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LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 13.09.2017, 9 Sa 17/17

   
Schlagworte: Diskriminierung: Gehalt, Gleichbehandlung, Gleichbehandlungsgrundsatz
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 9 Sa 17/17
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 13.09.2017
   
Leitsätze: Ein Verstoß gegen § 75 Abs. 1 BetrVG liegt nicht vor, wenn die Betriebsparteien die Vergütung von Arbeitnehmern, die über die monatliche Zeit, Lage und Dauer ihres Arbeitseinsatzes uneingeschränkt selbst bestimmen können, geringer bemessen als die von Arbeitnehmern, die dem Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Lage und Dauer der Arbeitseinsätze uneingeschränkt unterliegen.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Freiburg, Urteil vom 14.03.2017, 4 Ca 332/16
   

LArbG Ba­den-Würt­tem­berg Ur­teil vom 13.9.2017, 9 Sa 17/17

Te­nor

1. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frei­burg vom 14.3.2017 - 4 Ca 332/16 - wird auf sei­ne Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

2. Die Re­vi­si­on wird für den Kläger zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand

1 Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob der Kläger nach der Vergütungs­grup­pe E2 des Ta­rif­ver­tra­ges TVöD/VKA zu vergüten ist.
2 In der Be­ru­fung be­gehrt der Kläger zu­letzt noch ei­ne ent­spre­chen­de Fest­stel­lung so­wie die Zah­lung von Dif­fe­renz­vergütung.
3 Der Be­klag­te ist ein ein­ge­tra­ge­ner Ver­ein, der As­sis­tenz und Be­ra­tung für Men­schen mit Be­hin­de­rung an­bie­tet und et­wa 130 Mit­ar­bei­ter beschäftigt. Es be­steht ein Be­triebs­rat. Der Kläger ist dort seit dem 1. Ok­to­ber 2011 beschäftigt, zu­letzt auf der Grund­la­ge ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges vom 24. Mai 2013, der zwei­ma­lig bis zum 30. Sep­tem­ber 2014 verlängert wur­de. Seit dem 30. Sep­tem­ber 2014 ist der Kläger un­be­fris­tet beschäftigt. Der Kläger stu­diert außer­dem.
4 Nach dem in­so­weit noch maßgeb­li­chen Ar­beits­ver­trag vom 24. Mai 2013 (Anl. K3 zur Kla­ge) ist der Kläger als nicht qua­li­fi­zier­ter Hel­fer und als persönli­cher As­sis­tent für Men­schen mit ei­ner schwe­ren Be­hin­de­rung ein­ge­stellt.
5 In „§ 3 Ar­beits­zeit“ heißt es:
6 "1.1 Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer ver­ein­ba­ren in ge­gen­sei­ti­gem Ein­verständ­nis ein­mo­nat­lich wech­seln­des Ar­beits­vo­lu­men.
7 1.2 Die Ar­beits­zeit ver­teilt sich grundsätz­lich auf die Wo­chen­ta­ge Mon­tag bis Frei­tag (5 Ta­ge Wo­che), dar­aus er­gibt sich ei­ne durch­schnitt­li­che tägli­che Ar­beits­zeit, die mo­nat­lich va­ri­ie­ren kann. Der Ar­beit­neh­mer ver­pflich­tet sich zu fle­xi­blen Ar­beits­zei­ten, die auch ei­ne Ar­beit nachts, am Sams­tag, Sonn­tag und Fei­er­tag be­inhal­ten kann. Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer le­gen die in­di­vi­du­el­len ar­beits­zeit­li­chen Kon­di­tio­nen in ei­nem An­hang zum Ar­beits­ver­trag fest. Ih­re La­ge rich­tet sich nach der be­trieb­li­chen Ein­tei­lung. Der Ar­beit­ge­ber behält sich vor, Ver­tei­lung und La­ge der Ar­beits­zeit nach bil­li­gem Er­mes­sen näher zu be­stim­men und auch nachträglich zu re­geln."
8 In „§ 4 Vergütung“ des Ar­beits­ver­tra­ges heißt es:
9 "Die Brut­to­vergütung pro Ar­beits­stun­de beträgt 10,00 EUR."
