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Pflicht des Arbeitgebers zum Zustimmungsersetzungsverfahren?
05.05.2017. In Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmern braucht der Arbeitgeber die vorherige Zustimmung des Betriebsrats, wenn er einen Arbeitnehmer einstellen möchte (§ 99 Abs.1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG).
Mit Einstellung ist nicht der Abschluss eines Arbeitsvertrages gemeint, sondern die Einbindung eines neuen Kollegen in die betrieblichen Abläufe. Daher ist auch die der Einsatz von Leiharbeitnehmern zustimmungspflichtig, denn auch sie werden „eingestellt“, obwohl der Arbeitgeber mit ihnen keinen Vertrag hat.
Schwierig wird es für den Arbeitgeber, wenn er einen Arbeitnehmer aufgrund eines bereits bestehenden Arbeitsvertrages erstmals in einem Betrieb einsetzen (= einstellen) möchte, der Betriebsrat aber nein sagt. Dann kann er den Betriebsrat mit dem Ziel verklagen, dass das Gericht die verweigerte Zustimmung ersetzt (§ 99 Abs.4 BetrVG).
In einem aktuellen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bekräftigt, dass der Arbeitgeber zu einem solchen Prozess aber nicht verpflichtet ist, um den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers durchzusetzen, der von dem Veto des Betriebsrats betroffen ist: BAG, Urteil vom 21.02.2017, 1 AZR 367/15.
- Wann ist der Arbeitgeber zu einem gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren verpflichtet, um den Beschäftigungsanspruch eines Arbeitnehmers durchzusetzen?
- Streit im Spielcasino über die Einstellung eines Bereichsleiters für das „klassische Spiel“
- BAG: Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung, muss der Arbeitgeber ihn nicht verklagen, um den Beschäftigungsanspruch des abgelehnten Arbeitnehmers durchzusetzen
Wann ist der Arbeitgeber zu einem gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren verpflichtet, um den Beschäftigungsanspruch eines Arbeitnehmers durchzusetzen?
Im Allgemeinen kann der Arbeitgeber wie jedermann nach seinem Ermessen darüber entscheiden, ob er seine Rechte gerichtlich durchsetzen möchte oder nicht. Denn jeder Prozess ist mit Kosten und Nervenabrieb verbunden, so dass man sorgfältig überlegen sollte, ob sich ein solcher Schritt überhaupt lohnt.
Das gilt auch für den Fall, dass der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers unter Berufung auf die gesetzlichen Ablehnungsgründe (§ 99 Abs.2 BetrVG) verweigert hat, so dass der Arbeitgeber erst einmal an der Durchführung der Einstellung gehindert ist. Hier kann der Arbeitgeber abwägen, ob sich ein Prozess mit gegen den Betriebsrat lohnt oder ob er auf die Einstellung des von Betriebsrat abgelehnten Arbeitnehmers besser verzichten sollte.
Entscheidet sich der Arbeitgeber gegen einen Prozess, ist der vom Betriebsrat abgelehnte Arbeitnehmer der Dumme: Er kann in dem Betrieb nicht eingesetzt werden, und daher kann er entweder nicht vertragsgerecht beschäftigt werden oder muss eine Versetzung in einen anderen Betrieb und/oder eine andere Stadt auf sich nehmen.
Da die arbeitsvertraglichen Rechte des abgelehnten Arbeitnehmers in einer solchen Situation beeinträchtigt sind stellt sich die Frage, ob er vielleicht einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens gegen den Betriebsrat hat.
Einen solchen „Anspruch auf Führung eines Prozesses“ gibt es nach der Rechtsprechung des BAG nur in Ausnahmefällen, so z.B. dann, wenn der Arbeitgeber den gesetzlichen Anspruch eines schwerbehinderten Menschen auf behinderungsgerechte Beschäftigung (§ 81 Abs.4 Satz 1 Nr.1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX) erfüllen muss und die Ablehnungsgründe des Betriebsrats offensichtlich nur vorgeschoben sind. Denkbar ist auch, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer so spezielle arbeitsvertragliche Zusagen gemacht hat, dass er daran gebunden ist.
Aber genügt es für einen Anspruch auf Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens auch, wenn der Arbeitgeber die ablehnende Haltung des Betriebsrats dadurch provoziert hat, dass er eine zustimmungspflichtige Einstellung zunächst ohne Beteiligung des Betriebsrats (d.h. rechtswidrig) durchgeführt hat?
Streit im Spielcasino über die Einstellung eines Bereichsleiters für das „klassische Spiel“
Ende 2008 war bei einer Spielbank, die im Ruhrgebiet mehrere Casinos betreibt, die Versetzung eines "Bereichsleiters für das klassische Spiel“ in ein anderes Casino aus dem Ruder gelaufen. Denn die Spielbank nahm die Versetzung ohne Zustimmung des dortigen Betriebsrats vor, weil sie der (unzutreffenden) Meinung war, der Bereichsleiter sei ein leitender Angestellter.
Mit der bloßen Information über die Einstellung eines vermeintlichen leitenden Angestellten gemäß § 105 BetrVG wollte sich der Betriebsrat nicht zufrieden geben und leitete daher im Mai 2009 ein Verfahren gemäß § 101 BetrVG ein, d.h. er beantragte beim Arbeitsgericht Dortmund, der Spielbank aufzugeben, die Einstellung aufzuheben.
