der Vor­trag zum In­halt der ein­zel­nen Da­ten­samm­lun­gen sub­stan­ti­ie­rungs­bedürf­tig. Dies gel­te auch für die bei der Durch­su­chung der Büroräume der Be­klag­ten bzw. in Pri­vaträum­en ver­schie­de­ner ehe­ma­li­ger Mit­ar­bei­ter auf­ge­fun­de­nen Pro­jekt­steue­rungs­un­ter­la­gen und Leis­tungs­ver­zeich­nis­se und Kal­ku­la­ti­ons­un­ter­la­gen der Kläge­rin.
Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch könne der Kläge­rin aber nicht zu­ge­spro­chen wer­den, da ein aus den be­haup­te­ten Ver­let­zungs­hand­lun­gen der Be­klag­ten ent­stan­de­ner (Min­dest-)scha­den nicht be­zif­fer­bar ge­we­sen sei. Das Ge­setz se­he zwar in der Fik­ti­on des § 252 Satz 2 BGB ver­bun­den mit der Möglich­keit der ge­richt­li­chen Scha­densschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO ei­ne Er­leich­te­rung des Scha­dens­nach­wei­ses vor. Das Ge­richt müsse al­ler­dings von ei­ner Schätzung ab­se­hen, wenn die­se man­gels greif­ba­rer An­halts­punk­te völlig in der Luft hängen würde. Es sei hier nicht dar­ge­tan, wel­chen Ge­winn die Kläge­rin für die Zeit nach dem streit­ge­genständ­li­chen Ge­sche­hen, nach dem gewöhn­li­chen Lauf der Din­ge oder nach den be­son­de­ren Umständen, ins­be­son­de­re nach den ge­trof­fe­nen An­stal­ten und Vor­keh­run­gen, mit Wahr­schein­lich­keit er­war­ten konn­te. Ein Rück­griff auf die in den Vor­jah­ren er­ziel­ten Umsätze sei kein den an­geb­lich rechts­wid­rig ab­ge­wor­be­nen Mit­ar­bei­tern zu­zu­ord­nen­der Um­satz. Das Be­triebs­er­geb­nis ein­zel­ner Nie­der­las­sun­gen der Kläge­rin sei nicht al­lein auf das Wir­ken der dort beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter in den re­le­van­ten Po­si­tio­nen zurück-

 

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zuführen. Viel­mehr würden sich maßgeb­lich auch an­de­re Fak­to­ren wie et­wa die all­ge­mei­ne Kon­junk­tur­ent­wick­lung, die tatsächli­che Aus­schrei­bungs­dich­te in den be­trof­fe­nen Re­gio­nen, die Ver­bin­dung mit der Kon­zern­mut­ter, die Lohn­kos­ten– und Ma­te­ri­al­preis­ent­wick­lung, Qua­lität und In­ten­sität der Ar­beit der Beschäftig­ten, etc. aus­wir­ken. Der Weg­gang ein­zel­ner Mit­ar­bei­ter sei folg­lich nur ei­ne von mögli­cher­wei­se vie­len Fak­to­ren, die in ih­rem Zu­sam­men­wir­ken zu ei­nem be­stimm­ten Be­triebs­er­geb­nis führen würden. Die Un­ter­stel­lung ei­ner be­stimm­ten Er­geb­nis­ent­wick­lung sei in dem hier in­ter­es­sie­ren­den Geschäfts­be­reich mit­hin kei­ne ge­eig­ne­te Me­tho­de, um ei­ne Schätzung des durch ei­ne rechts­wid­ri­ge Mit­ar­beiter­wer­bung ent­gan­ge­nen Ge­winns vor­zu­neh­men. Zu­dem durf­te die­ser auch nicht aus der Dif­fe­renz zu den von der Kläge­rin be­haup­te­ten ope­ra­ti­ven Ver­lus­ten her­ge­lei­tet wer­den, da die­se kon­kret ent­stan­den und nicht in die abs­trak­te Scha­dens­be­rech­nung nach § 252 BGB (son­dern nach § 249 BGB) mit ein­zu­be­zie­hen sei­en. Es könne auch vor­lie­gend we­ni­ger von ei­nem „gewöhn­li­chen Ver­lauf der Din­ge“ als von den „be­son­de­ren Umständen“ der In­sol­venz der Kon­zern­mut­ter, des Ver­kaufs der Kläge­rin an die T.-Grup­pe und den da­mit ein­her­ge­hen­den Be­ein­träch­ti­gun­gen des ope­ra­ti­ven Geschäftes der Kläge­rin aus­zu­ge­hen sein. Ins­be­son­de­re sei zu berück­sich­ti­gen, dass im Jah­re 2005 ne­ben den an­geb­lich durch die rechts­wid­ri­gen Hand­lun­gen der Be­klag­ten ab­ge­wor­be­nen Mit­ar­bei­ter noch ei­ne er­heb­li­che An­zahl wei­te­rer Ar­beit­neh­mer das Un­ter­neh­men der Kläge­rin ver­las­sen hätten. An­ge­sichts die­ser Ge­samt­umstände sei ei­ne Fort­ent­wick­lung des Ge­samt­er­geb­nis­ses nicht zu er­war­ten ge­we­sen. Es sei­en zwar die be­haup­te­ten Ver­lus­te beträcht­lich. Der Vor­trag bie­te aber kei­ne aus­rei­chen­den An­knüpfungs­tat­sa­chen für die Be­rech­nung ei­nes kon­kre­ten Min­dest­scha­dens. Die Kläge­rin ha­be selbst ver­schie­de­ne Kau­sal­verläufe an­geführt, die zu dem Er­geb­nis­ein­bruch bei­ge­tra­gen hätten. In­so­fern müss­te auch der La­ge­be­richt 2005 und die dar­in ent­hal­te­nen Gründe für die Ver­lus­te mit ein­be­zo­gen wer­den. Die­se Be­ur­tei­lung gel­te auch für die dar­ge­leg­te Ent­wick­lung des Auf­trags­vo­lu­mens. Sie stel­le in glei­cher Wei­se wie die Er­geb­nis­ent­wick­lung ein mul­ti­fak­t­o­ri­el­les Ge­sche­hen dar. Die Kläge­rin ha­be selbst vor­ge­tra­gen, dass die Aus­wir­kun­gen der ge­rin­ge­ren Auf­trags­eingänge mas­siv erst in 2006 ein­ge­setzt hätten. Die Aus­wir­kun­gen auf den Ge­winn im Jah­re 2005 könn­ten des­we­gen nur ge­rin­ger aus­fal­len. Der Kam­mer sei der

 

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Schluss vom Weg­gang ei­ner be­stimm­ten Mit­ar­bei­ter­grup­pe und zum da­mit ein­her­ge­hen­den Ver­lust an Ak­qui­si­ti­onsstärke auf die Re­du­zie­rung des Auf­trags­vo­lu­mens zu­dem ein nicht nach­voll­zieh­ba­rer, zu großer Schritt im Kau­sal­ver­lauf. Die Kläge­rin könne ih­ren Min­dest­scha­den auch nicht durch den Ver­lust des Wer­tes der ab­ge­wor­be­nen Mit­ar­bei­ter kon­kret be­zif­fern. Das von der Kläge­rin vor­ge­leg­te Gut­ach­ten ei­ner „in­di­ka­ti­ven Hu­man­ka­pi­tal­be­wer­tung auf Er­trags­wert­ba­sis“ sei für be­ab­sich­tig­te Wert­er­mitt­lung un­ge­eig­net. Das Gut­ach­ten ge­he zunächst von ei­ner zu ho­hen Zahl von Mit­ar­bei­tern (59) aus. Un­zu­tref­fend sei auch die Prämis­se, dass die fest­ge­stell­ten Mit­ar­bei­ter­ab­wer­bun­gen al­le im Jah­re 2005 ab­ge­schlos­sen wor­den sei­en. Zum Teil sei­en die Mit­ar­bei­ter erst im Jah­re 2006 aus­ge­schie­den. Es sei wei­ter be­denk­lich, dass das Gut­ach­ten von der Prämis­se ei­ner planmäßigen Fort­ent­wick­lung des Geschäfts der Kläge­rin über das Jahr 2004 hin­aus aus­ge­he. Da­bei blei­be so­wohl die In­sol­venz der Mut­ter als auch die be­son­de­re Si­tua­ti­on der Kläge­rin ab 2005 un­berück­sich­tigt. Letzt­lich er­schei­ne es auch frag­lich, ob die An­nah­me ei­nes ein­heit­li­chen Er­trags­wer­tes über al­le Mit­ar­bei­ter­grup­pen nicht zu ei­ner übermäßigen Fälschung der Be­wer­tung führe - im­mer­hin rei­che die re­le­van­te Grup­pe vom Nie­der­las­sungs­lei­ter bis zum Kal­ku­la­tor/Bau­lei­ter -. In me­tho­di­scher Hin­sicht sei die Aus­sa­ge des Gut­ach­tens vor al­lem des­we­gen für ei­ne Scha­densschätzung un­brauch­bar, weil bei der Be­rech­nung der durch die Ab­wer­bung er­lit­te­nen Er­trags­wert­buße „Hu­man­ka­pi­tal“, al­so des nach 2004 ein­ge­tre­te­nen Ver­lus­tes in der Mit­ar­bei­ter­pro­fi­ta­bi­lität nicht berück­sich­tigt wor­den sei, dass der bei der Er­mitt­lung des ope­ra­ti­ven (Hu­man­ka­pi­tal­er­tra­ges) zu­grun­de­ge­leg­te Er­geb­nis­ein­bruch ab 2005 we­sent­lich auch auf den Ver­lust der nicht zur Be­klag­ten ab­ge­wan­der­ten übri­gen Mit­ar­bei­ter zurück­zuführen sein dürf­te. Laut La­ge­be­richt 2005 ha­be die Kläge­rin zum Stich­tag 31.12.2005 228 Mit­ar­bei­ter we­ni­ger als im Vor­jahr beschäftigt. Es ergäbe sich da­mit ein an­de­rer Aus­gangs­be­wer­tungs­punkt. Zu­dem sei der kon­kre­te Hu­man­ka­pi­tal­wert auf der Ba­sis des für die Jah­re 2005 zu er­war­ten­den ope­ra­ti­ven Er­tra­ges be­rech­net. Da­bei würden aber die ab 2008 zu er­war­ten­den Erträge mit ei­nem An­teil von fast 80 % zu Bu­che schla­gen. Auch die vom Gut­ach­ter im Band­brei­ten­ver­fah­ren zu­grun­de­ge­leg­ten Ober- und Un­ter­gren­zen ermöglich­ten kei­ne Scha­densschätzung. Die als Ober­gren­ze der in­di­ka­ti­ven Wert­band­brei­te er­mit­tel­te Un­ter­schieds­be­trag der

 

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Un­ter­neh­mens­wer­te der Kläge­rin im Jah­re 2004 und im Jah­re 2005 würden als An­knüpfungs­tat­sa­che er­kenn­bar aus­schei­den, da auch das Gut­ach­ten da­von aus­ge­he, dass die Dif­fe­renz der Un­ter­neh­mens­wer­te un­ter­schied­li­che Ur­sa­chen ha­ben könne. Das Gut­ach­ten le­ge für die Fest­stel­lung der Un­ter­gren­ze der Wert­band­brei­te ei­nen kos­ten­ba­sier­ten Wie­der­be­schaf­fungs­wert zu­grun­de, des­sen Her­lei­tung nicht of­fen­ge­legt wer­de. Un­abhängig da­von sei so­wohl die her­an­ge­zo­ge­ne Zahl der ab­ge­wor­be­nen Mit­ar­bei­ter un­zu­tref­fend, als auch die gut­ach­ter­li­chen Aus­sa­gen zum Wie­der­be­schaf­fungs­wert nicht nach­voll­zieh­bar. Das Gut­ach­ten stel­le zu­dem für die Be­rech­nung der Kos­ten für die ge­rin­ge Ef­fi­zi­enz neu ein­ge­setz­ter Mit­ar­bei­ter (Block A) und für die Ef­fi­zi­enz­gra­de der mit Ein­ar­bei­tungs­auf­ga­ben be­trau­ten Mit­ar­bei­ter al­lei­ne auf An­ga­ben der Kläge­rin (Block B - Zif­fer 398) ab. Die Be­rech­nung bie­te da­mit kei­ne hin­rei­chend sub­stan­ti­ier­ten An­halts­punk­te für ei­ne Scha­densschätzung. Die Kläge­rin könne auch nicht Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten in Höhe von 275.139,77 € für Be­ra­tungs­leis­tun­gen von Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten für den Zeit­raum 01.04.2005 bis 31.12.2006 gel­tend ma­chen. Dem ste­he § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG ent­ge­gen, da da­von auch ma­te­ri­ell-recht­li­che Kos­ten­er­stat­tungs­ansprüche so­wie Scha­dens­er­satz­ansprüche oder Ansprüche auf Ver­zugs­scha­den er­fasst würden. Die gel­tend ge­mach­ten Per­so­nal­ver­mitt­lungs­kos­ten ließen sich eben­falls nicht den vor­ge­wor­fe­nen rechts­wid­ri­gen Ab­wer­bun­gen zu­ord­nen. Es sei­en nur Ho­no­rar­no­ten ein­ge­reicht wor­den. An­ge­sichts der be­strit­te­nen Be­haup­tun­gen der Kläge­rin hätte die Kläge­rin im Ein­zel­nen dar­le­gen müssen, dass es sich bei den be­setz­ten Po­si­tio­nen um Po­si­tio­nen han­delt, die durch den Wech­sel zur Be­klag­ten frei ge­wor­den sind. Dar­an feh­le es. So­weit die Kläge­rin darüber hin­aus be­haup­te, dass ihr auf­grund not­wen­di­ger Frei­stel­lun­gen Kos­ten in Höhe von 350.000,00 € ent­stan­den sei­en, feh­le es auch an ei­nem aus­rei­chen­den Sach­vor­trag. Sch­ließlich feh­le es an aus­rei­chen­den An­halts­punk­ten dafür, dass der Kläge­rin durch die be­haup­te­te Löschung, Mit­nah­me und Nut­zung ih­rer Da­ten durch die Be­klag­te bzw. durch ab­ge­wor­be­ne Mit­ar­bei­ter ein Scha­den ent­stan­den sei.