10 In „ § 12 be­trieb­li­che und ta­rif­li­che Re­ge­lung/Öff­nungs­klau­sel“ heißt es:
11 "Zur Zeit des Ver­trags­ab­schlus­ses be­ste­hen fol­gen­de Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen:
12 Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­rung für Beschäftig­te mit fes­tem De­pu­tat vom 13.12.2012
13 Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­rung für Beschäftig­te mit wech­seln­dem Ar­beits­vo­lu­men vom 13.12.2012."
14 Im Be­trieb wird auf der Grund­la­ge die­ser Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen hin­sicht­lich der Vergütung zwi­schen Beschäftig­ten mit fes­tem De­pu­tat und Beschäftig­ten mit wech­seln­dem Ar­beits­vo­lu­men un­ter­schie­den.
15 § 1 der Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­rung für die Beschäftig­ten mit wech­seln­den Ar­beits­vo­lu­men (Anl. K6) re­gelt:
16 "Die­se Be­triebs­ver­ein­ba­rung gilt für Beschäftig­te, die im Rah­men ei­ner Ge­ringfügig­keit, ei­nes zeit­lich be­grenz­ten Aus­hilfs­ver­tra­ges und mit un­ter­schied­lich mo­nat­li­chem Ar­beits­vo­lu­men für den Hilfs­dienst... tätig sind. Die Beschäftig­te re­gelt mit dem Ar­beit­ge­ber in­di­vi­du­ell und mo­nat­lich die Ar­beitsmöglich­kei­ten.
17 § 13 Ein­grup­pie­rung
18 (1) Die Ent­gel­te wer­den je Ar­beits­stun­de wie folgt be­rech­net:
19 So­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Beschäftig­te 10,00 EUR."
20 § 1 der Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­rung für die Beschäftig­ten mit fes­tem De­pu­tat (Anl. K7) re­gelt:
21 "Die­se Be­triebs­ver­ein­ba­rung gilt für Beschäftig­te, die im Rah­men ei­ner länger­fris­ti­gen re­gelmäßigen mo­nat­li­chen Ar­beits­zeit (ei­nem fes­ten De­pu­tat) für den Hilfs­dienst so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tig tätig sind. Die Ermögli­chung von Ar­beit an Wo­chen­en­den und Fei­er­tag gilt hier als Vor­aus­set­zung.
22 § 14 Ein­grup­pie­rung
23 (1) In An­leh­nung an die Ent­gelt­grup­pen des TVöD/VKA wer­den die Beschäftig­ten in der As­sis­tenz der Ent­gelt­grup­pe 2 zu­ge­ord­net."
24 We­gen des wei­te­ren In­hal­tes der ge­nann­ten Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen wird auf de­ren Wie­der­ga­be im ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teil Be­zug ge­nom­men.
25 Die tatsächli­che Hand­ha­bung un­ter An­wen­dung der Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen und der Vergütungs­fin­dung ge­stal­tet sich bei dem Be­klag­ten so, dass Mit­ar­bei­ter mit ei­nem wech­seln­den De­pu­tat ih­re Wünsche, wann, in wel­chem zeit­li­chen Um­fang und bei wel­chem Kun­den sie ih­re Ar­beits­leis­tung er­brin­gen wol­len, dem Be­klag­ten zu­vor mit­tei­len. Der Be­klag­te hat ge­genüber den Mit­ar­bei­tern mit wech­seln­dem De­pu­tat kei­ne Be­fug­nis, ih­nen Ar­beit zu­zu­wei­sen, sei es bezüglich der zeit­li­chen La­ge, sei es bezüglich des Um­fan­ges der Ar­beits­leis­tung. Die­se Mit­ar­bei­ter er­hal­ten ei­ne St­un­den­vergütung von zehn Eu­ro. Mit­ar­bei­ter mit ei­nem fes­ten De­pu­tat mel­den auch ih­re Wünsche bezüglich der Ein­tei­lung zur Ar­beit an, de­nen der Be­klag­te nach Möglich­keit nach­kommt. Bezüglich die­ser Mit­ar­bei­ter be­steht je­doch hin­sicht­lich der zeit­li­chen La­ge der Ar­beits­leis­tung so­wie des je­wei­li­gen Kun­den Wei­sungs­recht des Be­klag­ten.
