HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

OLG Hamm, Ur­teil vom 19.06.2017, 8 U 18/17

   
Schlagworte: Geschäftsführer (GmbH), Altersgrenze, Diskriminierungsverbote - Alter
   
Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Aktenzeichen: 8 U 18/17
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 19.06.2017
   
Leitsätze: Die Vereinbarung eines Kündigungsrechts des Dienstberechtigten im Anstellungsvertrag eines GmbH-Fremdgeschäftsführers mit Vollendung des 60. Lebensjahres stellt jedenfalls dann keinen rechtswidrigen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der §§ 7, 1 AGG dar, wenn gewährleistet ist, dass dem Geschäftsführer ab dem Zeitpunkt seines Ausscheidens eine betriebliche Altersvorsorge zusteht.

Vorinstanzen: Landgericht Hagen, Urteil vom 13.12.2016, 21 O 79/16
   

Ober­lan­des­ge­richt Hamm, 8 U 18/17



Te­nor:

Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das am 13.12.2016 verkünde­te Ur­teil des Land­ge­richts Ha­gen wird zurück­ge­wie­sen.

Der Kläger trägt die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens.

Die­ses und das an­ge­foch­te­ne Ur­teil sind vorläufig voll­streck­bar. Dem Kläger wird nach­ge­las­sen, die Zwangs­voll­stre­ckung aus bei­den Ur­tei­len durch Si­cher­heits­leis­tung in Höhe von 110 % des auf­grund des je­wei­li­gen Ur­teils voll­streck­ba­ren Be­tra­ges ab­zu­wen­den, wenn nicht die Be­klag­te zu­vor Si­cher­heit in Höhe von 110 % des je­weils zu voll­stre­cken­den Be­tra­ges leis­tet.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.



1 G r ü n d e :
2 I.
3 Die Par­tei­en strei­ten über den Fort­be­stand ei­nes Dienst­verhält­nis­ses.
4 Der am ##.##.1955 ge­bo­re­ne Kläger war seit dem 01.09.2005 als Vor­sit­zen­der der Geschäftsführung für die Be­klag­te tätig. Der zwi­schen den Par­tei­en ab­ge­schlos­se­ne schrift­li­che Dienst­ver­trag, we­gen des­sen In­halt im Ein­zel­nen auf die zur Ak­te ge­reich­te Ver­trags­ur­kun­de Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 9 ff. d.A.), enthält in § 7 fol­gen­de Re­ge­lung:
5 § 7
6 Ver­trags­dau­er
7 1. Die­ser Dienst­ver­trag wird für die Zeit vom 01.09.2005 bis zum 31.08.2010 ab­ge­schlos­sen; über ei­ne An­schluss­re­ge­lung wer­den frühzei­tig Gespräche auf­ge­nom­men.
8 2. Er­folgt kei­ne Wie­der­be­stel­lung, en­det die­ser Ver­trag mit Ab­lauf der Be­stel­lung.
9 3. Un­abhängig da­von be­hal­ten sich bei­de Ver­trags­sch­ließen­den vor, mit Ih­rem Ein­tritt in das 61. Le­bens­jahr das Dienst­verhält­nis durch ei­ne ein­sei­ti­ge Erklärung mit ei­ner Frist von sechs Mo­na­ten zum Jah­res­en­de zu be­en­den. Ei­ne sol­che Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses gilt als Über­gang in den Ru­he­stand und löst die Leis­tun­gen nach den Ver­sor­gungs­zu­sa­gen aus. Hin­sicht­lich der Höhe der Ver­sor­gungs­zu­sa­gen wird bei ei­ner Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses durch die Ge­sell­schaft un­ter­stellt, das Dienst­verhält­nis hätte bei der re­gulären Lauf­zeit des Ver­tra­ges ge­en­det. Die­se Ankündi­gung der z.Z. gel­ten­den Re­ge­lung steht un­ter dem Vor­be­halt ei­ner et­wai­gen Ände­rung.
10 Der Dienst­ver­trag wur­de mehr­fach verlängert, zu­letzt für die Zeit vom 31.08.2013 bis 31.08.2018.
11 Der Kläger wur­de durch Be­schluss der Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung der Be­klag­ten vom 03.08.2015 als Geschäftsführer mit Wir­kung zum 31.08.2015 ab­be­ru­fen. Mit wei­te­rem Ge­sell­schaf­ter­be­schluss vom 23.06.2016 wur­de die or­dent­li­che Kündi­gung des Dienst­ver­tra­ges des Klägers zum 31.12.2016 be­schlos­sen. Das ent­spre­chen­de Kündi­gungs­schrei­ben der Be­klag­ten vom sel­ben Tag ging dem Kläger vor Ab­lauf des Mo­nats Ju­ni 2016 zu.
