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HANDBUCH ARBEITSRECHT

Ar­beit auf Ab­ruf (Ab­ruf­ar­beit)

In­for­ma­tio­nen zum The­ma Ar­beit auf Ab­ruf (Ab­ruf­ar­beit): Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht
Handy und Autoschlüssel

Auf die­ser Sei­te fin­den Sie In­for­ma­tio­nen zu der Fra­ge, was Ar­beit auf Ab­ruf ist, un­ter wel­chen Um­stän­den Ar­beit­neh­mer zur Ab­ruf­ar­beit ver­pflich­tet sind und wel­che ge­setz­li­chen Gren­zen Ar­beit­ge­ber bei ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen über Ab­ruf­ar­beit be­ach­ten müs­sen. 

Im Ein­zel­nen fin­den Sie Hin­wei­se zu der Fra­ge, wel­che Vor­ga­ben § 12 Teil­zeit- und Be­fris­tungs­gestz (Tz­B­fG) zur wö­chent­li­chen und täg­li­chen Ar­beits­zeit und zur An­kün­di­gung von Ar­beits­ein­sät­zen fest­legt, und ob Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ei­ne Pflicht zur Ar­beit auf Ab­ruf be­grün­den kön­nen.

von Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, Ber­lin

Was ist Ar­beit auf Ab­ruf?

Ar­beit auf Ab­ruf be­deu­tet, dass Ar­beit­ge­ber die Ar­beits­leis­tung gemäß dem wech­seln­den Ar­beits­an­fall ver­lan­gen können und dass Ar­beit­neh­mer dem­ent­spre­chend fle­xi­bel ar­bei­ten müssen.

Das heißt: Die­se Wo­che sind - auf Wei­sung des Ar­beit­ge­bers - vie­le St­un­den zu ar­bei­ten, nächs­te Wo­che dafür we­ni­ger, und die dar­auf­fol­gen­de Wo­che muss man wie­der länger ar­bei­ten.

Die Ab­ruf­ar­beit be­trifft vor al­lem Teil­zeit­kräfte. Da­her ist die we­sent­li­che ge­setz­li­che Re­ge­lung zum The­ma Ar­beit auf Ab­ruf auch im Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG) ent­hal­ten, nämlich in § 12 Tz­B­fG.

Von wel­chen ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen weicht die Ab­ruf­ar­beit ab?

Ha­ben Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer ei­ne Ar­beit auf Ab­ruf ver­ein­bart, über­nimmt der Ar­beit­neh­mer ei­nen Teil des wirt­schaft­li­chen Ri­si­kos, das nach all­ge­mei­nen ar­beits­recht­li­chen Grundsätzen beim Ar­beit­ge­ber liegt. 

Denn im All­ge­mei­nen müssen Ar­beit­ge­ber - und nicht ih­re Beschäftig­ten - das Ri­si­ko tra­gen, dass es in­fol­ge ge­rin­ger Nach­fra­ge und/oder in­fol­ge be­trieb­lich-tech­ni­scher Pro­ble­me kei­ne sinn­vol­le Ver­wen­dung für die Ar­beits­leis­tun­gen im Be­trieb gibt.

Da Ar­beit­ge­ber die­ses sog. Wirt­schafts­ri­si­ko und auch das Be­triebs­ri­si­ko tra­gen, müssen sie

  • bei ei­ner geschäft­li­chen Flau­te (Wirt­schafts­ri­si­ko) und/oder
  • bei tech­ni­schen Be­triebsstörun­gen (Be­triebs­ri­si­ko)

ih­ren Ar­beit­neh­mern den Lohn auch dann be­zah­len, wenn nichts zu tun ist.

Das folgt aus § 615 Satz 3 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB). Die­se Vor­schrift ver­pflich­tet Ar­beit­ge­ber zur Lohn­zah­lung auch in Fällen des wirt­schaft­lich oder be­trieb­lich-tech­nisch be­ding­ten Ar­beits­aus­falls.

