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Was bringt das Fle­xi-Ren­ten­ge­setz?

Wer ne­ben der Ren­te hin­zu­ver­die­nen möch­te, hat ab 2017 bes­se­re Mög­lich­kei­ten: Ge­setz zur Fle­xi­bi­li­sie­rung des Über­gangs vom Er­werbs­le­ben in den Ru­he­stand und zur Stär­kung von Prä­ven­ti­on und Re­ha­bi­li­ta­ti­on im Er­werbs­le­ben (Fle­xi-Ren­ten­ge­setz)
Rentner und Jugendlicher an Laptop

26.10.2016. Der Bun­des­tag hat am 21.10.2106 mit den Stim­men der gro­ßen Ko­ali­ti­on das Fle­xi-Ren­ten­ge­setz be­schlos­sen. Das Ge­setz än­dert vor al­lem das Sechs­te Buch So­zi­al­ge­setz­buch (SGB VI) und soll den Über­gang vom Er­werbs­le­ben in die Ren­te viel­ge­stal­ti­ger und da­mit in­di­vi­du­el­ler ma­chen.

Auf­grund der Ge­set­zes­än­de­run­gen ha­ben äl­te­re Be­schäf­tig­te ab 2017 mehr Mög­lich­kei­ten als bis­her, den Be­zug ei­ner Ren­te und ei­ne wei­te­re Er­werbs­tä­tig­keit mit­ein­an­der zu kom­bi­nie­ren.

Ins­be­son­de­re wird es ein­fa­cher, ein Ein­kom­men aus Teil­zeit­ar­beit mit ei­ner vor­ge­zo­ge­nen oder vor­zei­tig in An­spruch ge­nom­me­nen Al­ters­ren­te zu kom­bi­nie­ren: Ge­setz zur Fle­xi­bi­li­sie­rung des Über­gangs vom Er­werbs­le­ben in den Ru­he­stand und zur Stär­kung von Prä­ven­ti­on und Re­ha­bi­li­ta­ti­on im Er­werbs­le­ben (Fle­xi-Ren­ten­ge­setz), Ent­wurf der Frak­tio­nen der CDU/SCU und SPD vom 27.09.2016.

Vor­ge­zo­ge­ne Ren­ten und vor­zei­ti­ge In­an­spruch­nah­me - was ist der­zeit beim Hin­zu­ver­dienst zu be­ach­ten?

Ak­tu­ell liegt die Re­gel­al­ters­gren­ze für die ge­setz­li­che Ren­te bei 65 Jah­ren und fünf Mo­na­ten, d.h. wer 1951 ge­bo­ren ist, kann im Jah­re 2016 mit 65 Jah­ren und fünf Mo­na­ten Re­gel­al­ters­ren­te be­an­spru­chen. Zwar legt § 35 Satz 2 Sechs­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch (SGB VI) die Al­ters­gren­ze ei­gent­lich auf stol­ze 67 Jah­ren fest, doch wird die­se vor ei­ni­gen Jah­ren be­schlos­se­ne "Ren­te mit 67" über ei­nen lan­gen Zeit­raum durch die stu­fen­wei­se An­he­bung des Ren­ten­al­ters ein­geführt. Da­her wird die Re­gel­al­ters­gren­ze von 67 Jah­ren erst­mals im Jahr 2031 für den Ge­bur­ten­jahr­gang 1964 voll zur An­wen­dung kom­men (§ 235 SGB VI).

Wer 35 Jah­re lang Beiträge ge­zahlt hat und da­her statt ei­ner nor­ma­len Re­gel­al­ters­ren­te ei­ne pri­vi­le­gier­te "Al­ters­ren­te für langjährig Ver­si­cher­te" be­an­tra­gen möch­te, muss der­zeit zwar eben­falls 65 Jah­re und fünf Mo­na­te alt sein (und 67 Jah­re im Jah­re 2031), doch kann er die Al­ters­ren­te für langjährig Ver­si­cher­te vor­zei­tig (mit Ab­schlägen) in An­spruch neh­men, nämlich schon mit 63 Jah­ren und da­mit lan­ge vor der Re­gel­al­ters­gren­ze (§ 236 SGB VI). Die­se Möglich­keit ha­ben "nor­ma­le" Rent­ner nicht, d.h. sie müssen bis zur Re­gel­al­ters­gren­ze ar­bei­ten.