12 Der Kläger hat vor­ge­tra­gen: Das Dienst­verhält­nis sei durch die Kündi­gung vom 23.06.2016 nicht zum 31.12.2016 be­en­det wor­den, son­dern be­ste­he bis zum 31.08.2018 fort. Die von der Be­klag­ten erklärte or­dent­li­che Kündi­gung sei un­wirk­sam, weil die Be­klag­te we­gen der Be­fris­tung des Dienst­verhält­nis­ses zu ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung nicht be­rech­tigt ge­we­sen sei. Die or­dent­li­che Kündi­gung könne auch nicht als Be­en­di­gungs­erklärung nach § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges aus­ge­legt oder in ei­ne sol­che um­ge­deu­tet wer­den. Im Übri­gen ha­be der Be­klag­ten kein Recht zur Be­en­di­gung des Dienst­ver­tra­ges zu­ge­stan­den, weil die Re­ge­lung in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges un­wirk­sam sei. Denn zum ei­nen könne im Al­ter von 61 Jah­ren noch kein Ren­ten­an­trag ge­stellt wer­den, zum an­de­ren wer­de durch die hier in Re­de ste­hen­de Re­ge­lung die Be­fris­tung des Dienst­ver­tra­ges um­gan­gen.
13 Der Kläger hat be­an­tragt,
14 fest­zu­stel­len, dass der zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Dienst­ver­trag vom 16.08.2005, zu­letzt verlängert am 04./15.05.2012 bis zum 31.08.2018, durch die Kündi­gung vom 23.06.2016 nicht be­en­det wor­den ist / be­en­det wird, ins­be­son­de­re nicht zum 31.12.2016.
15 Die Be­klag­te hat be­an­tragt,
16 die Kla­ge ab­zu­wei­sen.
17 Sie hat vor­ge­tra­gen: Die or­dent­li­che Kündi­gung vom 23.06.2016 ha­be zu ei­ner Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses zum 31.12.2016 geführt. Die Re­ge­lung in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges ha­be der Be­klag­ten ein Kündi­gungs­recht ein­geräumt, wel­ches die­se wirk­sam aus­geübt ha­be. Die Klau­sel in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges sei wirk­sam. Denn den Par­tei­en ei­nes Dienst­ver­tra­ges ste­he es im Fal­le ei­ner Be­fris­tung des Dienst­verhält­nis­ses frei, die Möglich­keit ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung zu ver­ein­ba­ren. Zu­dem er­hal­te der Kläger auf­grund der ihm er­teil­ten Ver­sor­gungs­zu­sa­ge seit Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses am 31.12.2016 ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung.
18 Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. We­gen der Be­gründung wird auf den In­halt der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung Be­zug ge­nom­men.
19 Ge­gen die­ses Ur­teil wen­det sich der Kläger mit sei­ner Be­ru­fung. Zur Be­gründung trägt er vor: Das Land­ge­richt ha­be die Kla­ge zu Un­recht ab­ge­wie­sen. Das Land­ge­richt ha­be ver­kannt, dass die Be­klag­te die Kündi­gung zu spät erklärt ha­be. Nach der Re­ge­lung in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges hätte die Be­en­di­gungs­erklärung nur „mit Ein­tritt“ des Klägers in sein 61. Le­bens­jahr, al­so am Tag sei­nes 60. Ge­burts­ta­ges oder un­verzüglich da­nach, er­fol­gen können. Die Be­klag­te ha­be die Kündi­gung je­doch erst ca. 15 Mo­na­te nach Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res durch den Kläger und da­mit ver­spätet erklärt. Im Übri­gen sei die Re­ge­lung in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges un­wirk­sam, weil sie den Kläger aus Al­ters­gründen dis­kri­mi­nie­re. Die Ab­be­ru­fung des Klägers als Vor­sit­zen­der der Geschäftsführung und die Kündi­gung des Dienst­ver­tra­ges ha­be auf sei­nem Al­ter be­ruht, was ge­gen die Re­ge­lun­gen des AGG ver­s­toße.
20 Der Kläger be­an­tragt,
21 abändernd nach sei­nen erst­in­stanz­lich ge­stell­ten Anträgen zu er­ken­nen.
22 Die Be­klag­te be­an­tragt,
23 die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.