Ein­zel­hei­ten da­zu fin­den Sie auf die­ser Web­sei­te un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: An­nah­me­ver­zug des Ar­beit­ge­bers und un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: Vergütung bei Ar­beits­aus­fall.

§ 615 Satz 3 BGB ist zwar ei­ne Ar­beit­neh­mer­schutz­vor­schrift, doch kann sie durch ar­beits­ver­trag­li­che Re­ge­lun­gen bei­sei­te­ge­scho­ben wer­den, d.h. sie ist „ab­ding­bar“. Und ge­nau dies ge­schieht bei der Ver­ein­ba­rung von Ab­ruf­ar­beit.

Wann be­steht ei­ne Pflicht zur Ab­ruf­ar­beit?

Zur Ar­beit auf Ab­ruf ist im All­ge­mei­nen nie­mand ge­zwun­gen, auch kei­ne Teil­zeit­kraft, es sei denn, die­se Ar­beits­form ist im Ar­beits­ver­trag aus­drück­lich ge­re­gelt.

Oh­ne das ar­beits­ver­trag­li­che OK des Ar­beit­neh­mers geht hier im All­ge­mei­nen nichts. Denn Ab­ruf­ar­beit weicht - wie ge­sagt - von § 615 BGB und da­mit von dem recht­li­chen Grund­satz ab, dass der Ar­beit­ge­ber das Be­triebs- und das Wirt­schafts­ri­si­ko trägt.

Ei­ne wei­te­re Rechts­grund­la­ge für die Pflicht zur Ab­ruf­ar­beit kann in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung be­ste­hen. Hier hat der Be­triebs­rat auch ein Mit­be­stim­mungs­recht auf der Grund­la­ge von § 87 Abs.1 Nr.2 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG).

Wel­che ge­setz­li­chen Gren­zen gel­ten für die Ar­beit auf Ab­ruf?

Gemäß § 12 Abs.1 und Abs.2 Tz­B­fG gel­ten zu­guns­ten der Ar­beit­neh­mer ei­ni­ge Gren­zen für die Ab­ruf­ar­beit, da­mit Ar­beit­ge­ber die­se Form der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung nicht all­zu sehr in An­spruch neh­men.

Die­ser ge­setz­li­che Schutz wur­de zum 01.01.2019 er­wei­tert, und zwar durch Art.1 des "Ge­set­zes zur Wei­ter­ent­wick­lung des Teil­zeit­rechts - Einführung ei­ner Brücken­teil­zeit" (Ge­setz vom 11.12.2018, BGBl. I S.2384). Wir be­rich­te­ten darüber in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 18/257 Brücken­teil­zeit gemäß § 9a Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG).

Nach dem der­zeit (seit An­fang 2019) gel­ten­den § 12 Abs.1 und Abs.3 Tz­B­fG gel­ten fol­gen­de Schutz­vor­schrif­ten bei ei­ner ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ar­beit auf Ab­ruf:

  • Die ar­beits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung über die Ar­beit auf Ab­ruf muss ei­ne be­stimm­te Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit und ei­ne be­stimm­te Dau­er der tägli­chen Ar­beits­zeit fest­le­gen. Ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung kann z.B. lau­ten, dass sech­zehn St­un­den pro Wo­che ge­ar­bei­tet wer­den soll bei min­des­tens vier St­un­den pro Tag.
  • Wenn die Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit - ent­ge­gen die­ser ge­setz­li­chen Vor­schrift - nicht ver­trag­lich fest­ge­legt ist, d.h. für den Fall des Ge­set­zes­ver­s­toßes, gilt ei­ne wöchent­li­che Ar­beits­zeit von 20 St­un­den als ver­ein­bart (bis En­de 2018 lag die­se wöchent­li­che Min­dest­ar­beits­zeit bei zehn St­un­den).
  • Wenn die Dau­er der tägli­chen Ar­beits­zeit - ent­ge­gen dem Ge­setz bzw. für den Fall des Ge­set­zes­ver­s­toßes - nicht fest­ge­legt ist, hat der Ar­beit­ge­ber die Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers täglich je­weils für min­des­tens drei auf­ein­an­der fol­gen­de St­un­den ab­zu­ru­fen.
  • Außer­dem ist der Ar­beit­neh­mer nur dann zur Ar­beits­leis­tung ver­pflich­tet, wenn der Ar­beit­ge­ber ihm die La­ge sei­ner Ar­beits­zeit je­weils min­des­tens vier Ta­ge im Vor­aus mit­teilt, d.h. es gilt ei­ne ge­setz­li­che Ankündi­gungs­frist von vier Ta­gen.