Ge­gen das der Kläge­rin am 07.07.2008 zu­ge­stell­te Ur­teil des Ar­beits­ge­richts hat die Kläge­rin mit dem am 07.08.2008 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan-

 

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ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt, so­weit die Kla­ge ge­gen die Be­klag­te ab­ge­wie­sen wur­de und die­se nach Verlänge­rung der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist bis zum 30.11.2008 mit dem am 01.12.2008 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.

Mit Schrift­satz vom 01.07.2009 hat die Be­klag­te den ehe­ma­li­gen Be­klag­ten zu 2) – 4) den Streit verkündet. Die Streit­verkünde­ten zu 1), 2) und 3) sind schriftsätz­lich dem Rechts­streit mit Schrift­satz vom 04.02.2010 bzw. 19.02.2010 auf Sei­ten der Be­klag­ten bei­ge­tre­ten.

Die Kläge­rin folgt der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts, so­weit es ein wett­be­werbs­wid­ri­ges Ver­hal­ten der Be­klag­ten und der Streit­verkünde­ten an­ge­nom­men hat. Sie trägt im We­sent­li­chen vor, dass die Be­klag­te ge­zielt und sys­te­ma­tisch Schlüssel­per­so­nen ab­ge­wor­ben ha­be. Es sei­en die Mit­ar­bei­ter nicht nur über die Wech­sel­wil­lig­keit der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) in­for­miert wor­den, son­dern die Mit­ar­bei­ter sei­en ak­tiv aus dem Ar­beits­verhält­nis ab­ge­wor­ben wor­den. Die­se Ab­wer­bung sei un­lau­ter, da die Be­klag­ten ei­nen ver­werf­li­chen Zweck (Leer­kau­fen durch hand­streich­ar­ti­ge Ab­wer­bung) un­ter An­wen­dung ver­werf­li­cher Mit­tel (Ab­wer­bung zahl­rei­cher Mit­ar­bei­ter und Schlüssel­per­so­nen; Ver­an­las­sung von Da­tenlöschung bei der Kläge­rin; An­eig­nen von Ar­beits­er­geb­nis­sen, um so­for­ti­ge An­ge­bo­te in Ab­schrei­bungs­ver­fah­ren ein­rei­chen zu können) ver­folgt ha­be. Die Ge­samt­umstände ließen nur den Schluss zu, dass es der Be­klag­ten in ers­ter Li­nie dar­um ge­gan­gen sei, die Leis­tungsfähig­keit der Be­ru­fungskläge­rin zu schwächen. Die Be­klag­te ha­be ein Ein­stel­lungs- und Be­wer­bungs­pro­ze­de­re den Mit­ar­bei­tern zur Verfügung ge­stellt, das zu ei­nem mas­sen­haf­ten Wech­sel der Mit­ar­bei­ter geführt ha­be und wel­ches der Kläge­rin unmöglich ge­macht ha­be, ih­re Mit­ar­bei­ter durch ein Ge­gen­an­ge­bot zu hal­ten. Sie ha­be sich hier­zu des Streit­verkünde­ten zu 1), der noch in ei­nem Be­ra­tungs­ver­trag zur X. Bau AG ge­stan­den ha­be und der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) be­dient. Die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) hätten schon während des Ar­beits­verhält­nis­ses die Geschäfte der Be­klag­ten be­trie­ben, in dem sie die ent­schei­den­den Führungs­per­so­nen für die neue Ver­kehrs­we­ge­bau­s­par­te der Be­klag­ten

 

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re­kru­tiert und die Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur auf­ge­baut hätten, um un­mit­tel­bar nach dem Aus­schei­den bei der Kläge­rin auf dem Markt tätig zu wer­den. Sie hätten auch das Per­so­nal und die tech­ni­sche Ein­rich­tung der Kläge­rin be­nutzt, um ihr Ziel zu ver­fol­gen. So sei­en Ein­stel­lungs­zu­sa­gen und die Vor­dru­cke zur Ein­stel­lung zwi­schen den Se­kretärin­nen der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) und der Be­klag­ten aus­ge­tauscht wor­den. Die Be­klag­te ha­be da­mit auch be­wusst ei­nen Sog er­zeugt, der zu ei­nem so großen Um­fang von Ei­genkündi­gun­gen geführt ha­be, dass sie nicht mehr in der La­ge ge­we­sen sei, ih­re Geschäfte ord­nungs­gemäß zu be­trei­ben. Die Be­klag­te könne sich nicht dar­auf be­ru­fen, dass ihr nicht be­kannt ge­we­sen sei, wie die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) agiert hätten und dass es nicht von ihr ver­an­lasst wor­den sei. Die Be­klag­te ha­be das ver­trags­wid­ri­ge Ver­hal­ten der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) ak­tiv durch den Aus­tausch der Ein­stel­lungs­zu­sa­gen un­terstützt. Auf­grund des er­heb­li­chen Schrift­ver­kehrs und des sons­ti­gen In­for­ma­ti­ons­aus­tauschs könne nur da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Be­klag­te ziel­be­wusst vor­ge­gan­gen sei, um die Kläge­rin als Wett­be­wer­ber zu be­hin­dern. Die Un­terstützung der Mit­ar­bei­ter bei der Ausfüllung des Blan­ko­for­mu­lars „Ver­trags­be­din­gun­gen/ Ein­stel­lungs­zu­sa­ge“ könne auch nicht als bloße Be­wer­bungs­hil­fe ein­ge­stuft wer­den. Der Ar­beit­neh­mer ha­be sich für die In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers ein­zu­set­zen und al­les zu un­ter­las­sen, was dem Ar­beit­ge­ber ab­träglich sein könne. Er­laubt sei nur die stil­le Vor­be­rei­tung des ei­ge­nen Aus­schei­dens, nicht je­doch die ak­ti­ve Un­terstützung der Mit­ar­bei­ter bei der Ge­stal­tung der neu­en Ar­beits­verträge bei dem Wett­be­wer­ber. Für ei­ne ge­ziel­te Ab­wer­bungs­kam­pa­gne durch die Be­klag­te spre­che auch, dass sich die Ab­wer­bun­gen auf sämt­li­che Nie­der­las­sun­gen der Kläge­rin be­zo­gen hätten. Dies sei nur möglich, wenn dies sys­te­ma­tisch ge­plant wor­den sei. Für ei­ne ge­ne­rel­le An­wei­sung zur Be­auf­tra­gung der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) sprächen auch meh­re­re E-Mails wie et­wa „Viel Er­folg bei der Ak­qui­se“ oder ei­ne in­ter­ne Mit­tei­lung, in der es heiße, „der Ball rollt wei­ter“ und „die zukünf­ti­ge Geschäftsführung ar­bei­te nun (noch in­for­mell) mit Voll­dampf an der Sa­che“. Letzt­lich spre­che auch dafür, dass noch während der be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­se ein Busi­ness­plan für die Be­klag­te er­stellt und ei­ni­ge wech­sel­wil­li­ge Mit­ar­bei­ter be­reits von der Be­klag­ten mit ei­nem Mo­bil­te­le­fon aus­ge­stat­tet wor­den sei­en.

 

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Das wett­be­werbs­wid­ri­ge Ver­hal­ten der Be­klag­ten, das sich als wett­be­werb­li­che Kampf­maßnah­me dar­stel­le, ha­be zu ei­nem er­heb­li­chen Scha­den geführt. Der mas­si­ve Ver­lust von Führungs­kräften ha­be nicht nur zu struk­tu­rel­len Pro­ble­men son­dern auch zu ei­nem er­heb­li­chen Ver­lust der Ak­qui­si­ti­onsstärke geführt. Die Ver­lus­te sei­en al­lein auf­grund des Ver­hal­tens der Be­klag­ten ent­stan­den. Sie ha­be nicht nur die Mit­ar­bei­ter ab­ge­wor­ben, son­dern auch die Kläge­rin schlecht ge­re­det und es sei­en we­sent­li­che In­for­ma­tio­nen von den Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) nicht an die Mit­ar­bei­ter wei­ter­ge­lei­tet wor­den. Die In­sol­venz der X. Bau AG ha­be kei­nen Ein­fluss auf die­se ne­ga­ti­ve Ent­wick­lung ge­habt. Be­reits En­de 2004 sei sie über ei­ne ei­ge­ne Fi­nan­zie­rung vom Cash-Pool mit der Mut­ter ab­ge­kop­pelt wor­den. Ihr sei auch ein Be­triebs­mit­tel­kre­dit von der Deut­schen Bank zur Verfügung ge­stellt wor­den, was pu­bli­ziert wor­den sei. Sie sei dann von ei­nem wirt­schaft­lich star­ken Part­ner aus der In­sol­venz her­aus an den T. Kon­zern ver­kauft wor­den. Dies sei be­reits am 14.02.2005 in der Pres­se veröffent­licht wor­den. In­so­fern konn­te bei den Mit­ar­bei­tern der Kläge­rin kei­ne Un­si­cher­heit über ih­ren Ar­beits­platz bzw. die wei­te­re wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung be­ste­hen. Die schlech­ten Er­geb­nis­se könn­ten auch nicht auf ei­ne schwäche­re Kon­junk­tur oder ei­nen schrump­fen­den inländi­schen Bau­markt zurück­geführt wer­den. In den Jah­ren 2003, 2005 und 2006 hätten die Um­satz­ren­di­ten nach dem Bran­chen-Re­port Straßen­bau April 2007 der Dresd­ner Bank AG durch­schnitt­lich im pro­duk­ti­ven Be­reich ge­le­gen. In der gan­zen Bran­che Straßen­bau sei 2005 nur ein Um­satzrück­gang von 2 % zu ver­zeich­nen ge­we­sen. 2006 hätte der bau­ge­werb­li­che Um­satz re­al um fast 7 % ge­stei­gert und die Prei­se für Straßen­bau­leis­tun­gen hätten um 4 % erhöht wer­den können. S. C. sei in ei­ner Stu­die vom 18.04.2005 für das Bau­vo­lu­men in Deutsch­land auf ei­nen Markt von 44,4 Mil­li­ar­den € für 2005 und in 2006 auf 45,4 Mil­li­ar­den € ge­kom­men.
Da, wie das Ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men ha­be, Umstände dafür spre­chen, dass das wett­be­werbs­wid­ri­ge Ver­hal­ten der Be­klag­ten zu ei­nem Scha­den für die Kläge­rin geführt hat, hätte das Ge­richt die Höhe des Scha­dens schätzen, not­falls ei­nen Teil- oder Min­dest­scha­den fest­set­zen müssen. Sie ha­be durch Vor­la­ge der Un­ter­la­gen über die Be­triebs­er­geb­nis­se und Ver­lus­te aus­rei­chen­de Schätz­grund­la­gen bei­ge­bracht. Ein kon­kre­ter Be­zug zu den Tätig­kei­ten der

 

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Mit­ar­bei­ter in den ein­zel­nen Fi­lia­len sei nicht er­for­der­lich, da ei­ne abs­trak­te Scha­dens­be­rech­nung aus­ge­hend von den Be­triebs­er­geb­nis­sen zulässig sei.
Un­abhängig da­von sei der Ver­lust in der Nie­der­las­sung Dres­den durch die Ab­wer­bun­gen ver­ur­sacht wor­den. Die ver­blie­be­nen Mit­ar­bei­ter hätten sich mit über­durch­schnitt­li­chen An­stren­gun­gen ver­geb­lich um den Er­halt der Ein­heit bemüht. Ins­be­son­de­re we­gen der Ab­wer­bung des Nie­der­las­sungs­lei­ters sei es nicht möglich ge­we­sen, Großpro­jek­te in der Aus­schrei­bungs­pha­se sach­ge­recht zu be­ar­bei­ten. Die 70 Kündi­gun­gen in der Zweig­nie­der­las­sung Mag­de­burg sei­en er­for­der­lich ge­wor­den, weil die Zweig­nie­der­las­sung ex­trem stark von der Ab­wer­bung be­trof­fen ge­we­sen sei. Sie ha­be auf­grund ih­rer La­ge im Ta­rif­ge­biet Ost auch als verlänger­te Werk­bank der Nie­der­las­sun­gen in Düssel­dorf, Ber­lin und Dres­den ge­wirkt. Um die Mit­ar­bei­ter pro­duk­tiv ab April 2005 ein­set­zen zu können, ha­be es an Führungs­per­so­nal ge­fehlt, wel­ches die not­wen­di­gen Auf­träge hätte ak­qui­rie­ren können. Ent­ge­gen den Be­haup­tun­gen der Be­klag­ten sei die Zu­ord­nung der Nie­der­las­sung Mag­de­burg zur Nie­der­las­sung Ber­lin/Bran­den­burg al­lein des­we­gen er­folgt, weil der Markt durch die Ab­wer­bun­gen weg­ge­bro­chen war. In Ber­lin/Bran­den­burg ha­be es zwar nur ei­ne re­la­tiv ge­rin­ge Ab­wan­de­rung ge­ge­ben. Die Nie­der­las­sung ha­be je­doch die Abgänge in Ham­burg kom­pen­sie­ren müssen. Es sei auch nicht rich­tig, dass der Mit­ar­bei­ter M. in der Nie­der­las­sung Düssel­dorf Auf­träge ab­ge­lehnt ha­be. Es sei nur ein Auf­trag ab­ge­lehnt wor­den, der feh­ler­haft kal­ku­liert wor­den sei. Die Zah­len der Nie­der­las­sung Frank­furt sprächen auch nicht ge­gen ei­nen Scha­den. Dort sei 2004 ein Großpro­jekt be­ar­bei­tet wor­den, dass es unmöglich ge­macht ha­be, wei­te­re Auf­träge an­zu­neh­men. Im Jahr 2005 sei der Ein­bruch der Auf­träge si­gni­fi­kant hoch ge­we­sen (50 %). Es sei auch der Rück­gang der Bau­leis­tun­gen der Nie­der­las­sung N. durch die Ab­wer­bung der Schlüssel­per­so­nen be­dingt.
Es ließen sich auch aus der gut­ach­ter­li­chen Dar­stel­lung von PWC Schätz­grund­la­gen er­ar­bei­ten. Würde man den An­satz wei­ter ver­fol­gen, er­ge­be sich ein Hin­weis auf ei­nen Un­ter­neh­mens­min­der­wert von 17,4 Mio. € und ei­ne un­mit­tel­ba­re Re­du­zie­rung des Un­ter­neh­mens­wer­tes um bis zu 11,38 Mio. €. Es würden Ansätze auf­ge­zeigt, ei­nen Min­dest­scha­den in ei­ner Größen­ord­nung von ca. 2.852.000,00 € zu schätzen. Dies be­tref­fe al­ler­dings nur den Sub­stanz­ver­lust des Un­ter­neh­mens.