24 Sie ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil. Zur Be­gründung trägt sie vor: So­weit der Kläger mei­ne, ei­ne Kündi­gung nach § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges hätte aus­sch­ließlich am Tag der Voll­endung sei­nes 60. Le­bens­jah­res oder un­verzüglich da­nach er­fol­gen können, sei ei­ne sol­che Aus­le­gung der vor­ge­nann­ten Klau­sel fern­lie­gend. Viel­mehr könne die Klau­sel nur da­hin aus­ge­legt wer­den, dass die Kündi­gungsmöglich­keit ab der Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res be­ste­he. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers lie­ge auch kein Ver­s­toß ge­gen das AGG vor. Der An­wen­dungs­be­reich des AGG sei be­reits nicht eröff­net, weil das AGG gemäß § 6 Abs. 3 AGG auf Or­ga­ne ju­ris­ti­scher Per­so­nen nur in Be­zug auf den Zu­gang zur Er­werbstätig­keit und den be­ruf­li­chen Auf­stieg an­wend­bar sei. Zu­dem feh­le es an ei­ner Be­nach­tei­li­gung des Klägers, weil die­sem durch die Re­ge­lung in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges eben­falls ein Kündi­gungs­recht ein­geräumt wor­den sei und er hin­sicht­lich der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung so ste­he, als wenn das Dienst­verhält­nis bis zum vor­ge­se­he­nen Lauf­zei­t­ende fort­be­stan­den hätte. Wei­ter­hin sei dem Kläger auch nicht „we­gen sei­nes Al­ters“ gekündigt wor­den, son­dern weil die neue Al­lein­ge­sell­schaf­te­rin der Be­klag­ten die Geschäfts­lei­tung in an­de­re Hände ha­be ge­ben wol­len. Sch­ließlich sei ei­ne et­wai­ge Be­nach­tei­li­gung des Klägers gemäß § 10 AGG we­gen be­triebs- und un­ter­neh­mens­be­zo­ge­ner In­ter­es­sen ge­recht­fer­tigt.
25 We­gen der Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen Be­zug ge­nom­men.
26 II.
27 Die zulässi­ge Be­ru­fung des Klägers ist un­be­gründet.
28 Das Land­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Denn die Kla­ge ist zulässig, aber un­be­gründet.
29 1. Ge­gen die Zulässig­keit der Kla­ge be­ste­hen kei­ne Be­den­ken. Die Fest­stel­lungs­kla­ge ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO statt­haft, weil die Kla­ge auf die Fest­stel­lung ei­nes Rechts­verhält­nis­ses ge­rich­tet ist. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se des Klägers liegt vor, weil die Be­klag­te von ei­ner Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses zum 31.12.2016 aus­geht, während der Kläger meint, dass das Dienst­verhält­nis bis zum 31.08.2018 fort­be­steht.
30 2. Die Kla­ge ist un­be­gründet. Denn das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Dienst­verhält­nis ist durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 23.06.2016 zum 31.12.2016 be­en­det wor­den.
31 a) Zwar ist der Dienst­ver­trag des Klägers bis zum 31.08.2018 be­fris­tet. Ein be­fris­te­ter Dienst­ver­trag kann nicht or­dent­lich gekündigt wer­den, es sei denn, die Par­tei­en des Dienst­ver­tra­ges ver­ein­ba­ren ei­ne ent­spre­chen­de Kündi­gungsmöglich­keit (BAG Ur­teil vom 04.07.2001, Az. 2 AZR 88/00; Pa­landt-Wei­den­kaff, BGB, 76. Auf­la­ge 2017, § 620 Rn. 10). Mit der Re­ge­lung in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges ha­ben die Par­tei­en ei­ne sol­che Kündi­gungsmöglich­keit ver­ein­bart. Denn nach die­ser Re­ge­lung können die Par­tei­en das Dienst­verhält­nis un­ter den dort ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen mit ei­ner Frist von sechs Mo­na­ten zum Jah­res­en­de be­en­den, oh­ne dass es hierfür ei­nes wich­ti­gen Grun­des be­darf.
32 b) Die vor­ge­nann­te Ver­trags­klau­sel ist wirk­sam.
33 aa) Ei­ne Un­wirk­sam­keit er­gibt sich nicht aus § 7 Abs. 2 AGG.
34 (1) Zwei­fel­haft ist be­reits, ob der Kläger als GmbH-Fremd­geschäftsführer dem persönli­chen An­wen­dungs­be­reich des AGG un­ter­liegt.
35 So­weit die Be­din­gun­gen für den Zu­gang zur Er­werbstätig­keit und den be­ruf­li­chen Auf­stieg be­trof­fen sind, ord­net § 6 Abs. 3 AGG die Gel­tung des AGG für Or­gan­mit­glie­der ju­ris­ti­scher Per­so­nen an (vgl. hier­zu BGH NJW 2012, 2346 ff.). Vor­lie­gend geht es je­doch we­der um den Zu­gang zu ei­ner Tätig­keit noch um den be­ruf­li­chen Auf­stieg, son­dern um die Be­en­di­gung ei­nes Dienst­verhält­nis­ses. Da­her kann sich ei­ne An­wen­dung des AGG nur aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 AGG er­ge­ben. Der BGH hat die An­wen­dung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 AGG auf GmbH-Fremd­geschäftsführer bis­lang of­fen­ge­las­sen (vgl. BGH NJW 2012, 2346 ff.). Nach der über­wie­gen­den Auf­fas­sung in der Li­te­ra­tur er­streckt sich der persönli­che An­wen­dungs­be­reich des AGG in eu­ro­pa­rechts­kon­for­mer Aus­le­gung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 AGG auf GmbH-Fremd­geschäftsführer (Lut­ter/Hom­mel­hoff, Gmb­HG, 19. Auf­la­ge 2016, § 6 Rn. 34; Scholz-Schnei­der/Ho­hen­statt, Gmb­HG II. Band, 11. Auf­la­ge 2014, § 35 Rn. 326; Ho­hen­statt/Na­ber, ZIP 2012, 1989 (1990); Kort, WM 2013, 1049 (1057); a.A. Baum­bach/Hu­eck, Gmb­HG, 21. Auf­la­ge 2017, § 35 Rn. 178 b und 215, und Mohr, ZHR 178 (2014), 326 (340 f.)). Die­se Auf­fas­sung wird maßgeb­lich auf die Recht­spre­chung des EuGH zur Ar­beit­neh­mer­ei­gen­schaft von Or­ga­nen ju­ris­ti­scher Per­so­nen gestützt (vgl. EuGH NJW 2011, 2343 ff.).