26 Mit sei­ner beim Ar­beits­ge­richt am 17. No­vem­ber 2016 ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge be­gehr­te der Kläger, so­weit für die Be­ru­fung noch von In­ter­es­se, die Fest­stel­lung, dass er nach der Vergütungs­grup­pe E2 des Ta­rif­ver­tra­ges TVöD/VKA zu vergüten ist und er ver­langt ab Ok­to­ber 2016 die Dif­fe­renz­vergütung zwi­schen der er­hal­te­nen St­un­den­vergütung von zehn Eu­ro und der Vergütung, die bei ei­ner Ein­grup­pie­rung in die Vergütungs­grup­pe E2 des TVöD/VKA zu zah­len wäre.
27 Zur Be­gründung trägt er un­ter an­de­rem vor, ein sach­li­cher Grund für die Un­ter­schei­dung zwi­schen den Ar­beit­neh­mern, die ein fes­tes De­pu­tat hätten und den­je­ni­gen, die ein wech­seln­des Ar­beits­vo­lu­men ha­ben be­ste­he nicht. Im Übri­gen sei auch er - der Kläger - fest im Rah­men der St­un­den­pla­nung ein­ge­teilt ge­we­sen. Es ge­be kei­nen sach­li­chen Grund, Ar­beit­neh­mer bei glei­cher Tätig­keit un­ter­schied­lich zu vergüten, nur weil die ei­nen fle­xi­bler als die an­de­ren ein­ge­setzt wer­den könn­ten. Die Ar­beits­leis­tung un­ter­schei­de sich schließlich nicht.
28 Der Kläger hat vor dem Ar­beits­ge­richt – so­fern für die Be­ru­fung noch von In­ter­es­se – be­an­tragt,
29 1. fest­zu­stel­len, dass der Kläger nach der Vergütungs­grup­pe E2 des Ta­rif­ver­tra­ges TVöD/VKA zu vergüten ist,
30 2. den be­klag­ten Ver­ein zu ver­ur­tei­len, an den Kläger für Ok­to­ber 2016 EUR 498,51 brut­to, für No­vem­ber 2016 EUR 249,90 brut­to, für De­zem­ber 2016 EUR 334,90 brut­to und für Ja­nu­ar 2017 EUR 245,30 brut­to je­weils nebst Zin­sen i.H.v. 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit dem 1. des Fol­ge­mo­nats zu zah­len und darüber hin­aus an den Kläger EUR 120,00 net­to nebst Zin­sen i.H.v. 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len.
31 Der Be­klag­te hat be­an­tragt,
32 die Kla­ge ab­zu­wei­sen.
33 Er trägt vor, der Kläger sei nach den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen ein Ar­beit­neh­mer mit wech­seln­dem De­pu­tat. Da der Kläger stu­die­re, sei er im­mer mit wech­seln­dem Ar­beits­vo­lu­men ein­ge­setzt wor­den, da er vie­le nicht dis­po­ni­ble Zei­ten ge­habt ha­be. Er ha­be sei­ne Ar­beitsmöglich­kei­ten je­weils der Geschäfts­lei­tung ge­mel­det und man ha­be dann ge­schaut, wel­che Be­treu­ungstätig­keit er ausfüllen könne. Da die Mit­ar­bei­ter mit wech­seln­dem Ar­beits­vo­lu­men nicht in glei­chem Maße ein­setz­bar sei­en und ei­nen höhe­ren Be­treu­ungs­auf­wand ver­ur­sach­ten, recht­fer­ti­ge dies die un­ter­schied­li­che Vergütung.