 

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Die Kläge­rin be­an­tragt,

un­ter Auf­he­bung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 09.06.2008, 3 (8) Ca 336/06 die Be­ru­fungs­be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die Be­ru­fungskläge­rin 46.378.000,00 € zuzüglich 5 Pro­zent­punk­te Zin­sen über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins aus 27.700,00 € seit dem 01. 01.2006 so­wie aus 18.678.000,00 € seit dem 01.01.2007 zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te trägt im We­sent­li­chen vor, dass es we­der ei­ne ge­ziel­te und flächen­de­ckend über Deutsch­land ver­teil­te An­spra­che kläge­ri­scher Mit­ar­bei­ter oder ei­ne sys­te­ma­ti­sche Ver­tei­lung von un­ter­zeich­ne­ten Ein­stel­lungs­zu­sa­gen noch ein Schlecht­re­den durch die Be­klag­ten oder ei­ne Da­ten­ent­wen­dung bzw. Ver­nich­tung auf ih­re Ver­an­las­sung ge­ge­ben ha­be. Der Hin­weis auf staats­an­walt­schaft­li­che Er­mitt­lungs­ak­ten genüge nicht, zu­mal es sich um vorläufi­ge Er­mitt­lungs­er­geb­nis­se han­de­le. Sie ha­be auch nicht durch ei­ne schnel­le Be­ant­wor­tung von Ein­stel­lungs­an­fra­gen wett­be­werbs­wid­rig ge­han­delt. Es ge­be kei­ne Form­vor­schrif­ten, wie die Ein­stel­lung bzw. das Ein­stel­lungs­pro­ze­de­re durch­zuführen sei. Ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten käme nur in Be­tracht, wenn sie bzw. ihr Ver­rich­tungs­ge­hil­fe ein wett­be­werbs­wid­ri­ges Ver­hal­ten der Streit­verkünde­ten ver­an­lasst hätte. Dies sei nicht ge­ge­ben. Das bloße Aus­nut­zen ei­nes Ver­trags­bruchs sei nicht wett­be­werbs­wid­rig. We­der der Vor­stands­vor­sit­zen­de noch Herr F. hätten die Ab­wer­bung ir­gend­wel­cher Mit­ar­bei­ter or­ga­ni­siert oder ge­plant. Die Streit­verkünde­ten sei­en von sich aus auf die Be­klag­te zu­ge­kom­men. Sie sei selbst von der Ent­wick­lung über­rascht wor­den und ha­be nur auf die An­fra­gen re­agiert. Hier­bei ha­be die Be­klag­te auch kei­ne un­gewöhn­li­chen Ver­trags­be­din­gun­gen zu­ge­sagt. Die Kläge­rin ha­be nicht die be­son­de­re Si­tua­ti­on berück­sich­tigt, in der sich das Un­ter­neh­men zum Zeit­punkt der Ei­genkündi­gun­gen be­fun­den ha­be. Die kläge­ri­schen Mit­ar­bei­ter hätten sich ab Ok­to­ber 2004 nur noch mit Kri­sen­ma­nage­ment be­fasst. Der Bau­stel­len­be­trieb sei man­gels Ma­te­ri­al­nach­schubs und feh­len­der Werk­zeu­ge im­mer mehr ins Sto­cken ge­ra­ten und

 

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vie­ler­orts völlig zum Er­lie­gen ge­kom­men. Die Stim­mung in­ner­halb der Be­leg­schaft der Kläge­rin ha­be sich auf dem Null­punkt be­fun­den, sie hätten Angst um ih­ren Ar­beits­platz ge­habt. Wenn dies nicht der Fall ge­we­sen wäre, hätte kaum ei­ne sol­che Viel­zahl von Per­so­nen das Ar­beits­verhält­nis selbst gekündigt. Die In­sol­venz der Mut­ter ha­be da­mit of­fen­sicht­lich die Ent­schei­dung der Ar­beit­neh­mer und nicht ei­ne even­tu­el­le An­spra­che durch die Streit­verkünde­ten zu 2)
und 3) den Wech­sel ver­an­lasst. Dem könne die Kläge­rin auch nicht mit Er­folg ent­ge­gen­hal­ten, dass die Kläge­rin schon zu Be­ginn des Jah­res 2005 von der Mut­ter wirt­schaft­lich ab­ge­kop­pelt wor­den sei und be­reits im Fe­bru­ar der Ver­kauf an die T.-Grup­pe veröffent­licht wor­den sei. Ge­ra­de die Veröffent­li­chun­gen hätten für die Ar­beit­neh­mer kei­ne Si­cher­heit in Be­zug auf ih­re Ar­beitsplätze er­bracht. Auf dem Führungs­kräfte­tref­fen vom 18.02.2005 ha­be der Mehr­heits­ak­ti­onär der T.-Grup­pe, Herr Dr. I., mit sei­nen Äußerun­gen die Angst um die Ar­beitsplätze mit Äußerun­gen wie „den Ti­tel Geschäftsführer gibt es nicht mehr“, „es wer­de si­cher­lich die ei­ne oder an­de­re Träne fließen“, „dass für sie Schluss sei, wenn sie große Über­lap­pun­gen ha­ben, soll­ten sich Sor­gen ma­chen, ich brau­che euch nicht“, die Ängs­te verstärkt. Es hätten Mit­ar­bei­ter auch nicht erst ab März die Kündi­gun­gen aus­ge­spro­chen, son­dern auch schon vor­her sei­en Mit­ar­bei­ter aus­ge­schie­den. Das die Mit­ar­bei­ter von sich aus ei­nen Wech­sel von der Kläge­rin be­ab­sich­tigt hat­ten, er­ge­be sich auch dar­aus, dass Mit­ar­bei­ter aus­weis­lich des La­ge­be­richts 2005 nicht zur Be­klag­ten ge­wech­selt sei­en. So­weit die Kläge­rin dar­auf ver­wei­se, dass nur Mit­ar­bei­ter mit Schlüssel­funk­tio­nen zu ihr ge­wech­selt sei­en und es zu ei­nem Know-how-Trans­fer ge­kom­men sei, führe das nicht wei­ter. Be­reits der Hin­weis zu den Führungs­kräften sei nicht schlüssig. Im Übri­gen könne auch nicht von ei­ner sehr spe­zia­li­sier­ten Bran­che mit spe­zi­el­lem In­si­der­wis­sen aus­ge­gan­gen wer­den.
Un­ge­ach­tet der wett­be­werbs­recht­li­chen Be­wer­tung des Ver­hal­tens feh­le es an ei­nem Scha­den der durch ein Fehl­ver­hal­ten der Be­klag­ten ver­ur­sacht wor­den sei. Im Scha­dens­er­satz­recht sei­en die Grundsätze des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens zu berück­sich­ti­gen. Dies gel­te auch für den Be­reich des Lau­ter­keits­rechts. Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch schei­de al­so aus, wenn der Scha­den auch bei ei­nem ord­nungs­gemäßen Ver­hal­ten ent­stan­den wäre. Dies sei hier ge­ge­ben. Die Zufügung von Schäden durch die Ab­wer­bung von Mit­ar­bei­tern sei

 

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nach ein­hel­li­ger Mei­nung grundsätz­lich er­laubt. An­ge­sichts der not­be­ding­ten Nach­fra­ge auf der ei­nen und des at­trak­ti­ven An­ge­bots auf der an­de­ren Sei­te, ha­be ei­ne Aus­nah­me­la­ge be­stan­den, die der Be­klag­ten kei­ne be­son­de­ren Wer­be­maßnah­men ab­ver­lang­te. Um die Mit­ar­bei­ter zu ge­win­nen, hätte es al­ler Wahr­schein­lich­keit nach so­gar aus­ge­reicht, pas­siv den Sach­ver­halt zu be­ob­ach­ten. Denn al­le Umstände sprächen dafür, dass sich die wech­sel­wil­li­gen Mit­ar­bei­ter, weil sie von den un­ter­neh­me­ri­schen Pla­nun­gen der Be­klag­ten wuss­ten, schon von sich aus um die frei­en Stel­len be­wor­ben hätten. So gut wie ge­wiss aber tref­fe die Min­dest­an­nah­me zu, dass ei­ne un­zwei­fel­haf­te er­laub­te Wer­be­ak­ti­on, et­wa ein In­se­rat in der Pres­se oder ein An­spre­chen im pri­va­ten Be­reich der In­ter­es­sen­ten den glei­chen Er­folg her­bei­geführt hätte. Nach al­le­dem hätte ein völlig rechtmäßiges, weil wett­be­werbs­recht­lich lau­te­res Ver­hal­ten bis hin zum bloßen Ab­war­ten auf die Initia­ti­ve der In­ter­es­sen­ten nach le­bens­na­her Be­ur­tei­lung des Ge­sche­hens die glei­che Wir­kung ge­habt. Un­abhängig da­von kämen die­se Ar­gu­men­te, ins­be­son­de­re das Vor­lie­gen von Re­ser­veur­sa­chen auch im Rah­men der Scha­densschätzung gemäß § 287 ZPO zum Tra­gen. Die Vor­schrift se­he zwar zu­guns­ten des Geschädig­ten Er­leich­te­run­gen hin­sicht­lich des Scha­dens­nach­wei­ses vor, in dem sie ei­ne Wahr­schein­lich­keits­be­trach­tung zu­las­se, die mit dem tatsächli­chen Scha­den bzw. der Wirk­lich­keit nicht übe­rein­stim­me. Dies führe aber nicht da­zu, an­zu­neh­men, dass es sich um ei­ne rei­ne ma­te­ri­el­le Bil­lig­keits­vor­schrift han­de­le. Ei­ne Schätzung schei­de aus, wenn für die Schätzung kei­ne tragfähi­ge Grund­la­ge be­ste­he, sie letzt­lich ins Blaue hin­ein zu er­fol­gen hätte. Die Be­klag­te ha­be kei­ne aus­rei­chen­den Schätz­grund­la­gen dar­ge­legt. Die Vor­la­ge der Be­triebs­er­geb­nis­se, die be­strit­ten würden, rei­che nicht aus, da nicht von ei­nem gewöhn­li­chen Ver­lauf der Din­ge aus­zu­ge­hen sei. Im La­ge­be­richt 2005 ha­be die Kläge­rin selbst ei­nen mu­li­tik­au­sa­len Ge­sche­hens­ver­lauf mit dem Hin­weis auf die Ab­schwächung des Kon­junk­tur­auf­schwungs 2005 und ein Sin­ken des bau­ge­werb­li­chen Um­sat­zes 2005 an­er­kannt. Das Er­geb­nis der gewöhn­li­chen Geschäftstätig­keit 2005 sei da­nach in er­heb­li­chem Maße von in­di­rek­ten Aus­wir­kun­gen aus der In­sol­venz der ehe­ma­li­gen Mut­ter­ge­sell­schaft X. Bau AG, ins­be­son­de­re von der Ver­un­si­che­rung bei der Bau­her­ren­schaft und wich­ti­gen Nach­un­ter­neh­mern so­wie Ab­wan­de­run­gen und Ab­wer­bun­gen von tech­ni­schem und kaufmänni­schen Führungs­per­so­nal

 

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und dem hier­mit ver­bun­de­nen Know-how ge­prägt ge­we­sen sei. Sie ha­be darüber hin­aus auch die Un­si­cher­hei­ten aus kon­zern­in­ter­nen Auf­trags­verhält­nis­sen zur X. Bau-Grup­pe und von erhöhtem Ma­te­ri­al­auf­wand, ins­be­son­de­re auf­grund der ungüns­ti­ge­ren Kon­di­tio­nen bei Nach­un­ter­neh­mern durch die In­sol­venz der Mut­ter­ge­sell­schaft an­geführt. An­ge­sichts die­ser Umstände könne nicht von ei­nem gewöhn­li­chen Geschäfts­ver­lauf aus­ge­gan­gen und da­mit auch nicht der Scha­den un­ter Hin­zu­zie­hung der er­war­te­ten und tatsächli­chen Be­triebs­er­geb­nis­se be­rech­net wer­den. Es be­ste­he ei­ne ge­nau­so große Wahr­schein­lich­keit dafür, dass die an­de­ren Umstände zu dem auf­geführ­ten, be­strit­te­nen Ver­lust geführt hätten. Bei der Be­ur­tei­lung dürfe auch nicht außer Acht ge­las­sen wer­den, dass al­le Mit­ar­bei­ter or­dent­lich gekündigt hätten und die Fluk­tua­ti­on in Di­rek­tio­nen nach dem La­ge­be­richt 2005 durch qua­li­fi­zier­te Mit­ar­bei­ter aus der Mut­ter­ge­sell­schaft oder ex­ter­ne Fach­kräfte hätte kom­pen­siert wer­den können. In je­dem Fall könn­ten ihr Ver­lus­te nicht zu­ge­rech­net wer­den, die durch den Weg­gang von Mit­ar­bei­tern ent­stan­den sei­en, mit de­nen die Kläge­rin Auf­he­bungs­verträge ge­schlos­sen ha­be oder die zu an­de­ren Fir­men ge­wech­selt sei­en. Auch die von der Kläge­rin für die ein­zel­nen Nie­der­las­sun­gen an­ge­ge­be­nen Zah­len über Ver­lus­te sei­en an­ge­sichts der An­zahl der aus­ge­schie­de­nen und ver­blie­be­nen Mit­ar­bei­ter nicht plau­si­bel.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des zu­grun­de­lie­gen­den Sach­ver­halts so­wie des wi­der­strei­ten­den Sach­vor­trags und der un­ter­schied­li­chen Rechts­auf­fas­sun­gen der Par­tei­en und Streit­verkünde­ten wird Be­zug ge­nom­men auf die in bei­den In­stan­zen zu den Ak­ten ge­reich­ten Schriftsätze der Par­tei­en nebst An­la­gen, Gut­ach­ten, so­wie Pro­to­kol­le der münd­li­chen Ver­hand­lun­gen und den Tat­be­stand des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils ein­sch­ließlich des Be­rich­ti­gungs­be­schlus­ses.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E

A. Die Be­ru­fung ist zulässig.

Sie ist an sich statt­haft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Be­schwer­de­ge­gen­stan­des zulässig (§ 64 Abs. 2 Zif­fer b) ArbGG) so­wie in ge­setz­li­cher Form und Frist ein­ge­legt (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 Satz 1, Satz 2

 

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ArbGG, § 519 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) und in­ner­halb der Frist (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ArbGG) ord­nungs­gemäß (§ 520 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG) be­gründet wor­den.