36 (2) Vor­lie­gend kann die Fra­ge, ob der Kläger als GmbH-Fremd­geschäftsführer vom persönli­chen An­wen­dungs­be­reich des AGG um­fasst ist, da­hin­ste­hen. Denn selbst wenn dies zu be­ja­hen wäre, wäre die Klau­sel in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges nicht gemäß § 7 Abs. 2 AGG un­wirk­sam.
37 (a) Ei­ne Un­wirk­sam­keit nach § 7 Abs. 2 AGG schei­det al­ler­dings nicht schon gemäß § 2 Abs. 4 AGG aus. Zwar gel­ten da­nach für Kündi­gun­gen aus­sch­ließlich die Be­stim­mun­gen zum all­ge­mei­nen und be­son­de­ren Kündi­gungs­schutz. Die­se Vor­schrift ist auf Or­gan­mit­glie­der ju­ris­ti­scher Per­so­nen je­doch nicht an­wend­bar, weil für die­se kein be­son­de­rer Kündi­gungs­schutz exis­tiert (Ho­hen­statt/Na­ber, ZIP 2012, 1989 (1991); a.A. Bau­er/Ar­nold, ZIP 2012, 597 (602), die die Be­nach­tei­li­gungs­ver­bo­te des AGG bei Kündi­gun­gen nur mit­tel­bar über §§ 138, 242 BGB berück­sich­ti­gen wol­len).
38 (b) Auch ei­ne Be­nach­tei­li­gung im Sin­ne von § 7 Abs. 1 AGG liegt vor. Die Re­ge­lung in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges räumt der Be­klag­ten ein Kündi­gungs­recht für den Fall des Er­rei­chens ei­ner be­stimm­ten Al­ters­gren­ze durch den Kläger ein. Da­mit ist das Kündi­gungs­recht der Be­klag­ten an ei­nen der in § 1 AGG ge­nann­ten Gründe, nämlich das Al­ter, ge­knüpft. Hier­durch wird der Kläger we­gen sei­nes Al­ters be­nach­tei­ligt, weil ein sol­ches Kündi­gungs­recht ge­genüber ei­nem jünge­ren Geschäftsführer in der Per­son des Klägers nicht be­ste­hen würde. Dass dem Kläger durch die Re­ge­lung in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges eben­falls ein Kündi­gungs­recht für den Fall der Voll­endung sei­nes 60. Le­bens­jah­res ein­geräumt wor­den ist, lässt die Be­nach­tei­li­gung nicht ent­fal­len. Denn bei Dienst­verträgen liegt ei­ne bei­der­sei­ti­ge Kündi­gungsmöglich­keit re­gelmäßig im In­ter­es­se des Dienst­be­rech­tig­ten, während der Dienst­ver­pflich­te­te in al­ler Re­gel an ei­ner Be­fris­tung oh­ne Kündi­gungsmöglich­keit in­ter­es­siert ist.
39 (c) Die Un­gleich­be­hand­lung ist je­doch gemäß § 10 AGG ge­recht­fer­tigt.
40 (aa) Wird ei­ne Be­en­di­gung des Dienst­ver­tra­ges für den Fall des Er­rei­chens der ge­setz­li­chen Re­gel­al­ters­gren­ze ver­ein­bart, ist dies re­gelmäßig gemäß § 10 S. 3 Nr. 5 AGG ge­recht­fer­tigt (Scholz-Schnei­der/Ho­hen­statt, Gmb­HG II. Band, 11. Auf­la­ge 2014, § 35 Rn. 338). Die Klau­sel in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges be­gründet ein Kündi­gungs­recht der Be­klag­ten al­ler­dings schon für ei­nen deut­lich frühe­ren Zeit­punkt, nämlich den der Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res durch den Kläger. Wie Ver­ein­ba­run­gen, die für GmbH-Geschäftsführer für den Fall des Er­rei­chens ei­nes be­stimm­ten Le­bens­al­ters un­ter­halb des ge­setz­li­chen Ren­ten­ein­tritts­al­ters ei­ne Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses oder ein Kündi­gungs­recht der Ge­sell­schaft vor­se­hen, im Hin­blick auf § 10 AGG zu be­ur­tei­len sind, ist strei­tig.