Vor Er­rei­chen der Re­gel­al­ters­gren­ze, d.h. vor 65 Jah­ren und fünf Mo­na­ten (2016) bzw. vor 67 Jah­ren (2031), können auch schwer­be­hin­der­te Ar­beit­neh­mer in Ren­te ge­hen. Ei­ne Al­ters­ren­te für schwer­be­hin­der­te Men­schen kann man re­gulär mit 63 Jah­ren be­an­tra­gen und vor­zei­tig (mit Ab­schlägen) ab 60 Jah­ren (§ 236a SGB VI). Im Zu­ge der schritt­wei­sen Einführung der Re­gel­al­ters­ren­te mit 67 wer­den auch die­se bei­den Al­ters­gren­zen im Lau­fe der nächs­ten Jah­re schritt­wei­se an­ge­ho­ben, bis sie (für die Ge­burts­jahrgänge 1963) 64 Jah­re und zehn Mo­na­te (re­guläre Ren­te) bzw. 61 Jah­re und zehn Mo­na­te be­tra­gen (vor­zei­ti­ge In­an­spruch­nah­me).

Sch­ließlich können auch "be­son­ders langjährig Ver­si­cher­te" vor der Re­gel­al­ters­gren­ze in Ren­te ge­hen. Für sie wur­de vor ei­ni­gen Jah­ren die "Ren­te mit 63" ein­geführt (§ 236b SGB VI). Zwar wird die Al­ters­gren­ze von 63 Jah­ren für die Ge­burts­jahrgänge 1953 bis 1963 jähr­lich in Zwei­mo­nats­schrit­ten auf 64 Jah­re und zehn Mo­na­te an­ge­ho­ben, doch bleibt die Al­ters­gren­ze auch dann noch (im Jah­re 2027) un­ter der dann gel­ten­den Re­gel­al­ters­gren­ze.

Wer ei­ne vor­ge­zo­ge­ne Ren­ten­art be­zieht (Schwer­be­hin­der­ten­ren­te, "Ren­te mit 63") oder sich für ei­ne vor­zei­ti­ge In­an­spruch­nah­me sei­ner Ren­te ent­schei­det (das geht bei der Al­ters­ren­te für langjährig Ver­si­cher­te und bei der Schwer­be­hin­der­ten­ren­te), be­kommt be­reits vor der Re­gel­al­ters­gren­ze ei­ne Ren­te, so dass ein Hin­zu­ver­dienst ne­ben der Ren­te viel­leicht ei­ne at­trak­ti­ve Möglich­keit ist. Hier gel­ten al­ler­dings der­zeit kom­pli­zier­te Hin­zu­ver­dienst­gren­zen (§ 34 Abs.2 und 3 SGB VI), die durch das Fle­xi­ren­ten­ge­setz ver­ein­facht wer­den sol­len.

Die­se Ände­run­gen be­tref­fen Rent­ner, die die Re­gel­al­ters­gren­ze über­schrit­ten ha­ben, nicht, denn sie können sich oh­ne An­rech­nung ne­ben ih­rer Al­ters­ren­te noch et­was da­zu ver­die­nen. Hier gibt es kei­nen De­ckel­be­trag und der Zu­ver­dienst wird nicht mit der Al­ters­ren­te ver­rech­net.

Der­zeit beträgt die Hin­zu­ver­dienst­gren­ze bei ei­ner Voll­ren­te, die man vor der Re­gel­al­ters­gren­ze in An­spruch nimmt, mo­nat­lich 450,00 EUR (§ 34 Abs.3 Nr.1 SGB VI). Bei Teil­ren­ten gel­ten ver­schie­den ho­he Hin­zu­ver­dienst­gren­zen je nach­dem, ob man ei­ne Drit­tel­ren­te, ei­ne hälf­ti­ge Ren­te oder ei­ne Zwei­drit­tel­ren­te be­zieht (§ 34 Abs.3 Nr.2 SGB VI).