B. Die Be­ru­fung ist nicht be­gründet.

I. Die Kläge­rin hat ge­gen die Be­klag­te kei­nen An­spruch gemäß § 9 Abs. 1 UWG , §§ 823 ff BGB auf Er­satz des gel­tend ge­mach­ten Scha­dens. Es feh­len aus­rei­chen­de Tat­sa­chen, die ei­ne Schätzung ei­nes Scha­dens ermögli­chen. Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen.

1. Mit dem Ar­beits­ge­richt ist al­ler­dings da­von aus­zu­ge­hen, dass der Be­klag­ten ein wett­be­werbs­wid­ri­ges Ver­hal­ten gemäß § 3, § 4 Nr. 10 UWG in Zu­sam­men­hang mit dem Wech­sel von Mit­ar­bei­tern vor­zu­wer­fen ist.

a) Die in ei­nem Un­ter­neh­men täti­gen Per­so­nen sind zwar auf­grund der in Art. 12 Abs. 1 GG gewähr­leis­te­ten Be­rufs­frei­heit in der Wahl ih­res Ar­beits­plat­zes frei. Der Un­ter­neh­mer hat kei­nen An­spruch auf den Be­stand sei­ner Mit­ar­bei­ter. Das Ab­wer­ben von Mit­ar­bei­tern ei­nes Kon­kur­ren­ten ist als Teil des frei­en Wett­be­werbs grundsätz­lich er­laubt (BGH Ur­teil v. 11.01.2007 – I ZR 96/04- NJW 2007, 2999-3002). Dies gilt auch dann, wenn die Ab­wer­bung be­wusst und planmäßig er­folgt (OLG Bran­den­burg Ur­teil v. 06.03.2007 – 6 U 34/06 – NZA-RR 2008, 79-81; Köhler in He­f­er­mehl/Köhler-Born­kamm, Wett­be­werbs­recht 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 10.105; Har­te-Ba­ven­damm/Hen­ning-Bo­de­wig-Om­sels, UWG, § 4 Rdn. 18). Es ist un­er­heb­lich, wie vie­le Mit­ar­bei­ter ab­ge­wor­ben wer­den, wie wich­tig die ab­ge­wor­be­nen Mit­ar­bei­ter für ih­ren frühe­ren Ar­beit­ge­ber wa­ren (z.B. Spe­zia­lis­ten oder Schlüssel­kräfte), wel­che Kennt­nis­se oder Fer­tig­kei­ten sie be­sit­zen, oder ob sie Kennt­nis­se von Geschäfts­ge­heim­nis­sen ha­ben (Har­te-Ba­ven­damm/Hen­ning-Bo­de­wig-Om­sels UWG § 24 Rdn. 25). Will sich ein Un­ter­neh­men vor Ab­wer­be­maßnah­men schützen, so kann es dies durch ent­spre­chen­de Zu­geständ­nis­se ge­genüber den Ar­beit­neh­mern oder durch Aus­le­gung ver­trag­li­cher Wett­be­werbs­ver­bo­te tun (Köhler in He­f­er­mehl/Köhler-

 

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Born­kamm, UWG § 4 Rdn. 10.103). Nur wenn be­son­de­re Umstände hin­zu­tre­ten, kann das Ab­wer­ben von Mit­ar­bei­tern durch Mit­be­wer­ber im Ein­zel­fall nach § 3 UWG oder § 4 Nr. 10 UWG wett­be­werbs­wid­rig sein.

Hier­von ist aus­zu­ge­hen, wenn das be­tref­fen­de Ver­hal­ten bei ob­jek­ti­ver Würdi­gung der Umstände in ers­ter Li­nie auf die Be­ein­träch­ti­gung der wett­be­werb­li­chen Ent­fal­tung des Mit­be­wer­bers und nicht auf die Förde­rung ei­nes ei­ge­nen Wett­be­werbs ge­rich­tet ist oder die Be­hin­de­rung der­art ist, dass der be­ein­träch­ti­gen­de Mit­be­wer­ber sei­ne Leis­tun­gen am Markt durch ei­ge­ne An­stren­gun­gen nicht mehr in an­ge­mes­se­ner Wei­se zur Gel­tung brin­gen kann oder un­lau­te­re Mit­tel oder Me­tho­den ver­wen­det wer­den (BGH Ur­teil v. 11.01.2007 – I ZR 96/04 – a.a.O. -). Auch das bloße Aus­nut­zen ei­nes frem­den Ver­trags­bruchs, oh­ne den ver­trag­lich Ge­bun­de­nen zum Ver­trags­bruch zu ver­lei­ten, wird nicht als un­lau­ter an­ge­se­hen, wenn nicht be­son­de­re die Un­lau­ter­keit be­gründen­de Umstände hin­zu­tre­ten (BGH Ur­teil v. 06.06.2002 – I ZR 79/00 – NJW-RR 2002, 1565¬1568). Die­se Grundsätze gel­ten auch für das Aus­nut­zen des Ver­trags­bruchs ei­nes bei ei­nem Mit­be­wer­ber beschäftig­ten Mit­ar­bei­ters (BGH Ur­teil v. 30.01.1976 – I ZR 108/74 – MdR 1976, 556-557; Köhler in He­f­er­mehl/Köhler/Born­kamm, § 4 UWG Rdn. 10.109 m.w.N.). Al­ler­dings wird das ge­ziel­te und be­wuss­te Hin­wir­ken auf den Ver­trags­bruch ei­nes Mit­ar­bei­ters ei­nes Mit­be­wer­bers als un­lau­ter an­ge­se­hen (BGH Ur­teil v. 11.01.2007 a.a.O. m.w.N.). Un­lau­ter be­dient sich der Mit­be­wer­ber je­den­falls, wenn er die Ent­schei­dungs­frei­heit der um­wor­be­nen Mit­ar­bei­ter ernst­haft be­ein­träch­tigt, et­wa
durch Über­rump­lung oder über­trie­be­nes An­lo­cken (Har­te-Ba­ven­damm/Hen­ning-Bo­ede­wig § 4 Nr. 10 UWG Rdn. 26). Es wird auch ein zu Ab­wer­bungs­zwe­cken geführ­tes Te­le­fon­gespräch, das über ei­ne bloße Kon­takt­auf­nah­me hin­aus geht, als wett­be­werbs­wid­rig be­ur­teilt. (BGH Ur­teil v. 22.11.2007 – I ZR 183/04 – Di­rekt­an­spra­che am Ar­beits­platz III NJW 2008, 855-856 m.w.N.). Ins­be­son­de­re der­je­ni­ge, der heim­lich hin­ter dem Rücken ei­nes Kon­kur­ren­ten des­sen Mit­ar­bei­ter zu Ver­trags­ver­let­zun­gen an­stif­tet, be­dient sich nicht der Mit­tel des Mark­tes, zu des­sen Re­geln ge­ra­de auch die Ver­trags­treue gehört. Ins­ge­samt ist die Fra­ge der Wett­be­werbs­wid­rig­keit in ei­ner Ge-

 

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samt­schau al­ler Umstände des Ein­zel­fal­les un­ter Abwägung der In­ter­es­sen al­ler Be­tei­lig­ten zu be­ur­tei­len (Köhler in He­f­er­mehl/Köhler-Born­kamm, Wett­be­werbs­recht, § 4 UWG Rdn. 10.104 ff., Har­te-Ba­ven­damm, Hen­ning-Bo­ede­wig, § 4 Nr. 10 UWG Rdn. 20 f.).

b) Un­ter Berück­sich­ti­gung die­ser Grundsätze ist nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer das vor­lie­gen­de Ver­hal­ten der Be­klag­ten wett­be­werbs­wid­rig.

aa) Es kann da­hin­ste­hen, ob die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) die Mit­ar­bei­ter ge­zielt ab­ge­wor­ben ha­ben oder nur ei­ne la­tent vor­han­de­ne Be­reit­wil­lig­keit bei der Kläge­rin aus­zu­schei­den, un­terstützt ha­ben. Sie ha­ben un­ter Ver­s­toß ge­gen ih­re ar­beits­ver­trag­li­che Treue­pflicht ge­genüber der Kläge­rin noch während des lau­fen­den Ar­beits­ver­tra­ges be­reits das Geschäft des Wett­be­wer­bers be­trie­ben, in dem sie ihn bei der Be­schaf­fung von qua­li­fi­zier­tem Per­so­nal ak­tiv un­terstützt ha­ben. Das Ver­hal­ten der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) geht über das hin­aus, was der Bun­des­ge­richts­hof im Rah­men ei­ner Kon­takt­auf­nah­me am Ar­beits­platz noch wett­be­werbs­recht­lich für zulässig hält (BGH Ur­teil v. 22.11.2007 – I ZR 183/04 – NJW 2008, 855-856 Di­rekt­an­spra­che am Ar­beits­platz III m.w.N.). Da-nach kann bei ei­nem an­ge­zeig­ten In­ter­es­se zu ei­nem Wech­sel die of­fe­ne Stel­le knapp um­schrie­ben und falls das In­ter­es­se des Mit­ar­bei­ters da­nach fort­be­steht, ei­ne Kon­taktmöglich­keit außer­halb des Ar­beits­be­reichs ver­ab­re­det wer­den. Es ist da­ge­gen wett­be­werbs­wid­rig, wenn dem Ar­beit­neh­mer an sei­nem Ar­beits­platz Da­ten zu des­sen Le­bens­lauf und bis­he­ri­gen Tätig­kei­ten vor­ge­hal­ten wer­den (BGH a.a.O., Fortführung BGH Ur­teil v. 04.03.2004 – I ZR 221/01 -, BGHZ 158, 174 Di­rekt­an­spra­che am Ar­beits­platz I; sie­he auch LG T. Ur­teil v. 06.07.2007 – 17 0 147 /07 ju­ris.de). Hier wur­de, wie das Ar­beits­ge­richt zu Recht aus­geführt und im Ein­zel­nen an­hand des Ge­sche­hens­ab­laufs in den Ur­teils­gründen dar­ge­stellt hat, un­ter Zu­hil­fe­nah­me der „zweck­ent­frem­de­ten For­mu­la­re“ für ei­ne große Zahl von qua­li­fi­zier­ten Mit­ar­bei­tern der Kläge­rin ein Be­wer­bungs­pro­ze­de­re eröff­net, wel­ches ih­nen ermöglich­te, den Ein­stel­lungs­vor­gang bei ei­nem Wett­be­wer­ber in kürzes­ter Zeit ab­zu­sch­ließen, oh­ne die vor­her übli­chen Vor­stel­lungs- und Ver­trags­ver­hand­lun­gen bei dem zukünf­ti­gen Ar­beit­ge­ber durch­zuführen. Die Be­klag­te ha­be sich den Streit­verkünde­ten zu 2) und

 

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3) be­dient, um ei­nen ra­schen Auf­bau der ei­ge­nen Ver­kehrs­we­ge­bau­s­par­te zu er­rei­chen. Dies sei wett­be­werbs­wid­rig. Dem folgt die Be­ru­fungs­kam­mer im Er­geb­nis und in der Be­gründung. In­so­fern wird auf die Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts Be­zug ge­nom­men. Le­dig­lich ergänzend wird aus­geführt, dass im Rah­men des Ein­stel­lungs­pro­ze­de­res auch tech­ni­sche und per­so­nel­le Res­sour­cen der Kläge­rin ge­nutzt wur­den. Denn es kam, nach dem die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) anläss­lich des Tref­fens am 14.03.05 selbst ih­re Ein­stel­lungs­zu­sa­gen aus­gefüllt und ein nicht aus­gefüll­tes Ex­em­plar des For­mu­lars er­hal­ten hat­ten, in der Fol­ge­zeit zu ei­nem Aus­tausch die­ser aus­gefüll­ten „Ein­stel­lungs­zu­sa­gen“ zwi­schen den Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) bzw. ih­ren Se­kretärin­nen ei­ner­seits und den Mit­ar­bei­tern der Be­klag­ten an­de­rer­seits. Hin­ter dem Rücken der Kläge­rin wur­de da­mit auch un­ter teil­wei­ser Nut­zung ih­rer Be­triebs­mit­tel das Per­so­nal für die zukünf­ti­ge Ver­kehrs­we­ge­bau­bran­che der Be­klag­ten auf­gefüllt und not­wen­di­ge In­for­ma­tio­nen für den Auf­bau aus­ge­tauscht (u.a. Über­sen­dung ei­ner An­schrif­ten­lis­te und Te­le­fon­lis­te; Ver­ga­be­be­kannt­ma­chung des Lan­des Sach­sen-An­halt). In Ein­z­elfällen wur­de auch sei­tens der Streit­verkünde­ten zu 2) bzw. zu 3) auf die zukünf­ti­gen Ver­trags­be­din­gun­gen Ein­fluss ge­nom­men, wor­auf das Ar­beits­ge­richt bezüglich der Mit­ar­bei­ter B. (Prämi­en­ver­ein­ba­rung, Ergänzungs­ver­ein­ba­rung E.) hin­ge­wie­sen hat. Dies ist als wett­be­werbs­wid­ri­ges Ver­hal­ten an­zu­se­hen.
Dem hat die Be­klag­te in der Be­ru­fung kei­ne er­heb­li­chen Umstände ent­ge­gen­ge­hal­ten. Sie kann nicht mit Er­folg dar­auf ver­wei­sen, dass et­wa die An­schrif­ten­lis­te nur die Teil­neh­mer des Tref­fens vom 14.03.2005 be­trof­fen ha­be, es kei­ne Form ge­be, wie ein Ein­stel­lungs­ver­fah­ren zu ver­lau­fen ha­be und auch ei­ne Kündi­gungs­hil­fe durch Über­las­sung ei­nes vor­for­mu­lier­ten Kündi­gungs­schrei­bens zulässig sei. Das vor­lie­gend prak­ti­zier­te Ver­fah­ren ist nicht mit dem Sach­ver­halt zu ver­glei­chen, der der Ent­schei­dung des Bun­des­ge­richts­hofs zu­grun­de liegt (BGH Ur­teil vom 07.04.2005 -I ZR 140/02- NJW 2005, 2012-2013, Kündi­gungs­hil­fe). Hier geht es nicht nur um ei­ne For­mu­lie­rungs­hil­fe bei der Ab­fas­sung der Kündi­gung, son­dern auch um die Vor­ort­un­terstützung bei der Dar­stel­lung der Be­wer­bung durch Nut­zung des Form­blatts und Klärung von Ver­trags­be­din­gun­gen. Durch die Vorgänge, die auch das Ar­beits­ge­richt im Ein­zel­nen be­schrie­ben hat, wur­de be­reits das Geschäft der Be­klag­ten im Un­ter­neh­men