41 Teil­wei­se wird ei­ne deut­lich un­ter dem ge­setz­li­chen Ren­ten­ein­tritts­al­ter lie­gen­de Al­ters­gren­ze bei GmbH-Geschäftsführern gemäß § 10 S. 1 und 2 AGG für zulässig er­ach­tet, wo­bei zur Be­gründung maßgeb­lich dar­auf ab­ge­stellt wird, dass die Tätig­keit als Un­ter­neh­mens­lei­ter erhöhten An­for­de­run­gen un­ter­lie­ge, Al­ters­gren­zen Strei­tig­kei­ten zwi­schen Ge­sell­schaft und Geschäftsführer über die Be­en­di­gung der Tätig­keit ver­hin­der­ten und Un­ter­neh­mens­lei­ter re­gelmäßig fi­nan­zi­ell ab­ge­si­chert sei­en oder sich ab­si­chern könn­ten (so et­wa Mohr, ZHR 178 (2014), 326, (365 f.); Lut­ter/Hom­mel­hoff, Gmb­HG, § 6 Rn. 35: Al­ters­gren­ze von 60 Jah­ren zulässig; noch großzügi­ger Bau­er/Ar­nold, ZIP 2012, 597 (600 f.) und Lut­ter, BB 2007, 725 (728): Al­ters­gren­ze von 58 Jah­ren zulässig).
42 Nach ei­ner an­de­ren Mei­nung ist ei­ne Un­ter­schrei­tung des ge­setz­li­chen Ren­ten­ein­tritts­al­ters gemäß § 10 S. 1 und 2 AGG oder ana­log § 10 S. 3 Nr. 5 AGG (je­den­falls) dann zulässig, wenn dem Geschäftsführer für den Fall der vor­zei­ti­gen Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung ab dem Zeit­punkt sei­nes Aus­schei­dens zu­steht (so et­wa Scholz-Schnei­der/Ho­hen­statt, Gmb­HG II. Band, § 35 Rn. 341; Ul­mer/Ha­ber­sack/Löbbe, Gmb­HG Band II, 2. Auf­la­ge 2014, § 35 Rn. 259; MüKo-Ja­e­ger, Gmb­HG Band 2, 2. Auf­la­ge 2016, § 35 Rn. 264d; Ho­hen­statt/Na­ber, ZIP 2012, 1989 (1996); vgl. auch Bau­er/Ar­nold, ZIP 2012, 597 (601)), die aber ei­ne Al­ters­gren­ze von 58 Jah­ren schon grundsätz­lich für un­be­denk­lich hal­ten). Ei­ni­ge Ver­tre­ter die­ser Auf­fas­sung ver­lan­gen al­ler­dings auch für den Fall der Gewährung ei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung die Ein­hal­tung ei­ner Min­dest­al­ters­gren­ze (vgl. Ho­hen­statt/Na­ber aaO.: 60 Jah­re; Scholz-Schnei­der/Ho­hen­statt aaO.: 62 Jah­re).
43 Von ei­ner Min­der­mei­nung wird die Zulässig­keit ei­ner un­ter­halb des ge­setz­li­chen Ren­ten­ein­tritts­al­ters lie­gen­den Al­ters­gren­ze für GmbH-Geschäftsführer grundsätz­lich in Zwei­fel ge­zo­gen (Kort WM 2013, 1049 (1057); Wil­sing/Mey­er, DB 2011, 341 (343 f.)).