Vor­ge­zo­ge­ne Ren­ten und vor­zei­ti­ge In­an­spruch­nah­me - was ändert sich beim Hin­zu­ver­dienst?

In Zu­kunft soll die Kom­bi­na­ti­on von Ren­ten­be­zug und Hin­zu­ver­dienst in Teil­zeit­ar­beit er­leich­tert wer­den. Da­zu wird § 34 Abs.2 und 3 SGB VI wie folgt neu ge­fasst:

„(2) An­spruch auf ei­ne Ren­te we­gen Al­ters als Voll­ren­te be­steht vor Er­rei­chen der Re­gel­al­ters­gren­ze nur, wenn die ka­len­derjähr­li­che Hin­zu­ver­dienst­gren­ze von 6.300 Eu­ro nicht über­schrit­ten wird.

(3) Wird die Hin­zu­ver­dienst­gren­ze über­schrit­ten, be­steht ein An­spruch auf Teil­ren­te. Die Teil­ren­te wird be­rech­net, in­dem ein Zwölf­tel des die Hin­zu­ver­dienst­gren­ze über­stei­gen­den Be­tra­ges zu 40 Pro­zent von der Voll­ren­te ab­ge­zo­gen wird. Über­schrei­tet der sich da­bei er­ge­ben­de Ren­ten­be­trag zu­sam­men mit ei­nem Zwölf­tel des ka­len­derjähr­li­chen Hin­zu­ver­diens­tes den Hin­zu­ver­dienst­de­ckel nach Ab­satz 3a, wird der über­schrei­ten­de Be­trag von dem sich nach Satz 2 er­ge­ben­den Ren­ten­be­trag ab­ge­zo­gen. Der Ren­ten­an­spruch be­steht nicht, wenn der von der Ren­te ab­zu­zie­hen­de Hin­zu­ver­dienst den Be­trag der Voll­ren­te er­reicht."

Die Hin­zu­ver­dienst­gren­ze bei Be­zug ei­ner Voll­ren­te wird durch § 34 Abs.2 SGB VI (neue Fas­sung) künf­tig nicht mehr mo­nat­lich, son­dern jähr­lich fest­ge­legt und ent­spricht der Höhe nach 14 Mo­nats­bezügen à 450,00 EUR. Durch die ka­len­derjähr­li­che Hin­zu­ver­dienst­gren­ze soll ver­hin­dert wer­den, dass die Ren­te schon bei ei­ner ge­rin­gen Über­schrei­tung un­verhält­nismäßig stark gekürzt wird.

Nach § 34 Abs.3 SGB VI (neue Fas­sung) wird die Teil­ren­te in Zu­kunft un­abhängig von den bis­he­ri­gen drei star­ren Stu­fen be­rech­net, d.h. in­di­vi­du­ell. Der Re­chen­weg ist kom­pli­ziert und führt im Er­geb­nis da­zu, dass die Sum­me von Hin­zu­ver­dienst plus vor­ge­zo­ge­ner und/oder vor­zei­tig in An­spruch ge­nom­me­ner Ren­te das bis­he­ri­ge Ar­beits­ein­kom­men nicht über­steigt. Die­se Neu­re­ge­lung gilt nicht für Al­ters­ren­ten, son­dern auch für Ren­ten we­gen ver­min­der­ter Er­werbsfähig­keit.