34 Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge durch das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil ab­ge­wie­sen und – so­weit für die Be­ru­fung von In­ter­es­se – aus­geführt, der Fest­stel­lungs­an­trag bezüglich der Ein­grup­pie­rung in die Ent­gelt­grup­pe E2 des TVöD/VKA sei zwar zulässig, je­doch un­be­gründet. Ein sol­cher An­spruch er­ge­be sich we­der aus den ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen noch aus dem all­ge­mei­nen ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz. Der Kläger wer­de im Verhält­nis zu Voll­zeit­beschäftig­ten auch nicht we­gen sei­ner Teil­zeit un­gleich be­han­delt. Das Un­ter­schei­dungs­merk­mal knüpfe nicht an das Ar­beits­zeit­vo­lu­men an, son­dern ob ein fes­tes De­pu­tat ver­ein­bart wor­den sei. In bei­den Beschäftig­ten­grup­pen ge­be es Teil­zeit­beschäftig­te. Der Kläger könne den An­spruch auch nicht aus dem ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ab­lei­ten. Die Grup­pen­bil­dung sei durch ei­nen sach­li­chen Grund ge­recht­fer­tigt. Da das mo­nat­li­che Ar­beits­vo­lu­men des Klägers ei­ner Ver­ein­ba­rung im ge­gen­sei­ti­gen Ein­ver­neh­men der Par­tei­en bedürfe, ste­he es dem Kläger Mo­nat für Mo­nat frei, ob und in wel­chem zeit­li­chen Um­fang er Ar­beitseinsätze mit dem Be­klag­ten ver­ein­bart. Da­durch sei das Di­rek­ti­ons­recht des Be­klag­ten in er­heb­li­chem Um­fang ein­ge­schränkt. Dass auch bei Mit­ar­bei­tern mit fes­tem De­pu­tat ge­wis­se Fle­xi­bi­li­sie­rungsmöglich­kei­ten bestünden wie et­wa ein Ar­beits­zeit­kon­to ände­re dar­an nichts. Mit­ar­bei­ter mit wech­seln­dem Ar­beits­vo­lu­men wie der Kläger sei­en nicht in glei­chem Maße ein­setz­bar wie Mit­ar­bei­ter mit fes­tem De­pu­tat. Das recht­fer­ti­ge die vor­lie­gen­de Un­gleich­be­hand­lung. Aus die­sem Grund fehlt es auch an ei­ner Rechts­grund­la­ge für die Zah­lungs­ansprüche. Da­her könne der Kläger auch nicht die Ver­zug­s­pau­scha­le nach § 288 Abs. 5 BGB ver­lan­gen.
35 We­gen der wei­te­ren Be­gründung wird auf das ar­beits­ge­richt­li­che Ur­teil Be­zug ge­nom­men.
36 Ge­gen das sei­nem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten am 24. März 2017 zu­ge­stell­te Ur­teil leg­te der Kläger frist­ge­recht am 3. April 2014 Be­ru­fung ein und be­gründe­te die­se in­ner­halb der auf­grund frist­ge­rech­ten An­trags bis zum 26. April 2017 verlänger­ten Be­ru­fungs­be­gründungs­frist frist­ge­recht am 24. April 2017.
37 Zur Be­gründung führ­te er aus, es lie­ge be­reits ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen sei­ner Teil­zeittätig­keit vor. Die Grup­pe der Mit­ar­bei­ter mit wech­seln­dem De­pu­tat ar­bei­te­ten al­le in Teil­zeit, während in der Grup­pe der Mit­ar­bei­ter mit fes­tem De­pu­tat über­wie­gend, zu et­wa 80 % in Voll­zeit ge­ar­bei­tet wer­de. Aus die­sem Grun­de sei ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­rich­tes da­von aus­zu­ge­hen, dass durch die bei dem Be­klag­ten prak­ti­zier­te Dif­fe­ren­zie­rung hin­sicht­lich der Vergütung von Mit­ar­bei­tern mit fes­tem und Mit­ar­bei­tern mit wech­seln­dem De­pu­tat ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen der Teil­zeittätig­keit des Klägers vor­lie­ge. Je­den­falls ge­he das erst­in­stanz­li­che Ur­teil rechts­ir­rig da­von aus, dass ein sach­li­cher Grund für die Un­gleich­be­hand­lung des Klägers ge­genüber Mit­ar­bei­tern mit fes­tem De­pu­tat hin­sicht­lich der Vergütung be­ste­he. Al­lein die Tat­sa­che, dass der Kläger größeren Ein­fluss auf die Ge­stal­tung der