 

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der Kläge­rin be­trie­ben. Dies ist als un­lau­ter an­zu­se­hen und be­inhal­tet ei­ne ge­ziel­te Be­hin­de­rung i.S.d. 4 Nr. 10 UWG.

bb) So­weit die Be­klag­te dar­auf ver­weist, dass sie das Ver­hal­ten der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) nicht ver­an­lasst ha­be und ihr das Ver­hal­ten da­mit nicht zu­ge­rech­net wer­den könne, kann dem nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer nicht ge­folgt wer­den. Es kann da­hin­ste­hen, ob bzw. in wel­chem Um­fang der Vor­stands­vor­sit­zen­de, Herr C., über die be­schrie­be­nen Vorgänge in­for­miert war. Die Be­klag­te muss sich das Ver­hal­ten ih­rer Ge­hil­fen, des Herrn F., sei­ner Se­kretärin und der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) im Zu­sam­men­hang mit den Ein­stel­lungs­vorgängen und den Aus­tausch der Ein­stel­lungs­zu­sa­gen gemäß §§ 8 Abs. 2 UWG, 831 BGB zu­rech­nen las­sen. Herr F. war aus­drück­lich mit dem Auf­bau der Ver­kehrs­we­ge­bau­s­par­te der Be­klag­ten be­traut. Die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) stan­den auf­grund der Ein­stel­lungs­zu­sa­gen und Ab­spra­chen schon seit dem 14.03.2005 im La­ger der Be­klag­ten. Herr F. hat das ver­trags­wid­ri­ge Ver­hal­ten der Streit­verkünde­ten ak­tiv durch sei­ne Vor­ge­hens­wei­se un­terstützt und da­mit die be­schrie­be­ne Sog­wir­kung und Ei­gen­dy­na­mik mit ver­an­lasst, wie das Ar­beits­ge­richt zu Recht aus­geführt. Ge­ra­de im Hin­blick auf die Heim­lich­keit, Schnel­lig­keit und den Um­fang der Maßnah­me, die zu ei­nem Wech­sel von über 50 qua­li­fi­zier­ten Mit­ar­bei­tern u.a. ei­ne er­heb­li­che Zahl von Führungs­kräfte führ­te, stellt sich das Ver­hal­ten der Be­klag­ten nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer als wett­be­werbs­wid­rig dar. Der Kläge­rin wur­de da­durch die Möglich­keit ge­nom­men, dem ent­ge­gen­zu­wir­ken.

Der Hin­weis der Be­klag­ten, dass sie schon mit Schrei­ben vom 30.03.2005 dem In­sol­venz­ver­wal­ter mit­ge­teilt ha­be, dass vie­le Ab­wer­bun­gen vorlägen und sie be­ab­sich­ti­ge, die­se ein­zu­stel­len, führt nicht zu ei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung. Zu die­sem Zeit­punkt hat­te die Be­klag­te schon meh­re­re wich­ti­ge Mit­ar­bei­ter ver­lo­ren. Denn es hat­ten schon meh­re­re Mit­ar­bei­ter gekündigt und die Be­klag­te hat­te ent­spre­chen­de Ein­stel­lungs­zu­sa­gen er­teilt. Außer­dem war nicht of­fen­kun­dig, wel­che Mit­ar­bei­ter mit wel­cher Qua­li­fi­ka­ti­on mit der Be­klag­ten in Kon-

 

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takt stan­den. In­so­fern konn­te die Kläge­rin dar­auf nicht im Ein­zel­fall er­folg­ver­spre­chend re­agie­ren.

Die Be­klag­te kann auch nicht mit Er­folg da­mit gehört wer­den, dass sie nicht ge­wusst ha­be, dass sich die Streit­verkünde­te zu 2) oder 3) für die Über­sen­dung von For­mu­la­ren der Se­kretärin­nen der Kläge­rin be­dient hätten oder sons­ti­ge Be­triebs­mit­tel der Kläge­rin (PC usw.) be­nutzt hätten. Wie be­reits aus­geführt, stan­den die Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) schon von An­fang an in ih­rem La­ger. Aus­weis­lich des un­strei­ti­gen Tat­be­stan­des ers­ter In­stanz kam es nach dem Tref­fen vom 14.03.2005 zu ei­nem Aus­tausch von aus­gefüll­ten Ein­stel­lungs­zu­sa­gen zwi­schen den Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) bzw. ih­ren Se­kretärin­nen ih­rer­seits und Mit­ar­bei­tern der Be­klag­ten an­de­rer­seits. Es sind kei­ne Tat­sa­chen vor­ge­tra­gen, die den Schluss zu­las­sen, dass et­wa die je­weils täti­ge Se­kretärin der Be­klag­ten bzw. der Kläge­rin bei der Ab­wick­lung des Schrift­ver­kehrs mit den Streit­verkünde­ten bzw. ih­ren Se­kretärin­nen ei­genmäch­tig ge­han­delt hat. (u.a. bei Über­sen­dung/ Ent­ge­gen­nah­me des For­mu­lars, der An­schrif­ten­lis­te bzw. der Te­le­fon­lis­te An­la­ge K 11 und K 44 ;Er­mitt­lungs­ak­te LKA NRW EK „Via“ vom 10.01.2007). Die Be­klag­te bzw. ihr Be­auf­trag­ter, Herr F., hat die ein­ge­hen­den For­mu­la­re be­ar­bei­tet und ver­an­lasst, dass die Ein­stel­lungs­zu­sa­gen zurück­ge­sandt wur­den. In­so­fern muss sich die Be­klag­te auch die Ab­wick­lung des Schrift­ver­kehrs un­ter teil­wei­ser Nut­zung der Be­triebs­mit­tel der Kläge­rin zu­rech­nen las­sen.
Selbst wenn ei­ne Über­nah­me von Mit­ar­bei­tern der Kläge­rin in dem Um­fang und auf die­se Art und Wei­se von vor­ne­her­ein nicht be­ab­sich­tigt war, so hat sich die Be­klag­te doch der Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) be­dient, um ge­mein­sam mit ih­nen ih­re Zie­le zu er­rei­chen, möglichst schnell und ef­fek­tiv die Ver­kehrs­we­ge­bau­s­par­te auf­zu­bau­en. Hierfür spricht auch ins­be­son­de­re, dass sich die Be­klag­te im We­sent­li­chen auf die Streit­verkünde­ten hin­sicht­lich der in Be­tracht kom­men­den Mit­ar­bei­ter, ih­rer Qua­li­fi­ka­ti­on und Eig­nung für neue Auf­ga­ben ver­las­sen ha­ben muss. Denn es er­gibt sich nicht, dass An­fra­gen zur Beschäfti­gung auf den von den Streit­verkünde­ten zu 2) und 3) über­sand­ten For­mu­la­ren von der Be­klag­ten zurück­ge­wie­sen wor­den wären. Es wäre selbst an­ge­sichts der

 

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be­haup­te­ten Wech­sel­wil­lig­keit der Mit­ar­bei­ter an­ge­zeigt ge­we­sen, die Mit­ar­bei­ter bzw. die Streit­verkünde­ten auf ei­nen an­de­ren Weg der Kon­takt­auf­nah­me und Ab­spra­che über ei­ne zukünf­ti­ge Tätig­keit bei der Be­klag­ten zu ver­wei­sen. 2. Nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer kann der Kläge­rin auch durch das wett­be­werbs­wid­ri­ge Ver­hal­ten der Be­klag­ten ein Scha­den, ins­be­son­de­re ein Ge­winn­aus­fall ent­stan­den sein.
Dem kann die Be­klag­te nicht mit Er­folg ent­ge­gen­hal­ten, dass ihr der be­haup­te­te Ge­winn­aus­fall nach den Grundsätzen des rechtmäßigen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens nicht zu­ge­rech­net wer­den könne, weil die zu ihr ge­wech­sel­ten Mit­ar­bei­ter das Un­ter­neh­men der Kläge­rin an­ge­sichts der be­son­de­ren wirt­schaft­li­chen Umstände auch oh­ne die kri­ti­sier­te Ver­fah­rens­wei­se ver­las­sen hätten. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat zwar in der Ent­schei­dung zur Er­stat­tung von In­se­rats­kos­ten durch ei­nen ver­trags­brüchig ge­wor­de­nen Ar­beit­neh­mer dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der ver­trags­brüchi­ge Teil nur den Scha­den zu er­set­zen ha­be, der der an­de­ren Ver­trags­par­tei durch die überstürz­te Ver­trags­be­en­di­gung ent­stan­den sei, je­doch bei ver­trags­gemäßer Ein­hal­tung der Kündi­gungs­frist nicht ent­stan­den wäre. Es bedürfe kei­nes Nach­wei­ses, dass der Ar­beit­neh­mer von der ver­trag­lich ein­geräum­ten Kündi­gungsmöglich­keit frist­gemäß Ge­brauch ge­macht hätte (BAG Ur­teil vom 23.03.1984 – 7 AZR 37/81 – NZA 1984, Sei­te 122-123).
Die­se Recht­spre­chung führt aber im vor­lie­gen­den Fall nicht wei­ter. In der dor­ti­gen Ent­schei­dung ging es um Schäden durch die Nicht­ein­hal­tung der Kündi­gungs­frist. Dar­um geht es hier nicht. Die Ar­beit­neh­mer, die zur Be­klag­ten ge­wech­selt sind, ha­ben das Ar­beits­verhält­nis un­ter Ein­hal­tung der or­dent­li­chen Kündi­gungs­fris­ten gekündigt, so­weit die Kläge­rin mit ih­nen kei­ne Auf­he­bungs­verträge mit ei­ner vor­zei­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­schlos­sen hat. Selbst wenn man mit der Be­klag­ten da­von aus­geht, dass die Ar­beit­neh­mer auch dann gekündigt hätten, wenn sich die Be­klag­te durch ei­ne zulässi­ge An­spra­che ins­be­son­de­re durch Zei­tungs­in­se­ra­te um die Mit­ar­bei­ter bemüht hätte, spricht kei­ne er­heb­li­che Wahr­schein­lich­keit dafür, dass die Kündi­gun­gen ge­ra­de zu die­sem Zeit­punkt aus­ge­spro­chen wor­den wären, zu wel­chem sie tatsächlich aus­ge­spro­chen wor­den sind. Die Be­klag­te hätte zunächst Ein­stel­lungs­gespräche ko­or­di­nie­ren und sich vor ei­ner Ein­stel­lungs­zu­sa­ge ein

 

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Bild von der Qua­li­fi­ka­ti­on der Be­wer­ber ma­chen müssen. Dies ist mit ei­nem nicht un­er­heb­li­chen Zeit­auf­wand ver­bun­den. Ge­ra­de das be­schrie­be­ne Ein­stel­lungs­ver­fah­ren begüns­tig­te die Ent­schei­dung zum kurz­fris­ti­gen Aus­spruch der Kündi­gung. Es spricht so­mit ei­ne große Wahr­schein­lich­keit zu­min­dest dafür, dass die wech­seln­den Ar­beit­neh­mer oh­ne den Wett­be­werbs­ver­s­toß die Kündi­gung zöger­li­cher bzw. zu ei­nem späte­ren Zeit­punkt aus­ge­spro­chen hätten. Sie wären auf­grund der ein­zu­hal­ten­den Kündi­gungs­fris­ten später aus­ge­schie­den und hätten länger für die Kläge­rin tätig sein können. Es kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass die­se Umstände das Be­triebs­er­geb­nis im po­si­ti­ven Sinn be­ein­flusst hätten.

3. Der An­spruch der Kläge­rin auf Er­satz des wett­be­werbs­wid­ri­gen Ver­hal­tens gemäß § 9 Abs.1 UWG, § 823 BGB schei­tert je­doch dar­an, dass nicht be­zif­fer­bar ist und be­zif­fert wer­den kann, wel­cher (Min­dest-)Scha­den der Kläge­rin durch das be­haup­te­te wett­be­werbs­wid­ri­ge Ver­hal­ten ent­stan­den ist. Die Kläge­rin hat un­ter Be­zug­nah­me auf die vor­ge­leg­ten Un­ter­la­gen ei­nen der Be­klag­ten zu­re­chen­ba­ren Ver­lust für das Jahr 2005 in Höhe von 27.700.000 € und für 2006 in Höhe von 18.678.000 € er­rech­net.

a) Die Scha­den­ser­mitt­lung rich­tet sich nach §§ 249 ff. BGB. Da die Na­tu­ral­re­sti­tu­ti­on hier nicht möglich er­scheint, kann der Geschädig­te ei­ne Entschädi­gung in Geld ver­lan­gen (§ 251 Abs. 1 BGB). Die Er­mitt­lung des Scha­dens er­folgt nach der sog. Dif­fe­renz­theo­rie. Für die Be­rech­nung des ent­gan­ge­nen Ge­winns nach § 252 Satz 1 BGB kommt es dar­auf an, in wel­cher Vermögens­la­ge der Geschädig­te stünde, wenn der zum Er­satz ver­pflich­ten­de Um­stand nicht ein­ge­tre­ten wäre. Da ei­ne ge­naue Be­stim­mung der Höhe des nach § 252 Satz 1 BGB ent­gan­ge­nen Ge­winns in der Re­gel nicht möglich ist, sieht das Ge­setz in § 252 Satz 2 BGB i.V.m. § 287 Abs. 2 BGB Be­wei­ser­leich­te­run­gen vor. Nach § 252 Satz 2 BGB gilt der Ge­winn als ent­gan­gen, der nach dem gewöhn­li­chen Lauf der Din­ge oder nach den be­son­de­ren Umständen, ins­be­son­de­re nach den ge­trof­fe­nen An­stal­ten und Vor­keh­run­gen, mit Wahr­schein­lich­keit er­war­tet wer­den konn­te.