In die­sem Zu­sam­men­hang wird die bis­he­ri­ge Ein­tei­lung der Teil­ren­ten in drei Stu­fen ge­ne­rell ab­ge­schafft. Nach dem neu­en § 42 Abs.2 SGB VI ist die Höhe der Teil­ren­te frei wähl­bar, muss da­bei aber min­des­tens zehn Pro­zent der Voll­ren­te be­tra­gen:

"(2) Ei­ne un­abhängig vom Hin­zu­ver­dienst gewähl­te Teil­ren­te beträgt min­des­tens 10 Pro­zent der Voll­ren­te. Sie kann höchs­tens in der Höhe in An­spruch ge­nom­men wer­den, die sich nach An­wen­dung von § 34 Ab­satz 3 er­gibt.“

Ver­si­che­rungs­pflicht beim Hin­zu­ver­dienst ne­ben ei­ner Al­ters­voll­ren­te

Wer ne­ben der Ren­te hin­zu­ver­dient, ist mit die­sem Ein­kom­men nach bis­he­ri­ger Rechts­la­ge ver­si­che­rungs­frei in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung, vor­aus­ge­setzt, es han­delt sich bei die­ser Ren­te um ei­ne Voll­ren­te we­gen Al­ters (§ 5 Abs.4 Nr.1 SGB VI - al­te Fas­sung). Wer da­ge­gen nur ei­ner Teil­ren­te be­kommt und sie durch ei­nen Hin­zu­ver­dienst auf­bes­sert, muss sich Ren­ten­ver­si­che­rungs­abzüge ge­fal­len las­sen.

Künf­tig un­ter­liegt auch ein Hin­zu­ver­dienst ne­ben ei­ner Al­ters­voll­ren­te der Ren­ten­ver­si­che­rungs­pflicht, al­ler­dings nur zeit­lich be­grenzt bis zur Re­gel­al­ters­gren­ze. Ein ver­si­che­rungs­frei­er Ne­ben­ver­dienst setzt da­her künf­tig im All­ge­mei­nen vor­aus,

  • dass man ei­ne Voll­ren­te we­gen Al­ters be­zieht und
  • die Re­gel­al­ters­gren­ze er­reicht hat.

§ 5 Abs.4 Satz 1 Nr.1 SGB VI (neue Fas­sung) lau­tet da­her, dass Per­so­nen ver­si­che­rungs­frei sind, die

"1. nach Ab­lauf des Mo­nats, in dem die Re­gel­al­ters­gren­ze er­reicht wur­de, ei­ne Voll­ren­te we­gen Al­ters be­zie­hen,".

Ergänzend da­zu können auch Hin­zu­ver­die­ner nach Er­rei­chen der Re­gel­al­ters­gren­ze künf­tig auf die Ver­si­che­rungs­frei­heit ih­res Hin­zu­ver­diens­tes ver­zich­ten. Da­zu wer­den in § 5 Abs.4 fol­gen­de Sätze 2 bis 4 ein­gefügt:

„Satz 1 gilt nicht für Beschäftig­te in ei­ner Beschäfti­gung, in der sie durch schrift­li­che Erklärung ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber auf die Ver­si­che­rungs­frei­heit ver­zich­ten. Der Ver­zicht kann nur mit Wir­kung für die Zu­kunft erklärt wer­den und ist für die Dau­er der Beschäfti­gung bin­dend. Die Sätze 2 und 3 gel­ten ent­spre­chend für selbständig Täti­ge, die den Ver­zicht ge­genüber dem zuständi­gen Träger der Ren­ten­ver­si­che­rung erklären.“

Hin­ter die­ser Wahlmöglich­keit steht § 172 Abs.1 Nr.1 SGB VI. Da­nach müssen Ar­beit­ge­ber bei Ar­beit­neh­mern, die we­gen ei­ner Al­ters­voll­ren­te mit ih­rem Hin­zu­ver­dienst ren­ten­ver­si­che­rungs­frei sind, den hälf­ti­gen Ar­beit­ge­ber­an­teil zur Ren­ten­ver­si­che­rung zah­len, wo­bei der da­durch "ver­si­cher­te" hin­zu­ver­die­nen­de Rent­ner da­von al­ler­dings kei­nen Vor­teil hat. Durch die Möglich­keit, auf die Ver­si­che­rungs­frei­heit zu ver­zich­ten, können die Be­zie­her ei­ne Al­ters­voll­ren­te künf­tig mit ih­rem Hin­zu­ver­dienst bis zur Re­gel­al­ters­gren­ze wei­te­re Ren­ten­an­wart­schaf­ten be­gründen. Für Ar­beit­ge­ber ist die­se Op­ti­on kos­ten­neu­tral, da sie ja in je­dem Fall den hälf­ti­gen Ar­beit­ge­ber-Ren­ten­an­teil abführen müssen.