Ar­beits­zeit ha­be als an­de­re Beschäftig­te, sei kein Recht­fer­ti­gungs­grund für ei­ne Un­gleich­be­hand­lung. Aus die­ser Re­ge­lung ergäben sich auch für den be­klag­ten Ver­ein Vor­tei­le, bei­spiels­wei­se kei­nen An­nah­me­ver­zugs­lohn zah­len zu müssen. Der von dem Be­klag­ten be­haup­te­te erhöhte Ver­wal­tungs­auf­wand bei Ar­beit­neh­mern mit wech­seln­dem De­pu­tat wer­de be­strit­ten. Je­den­falls recht­fer­tig­ten ge­ringfügi­ge zeit­li­che Mehr­auf­wen­dun­gen nicht ei­ne so er­heb­li­che Vergütungs­dif­fe­renz. Je mehr der Kläger ar­bei­te, des­to stärker wer­de er ge­genüber den an­de­ren Mit­ar­bei­tern mit fes­tem De­pu­tat be­nach­tei­ligt. Im Übri­gen un­terstütze der Kläger selbst pla­ne­risch den Be­klag­ten. Aus die­sem Grun­de ent­ste­he gar nicht der be­haup­te­te Ver­wal­tungs­auf­wand. Auch der Kläger könne im Übri­gen nicht ar­bei­ten wann er wol­le. Er könne sich teil­wei­se nur Zei­ten aus­su­chen, an de­nen sei­ne Ar­beits­kraft benötigt wer­de. Darüber hin­aus sei der Kläger selbst in die Dienst­pla­nung ein­be­zo­gen. Er müsse bis zum ach­ten des Vor­mo­nats dem be­klag­ten Ver­ein Vor­schläge in Be­zug auf sei­nen Ein­satz un­ter­brei­ten. Je­doch auch Mit­ar­bei­tern mit fes­tem De­pu­tat sei es möglich, ent­spre­chen­de Wünsche für den Ein­satz­plan vor­ab zu äußern. Zu­dem würde je­der Mit­ar­bei­ter, egal in wel­chem De­pu­tat er ar­bei­tet, bei ent­spre­chen­dem be­trieb­li­chen Be­darf auch kurz­fris­tig ein­sprin­gen, weil an­sons­ten der Be­treu­ungs­be­darf des Kun­den nicht ab­ge­deckt wer­de. Der Ar­beits­be­darf bei den be­hin­der­ten Kun­den schwan­ke. Darüber hin­aus ha­be der Be­klag­te auch Er­war­tungs­hal­tun­gen, dass der Kläger sich re­gelmäßig für die Be­treu­ung sei­ner zwei Kun­den, die er ständig be­treue, ein­tra­ge. So sei der Be­klag­te dar­an in­ter­es­siert, dass der Kläger nicht all­zu fle­xi­bel hin­sicht­lich sei­ner Kun­den wech­se­le und dass die ent­spre­chen­den vor­ge­ge­be­nen Zei­ten bei den Kun­den, die er zu­ge­teilt be­kom­men hat, ein­ge­hal­ten wer­den. Die kon­kre­te Dienst­plan­ge­stal­tung se­he so aus, dass der Kläger bei der ers­ten Vor­pla­nung ei­nen Ein­satz­plan er­hal­te. Dar­in würden die noch of­fe­nen Schich­ten aus­ge­wie­sen und die Mit­ar­bei­ter, gleich ob fes­tes oder wech­seln­des De­pu­tat könn­ten dann ent­schei­den, ob sie die­se Schich­ten ab­de­cken woll­ten. Die Mit­ar­bei­ter übten un­abhängig von der Art der De­pu­ta­te die glei­che Tätig­keit aus.
38 Der Kläger hat sei­ne Kla­ge mehr­fach, auch nach Ab­lauf der Be­ru­fungs­be­gründungs­frist er­wei­tert und Dif­fe­renz­vergütung für wei­te­re Mo­na­te gel­tend ge­macht. Für die Be­rech­nung der Kla­ge­for­de­rung wird auf V. der Be­ru­fungs­be­gründung und den Schrift­satz vom 18. Ju­li 2017, Sei­te 102 Be­zug ge­nom­men.
39 Der Kläger be­an­tragt zu­letzt:
40 1. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frei­burg vom 14.3.2017, Az. 4 Ca 332/16 wird ab­geändert.
41 2. Es wird fest­ge­stellt, dass der Kläger nach der Vergütungs­grup­pe E2 des Ta­rif­ver­tra­ges TVöD/VKA zu vergüten ist.
42 3. Der be­klag­te Ver­ein wird ver­ur­teilt, an den Kläger für den Mo­nat
43 Ok­to­ber 2016 EUR 498,51
44

No­vem­ber 2016 EUR 239,20

45 De­zem­ber 2016 EUR 329,40
46 Ja­nu­ar 2017 EUR 245,30
47 Fe­bru­ar 2017 EUR 232,59
48 März 2017 EUR 405,29
49 April 2017 EUR 279,44
50 Mai 2017 EUR 259,29
51 Ju­ni 2017 EUR 348,15
52 je­weils brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit dem 01. des Fol­ge­mo­nats zu zah­len.