Kann die ge­setz­li­che Min­dest­dau­er von 20 St­un­den pro Wo­che und/oder von drei St­un­den pro Tag im Ar­beits­ver­trag un­ter­schrit­ten wer­den?

Ja, das ist recht­lich möglich.

BEISPIEL: Ein Ar­beits­ver­trag zwi­schen ei­nem Tex­til­dis­coun­ter und ei­ner Aus­hilfs­kraft sieht vor, dass die Aus­hilfs­kraft min­des­tens acht St­un­den pro Wo­che ar­bei­ten muss, und zwar an den Ta­gen von Diens­tag bis Frei­tag je­weils ab 15:00 Uhr bis in den Abend hin­ein, falls der Ar­beit­ge­ber die Aus­hilfs­kraft ent­spre­chend dem Ar­beits­an­fall zur Ar­beit ein­be­stellt. Als Min­dest­ar­beits­zeit pro Ein­satz­tag sind zwei St­un­den ver­trag­lich ver­ein­bart.

Dann kann der Ar­beit­ge­ber die Aus­hilfs­kraft im Lau­fe ei­ner Wo­che z.B. am Diens­tag gar nicht, am Mitt­woch für zwei St­un­den, am Don­ners­tag für zwei St­un­den und am Frei­tag für vier St­un­den zur Ar­beit ein­be­stel­len.

Wel­che Gren­zen gel­ten bei der Ab­wei­chung von ei­ner ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Min­dest­ar­beits­zeit und von ei­ner ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Höchst­ar­beits­zeit?

Ar­beits­verträge mit ei­ner Pflicht zur Ab­ruf­ar­beit le­gen die wöchent­li­che Ar­beits­zeit oft als ei­ne be­stimm­te Min­destar­beits­zeit fest ("min­des­tens zehn St­un­den pro Wo­che", "acht Min­destab­ruf­stun­den"). Dann stellt sich die Fra­ge, wie weit darüber hin­aus­ge­hend Ar­beit ab­ge­ru­fen wer­den darf.

Die um­ge­kehr­te Fra­ge stellt sich, wenn der Ver­trag vor­sieht, dass nur ei­ne be­stimm­te Höchstar­beits­zeit ab­ge­ru­fen wer­den kann: Dann ist nicht ge­re­gelt, wie weit die ab­ge­ru­fen Ar­beit un­ter­halb die­ser Höchst­ar­beits­zeit blei­ben kann.

Auch an die­ser Stel­le bringt das Brücken­teil­zeit­ge­setz vom 11.12.2018 (BGBl.I, S.2384) ei­ne  klar­stel­len­de Ge­set­zesände­rung. In § 12 Abs.2 Tz­B­fG (neue Fas­sung) wer­den hier pro­zen­tua­le Gren­zen ein­geführt. Die­se Vor­schrift lau­tet:

"Ist für die Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit nach Ab­satz 1 Satz 2 ei­ne Min­dest­ar­beits­zeit ver­ein­bart, darf der Ar­beit­ge­ber nur bis zu 25 Pro­zent der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit zusätz­lich ab­ru­fen. Ist für die Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit nach Ab­satz 1 Satz 2 ei­ne Höchst­ar­beits­zeit ver­ein­bart, darf der Ar­beit­ge­ber nur bis zu 20 Pro­zent der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit we­ni­ger ab­ru­fen."