Ergänzend da­zu können Ar­beit­neh­mer künf­tig früher und fle­xi­bler als bis­her Zu­satz­beiträge in die Ren­ten­kas­se ein­zah­len, um da­mit Ren­ten­ab­schläge aus­zu­glei­chen, die mit ei­ner (ge­plan­ten) vor­zei­ti­gen In­an­spruch­nah­me ei­ner Al­ters­ren­te ver­bun­den sind. Grund­la­ge sol­cher Zu­zah­lun­gen sind ent­spre­chen­de Ren­ten­auskünf­te, die man in die­sem Zu­sam­men­hang bis­her im All­ge­mei­nen erst ab 55 Jah­ren be­kam. Künf­tig sol­len Ver­si­cher­te schon ab 50 Jah­ren ei­ne ent­spre­chen­de Aus­kunft er­hal­ten. Grund­la­ge ist § 187a Abs.1a SGB VI (neue Fas­sung), wo­nach Ar­beit­neh­mer be­reits ab 50 Jah­ren ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se an ei­ner Ren­ten­aus­kunft ha­ben, mit der sie über die Höhe von Zu­zah­lun­gen in­for­miert wer­den.

Ent­las­tung der Ar­beit­ge­ber von Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rungs-Beiträgen für Hin­zu­ver­die­ner nach Er­rei­chen der Re­gel­al­ters­gren­ze

Wer die Re­gel­al­ters­gren­ze in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung er­reicht, d.h. ak­tu­ell (2016) älter als 65 Jah­re und fünf Mo­na­te ist, ist gemäß § 28 Abs.1 Nr.1 Drit­tes Buch So­zi­al­ge­setz­buch (SGB III) in der Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung ver­si­che­rungs­frei, d.h. er un­ter­liegt nicht der Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rungs­pflicht, wenn er sich et­was zu sei­ner Ren­te hin­zu­ver­dient.

Trotz­dem müssen Ar­beit­ge­ber, die sol­che Rent­ner beschäfti­gen, den (hälf­ti­gen) Ar­beit­ge­ber­an­teil zur Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung be­zah­len. Das folgt aus § 346 Abs.3 Satz 1 SGB III. Die be­trof­fe­nen Rent­ner ha­ben von die­ser Ab­ga­ben­zah­lung nichts, da sie al­ters­be­dingt nicht mehr in der Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung ver­si­chert sind.

Die­se Bei­trags­pflicht soll vorüber­ge­hend für fünf Jah­re bzw. bis En­de 2021 ent­fal­len, § 346 Abs.3 Satz 3 SGB III (neue Fas­sung). Da­durch soll es für Ar­beit­ge­ber fi­nan­zi­ell at­trak­ti­ver wer­den, älte­re Ar­beit­neh­mer zu beschäfti­gen.

Präven­ti­on und Re­ha­bi­li­ta­ti­on

Schon nach der der­zeit gel­ten­den Ge­set­zes­la­ge ha­ben Teil­ha­be­leis­tun­gen Vor­rang vor Ren­ten­leis­tun­gen, § 9 SGB Abs.1 Satz 2 VI. Be­vor Ar­beit­neh­mer we­gen Krank­heit oder Be­hin­de­rung aus dem Er­werbs­le­ben aus­schei­den und Ren­te be­zie­hen, sol­len Maßnah­men ge­trof­fen oder je­den­falls er­probt wer­den, um mit ih­rer Hil­fe ei­ne wei­te­re Er­werbstätig­keit zu ermögli­chen. Hier­un­ter fal­len Leis­tun­gen zur me­di­zi­ni­schen Re­ha­bi­li­ta­ti­on, zur Teil­ha­be am Ar­beits­le­ben und ergänzen­de Leis­tun­gen.