53 Der Be­klag­te be­an­tragt,
54 die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.
55 Er trägt zur Be­gründung vor, das Ar­beits­ge­richt ha­be die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Der Be­klag­te könne Ar­beits­leis­tung des Klägers nicht ab­for­dern, son­dern die Ein­satzmöglich­kei­ten ge­be der Kläger vor. Da­her schei­de auch Ar­beit auf Ab­ruf be­reits aus Rechts­gründen aus. Es sei aus­sch­ließlich der Kläger, der das Zeit­fens­ter für sei­ne Ar­beitseinsätze vor­ge­be. Er ar­bei­te nach ei­ner ei­ge­nen Wunsch­lis­te. Wenn er nicht wol­le oder nicht könne, ar­bei­te er nicht. Die Kun­denwünsche sei­en für die Vor­ga­be der Zei­ten durch den Kläger völlig ir­re­le­vant. Der Kläger sei nur ein­ge­schränkt ein­setz­bar. Die Wunsch­lis­te des Klägers er­schwe­re auch die Pla­nung für den Be­klag­ten. Die Pla­nung se­he für den Kläger je­den Mo­nat an­ders aus. Da­her sei es ge­recht­fer­tigt im Sin­ne ei­ner zulässi­gen Un­gleich­be­hand­lung, wenn der Be­klag­te mit sei­nem Be­triebs­rat ver­ein­bart ha­be, dass Mit­ar­bei­ter mit fes­tem De­pu­tat an­ders vergütet würden als Mit­ar­bei­ter mit wech­seln­dem, von ih­nen selbst zu be­stim­men­den De­pu­tat.
56

We­gen des wei­te­ren Par­tei­vor­trags wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

57 Die zulässi­ge Be­ru­fung ist un­be­gründet und war da­her zurück­zu­wei­sen.
I.
58 Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG an sich statt­haf­te Be­ru­fung ist in­ner­halb der Fris­ten des § 66 Abs. 1 ArbGG frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Die Form der Be­ru­fungs­ein­le­gung und der Be­gründung genügen den §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO. Die Be­ru­fung ist da­her zulässig.
59 Die in der Be­ru­fung vor­ge­nom­me­ne Kla­ge­er­wei­te­rung bezüglich der Ansprüche auf Dif­fe­renz­vergütung für die Mo­na­te Fe­bru­ar bis Ju­ni 2017 ist nach § 533 ZPO zulässig. Der Be­ru­fungskläger kann das Rechts­mit­tel nach Ab­lauf der Be­gründungs­frist bis zum Schluss der Be­ru­fungs­ver­hand­lung er­wei­tern, so­weit die frist­ge­recht vor­ge­tra­ge­nen Be­ru­fungs­gründe die An­trags­er­wei­te­rung de­cken (BAG, 18. Fe­bru­ar 2016 – 8 AZR 426/14). Das ist der Fall, da der Kläger le­dig­lich sei­ne Ansprüche auf Dif­fe­renz­vergütung fort­ge­schrie­ben hat. Auch die wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen des § 533 ZPO sind erfüllt. Zum ei­nen hat sich der Be­klag­te rüge­los auf die Kla­ge­er­wei­te­rung ein­ge­las­sen, darüber hin­aus ist sie auch sach­dien­lich, weil mit ihr auf der Grund­la­ge des bis­he­ri­gen Streit­stan­des wei­te­re Vergütungs­ansprüche geklärt wer­den können.
II.
60 Die Be­ru­fung ist je­doch un­be­gründet, denn das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge, so­weit im vor­lie­gen­den Fall in der Be­ru­fung noch rechtshängig, zu Recht ab­ge­wie­sen.
61 Der Kläger hat kei­nen An­spruch auf Vergütung nach der Vergütungs­grup­pe E2 ist TVöD/VKA und da­mit auch kei­nen An­spruch auf Zah­lung von Dif­fe­renz­vergütung.