44 (bb) Nach Auf­fas­sung des Se­nats ist die Ver­ein­ba­rung ei­ner Al­ters­gren­ze un­ter­halb des ge­setz­li­chen Ren­ten­ein­tritts­al­ters für GmbH-Geschäftsführer je­den­falls dann grundsätz­lich zulässig, wenn gewähr­leis­tet ist, dass dem Geschäftsführer ab dem Zeit­punkt sei­nes Aus­schei­dens ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung zu­steht. Das An­for­de­rungs­pro­fil für Un­ter­neh­mens­lei­ter ist re­gelmäßig be­son­ders hoch, wes­halb vor dem Hin­ter­grund be­triebs- und un­ter­neh­mens­be­zo­ge­ner In­ter­es­sen, die nach der Recht­spre­chung des BGH und des BAG im Rah­men des § 10 S. 1 AGG zu berück­sich­ti­gen sind (vgl. BGH NJW 2012, 2346 ff.; BAG NZA 2009, 945 ff.; zu­stim­mend Ul­mer/Ha­ber­sack/Löbbe, Gmb­HG Band II, § 35 Rn. 260 f.), ein Bedürf­nis nach der Ver­ein­ba­rung von un­ter­halb des ge­setz­li­chen Ren­ten­ein­tritts­al­ters lie­gen­den Al­ters­gren­zen be­steht. Letz­te­res gilt auch des­halb, weil ein Un­ter­neh­men ein le­gi­ti­mes In­ter­es­se dar­an ha­ben kann, frühzei­tig ei­nen Nach­fol­ger in der Un­ter­neh­mens­lei­tung zu in­stal­lie­ren. Je­den­falls dann, wenn ei­ne Al­ters­gren­ze mit der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung in der Wei­se kom­bi­niert wird, dass dem Geschäftsführer für den Fall sei­nes vor­zei­ti­gen Aus­schei­dens in­fol­ge der „Al­ter­sklau­sel“ so­fort ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung zu­steht, ist auch den be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Geschäftsführers an sei­ner so­zia­len Ab­si­che­rung Rech­nung ge­tra­gen und da­her ei­ne Al­ters­gren­ze deut­lich un­ter­halb des ge­setz­li­chen Ren­ten­ein­tritts­al­ters als zulässig an­zu­se­hen. Dies er­gibt sich aus § 10 S. 1 und 2 AGG, weil ei­ne „Al­ter­sklau­sel“ un­ter den vor­ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen re­gelmäßig ob­jek­tiv und an­ge­mes­sen so­wie durch ein le­gi­ti­mes Ziel ge­recht­fer­tigt ist. Ergänzend kann die­se Sicht­wei­se auf ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung des § 10 S. 3 Nr. 5 AGG gestützt wer­den, weil die be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung bei GmbH-Geschäftsführern re­gelmäßig ei­ne ver­gleich­ba­re Funk­ti­on wie die ge­setz­li­che Ren­te bei „gewöhn­li­chen“ Ar­beit­neh­mern erfüllt.
45 (cc) Nach den vor­ge­nann­ten Grundsätzen ist die Klau­sel in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges nicht gemäß § 7 Abs. 2 AGG un­wirk­sam. Dem Kläger ist un­strei­tig ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung zu­ge­sagt wor­den. Nach § 7 Ziff. 3 S. 2 des Dienst­ver­tra­ges gilt ei­ne Be­en­di­gung des Dienst­ver­tra­ges nach die­ser Klau­sel als Über­gang in den Ru­he­stand und löst die Leis­tun­gen nach der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge aus. Da­her ist gewähr­leis­tet, dass dem Kläger ab dem Zeit­punkt sei­nes vor­zei­ti­gen Aus­schei­dens ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung zu­steht. Hin­zu kommt, dass der Kläger gemäß § 7 Ziff. 3 S. 3 des Dienst­ver­tra­ges im Fal­le ei­ner vor­zei­ti­gen Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses durch die Be­klag­te hin­sicht­lich sei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung so ge­stellt wird, als wenn er erst zum Ab­lauf der re­gulären Ver­trags­lauf­zeit aus­ge­schie­den wäre. Der Kläger er­lei­det al­so hin­sicht­lich der Höhe sei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung durch die vor­zei­ti­ge Ver­trags­be­en­di­gung kei­ne Nach­tei­le. So­weit sich der Kläger in die­sem Zu­sam­men­hang in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat dar­auf be­ru­fen hat, dass er le­dig­lich ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung in Höhe von 4.850,00 EUR mo­nat­lich er­hal­te, ist ihm zwar zu­zu­ge­ste­hen, dass die be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung in er­heb­li­chem Maße hin­ter sei­ner ursprüng­li­chen Vergütung von 258.000,00 EUR jähr­lich zurück­bleibt. Der Kläger hat je­doch in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat selbst erklärt, dass die ver­gleichs­wei­se ge­rin­ge Höhe sei­ner Al­ters­ver­sor­gung dar­auf be­ruht, dass er sei­ne Tätig­keit im Kon­zern der Be­klag­ten erst im Jah­re 2002 auf­ge­nom­men hat. Dass sich die Höhe der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung maßgeb­lich nach der Dau­er der Tätig­keit für das je­wei­li­ge Un­ter­neh­men (bzw. für den je­wei­li­gen Kon­zern) rich­tet, ent­spricht all­ge­mei­nen Grundsätzen (vgl. § 2 Abs. 1 Be­trAVG) und steht des­halb der Recht­fer­ti­gung ei­ner ver­ein­bar­ten Al­ters­gren­ze durch die dem Geschäftsführer zu­ge­sag­te be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung nicht ent­ge­gen. Dies gilt je­den­falls dann, wenn - wie es hier der Fall ist - die be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung zu­min­dest so hoch ist, dass sie ei­ne hin­rei­chen­de so­zia­le Ab­si­che­rung des Geschäftsführers gewähr­leis­tet. Hierfür spricht zu­dem, dass es auch im Rah­men des § 10 S. 3 Nr. 5 AGG nicht auf die Höhe der dem Ar­beit­neh­mer zu­ste­hen­den Ren­te an­kommt (ju­risPK-Sie­vers, BGB Band 2, 8. Auf­la­ge 2017, § 10 AGG Rn. 50). Ob die Ver­ein­ba­rung ei­ner „Al­ter­sklau­sel“ bei Gewährung ei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung schließlich nur dann zulässig ist, wenn ein be­stimm­tes Min­dest­al­ter ge­wahrt ist, kann da­hin­ste­hen. Denn je­den­falls ei­ne Al­ters­gren­ze von 60 Jah­ren wie im vor­lie­gen­den Fall ist als un­be­denk­lich an­zu­se­hen, wenn dem Geschäftsführer ab dem Zeit­punkt sei­nes Aus­schei­dens ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung zu­steht.