Da­nach gilt:

  • Wenn ar­beits­ver­trag­lich ei­ne wöchent­li­che Min­dest­ar­beits­zeit ver­ein­bart ist,  darf der Ar­beit­ge­ber nur bis zu 25 Pro­zent der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit zusätz­lich ab­ru­fen.
  • Wenn ar­beits­ver­trag­lich ei­ne wöchent­li­che Höchst­ar­beits­zeit ver­ein­bart ist, darf der Ar­beit­ge­ber nur bis zu 20 Pro­zent der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit we­ni­ger ab­ru­fen.

Die­se zum 01.01.2019 in Kraft ge­tre­te­ne Ge­set­zesände­rung hat die ar­beits­ge­richt­li­che Recht­spre­chung über­nom­men, die be­reits zu­vor die­se Gren­zen fest­ge­legt hat­te. In die­sem Sin­ne hat­ten be­reits das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Ber­lin (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 12.05.2009, 7 Sa 201/09) und das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) ent­schie­den (BAG, Ur­teil vom 09.07.2008, 5 AZR 810/07).

Was ist, wenn bei Ar­beit auf Ab­ruf kei­ne wöchent­li­che oder tägli­che Ar­beits­zeit ver­ein­bart ist: Gel­ten dann im­mer die ge­setz­li­chen 20 Min­dest­stun­den pro Wo­che und die drei Min­dest­stun­den pro Tag?

Ei­gent­lich gibt für die­sen Fall die o.g. ein­deu­ti­ge ge­setz­li­che Re­ge­lun­gen, die in § 12 Abs.1 Satz 3 und 4 Tz­B­fG ent­hal­ten sind. Hier heißt es:

"Wenn die Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit nicht fest­ge­legt ist, gilt ei­ne Ar­beits­zeit von 20 St­un­den als ver­ein­bart. Wenn die Dau­er der tägli­chen Ar­beits­zeit nicht fest­ge­legt ist, hat der Ar­beit­ge­ber die Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers je­weils für min­des­tens drei auf­ein­an­der fol­gen­de St­un­den in An­spruch zu neh­men."

Al­ler­dings macht die Recht­spre­chung von die­ser Re­gel ei­ne Aus­nah­me zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers.

Denn wenn Ar­beit­neh­mer in der Ver­gan­gen­heit re­gelmäßig länger als 20 St­un­den pro Wo­che und/oder re­gelmäßig mehr als drei St­un­den am Tag ge­ar­bei­tet ha­ben, würden sich die ge­setz­li­chen Min­dest­stun­den zu ih­rem Nach­teil aus­wir­ken. Das soll nicht sein.

Falls der Ar­beits­ver­trag kei­ne Ar­beits­zei­ten fest­legt, kommt es da­her in ers­ter Li­nie auf die durch­schnitt­li­che wöchent­li­che und/oder tägli­che Ar­beits­zeit an, die der Ar­beit­neh­mer bis­her tatsächlich ge­ar­bei­tet hat. 

BEISPIEL: Der Ar­beits­ver­trag ver­pflich­tet den Ar­beit­neh­mer zur Ab­ruf­ar­beit, legt aber kei­ne wöchent­li­che und tägli­che Ar­beits­zeit fest. Der Ar­beit­neh­mer ar­bei­tet ständig an fünf Ta­gen pro Wo­che, und zwar durch­schnitt­lich sechs St­un­den pro Tag.

In die­sem Bei­spiel wird die Ver­tragslücke, d.h. das Feh­len ei­ner ver­trag­li­chen Fest­le­gung der wöchent­li­chen und tägli­chen Ar­beits­zeit, so ge­schlos­sen, dass der Ar­beit­neh­mer Beschäfti­gung und Be­zah­lung im bis­he­ri­gen durch­schnitt­li­chen Um­fang ver­lan­gen kann. Hier im Bei­spiel gilt da­her ein 30-St­un­den-Ver­trag.