 

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Nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Ge­richt im Fal­le des Streits über Scha­dens­ent­ste­hung und Scha­den­sum­fang hierüber un­ter Würdi­gung al­ler Umstände nach frei­er Über­zeu­gung zu ent­schei­den. Dem An­wen­dungs­be­reich des § 287 Abs. 1 ZPO un­ter­lie­gen da­mit so­wohl die Fest­stel­lung des Scha­dens als auch des­sen Höhe. Die Vor­schrift dehnt für die Fest­stel­lung der Scha­denshöhe das rich­ter­li­che Er­mes­sen über die Schran­ken des § 286 ZPO aus. Das Ge­setz nimmt in Kauf, dass das Er­geb­nis der Schätzung mit der Wirk­lich­keit viel­fach nicht übe­rein­stimmt (BAG Ur­teil vom 12.12.2007 – 10 AZR 97/07 -, EzA § 611 BGB 2002 Gra­ti­fi­ka­ti­on, Prämie Nr. 22 m.w.N.). Al­ler­dings soll die Schätzung möglichst na­he an die­se her­anführen. Da es für den Nach­weis ei­nes wett­be­werb­li­chen Scha­dens in der Na­tur der Sa­che lie­gen­de Be­weis­schwie­rig­kei­ten gibt, vor al­lem was die künf­ti­ge Ent­wick­lung des Geschäfts­ver­laufs be­trifft, sind al­ler­dings an die Dar­le­gun­gen der Min­dest­vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Schätzung wett­be­werb­li­chen Scha­dens kei­ne ho­hen An­for­de­run­gen zu stel­len (BAG Ur­teil vom 20.09.2006 – 10 AZR 439/05 – EzA § 10 BBiG Nr. 12 m.w.N.). Sie eröff­net al­ler­dings auch kei­ne Bil­lig­keits­haf­tung bzw. kei­ne willkürli­che Ent­schei­dung über den zu­zu­er­ken­nen­den Scha­den. Ei­ne Schätzung ist un­zulässig, wenn sie man­gels greif­ba­rer, vom Kläger vor­zu­tra­gen­der An­halts­punk­te „völlig in der Luft hängen würde“ und willkürlich wäre (vgl. u.a. BGH Ur­teil v. 23.10.1991 – XII ZR 144/90- NJW- RR 1992, 202-203; BGH Ur­teil v. 22.05.1084 – III ZR 18/83 – NJW 1984, Sei­te 2216-2219).

Für die Schätzung des Er­werbs­scha­dens ei­nes Ver­letz­ten müssen so­mit hin-rei­chen­de An­knüpfungs­tat­sa­chen dar­ge­legt wer­den. Der zu er­set­zen­de Scha­den setzt vor­aus, dass sich das wett­be­werbs­wid­ri­ge Ver­hal­ten kon­kret im Er­werb­s­er­geb­nis aus­ge­wirkt hat. Des­halb be­darf es grundsätz­lich der Dar­le­gung kon­kre­ter An­halts­punk­te für die Scha­den­ser­mitt­lung (vgl. BGH Ur­teil v. 20.10.2009 – VI ZB 53/08 – MDR 2010, 39-41 m.w.N.). Da­bei bie­tet § 252 Satz 2 BGB dem Geschädig­ten zwei Möglich­kei­ten der Scha­dens­be­rech­nung. Ei­ner­seits die abs­trak­te Me­tho­de, die vom re­gelmäßigen Ver­lauf im Han­dels­ver­kehr aus­geht, dass der Kauf­mann ge­wis­se Geschäfte im Rah­men sei­nes Ge­wer­bes tätigt und dar­aus Ge­winn er­zielt, und an­de­rer­seits die kon­kre­te Me­tho­de, bei der der Geschädig­te nach­weist, dass er durch die un­er­laub­te Hand­lung an der

 

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Durchführung be­stimm­ter Geschäfte ge­hin­dert wor­den ist und dass ihm we­gen Nicht­durchführ­bar­keit die­ser Geschäfte Ge­winn ent­gan­gen ist (BGH Ur­teil vom 30.05.2001 – VIII ZR 70/00 – DB 2001, 2189-2190 = NJW-RR 2001, 1542¬1543).

b) Nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer hat die Kläge­rin als in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­ge Par­tei kei­ne greif­ba­ren An­halts­punk­te dafür vor­ge­tra­gen, wel­cher Ge­winn nach dem gewöhn­li­chen Lauf der Din­ge oder nach den be­son­de­ren Umständen, ins­be­son­de­re nach den ge­trof­fe­nen An­stal­ten und Vor­keh­run­gen, mit Wahr­schein­lich­keit er­war­tet wer­den konn­te (vgl. § 252 Satz 2 BGB). In­so­fern brauch­te auch nicht wei­ter auf­geklärt zu wer­den, ob die vor­ge­tra­ge­nen ne­ga­ti­ven Be­triebs­er­geb­nis­se und ope­ra­ti­ven Ver­lus­te, die von der Be­klag­ten be­strit­ten wer­den, zu­grun­de ge­legt wer­den können.

aa) Mit dem Ar­beits­ge­richt ist da­von aus­zu­ge­hen, dass meh­re­re Fak­to­ren vor­lie­gen, die zum ei­nen das Aus­schei­den der Mit­ar­bei­ter, als auch die Be­triebs­er­geb­nis­se in den Jah­ren 2005 und 2006 be­ein­flusst ha­ben können. Es sind kei­ne aus­rei­chen­den Tat­sa­chen vor­ge­tra­gen, die es der Kam­mer ermögli­chen. zu schätzen, ob und in wel­chem Um­fang die ein­zel­nen Er­eig­nis­se für die ne­ga­ti­ven Er­geb­nis­se ver­ant­wort­lich sind. Ei­ne Schätzung würde da­mit un­zulässi­ger Wei­se ins Blaue er­fol­gen.
Zu den Er­eig­nis­sen, die nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer mit Wahr­schein­lich­keit die Be­triebs­er­geb­nis­se be­ein­flusst ha­ben können, gehört die In-ol­venz der Mut­ter­ge­sell­schaft der Kläge­rin, der X. Bau AG. Die­se be­fand sich 2004 in ei­ner schwe­ren wirt­schaft­li­chen Kri­se und stell­te am 01.02.2005 ei­nen An­trag auf Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens. Das In­sol­venz­ver­fah­ren wur­de am 01.04.2005 eröff­net. Die Kläge­rin war mit der X. Bau AG wirt­schaft­lich über ei­nen Cash-Pool ver­bun­den. Hier­bei han­delt es sich um un­strei­ti­ge Er­eig­nis­se.

Die Kläge­rin ist zwar der Auf­fas­sung, dass die­se Umstände auf die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung der Kläge­rin in den Jah­ren 2005 und 2006 kei­nen ne­ga­ti­ven Ein­fluss ge­habt ha­ben können, weil der Cash-Pool be­reits im De­zem­ber 2004 gekündigt wor­den sei, der In­sol­venz­ver­wal­ter am 03.02.2005 die Ab­kopp-

 

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lung der Kläge­rin von der Kon­zern­mut­ter­ge­sell­schaft durch ei­ge­ne Fi­nan­zie­rung mit­ge­teilt ha­be, die Deut­sche Bank am 05.02.2005 die Gewährung ei­nes Btriebs­mit­tel­kre­dit für die Kläge­rin an­ge­zeigt ha­be und der Ver­kauf der Kläge­rin an die T.-Grup­pe un­ter dem Vor­be­halt der Zu­stim­mung des Gläubi­ger­aus­schus­ses be­reits am 14.02.2005 in der Pres­se veröffent­licht wor­den sei. Dem kann aber nicht ge­folgt wer­den. Die­se Dar­le­gun­gen sind an­ge­sichts des La­ge­be­richts der Kläge­rin von 2005 nicht nach­voll­zieh­bar und wi­dersprüchlich. Hier­auf hat das Ar­beits­ge­richt mit zu­tref­fen­der Be­gründung hin­ge­wie­sen. In der Be­ru­fung hat die Be­klag­te kei­ne Umstände vor­ge­tra­gen, die zu ei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung führen. Ins­be­son­de­re kann der Auf­fas­sung nicht ge­folgt wer­den, dass den Äußerun­gen im La­ge­be­richt ein zu großes Ge­wicht bei­ge­mes­sen wur­de.
Le­dig­lich ergänzend wird aus­geführt, dass der La­ge­be­richt nach dem Be­richt über die Prüfung des Jah­res­ab­schlus­ses 2005 (Sei­te 2) die Kern­aus­sa­gen der Geschäftsführung der Ge­sell­schaft zur wirt­schaft­li­chen La­ge und zum Geschäfts­ab­lauf ein­sch­ließlich des Geschäfts­er­geb­nis­ses des Un­ter­neh­mens enthält. Auf die Auf­stel­lung un­ter Zif­fer B. wird Be­zug ge­nom­men („1. Er­neu­ter Rück­gang des bau­ge­werb­li­chen Um­sat­zes in 2005.; 2. In 2005 fan­den staat­li­che In­ves­ti­ti­ons­pro­gram­me im Markt­ge­biet von I. + X. noch kei­nen Nie­der­schlag; 3. Deut­li­cher Rück­gang der Bau­leis­tun­gen im Geschäfts­jahr 2005.; 4. Das Er­geb­nis der gewöhn­li­chen Geschäftstätig­keit in 2005 in Höhe von EUR ist in er­heb­li­chem Maße von Son­der­ein­flüssen ge­prägt.“).
Un­ter der Über­schrift „Geschäfts­er­geb­nis“ heißt es im La­ge­be­richt u.a. „ Das Er­geb­nis der gewöhn­li­chen Geschäftstätig­keit 2005 in Höhe von - 68,8 Mio. € ist in er­heb­li­chem Maße ge­prägt von in­di­rek­ten Aus­wir­kun­gen aus der In­sol­venz der ehe­ma­li­gen Mut­ter­ge­sell­schaft X.-Bau AG, ins­be­son­de­re von der Ver­un­si­che­rung der Bau­herr­schaft und wich­ti­gen Nach­un­ter­neh­mern so­wie mas­si­ver Ab­wan­de­rung und Ab­wer­bung von tech­ni­schem und kaufmänni­schem Führungs­per­so­nal und dem hier­mit ver­bun­de­nen Know-how. Mehr als die Hälf­te der Ver­lus­te des Geschäfts­jah­res sind auf die Ab­wer­tung von For­de­run­gen und lau­fen­den Pro­jek­ten durch An­pas­sung an die stren­ge­ren Grundsätze der Nach­trags­be­wer­tung der T.-Grup­pe ent­stan­den“. Un­ter der Über­schrift, „Er­trags­la­ge“ wird wie­der­um u.a. aus­geführt, „Für die ne­ga­ti­ve Un­ter­neh­mens­ent­wick­lung wa­ren ins­be­son­de­re die durch die In­sol­venz der X.- Bau AG ent­stan­de­nen Un-

 

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si­cher­hei­ten aus kon­zern­in­ter­nen Auf­trags­verhält­nis­sen zur X.-Bau-Grup­pe, Ab­wer­bung von Führungs­per­so­nal durch Wett­be­wer­ber, so­wie Nach­trags­be­rei­ni­gun­gen und Leis­tungs­kor­rek­tu­ren im Zu­ge des T.-Er­werbs ver­ant­wort­lich. Der Rück­gang der Ge­samt­leis­tung re­sul­tiert zum Teil aus der An­wen­dung der stren­ge­ren Grundsätze Nach­trags­be­wer­tung.... Zu­dem erhöhte sich der Ma­te­ri­al­auf­wand ins­be­son­de­re auf­grund der ungüns­ti­ge­ren Kon­di­tio­nen bei Nach­un­ter­neh­mern durch die In­sol­venz der Mut­ter­ge­sell­schaft X.-Bau AG so­wie ge­stie­ge­ner Prei­se auf den Roh­stoffmärk­ten“( Sei­te 4). Un­ter „Chan­cen und Ri­si­ken der künf­ti­gen Ent­wick­lung“, heißt es, „bei der öffent­li­chen Hand wuchs die Ver­un­si­che­rung in Be­zug auf die Aus­wer­tung von An­ge­bo­ten und Ver­ga­be von Auf­trägen ge­nau­so wie die An­zahl der Einsprüche ge­gen be­ab­sich­tig­te Ver­ga­ben. Dies hat zum Teil er­heb­li­che Verzöge­run­gen von Ver­ga­ben bis hin zu Auf­he­bung und von Aus­schrei­bun­gen vor al­lem bei Großpro­jek­ten zur Fol­ge“ (Sei­te 6).
Der Be­richt be­gründet folg­lich die Ver­lus­te mit ver­schie­de­nen Kau­sal­verläufen. Ei­ne ir­gend­wie ge­ar­te­te Be­wer­tung, wel­chen An­teil wel­cher Fak­tor an dem ne­ga­ti­ven Er­geb­nis hat, wird nicht vor­ge­nom­men.