62 Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge mit zu­tref­fen­den Erwägun­gen ab­ge­wie­sen, so dass zunächst auf die Be­gründung des ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teils, ins­be­son­de­re die Sei­ten 16-19 Be­zug ge­nom­men wird. Der Kläger hat we­der ei­nen An­spruch aus § 1 iVm. § 13 ff. der Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­rung für Mit­ar­bei­ter mit fes­tem De­pu­tat noch nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Tz­B­fG noch auf der Grund­la­ge des ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­an­spruchs.
63 1. Der Kläger kann sei­nen An­spruch nicht auf die Re­ge­lun­gen der § 13 ff. der Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­rung für Beschäftig­te mit fes­tem De­pu­tat stützen. Er un­ter­liegt nicht ih­rem Gel­tungs­be­reich, da der Kläger mit dem Be­klag­ten kein fes­tes De­pu­tat ver­ein­bart hat und der Kläger selbst be­stim­men, in wel­chem Um­fang er für den Be­klag­ten tätig wer­den will. Die Vergütungs­re­ge­lung in § 12 der Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­rung für Beschäftig­te mit wech­seln­dem De­pu­tat ist wirk­sam.
64 a) An­halts­punk­te für ei­nen Ver­s­toß ge­gen § 77 Abs. 3 Be­trVG lie­gen nicht vor; es ist nicht er­kenn­bar, wel­chem Ar­beit­ge­ber­ver­band der Be­klag­te bei­tre­ten könn­te, so dass auf das Ar­beits­verhält­nis ei­ne ta­rif­li­che Re­ge­lung An­wen­dung fin­den könn­te. Da­zu hat auch kei­ne der Par­tei­en et­was vor­ge­tra­gen.
65 b) Die im Gel­tungs­be­reich der bei­den Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen für Beschäftig­te mit fes­tem und mit wech­seln­dem De­pu­tat vor­ge­nom­me­ne Dif­fe­ren­zie­rung bezüglich des Ent­gel­tes verstößt nicht ge­gen höher­ran­gi­ges Recht, ins­be­son­de­re nicht ge­gen § 4 Abs. 1 Satz 2 Tz­B­fG, § 75 Be­trVG.
66 aa) Das Ar­beits­ge­richt geht zunächst zu Recht da­von aus, dass der Kläger nicht we­gen sei­ner Teil­zeit­beschäfti­gung be­nach­tei­ligt wird. Auch der Kläger ge­steht zu, dass – wenn auch in zah­lenmäßig un­ter­ge­ord­ne­tem Um­fang – im Kreis der Ar­beit­neh­mer mit fes­tem De­pu­tat auch sol­che tätig sind, die in Teil­zeit ar­bei­ten. Al­ler­dings gilt die Vor­schrift auch dann, wenn teil­zeit­beschäftig­te Ar­beit­neh­mer un­ter­ein­an­der un­ter­schied­lich be­han­delt wer­den, wenn ei­ne Grup­pe der Teil­zeit­kräfte wie Voll­zeit­beschäftig­te be­han­delt und die an­de­re Grup­pe der Teil­zeit­beschäftig­ten von ein­zel­nen Leis­tun­gen aus­ge­schlos­sen wird (BAG, 5. Au­gust 2009 – 10 AZR 634/08). Die Dif­fe­ren­zie­rung im persönli­chen Gel­tungs­be­reich der bei­den Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen knüpfen je­doch nicht an ei­ne Teil­zeittätig­keit an, son­dern aus­sch­ließlich an das Merk­mal ei­nes fes­ten oder vom Ar­beit­neh­mer frei be­stimm­ba­ren („wech­seln­den“) De­pu­tats. Der Um­stand, dass Teil­zeit­beschäftig­te in bei­den Grup­pen tätig sind be­legt, dass nicht die Teil­zeit­beschäfti­gung An­knüpfungs­punkt für die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung ist, son­dern das vom Ar­beit­neh­mer frei be­stimm­ba­re Ar­beits­vo­lu­men ge­genüber dem „fes­ten De­pu­tat“. Es fehlt da­her an ei­ner un­mit­tel­ba­ren Be­nach­tei­li­gung je­den­falls der so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tig teil­zeit­beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer.