Die­se Leis­tun­gen sol­len wei­ter aus­ge­baut wer­den. Der­zeit ha­ben die Ver­si­che­rungs­träger hier noch ein Er­mes­sen, d.h. es han­delt sich um Kann-Leis­tun­gen, denn § 9 Abs.2 SGB VI lau­tet der­zeit:

"Die Leis­tun­gen nach Ab­satz 1 können er­bracht wer­den, wenn die persönli­chen und ver­si­che­rungs­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen dafür erfüllt sind."

Der neu ge­fass­te § 9 SGB Abs.2 VI sieht die­se Leis­tun­gen dem­ge­genüber als Pflicht­leis­tun­gen vor. Die­se Vor­schrift lau­tet künf­tig:

"Die Leis­tun­gen nach Ab­satz 1 sind zu er­brin­gen, wenn die persönli­chen und ver­si­che­rungs­recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen dafür erfüllt sind."

Außer­dem sol­len die ein­zel­nen Leis­tun­gen ge­nau­er als bis­her ge­re­gelt wer­den. Die Leis­tun­gen zur Präven­ti­on, Kin­der­re­ha­bi­li­ta­ti­on und zur Nach­sor­ge, die der­zeit al­le in § 31 SGB VI als "sons­ti­ge Leis­tun­gen" ge­re­gelt sind, wer­den in ei­genständi­gen Vor­schrif­ten ausführ­li­cher ge­re­gelt (§§ 14, 15a und 17 SGB VI - neue Fas­sung). Das be­trifft z.B. be­rufs­be­zo­ge­ne Un­ter­su­chun­gen, die künf­tig aus­drück­lich im Ge­setz ge­nannt wer­den.

Stel­lung­nah­men

Wie al­le so­zi­al­recht­li­chen Ge­set­zesände­run­gen ist auch die Fle­xi-Ren­te um­strit­ten.

Die Frak­ti­on DIE LIN­KE lehnt die Ände­run­gen ab und for­dert al­ter­na­ti­ve Re­ge­lun­gen, um da­mit älte­re Ar­beit­neh­mer bis zum Er­rei­chen der Re­gel­al­ters­gren­ze in gu­ter und si­che­rer Beschäfti­gung ar­bei­ten könn­ten. Ins­be­son­de­re müsse, so die For­de­rung, die Her­auf­set­zung der Re­gel­al­ters­gren­ze auf 67 Jah­re ("Ren­te mit 67") zurück­ge­nom­men wer­den. Zu­gleich müss­ten er­leich­ter­te und fle­xi­ble­re Übergänge in ei­ne Al­ters­ren­te ge­schaf­fen würden. Un­be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se müss­ten wie­der die Re­gel wer­den, in­dem die im Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG) ent­hal­te­nen sach­grund­lo­sen Be­fris­tungsmöglich­kei­ten (§ 14 Abs.2, 2a und 3 Tz­B­fG) ge­stri­chen würden (Be­schluss­emp­feh­lung und Be­richt pp., vom 19.10.2016, Bun­des­tag Drucks.18/10065, S.3 f.).