bb) Darüber hin­aus hat die Be­klag­te wei­te­re Umstände dar­ge­tan, die dafür spre­chen, dass die wirt­schaft­li­che Kri­se nicht mit der fi­nan­zi­el­len Ab­kop­pe­lung von der Kon­zern­mut­ter bewältigt war und die Ar­beitsplätze 2005 bei der Kläge­rin aus Sicht der Ar­beit­neh­mer ge­ra­de nicht ge­si­chert wa­ren. Die Be­klag­te weist zu Recht auf die Äußerun­gen des Mehr­heits­ak­ti­onärs der T.-Grup­pe in ei­nem Führungs­kräfte­tref­fen am 18.02.2005 (Schrift­satz vom 09.06.2006, Bl. 252 ff d.A.) hin. Selbst wenn man berück­sich­tigt, dass die be­haup­ten Äußerun­gen, wie von der Kläge­rin vor­ge­tra­gen, aus dem Zu­sam­men­hang ge­ris­sen wur­den, können sie bei den Beschäftig­ten Un­si­cher­hei­ten über die zukünf­ti­ge Ent­wick­lung ih­res Un­ter­neh­mens hin­ter­las­sen und ihr Ver­hal­ten be­ein­flus­sen. Der Ver­kauf an die T.-Grup­pe war auch nicht un­mit­tel­bar nach der Veröffent­li­chung in der Pres­se am 14./15.02.2005 ab­ge­schlos­sen. Der Gläubi­ger­aus­schuss stimm­te dem Ver­kauf nach Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens am 06.04.2005 zu und die Ent­schei­dung EU-Kom­mis­si­on da­tiert vom 23.06.2005. Das Ver­fah­ren zog sich da­mit über meh­re­re Mo­na­te hin. Die Pres­se hat den Ver­kauf zwar po­si­tiv

 

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be­glei­tet (Spie­gel-on­line vom 15.02.2005 – Öster­rei­cher ret­ten 4100 Ar­beitsplätze). Es wird aber in dem Be­richt auch aus­drück­lich auf ei­nen er­heb­li­chen Ver­lust von Ar­beitsplätzen hin­ge­wie­sen. Die T. bestätigt zwar mit Schrei­ben vom 30.03.2005 (An­la­ge K12 zum Schrift­satz der Kläge­rin vom 23.06.2006) die von Herrn P. im obers­ten Führungs­kreis ge­trof­fe­nen Äußerun­gen, dass die Fach­kom­pe­tenz für die kom­ple­xen Großpro­jek­te in be­zeich­ne­ten Märk­ten be­ste­hen bleibt. Es wird aber auch dar­auf hin­ge­wie­sen, dass „die An­ge­bots­ho­heit re­gio­nal, pro­jekt­größen- und geschäfts­feld­abhängig ge­genüber der T. ab­ge­grenzt wird und ent­spre­chen­de, noch zu tref­fen­de Ver­ein­ba­run­gen den selbstständi­gen Sta­tus des Un­ter­neh­mens im Kon­zern­ver­bund si­cher­stel­len und in­ter­ne Kon­kur­renz im Ta­ges­geschäft aus­sch­ließen wer­den“. Dar­aus er­gibt sich, dass die Ab­gren­zung zu die­sem Zeit­punkt noch nicht ab­ge­schlos­sen war. An­ge­sichts die­ser Ge­samt­umstände spricht ei­ne er­heb­li­che Wahr­schein­lich­keit dafür, dass die Ver­lus­te auch auf die Vorgänge im Zu­sam­men­hang mit der In­sol­venz der Kon­zern­mut­ter und die wei­te­ren im La­ge­be­richt ge­nann­ten Fak­to­ren zurück­zuführen sind.

cc) Der Auf­fas­sung der Kläge­rin, dass der gel­tend ge­mach­te Scha­den mit der er­for­der­li­chen Wahr­schein­lich­keit al­lein durch das wett­be­werbs­wid­ri­ge Ver­hal­ten der Be­klag­ten ent­stan­den sind, ste­hen darüber hin­aus wei­te­re Umstände ent­ge­gen. Nach dem Vor­trag der Kläge­rin sind 54 bzw. 57 Mit­ar­bei­ter zur Be­klag­ten ge­wech­selt. Die Mit­ar­bei­ter sind un­ter Ein­hal­tung der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist aus­ge­schie­den, so­weit das Ar­beits­verhält­nis nicht vor­her auf­grund Kündi­gung der Kläge­rin oder durch Auf­he­bungs­ver­trag vor­her be­en­det wur­de. Mit Aus­nah­me ei­nes Aus­schei­dens auf­grund ei­ner be­rech­tig­ten frist­lo­sen Kündi­gung der Kläge­rin können der Be­klag­ten aber nicht oh­ne Wei­te­res Schäden zu­ge­rech­net wer­den, die durch ein vor­zei­ti­ges Aus­schei­den des Ar­beit­neh­mers un­ter Mit­wir­kung der Kläge­rin ent­stan­den sind. Es kommt hin­zu, dass die über­wie­gen­de Zahl die­ser zur Be­klag­ten wech­seln­den Mit­ar­bei­ter auf­grund der be­ste­hen­den Kündi­gungs­fris­ten erst in der zwei­ten Jah­reshälf­te 2005 aus­ge­schie­den sind. Ei­ne große Zahl hat das Ar­beits­verhält­nis zum 30.09.2005 oder später gekündigt (An­la­ge K 36 zum Schrift­satz der Kläge­rin vom 21.11.2007). Da­mit ha­ben die Ar­beits­verhält­nis­se der ge­wech­sel­ten Mit­ar­bei­ter den größten

 

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Teil des Jah­res mit der Kläge­rin fort­be­stan­den. Bis zum Zeit­punkt des Aus­schei­dens konn­te die an­ge­spro­che­ne Ak­qui­se durch­geführt und Auf­träge ab­ge­wi­ckelt wer­den. In­so­fern ist nicht nach­zu­voll­zie­hen, in­wie­weit der Ver­lust für das Jahr 2005 (Ab­wick­lung be­ste­hen­der Auf­träge) im We­sent­li­chen auf ihr Aus­schei­den zurück­zuführen ist, zu­mal die Ab­wick­lung von Auf­trägen zu ei­nem er­heb­li­chen Teil von den an­sons­ten nicht ge­wech­sel­ten ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer durch­geführt wor­den sein dürf­te. Et­was an­de­res könn­te zwar gel­ten, wenn die an­ge­ge­be­nen Ver­lus­te erst in den letz­ten Mo­na­ten des Jah­res ent­stan­den sind. In­so­fern fehlt es aber an ei­nem aus­rei­chen­den Vor­trag der Kläge­rin, der ei­ne ent­spre­chen­de Zu­ord­nung des Ge­winn­ver­lus­tes nach Zeit­ab­schnit­ten ermöglicht. Auch hin­sicht­lich der feh­len­den Ak­qui­semöglich­kei­ten er­gibt sich kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung, da sich die­se an­ge­sichts der Beschäfti­gung ei­nes Teils der Mit­ar­bei­ter bis zum drit­ten Quar­tal und noch länger erst zum Fol­ge­jahr aus­wir­ken konn­te.
Es darf auch nicht außer Acht ge­las­sen wer­den, dass die Kläge­rin nach ih­rem La­ge­be­richt 2005 (An­la­ge 5 Bl. 4) 2004 1.329 und 2005 1.101 Mit­ar­bei­ter beschäftigt hat. Es sind folg­lich ins­ge­samt 228 Mit­ar­bei­ter aus­ge­schie­den. Hier­von hat die Kläge­rin 70 Ar­beit­neh­mern der Nie­der­las­sung Mag­de­burg selbst gekündigt. Die Kläge­rin weist zwar dar­auf hin, dass durch das Aus­schei­den der Führungs­kräfte or­ga­ni­sa­to­ri­sche Maßnah­men durch geführt wer­den muss­ten. Dies ist aber nicht nach­voll­zieh­bar dar­ge­tan, da nach dem La­ge­be­richt 2005 die Fluk­tua­ti­on durch qua­li­fi­zier­te Mit­ar­bei­ter aus der Mut­ter­ge­sell­schaft oder ex­ter­ne Fach­kräfte kom­pen­siert wer­den konn­te. In­so­fern hätte auch die Auf­trags- und Beschäfti­gungs­si­tua­ti­on zeit­be­zo­gen im Ein­zel­nen erläutern wer­den
müssen.
Es kommt hin­zu, dass zwi­schen 2004 und 2005 ei­ne er­heb­li­che Zahl von Mit­ar­bei­tern zu an­de­ren Un­ter­neh­men ge­wech­selt oder aus sons­ti­gen Gründen aus­ge­schie­den sind. Es kann zwar nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass der Wech­sel der Mit­ar­bei­ter zur Be­klag­ten auch die Ent­schei­dung des ein oder an­de­ren be­ein­flusst hat, die Kläge­rin zu ver­las­sen. Es spricht je­doch nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer ei­ne eben­so große Wahr­schein­lich­keit dafür, dass der Wech­sel zu an­de­ren Un­ter­neh­men auf an­de­re Ur­sa­chen zurück­zuführen ist. Wenn man den Kläger­vor­trag berück­sich­tigt, brauch­ten sich die Mit­ar­bei­ter

 

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durch den Ver­kauf an die T.-Grup­pe und die in dem Zu­sam­men­hang er­schie­ne­nen in­ter­nen Veröffent­li­chun­gen und Pres­se­mit­tei­lun­gen ge­ra­de kei­ne Sor­gen mehr über den Be­stand und die Si­cher­heit ih­rer Ar­beitsplätze zu ma­chen. Sie hätten et­wa auf die Um­set­zung der Kündi­gung im Ein­ver­neh­men mit der Kläge­rin ver­zich­ten können. Durch den Weg­gang von Führungs­per­so­nal in den Nie­der­las­sun­gen er­ga­ben sich zu­dem für die ver­blei­ben­den Ar­beit­neh­mer neue Chan­cen und Auf­stiegsmöglich­kei­ten bei der Kläge­rin. Wenn wei­te­re Mit­ar­bei­ter aber trotz­dem die Kläge­rin ver­las­sen ha­ben, so kann dies nicht maßgeb­lich auf das Ver­hal­ten der Be­klag­ten zurück­geführt wer­den. Bezüglich der Ver­lus­te des Jah­res 2006 hat das Ar­beits­ge­richt zu­dem zu Recht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Kläge­rin im La­ge­be­richt 2005 un­ter der Über­schrift „Chan­cen und Ri­si­ken der künf­ti­gen Ent­wick­lung“ selbst auf­geführt hat, „Die we­sent­li­chen Fak­to­ren, die zum ne­ga­ti­ven Er­geb­nis in 2005 geführt ha­ben, sind für 2006 nicht zu er­war­ten. Die Fluk­tua­ti­on in den Di­rek­tio­nen konn­te durch qua­li­fi­zier­te Mit­ar­bei­ter aus der Mut­ter­ge­sell­schaft oder ex­ter­ne Fach­kräfte kom­pen­siert wer­den. Den geänder­ten An­for­de­run­gen im kaufmänni­schen Be­reich, be­dingt durch die Über­nah­me von Ver­wal­tungs­auf­ga­ben durch die BRVZ Bau-, Re­chen- und Ver­wal­tungs­zen­trum GmbH wur­de Rech­nung ge­tra­gen“. Dem kann die Kläge­rin nun nicht mit Er­folg ent­ge­gen hal­ten, dass die Aus­sa­gen auch im Hin­blick auf die Außen­wir­kung des Be­richts zu be­ur­tei­len sei­en. Es wird noch mal dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der La­ge­be­richt 2005 die Kern­aus­sa­gen erläutert. In­so­fern ist zunächst da­von aus­zu­ge­hen, dass der La­ge­be­richt un­ter Berück­sich­ti­gung der er­mit­tel­ten Er­geb­nis­se er­stellt wur­de. In je­dem Fall hätte es an­ge­sichts der Erklärun­gen ei­nes ge­naue­ren Vor­trags be­durft, war­um die Kom­pen­sa­ti­on trotz­dem nicht er­reicht wer­den konn­te.

dd) Die vor­ge­tra­ge­nen Ver­lus­te in den Nie­der­las­sun­gen können auch nicht mit der An­zahl der aus­ge­schie­de­nen Mit­ar­bei­ter nach­voll­zieh­bar erklärt wer­den. Die Nie­der­las­sun­gen hat­ten in den Jah­ren 2001 und 2002 er­heb­li­che Schwan­kun­gen zu ver­zeich­nen. Die von der Kläge­rin an­ge­ge­be­nen Ver­lus­te 2005, 2006 ra­gen zwar in be­son­de­rem Maße her­aus. In der Ver­gan­gen­heit war aber auch nicht die In­sol­venz der Kon­zern­mut­ter zu bewälti­gen. Es wir­ken sich zusätz­lich auch an­de­re Fak­to­ren, wie die all­ge­mei­ne Kon­junk­tur­ent­wick­lung, die

 

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Aus­schrei­bungs­dich­te in den be­trof­fe­nen Re­gio­nen, die Be­tei­li­gung an sol­chen Aus­schrei­bun­gen, die Lohn­kos­ten- und Ma­te­ri­al­preis­ent­wick­lung, so­wie die Qua­lität der Ar­beit und die Mo­ti­va­ti­on der Beschäftig­ten etc. auf die Be­triebs­er­geb­nis­se aus, wo­bei der Um­fang des Ein­flus­ses der Umstände nicht in je­dem Fall ei­ner Aufklärung zugäng­lich ist. Hier­auf hat das Ar­beits­ge­richt be­reits hin­ge­wie­sen. Es kommt hin­zu, dass die Be­klag­te zu Recht dar­auf ver­weist, dass nur schwer nach­voll­zieh­bar ist, dass fünf Weggänge in der Nie­der­las­sung N. zu ei­nem Ver­lust von 16 Mio. € und sechs Abgänge in der Nie­der­las­sung Frank­furt zu ei­nem Ver­lust von 10 Mio. € geführt ha­ben sol­len, während in der Nie­der­las­sung Dres­den der Weg­gang von 11 Mit­ar­bei­tern le­dig­lich zu ei­nem Ver­lust von 3 Mio. € geführt ha­ben soll. Hin­sicht­lich des Weg­gangs der Nie­der­las­sungs­lei­tung ist zu berück­sich­ti­gen, dass le­dig­lich in Düssel­dorf die tech­ni­sche und kaufmänni­sche Lei­tung zur Be­klag­ten ge­wech­selt ist, während in an­de­ren Nie­der­las­sun­gen nur der tech­ni­sche oder kaufmänni­sche Lei­ter bei der Kläge­rin aus­ge­schie­den sind und auch teil­wei­se er­setzt wur­den. Dres­den und Ber­lin/Bran­den­burg wa­ren in­so­weit von ei­nem Wech­sel zur Be­klag­ten nicht be­trof­fen. Die Be­klag­te hat zwar zu den Verände­run­gen in den ein­zel­nen Nie­der­las­sun­gen in der Be­ru­fung Stel­lung ge­nom­men. Es ver­blie­ben aber zu vie­le Umstände of­fen, um die Be­deu­tung der ein­zel­nen Fak­to­ren für die Ent­ste­hung des Scha­dens be­ur­tei­len zu können.