46 bb) Die Klau­sel in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges ist auch nicht gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB un­wirk­sam. In­so­weit kann da­hin­ste­hen, ob es sich bei der hier in Re­de ste­hen­den Klau­sel über­haupt um ei­ne All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung han­delt. Denn es fehlt je­den­falls an ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung des Klägers im Sin­ne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Dies folgt schon dar­aus, dass die Par­tei­en oh­ne wei­te­res auch von ei­ner Be­fris­tung des Dienst­ver­tra­ges hätten ab­se­hen oder trotz der Be­fris­tung ei­ne ge­ne­rel­le bei­der­sei­ti­ge Kündi­gungsmöglich­keit hätten ver­ein­ba­ren können. Im Übri­gen ist auch hier wie­der­um zu berück­sich­ti­gen, dass dem Kläger ab dem Zeit­punkt sei­nes vor­zei­ti­gen Aus­schei­dens ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung zu­steht, de­ren Höhe so be­rech­net wird, als wenn das Dienst­verhält­nis erst nach Ab­lauf der re­gulären Ver­trags­lauf­zeit ge­en­det hätte.
47 c) Die Be­klag­te hat von der Kündi­gungsmöglich­keit nach § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges in wirk­sa­mer Wei­se Ge­brauch ge­macht.
48 aa) Die Be­klag­te war nicht dar­auf be­schränkt, die Kündi­gung im Zeit­punkt der Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res durch den Kläger zu erklären. Der Wort­laut der Klau­sel steht ei­ner sol­chen Aus­le­gung zwar nicht ent­ge­gen, weil sich die Ver­trags­par­tei­en die Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses nicht „ab“, son­dern „mit“ dem Ein­tritt des Klägers in das 61. Le­bens­jahr vor­be­hal­ten ha­ben. Dass die Be­en­di­gungsmöglich­keit nicht auf den Tag der Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res durch den Kläger be­schränkt sein soll­te, er­gibt sich aber aus der in § 7 Ziff. 3 S. 1 des Dienst­ver­tra­ges ge­nann­ten Kündi­gungs­frist von sechs Mo­na­ten zum Jah­res­en­de. Die­se Kündi­gungs­frist wäre ob­so­let, wenn ei­ne Be­en­di­gung nur am Tag der Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res durch den Kläger, mit­hin am 28.03.2015, hätte erklärt wer­den können, weil die sechs­mo­na­ti­ge Frist dann im­mer ge­wahrt wäre. Zu­dem deu­tet die all­ge­mei­ne For­mu­lie­rung „Jah­res­en­de“ dar­auf hin, dass ei­ne Kündi­gung ab der Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res durch den Kläger in je­dem Jahr möglich ist. Sch­ließlich würde es auch dem Sinn und Zweck der Klau­sel in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges wi­der­spre­chen, wenn die Kündi­gungsmöglich­keit auf den Tag der Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res durch den Kläger be­schränkt wäre. Durch die hier in Re­de ste­hen­de Klau­sel soll bei­den Par­tei­en die Möglich­keit ein­geräumt wer­den, das Dienst­verhält­nis im Hin­blick auf das fort­ge­schrit­te­ne Le­bens­al­ter des Klägers zu be­en­den. Es wäre un­verständ­lich und kann vernünf­ti­ger­wei­se von den Par­tei­en nicht ge­wollt ge­we­sen sein, die­se Be­en­di­gungsmöglich­keit auf ei­nen ein­zel­nen Tag zu be­schränken.
49 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers kann auch nicht an­ge­nom­men wer­den, dass die Be­klag­te die hier in Re­de ste­hen­de Re­ge­lung da­hin ver­stan­den hat, dass sie nur am Tag der Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res durch den Kläger zur Ausübung des Kündi­gungs­rechts be­rech­tigt sei. Aus­weis­lich des Ge­sell­schaf­ter­be­schlus­ses vom 23.06.2016 war der Be­klag­ten be­kannt, dass der Kläger am 28.03.1955 ge­bo­ren ist. Gleich­wohl ist sie of­fen­bar - zu Recht - da­von aus­ge­gan­gen, dass sie mit der Kündi­gung vom 23.06.2016 den Dienst­ver­trag der Par­tei­en zum 31.12.2016 be­en­den kann.