Was pas­siert, wenn Ar­beit­ge­ber die Ankündi­gungs­frist von vier Ta­gen nicht ein­hal­ten?

Nach dem Ge­setz müssen Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer nicht bei der Ar­beit er­schei­nen, wenn ih­nen die Ein­satz­zei­ten nicht min­des­tens vier Ta­ge vor­ab mit­ge­teilt wer­den. Da­zu heißt es in § 12 Abs.3 Tz­B­fG

"Der Ar­beit­neh­mer ist nur zur Ar­beits­leis­tung ver­pflich­tet, wenn der Ar­beit­ge­ber ihm die La­ge sei­ner Ar­beits­zeit je­weils min­des­tens vier Ta­ge im Vor­aus mit­teilt."

Ein Ver­s­toß ge­gen die Ankündi­gungs­frist hat kei­ne recht­li­chen Kon­se­quen­zen, wenn der Ar­beit­neh­mer trotz ei­ner zu kur­zen Ankündi­gungs­frist „brav“ zur Ar­beit kommt. 

Die ge­leis­te­te Ar­beits­zeit ist natürlich zu be­zah­len, aber  es gibt kei­nen Zu­schlag für die Verkürzung der Ankündi­gungs­frist. 

Auch von der Ge­wer­be­auf­sicht ha­ben Ar­beit­ge­ber in ei­nem sol­chen Fall nichts zu befüch­ten, denn § 12 Abs.2 Tz­B­fG ist nicht durch Bußgeld­vor­schrif­ten oder Ähn­li­ches ab­ge­si­chert.

Hat der Be­triebs­rat ein Mit­be­stim­mungs­recht beim The­ma Ab­ruf­ar­beit?

Nach ei­nem Ur­teil des BAG aus dem Jah­re 1988 kann der Be­triebs­rat gemäß § 87 Abs.1 Nr.2 Be­trVG bei Ab­ruf­ar­beit über fol­gen­de Fra­gen mit­be­stim­men (BAG, Be­schluss vom 28.09.1988, 1 ABR 41/87):

  • Ent­schei­dung darüber, ob Teil­zeit­kräfte zu fes­ten Zei­ten oder aber nach Be­darf beschäftigt wer­den sol­len (= Einführung und/oder Ab­schaf­fung von Ar­beit auf Ab­ruf)
  • Kon­kre­te Aus­ge­stal­tung der Ar­beit auf Ab­ruf, d.h. die ma­xi­ma­le und mi­ni­ma­le Her­an­zie­hungs­zeit von Ab­ruf­ar­beit­neh­mern pro Tag

Nicht mit­zu­be­stim­men hat der Be­triebs­rat al­ler­dings nach die­ser BAG-Ent­schei­dung über die ein­zel­nen Ar­beits­ab­ru­fe.

Wie ist die Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall bei Ab­ruf­ar­beit zu be­rech­nen?

Für die Lohn­fort­zah­lung im Krank­heits­fall schreibt § 12 Abs.4 Tz­B­fG seit An­fang 2019 vor, dass es auf die fak­ti­sche Ar­beits­zeit und die fak­ti­sche Be­zah­lung an­kommt und nicht et­wa auf die ver­trag­li­che ver­ein­bar­te Ar­beits­zeit. Denn die ver­ein­bar­te Ar­beits­zeit ist oft ge­rin­ger und würde sich zu Un­guns­ten des Ar­beit­neh­mers aus­wir­ken, d.h. zu ei­ner zu ge­rin­gen Ent­gelt­fort­zah­lung führen.