Nach al­le­dem feh­len auf­grund die­ser Ge­samt­umstände greif­ba­re An­halts­punk­te, die es ermögli­chen, den be­haup­te­ten Scha­den dem wett­be­werbs­wid­ri­gen Ver­hal­ten der Be­klag­ten zu­min­dest zu ei­nem be­stimm­ten Teil zu­zu­ord­nen. Die von der Be­klag­ten vor­ge­nom­me­ne abs­trak­te Scha­dens­be­rech­nung bie­tet da­mit kei­nen hin­rei­chen­den An­satz­punkt für ei­ne Schätzung ei­nes ihr durch das wett­be­werbs­wid­ri­ge Ver­hal­ten der Kläge­rin ent­stan­de­nen Scha­dens. In­so­fern hätte die Kläge­rin ei­nen Scha­den un­ter Berück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Verhält­nis­se in den ein­zel­nen Nie­der­las­sun­gen (u.a. Art, An­zahl, Ab­wick­lung der Auf­träge, An­zahl und Dau­er der Beschäfti­gung der Mit­ar­bei­ter) näher dar­le­gen müssen, um so­dann we­gen ein­zel­ner zu­letzt ver­blei­ben­der nicht be­stimm­ba­rer Größen ei­ne Schätzung zu ermögli­chen. Dar­an fehlt es.

 

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ee) Es kann auch kein Min­dest­scha­den un­ter Berück­sich­ti­gung des Pri­vat­gut­ach­tens (An­la­ge K 48) zu­ge­spro­chen wer­den. Nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer ist das Gut­ach­ten zur Er­mitt­lung ei­ner Wert­band­brei­te für den in­di­ka­ti­ven Wert des Hu­man­ka­pi­tals ei­ner be­stimm­ten Beschäfti­gungs­grup­pe der Kläge­rin nicht als Schätz­grund­la­ge ge­eig­net. Das Gut­ach­ten er­mit­telt an­hand von drei un­ter­schied­li­chen me­tho­di­schen Ansätzen ei­ne Band­brei­te mögli­cher Wer­te ei­nes Hu­man­ka­pi­tals. Es nimmt ei­ne in­di­ka­ti­ve Un­ter­neh­mens­be­wer­tung nach IDW S 1, ei­ne in­di­ka­ti­ve Hu­man­ka­pi­tal­be­wer­tung auf Er­trags­wert­ba­sis in Ana­lo­gie zu IDW S 5 und ei­ne in­di­ka­ti­ve Hu­man­ka­pi­tal­be­wer­tung auf Wie­der­be­schaf­fungs­kos­ten­ba­sis in Ana­lo­gie zu IDW S 5 vor. Das Ar­beits­ge­richt rügt zu Recht die un­zu­rei­chen­de Tat­sa­chen­ba­sis als Aus­gangs­punkt der Be­gut­ach­tung in Be­zug auf die An­zahl der berück­sich­tig­ten Mit­ar­bei­ter, die feh­ler­haf­te Prämis­se ei­ner planmäßigen Fort­ent­wick­lung des Geschäfts ent­spre­chend der Pla­nung vor der Ab­wer­bung trotz Vor­lie­gens mul­ti­fak­torel­len Ge­sche­hens, die Be­rech­nung des kon­kre­ten Hu­man­ka­pi­tal­werts in me­tho­di­scher Hin­sicht, so­wie die Be­rech­nung der im Band­brei­ten­ver­fah­ren zu­grun­de­ge­leg­ten Ober– und Un­ter­gren­zen. Die von der Be­klag­ten ein­ge­reich­te Stel­lung­nah­me zu dem Gut­ach­ten 25.05.2009 (Bl. 2547 ff d. A) stützt im Ein­zel­nen und nach­voll­zieh­bar die Kri­tik des Ar­beits­ge­richts. Die Be­ru­fungs­kam­mer schließt sich den in­halt­li­chen und me­tho­di­schen Kri­tik­punk­ten an und nimmt auf sie Be­zug. Den Dar­le­gun­gen ist die Kläge­rin in der Be­ru­fung nicht kon­kret ent­ge­gen­ge­tre­ten. Die Kläge­rin hat selbst nur dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es bei dem Gut­ach­ten nicht um die Er­fas­sung des ent­gan­ge­nen Ge­winns, son­dern um den Ver­such geht, sich mit be­triebs­wirt­schaft­li­chen Ansätzen ei­nem je­den­falls nach Auf­fas­sung der Kläge­rin ein­ge­tre­te­nen Sub­stanz­scha­den zu nähern.
Le­dig­lich ergänzend ist in Be­zug auf die Tat­sa­chen­ba­sis dar­auf hin­zu­wei­sen, dass aus­weis­lich der Auf­stel­lung der Be­klag­ten auch Mit­ar­bei­ter durch Auf­he­bungs­verträge aus­ge­schie­den sind. Auf­grund der Mit­wir­kung der Be­klag­ten dürf­ten sie nicht in die Be­wer­tung ein­fließen. Es wird bei der Ge­genüber­stel­lung der Un­ter­neh­mens­wer­te nicht berück­sich­tigt, dass ei­ni­ge der zur Be­klag­ten wech­seln­den Mit­ar­bei­ter erst im Jah­re 2006 bei der Be­klag­ten aus­ge­schie­den sind (An­la­ge K36). Un­abhängig da­von be­ste­hen auch an­ge­sichts der un­ter-

 

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schied­li­chen Auf­ga­ben und Funk­tio­nen der Mit­ar­bei­ter Be­den­ken, den An­teil der ab­ge­wor­be­nen Mit­ar­bei­ter am Über­ge­winn (HC-ROIs) ein­heit­lich zu be­wer­ten (342). Die Be­stim­mung der hu­man­ka­pi­tal­be­zo­gen Er­trags­größen ist nicht aus­rei­chend dar­ge­legt. So geht das Gut­ach­ten für die Be­rech­nung des Über­ge­winns für die Zu­kunft von ei­ner un­veränder­ten Fortführung des Geschäfts­be­triebs aus. Es wird die Er­geb­nis­pla­nung der Be­klag­ten ver­wandt, de­ren Grund­la­ge nicht erläutert wird. Es er­gibt sich auch nicht, dass die wei­ter ver­wen­de­ten Pa­ra­me­ter auf ge­si­cher­ten Er­kennt­nis­se be­ru­hen. Die in­di­ka­ti­ve Hu­man­be­wer­tung auf Wie­der­be­schaf­fungs­kos­ten­ba­sis kann auch nicht über­zeu­gen. Es wer­den Ef­fi­zi­enz­gra­de an­hand von Pa­ra­me­ter er­mit­telt, die auf An­ga­ben von Mit­ar­bei­ter zurück­zuführen sind, oh­ne dass erläutert wird, auf wel­chen Er­kennt­nis­quel­len sie be­ru­hen. Die im Gut­ach­ten ver­wen­de­ten Be­wer­tungs­pa­ra­me­ter sind da­mit teil­wei­se nicht ob­jek­ti­vier­bar und nach­voll­zieh­bar sind. Letzt­lich schei­det auch der als Ober­gren­ze der in­di­ka­ti­ven Wert­band­brei­te er­mit­tel­te Dif­fe­renz­be­trag der Un­ter­neh­mens­wer­te 2004 und und 2005 aus, da die Ent­wick­lung der Un­ter­neh­mens­wer­te, meh­re­re Ur­sa­chen ha­ben kann. Dar­auf weist auch das Gut­ach­ten hin. Ge­ra­de im vor­lie­gen­den Fall war es an­ge­zeigt, sol­che wei­te­ren Fak­to­ren in die Be­rech­nung mit ein­zu­be­zie­hen. Es ist al­ler­dings nicht er­kenn­bar, dass an­de­re Ur­sa­chen, wie die wirt­schaft­li­che Kri­se des Mut­ter­kon­zerns aus­rei­chend berück­sich­tigt wor­den wären. Nach al­le­dem ist das Gut­ach­ten nicht als Schätz­grund­la­ge für ei­nen Min­dest­scha­den ge­eig­net.

c) Der Kläge­rin konn­ten auch kei­ne Per­so­nal­ver­mitt­lungs­kos­ten in Höhe von 163.114,94 € als Min­dest­scha­den zu­ge­spro­chen wer­den. Dem Ar­beits­ge­richt ist zu fol­gen, dass die Ein­rei­chung der Rech­nun­gen über die an­ge­fal­le­nen Kos­ten und die teil­wei­se An­ga­be des Be­ra­tungs­auf­trags (u.a. Lei­ter Kal­ku­la­ti­on, Kal­ku­la­to­rin (Nach­wuchs­kraft usw.) genügt nicht. Dar­aus kann kein Be­zug zu dem ver­trags­wid­ri­gen Ver­hal­ten der Be­klag­ten her­ge­stellt wer­den. Wie be­reits aus­geführt, ha­ben die Mit­ar­bei­ter nicht nur zu un­ter­schied­li­chen Zei­ten gekündigt und sind auch zu un­ter­schied­li­chen Zei­ten aus dem Ar­beits­verhält­nis aus­ge­schie­den, son­dern sind auch zu an­de­ren Un­ter­neh­men ge­wech­selt. In­so­fern

 

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wäre ei­ne de­tail­lier­te An­ga­be er­for­der­lich ge­we­sen, wel­che Per­son mit wel­cher Qua­li­fi­ka­ti­on in wel­cher Nie­der­las­sung wann, durch wen er­setzt wor­den ist. Dar­an fehlt es.

d) Die Kläge­rin kann auch nicht die Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten als Min­dest­scha­den ver­lan­gen. Sie be­ru­hen auf Be­ra­tungs­leis­tun­gen, wel­che von den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin für den Zeit­raum 01.04.2005-31.12.2006 er­bracht wor­den sind (Rech­nun­gen An­la­ge K 43 zum Schrift­satz vom 27.11.2007). Un­abhängig da­von, dass aus­rei­chen­de An­halts­punk­te feh­len, um sie auch nur teil­wei­se dem wett­be­werbs­wid­ri­gen Ver­hal­ten der Be­klag­ten zu­ord­nen zu
können, steht dem An­spruch § 12 a Abs. 1 S. 1 ArbGG ent­ge­gen. Mit dem Ar­beits­ge­richt ist da­von aus­zu­ge­hen, dass nach die­ser Vor­schrift je­der Kos­ten­er­stat­tungs­an­spruch un­abhängig von sei­ner An­spruchs­grund­la­ge aus­ge­schlos­sen ist (BAG Ur­teil vom 27.10.2005 - 8 AZR 546/03- EzA § 4 TVG Aus­schluss­fris­ten Nr 180; Ger­mel­mann in Ger­mel­mann/ Mat­thes/ Prütting/ N./ Glöge § 12 a ArbGG Rd 8). Ei­ne Aus­nah­me gilt nur, wenn die Re­ge­lung sit­ten­wid­rig aus­ge­nutzt wird (Ger­mel­mann a.a.O. Rd. 11). Hierfür er­ge­ben sich kei­ne An­halts­punk­te.

e) Letzt­lich er­gibt sich auch kein An­spruch auf Er­stat­tung von Frei­stel­lungs­kos­ten oder Er­satz von Schäden, die durch die be­haup­te­te Löschung, Mit­nah­me und Nut­zung ih­rer Da­ten ent­stan­den ist. Es fehlt wei­ter­hin an ei­nem aus­rei­chen­den Sach­vor­trag, dass, bzw. wel­che Kos­ten durch das Ver­hal­ten der Be­klag­ten bzw. durch ab­ge­wor­be­ne Mit­ar­bei­ter ent­stan­den ist.

Nach al­le­dem hat­te die Kla­ge kei­nen Er­folg. Die Be­ru­fung war zurück­zu­wei­sen.

C. Die Kos­ten des oh­ne Er­folg ein­ge­leg­ten Rechts­mit­tels hat die Kläge­rin gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO und die Kos­ten der Streit­hel­fer zu 1), 2) und 3) gemäß § 101 Abs. 1 ZPO zu tra­gen. Die Streit­hel­fer sind nach Streit­verkündung durch die Be­klag­te mit Schrift­satz vom 01.07.2009, mit Schrift­satz vom 04.02.2010 (Streit­verkünde­ter zu 1)), mit Schrift­satz vom 19.02.2010

 

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(Streit­verkünde­ter zu 3) 19.02.2010 und mit Schrift­satz vom 19.02.2010 (Streit­verkünde­ter zu 2) dem Rechts­streit auf Sei­ten des Streit­verkünders bei­ge­tre­ten.

Gemäß § 101 Abs. 1 Halb­satz 1 ZPO hat die Kläge­rin auch die Kos­ten der Streit­hel­fer zu tra­gen, wenn sie wie im vor­lie­gen­den Fall die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen hat.

D. Die Kam­mer hat den ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­fra­gen grundsätz­li­che Be­deu­tung bei­ge­mes­sen und da­her gemäß § 72 Abs. 2 Nr.1, Abs. 1 ArbGG für die Kläge­rin die Re­vi­si­on an das Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­sen.

RECH­TSMIT­TEL­BE­LEH­RUNG

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der kla­gen­den Par­tei

R E V I S I O N

ein­ge­legt wer­den.

Für die be­klag­te Par­tei ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat schrift­lich beim

Bun­des­ar­beits­ge­richt

Hu­go-Preuß-Platz 1

99084 Er­furt

Fax: 0361 2636 2000

ein­ge­legt wer­den.

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss von ei­nem Be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

1. Rechts­anwälte,
2. Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,

 

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3. Ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der in Num­mer 2 be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

In den Fällen der Zif­fern 2 und 3 müssen die Per­so­nen, die die Re­vi­si­ons­schrift un­ter­zeich­nen, die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

Ei­ne Par­tei, die als Be­vollmäch­tig­ter zu­ge­las­sen ist, kann sich selbst ver­tre­ten.

* ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den.

 

Jan­sen 

No­vak 

Krey­mann

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