Die Frak­ti­on BÜND­NIS 90/DIE GRÜNEN hält die Neu­re­ge­lun­gen für un­zu­rei­chend. Um fle­xi­ble und si­che­re Ren­tenübergänge zu ermögli­chen, müss­te die Beschäfti­gungs­si­tua­ti­on älte­rer Men­schen ver­bes­sert wer­den, et­wa durch ei­ne An­ti-Stress-Ver­ord­nung und durch ein be­trieb­li­ches Ge­sund­heits­ma­nage­ment. Per­so­nen mit ei­ner teil­wei­sen Er­werbs­min­de­rung müss­ten bes­ser auf Teil­zeit­ar­beitsplätze ver­mit­telt wer­den. Wer ei­ne Er­werbs­min­de­rungs­ren­te er­hal­te, dürfe beim Hin­zu­ver­dienst nicht durch Ab­schläge be­straft wer­den. Außer­dem wird ge­for­dert, die Her­auf­set­zung der Re­gel­al­ters­gren­ze bei Schwer­be­hin­der­ten­ren­te von 63 auf 65 Jah­re zurück­zu­neh­men (Be­schluss­emp­feh­lung und Be­richt pp., vom 19.10.2016, Bun­des­tag Drucks.18/10065, S.4.).

Die Ar­bei­ter­wohl­fahrt (AWO) be­grüßt das Ge­setz grundsätz­lich, hält es aber für un­zu­rei­chend. Nicht al­le Ver­si­cher­ten pro­fi­tie­ren von dem Ent­wurf, so die Kri­tik. Für Ver­si­cher­te, die we­gen ei­ner Er­werbs­min­de­rung nicht oder aus an­de­ren Gründen nur be­grenzt ar­bei­ten können, weist der Ent­wurf laut AWO kei­ne be­frie­di­gen­den Lösun­gen auf. Außer­dem müss­ten vie­le Beschäftig­te auch nach dem Ren­ten­ein­tritts­al­ter ihr Ein­kom­men auf­sto­cken. Die Chan­cen zur Wei­ter­ar­beit sei­en aber un­gleich ver­teilt (Stel­lung­nah­me des AWO Bun­des­ver­ban­des).

Der So­zi­al­ver­band Deutsch­land (SoVD) stimmt den Zie­len des Ge­set­zes­ent­wurfs zu, hält aber ei­ni­ge Re­ge­lun­gen für ver­fehlt. Die neu­en Vor­schrif­ten zum Hin­zu­ver­dienst bei Teil­ren­ten sei­en kei­ne Ver­ein­fa­chung, son­dern kom­pli­zier­ter als die al­ten. Ar­beit­neh­mer, die we­gen ge­sund­heit­li­cher Pro­ble­me oder ei­ner Be­hin­de­rung früher in Ren­te ge­hen müssen, würden im­mer noch nicht aus­rei­chend geschützt (SoVD, Stel­lung­nah­me vom 09.08.2016).

Fa­zit: Gu­te Ab­sich­ten, we­ni­ge Ver­bes­se­run­gen

Während Ar­beit­neh­mer mit körper­lich an­stren­gen­den Be­ru­fen oft schon lan­ge vor der Re­gel­al­ters­gren­ze aufhören müssen und da­her von Al­ters­ar­mut be­droht sind, würden an­de­re Ar­beit­neh­mer mit 65 Jah­ren und fünf Mo­na­ten ger­ne noch wei­ter­ar­bei­ten. Das Ziel, die Ver­ein­bar­keit von Ren­te und (Teil­zeit-)Beschäfti­gung ge­setz­lich zu ver­bes­sern, ist da­her sinn­voll und wird von al­len po­li­ti­schen La­gern ak­zep­tiert.

Die mit dem Fle­xi-Ren­ten­ge­setz be­schlos­se­nen Ände­run­gen sind al­ler­dings kaum ge­eig­net, die­ses Ziel zu er­rei­chen. Denn wie auch im­mer Hin­zu­ver­dienst­gren­zen bei der vor­ge­zo­ge­nen und/oder vor­zei­ti­ger Ren­te be­rech­net wer­den, ob nun ein­fach oder kom­pli­ziert - so­lan­ge die­se Gren­zen nicht deut­lich her­auf­ge­setzt oder so­gar völlig ab­ge­schafft wer­den, lohnt sich für Frührent­ner ei­ne wei­te­re Er­werbstätig­keit nur we­nig. Mit dem Pro­blem der Al­ters­ar­mut hat die­ses Reförm­chen da­her nichts zu tun.

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Letzte Überarbeitung: 13. November 2020

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