Das Verfahren lag dann einige Jahre lang auf Eis, weil zwischen der Spielbank und dem Bereichsleiter die Chemie nicht mehr stimmte und die Spielbank den Bereichsleiter ab März 2011 freistellte. Außerdem sprach sie in der Folgezeit mehrere Kündigungen aus, hatte damit aber vor Gericht keinen Erfolg. Nachdem der Bereichsleiter den Kündigungsschutzprozess im November 2013 rechtskräftig gewinnen konnte, verlangte er von der Spielbank, wieder vertragsgemäß eingesetzt zu werden.
Die Spielbank wollte es jetzt besser machen und bat den Betriebsrat um Zustimmung zur Einstellung, die dieser aber verweigerte, und zwar mit der Begründung, der Bereichsleiter werde den Betriebsfrieden voraussichtlich „durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs.1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung stören“ (§ 99 Abs.2 Nr.6 BetrVG).
Außerdem rief der Betriebsrat das ruhende Verfahren vor dem Arbeitsgericht Dortmund wieder auf und erreichte im Januar 2014 eine (rechtskräftige) Entscheidung zu seinen Gunsten. Damit stand fest, dass die Spielbank den Bereichsleiter in diesem Casino nicht beschäftigen durfte.
Parallel zu diesem Streit zwischen Spielbank und Betriebsrat versuchte der Bereichsleiter, seinen Anspruch auf Beschäftigung im gerichtlichen Eilverfahren zu erzwingen, scheiterte damit aber vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (Urteil vom 30.04.2014, 4 SaGa 6/14). Außerdem verklagte er im Hauptverfahren die Spielbank auf Beschäftigung als Bereichsleiter, hilfsweise auf Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens gegen den Betriebsrat.
Mit dieser Klage hatte er in der ersten Instanz zwar keinen Erfolg (Arbeitsgericht Dortmund, Urteil vom 08.05.2014, 3 Ca 5433/14) und auch das LAG Hamm entschied, dass die Spielbank nicht zur Beschäftigung verpflichtet war, da der Betriebsrat ja bereits ein rechtskräftiges Beschäftigungsverbot durchgesetzt hatte. Allerdings rieb das LAG Salz in die Wunden des Arbeitgebers und hielt stellte fest, dass er diese verfahrene Situation selbst herbeigeführt hatte. Daher sei er nach Treu und Glauben (§ 241 Abs.2, § 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) verpflichtet, ein Zustimmungsersetzungsverfahren gegen den Betriebsrat durchzuführen (LAG Hamm, Urteil vom 12.05.2015, 14 Sa 904/14).
BAG: Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung, muss der Arbeitgeber ihn nicht verklagen, um den Beschäftigungsanspruch des abgelehnten Arbeitnehmers durchzusetzen
Das BAG hob die Entscheidung des LAG Hamm auf und entschied gegen den Kläger. Zur Begründung heißt es:
Die vertragliche Nebenpflicht des Arbeitgebers, gemäß § 241 Abs.2 BGB Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitnehmers zu nehmen, beinhaltet im Allgemeinen nicht die Pflicht des Arbeitgebers, ein gerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen, wenn der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers verweigert hat. Unter Verweis auf die bisherige BAG-Rechtsprechung zu den (seltenen) Ausnahmen von dieser Regel kommt das BAG im vorliegenden Sachverhalt zu dem Ergebnis, dass ein solcher Ausnahmefall hier nicht vorliegt.
Denn letztlich wollte der Bereichsleiter mit dem Zustimmungsersetzungsverfahren die Feststellung erreichen, dass die vom Betriebsrat gegebenen Gründe für die Zustimmungsverweigerung haltlos waren. Das Zustimmungsersetzungsverfahren bezweckt aber, so das BAG, „keinen individualrechtlichen Schutz“. Es ist nicht darauf gerichtet, „etwaige aus Sicht des Arbeitnehmers vom Betriebsrat zu Unrecht gegen ihn erhobenen Vorwürfe richtig zu stellen“.
Fazit: Anstatt den Arbeitgeber darauf zu verklagen, dass er seinerseits gerichtlich gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG gegen den Betriebsrat vorgeht, sollten sich vom Betriebsrat abgelehnte Arbeitnehmer darauf konzentrieren, ihre eigentlichen vertraglichen Ansprüche gegen den Arbeitgeber durchzusetzen. Hier besteht zunächst ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn (§ 615 Satz 1 BGB) und außerdem ein Beschäftigungsanspruch, den der Arbeitgeber notfalls in einem anderen Betrieb und/oder durch Anpassung des Arbeitsvertrags erfüllen muss.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.02.2017, 1 AZR 367/15
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 12.05.2015, 14 Sa 904/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Anhörung des Betriebsrats
- Handbuch Arbeitsrecht: Annahmeverzug des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)
- Handbuch Arbeitsrecht: Beschäftigung, Beschäftigungsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Freistellung, Suspendierung
- Handbuch Arbeitsrecht: Leitender Angestellter
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Schwerbehinderung, schwerbehinderter Mensch
- Handbuch Arbeitsrecht: Versetzung
- Arbeitsrecht Aktuell: 20/081 Übertragung von Führungsaufgaben in Matrixorganisationen
- Arbeitsrecht aktuell: 20/050 Ernennung zum Vorgesetzten als Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/103 Anhörung des Betriebsrats nach der Einstellung?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/096 Betriebsrat: Mitbestimmung bei Einstellung
Letzte Überarbeitung: 6. Oktober 2020
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