Gemäß § 12 Abs.4 Tz­B­fG gel­ten fol­gen­de Re­geln:

  • Die Ent­gelt­fort­zah­lung wird auf der Grund­la­ge der durch­schnitt­li­che Ar­beits­zeit der letz­ten drei Mo­na­te vor Be­ginn der Ar­beits­unfähig­keit be­rech­net.
  • Hat das Ar­beits­verhält­nis noch kei­ne drei Mo­na­te be­stan­den, kommt es auf die durch­schnitt­li­che Ar­beits­zeit die­ses kürze­ren Zeit­raums an.
  • Zei­ten von Kurz­ar­beit, un­ver­schul­de­ter Ar­beits­versäum­nis, Ar­beits­ausfällen und Ur­laub blei­beb außer Be­tracht, d.h. sie wir­ken sich nicht an­spruchs­min­dernd aus.
  • Gel­ten für den Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­re Re­ge­lun­gen zur Be­rech­nung der Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall, z.B. gemäß ei­nem Ta­rif­ver­trag, fin­den die­se Re­ge­lun­gen An­wen­dung.

§ 12 Abs.4 Tz­B­fG lau­tet:

"Zur Be­rech­nung der Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall ist die maßge­ben­de re­gelmäßige Ar­beits­zeit im Sin­ne von § 4 Ab­satz 1 des Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­set­zes die durch­schnitt­li­che Ar­beits­zeit der letz­ten drei Mo­na­te vor Be­ginn der Ar­beits­unfähig­keit (Re­fe­renz­zeit­raum). Hat das Ar­beits­verhält­nis bei Be­ginn der Ar­beits­unfähig­keit kei­ne drei Mo­na­te be­stan­den, ist der Be­rech­nung des Ent­gelt­fort­zah­lungs­an­spruchs die durch­schnitt­li­che Ar­beits­zeit die­ses kürze­ren Zeit­raums zu­grun­de zu le­gen. Zei­ten von Kurz­ar­beit, un­ver­schul­de­ter Ar­beits­versäum­nis, Ar­beits­ausfällen und Ur­laub im Re­fe­renz­zeit­raum blei­ben außer Be­tracht. Für den Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­re Re­ge­lun­gen zur Be­rech­nung der Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall fin­den An­wen­dung."

Wo fin­den Sie mehr zum The­ma Ar­beit auf Ab­ruf (Ab­ruf­ar­beit)?

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen, die Sie im Zu­sam­men­hang mit dem The­ma Ar­beit auf Ab­ruf (Ab­ruf­ar­beit) in­ter­es­sie­ren könn­ten, fin­den Sie hier:

Kom­men­ta­re un­se­res An­walts­teams zu ak­tu­el­len Fra­gen rund um das The­ma Ar­beit auf Ab­ruf (Ab­ruf­ar­beit) fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 20. Juni 2022

Was können wir für Sie tun?

Wenn Sie als Ar­beit­ge­ber ar­beits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen und/oder Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen zum The­ma Ab­ruf­ar­beit, Gleit­zeit, Über­stun­den oder Schicht­ar­beit rechts­si­cher ge­stal­ten oder vor­han­de­ne Ver­ein­ba­rung erst ein­mal nur an­wal­tich üb­rprü­fen las­sen wol­len, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Wir un­ter­stüt­zen Sie auch, wenn Sie als Ar­beit­neh­mer oder Be­triebs­rat Fra­gen zu Ab­ruf­ar­beit oder zur Dienst­plan­ge­stal­tung ha­ben und z.B. wis­sen möch­ten, ob bzw. un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ei­ne Ar­beits­pflicht be­steht und/oder mög­li­cher­wei­se auch ein An­spruch auf Be­zah­lung ge­leis­te­ter Über­stun­den.

Je nach La­ge des Fal­les und ent­spre­chend Ih­ren Wün­schen tre­ten wir nach au­ßen nicht in Er­schei­nung oder ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit der Ge­gen­sei­te.

Für ei­ne mög­lichst ra­sche und ef­fek­ti­ve Be­ra­tung be­nö­ti­gen wir fol­gen­de Un­ter­la­gen:

  • Ar­beits­ver­trag mit Re­ge­lung zur Ab­ruf­ar­beit (falls vor­han­den)
  • Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen
  • Lohn­ab­rech­nun­gen bzw. Ge­halts­mit­tei­lun­gen
  • Un­ter­la­gen / Be­le­ge für die ge­leis­te­ten Über­stun­den (falls vor­han­den)

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