50 bb) So­weit der Kläger erst­in­stanz­lich gel­tend ge­macht hat, die Be­klag­te ha­be des­halb nicht in wirk­sa­mer Wei­se von der Be­en­di­gungsmöglich­keit Ge­brauch ge­macht, weil sie die or­dent­li­che Kündi­gung des Dienst­verhält­nis­ses erklärt ha­be, kann dem eben­falls nicht ge­folgt wer­den. Das Land­ge­richt ist in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der Be­klag­ten auf­grund der Re­ge­lung in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges ein Kündi­gungs­recht zu­ge­stan­den und die Be­klag­te die­ses durch die Kündi­gungs­erklärung wahr­ge­nom­men hat. Wenn man dies an­ders sähe, wäre die Kündi­gungs­erklärung der Be­klag­ten zu­min­dest gemäß § 140 BGB in ei­ne Be­en­di­gungs­erklärung nach § 7 Ziff. 3 S. 1 des Dienst­ver­tra­ges um­zu­deu­ten, weil die Vor­aus­set­zun­gen des § 140 BGB vor­lie­gen. Der Kläger macht die­sen Ein­wand in der Be­ru­fungs­in­stanz auch nicht mehr gel­tend.
51 cc) Wel­che Mo­ti­ve die Be­klag­te im Ein­zel­nen ver­an­lasst ha­ben, die Kündi­gung zu erklären, kann da­hin­ste­hen. Da die Re­ge­lung in § 7 Ziff. 3 des Dienst­ver­tra­ges im Ein­klang mit dem AGG steht, wäre es ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers nicht zu be­an­stan­den, wenn die Be­klag­te die Kündi­gung im Hin­blick auf das fort­ge­schrit­te­ne Le­bens­al­ter des Klägers erklärt hätte.
52 dd) Sch­ließlich hat die Be­klag­te das Kündi­gungs­recht auch in for­mel­ler Hin­sicht wirk­sam aus­geübt.
53 (1) Ob­wohl die Be­klag­te über ei­nen Auf­sichts­rat verfügt, war gemäß § 46 Nr. 5 Gmb­HG die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung für die Ent­schei­dung über die Kündi­gung und die Ab­ga­be der Kündi­gungs­erklärung zuständig. Wie der Kläger un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen hat, verfügt die Be­klag­te über ei­nen Auf­sichts­rat nach dem Drit­tel­be­tei­li­gungs­ge­setz. In die­sem Fall ist die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung für die Be­stel­lung und Ab­be­ru­fung von Geschäftsführern und da­mit auch für die Kündi­gung von Geschäftsführer-Dienst­verträgen zuständig, weil § 52 Abs. 1 Gmb­HG nicht auf die Vor­schrift des § 84 AktG ver­weist (Baum­bach/Hu­eck, Gmb­HG, § 52 Rn. 251). Zwar kann die Sat­zung die Zuständig­keit auf den Auf­sichts­rat über­tra­gen, ei­ne sol­che Über­tra­gung ist hier je­doch nicht er­folgt. Viel­mehr be­stimmt § 7 Ziff. 2 der Sat­zung der Be­klag­ten, dass die Geschäftsführer durch die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung be­stellt und ab­be­ru­fen wer­den.
54 (2) Die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung der Be­klag­ten hat am 23.06.2016 die Kündi­gung des Dienst­verhält­nis­ses des Klägers zum 31.12.2016 be­schlos­sen. An­sch­ließend hat der von der Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung hier­zu ermäch­tig­te Dr. N die Kündi­gungs­erklärung ge­genüber dem Kläger ab­ge­ge­ben. Ein sol­ches Vor­ge­hen ist nicht zu be­an­stan­den (vgl. Baum­bach/Hu­eck, Gmb­HG, § 46 Rn. 40).
55 III.
56 Die Kos­ten­ent­schei­dung er­gibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Aus­spruch zur vorläufi­gen Voll­streck­bar­keit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
57 Der Se­nat hat die Re­vi­si­on zu­ge­las­sen, weil die Rechts­sa­che grundsätz­li­che Be­deu­tung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Fra­ge, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen sog. Al­ter­sklau­seln in An­stel­lungs­verträgen von Or­ga­nen ju­ris­ti­scher Per­so­nen nach dem AGG zulässig sind, ist in der Li­te­ra­tur um­strit­ten und in der Recht­spre­chung bis­lang nicht geklärt. Die Fra­ge hat an­ge­sichts der Ver­brei­tung der­ar­ti­ger Klau­seln auch ei­ne er­heb­li­che prak­ti­sche Be­deu­tung.

 

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 8 U 18/17