67 § 4 Abs. 1 Tz­B­fG ver­bie­tet je­doch auch mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­run­gen we­gen der Teil­zeittätig­keit (MünchH­dbAR/Schüren § 45, Rn 98; NK-GA/Böhm, § 4 Tz­B­fG, Rn 8). Das ist dann der Fall, wenn ei­ne Re­ge­lung da­zu führt, dass ty­pi­scher­wei­se Teil­zeit­beschäftig­te ge­genüber Voll­zeit­beschäftig­ten be­nach­tei­ligt wer­den (MünchH­dbAR/Schüren § 45, Rn 98). Nach der Be­haup­tung des Klägers, die Mit­ar­bei­ter mit wech­seln­dem De­pu­tat sei­en aus­sch­ließlich Teil­zeit­beschäftig­te, während bei Mit­ar­bei­tern mit fes­tem De­pu­tat nur ein ge­rin­ger An­teil von Teil­zeit­beschäftig­ten fest­stell­bar sei, be­legt – ih­re Rich­tig­keit un­ter­stellt – zu­min­dest ei­nen sta­tis­ti­schen Zu­sam­men­hang zwi­schen Teil­zeittätig­keit und fes­tem oder wech­seln­dem De­pu­tat.
68 Al­ler­dings bie­tet der Be­klag­te Teil­zeit­beschäftig­ten eben­so die Möglich­keit, in fes­ten De­pu­ta­ten zu ar­bei­ten. Der Be­klag­te hat - vom Kläger un­be­strit­ten - vor­ge­tra­gen, dass er auch ihm an­ge­bo­ten hat, in ei­nem fes­ten De­pu­tat – dann al­ler­dings mit der Kon­se­quenz, dass er hin­sicht­lich sei­ner Ar­beits­zeit sei­nem Wei­sungs­recht un­ter­liegt – zu ar­bei­ten. Teil­zeit­beschäftig­te wer­den da­her schon des­halb nicht we­gen ih­rer Teil­zeittätig­keit be­nach­tei­ligt, weil sie, an­ders als Voll­zeit­beschäftig­te, die Wahl ha­ben, ob sie in ei­nem fes­ten De­pu­tat oder in ei­nem wech­seln­den De­pu­tat ar­bei­ten. Die Teil­zeit­beschäfti­gung ist da­her nicht, auch nicht mit­tel­bar, ursächlich dafür, dass Teil­zeit­beschäftig­te häufi­ger in ei­nem wech­seln­den De­pu­tat ar­bei­ten als Voll­zeit­beschäftig­te. Viel­mehr ist es die freie Ent­schei­dung des je­wei­li­gen teil­zeit­beschäftig­ten Mit­ar­bei­ters, sich dem Wei­sungs­recht des Be­klag­ten hin­sicht­lich des Vo­lu­mens der Ar­beits­zeit und der zeit­li­chen La­ge nicht zu un­ter­stel­len durch die Wahl des wech­seln­den De­pu­tats. Dar­in liegt die Ur­sa­che der Un­gleich­be­hand­lung, nicht in der Teil­zeittätig­keit selbst.
69 Dass die Be­triebs­ver­ein­ba­rung für Ar­beit­neh­mer mit wech­seln­dem De­pu­tat mögli­cher­wei­se bezüglich an­de­rer Per­so­nen­grup­pen von Teil­zeit­beschäftig­ten wie ge­ringfügig beschäftig­ten Ar­beit­neh­mern un­wirk­sam ist, spielt hier kei­ne Rol­le, weil der Kläger nicht zu die­ser Per­so­nen­grup­pe gehört.
70 bb) Die Dif­fe­ren­zie­rung der Vergütung durch die Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen nach wech­seln­dem oder fes­tem De­pu­tat verstößt auch nicht ge­gen § 75 Be­trVG.
71 (a) Da­nach ha­ben die Be­triebs­par­tei­en darüber zu wa­chen, dass al­le im Be­trieb täti­gen Per­so­nen nach den Grundsätzen von Recht und Bil­lig­keit be­han­delt wer­den. Die­sen Grundsätzen gehört ins­be­son­de­re auch der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz, dem wie­der­um der all­ge­mei­ne Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG zu­grun­de liegt (ErfK/Ka­nia, § 75 Be­trVG Rn 5).
72 Dem genügen die streit­ge­genständ­li­chen Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen hin­sicht­lich ih­rer Dif­fe­ren­zie­rung bei der Vergütung nach fes­tem oder wech­seln­dem De­pu­tat.
73 Das führt zwar da­zu, dass ei­ne Ar­beits­leis­tung, die in ih­rem Kern der Tätig­keit gleich ist, un­ter­schied­lich vergütet wird. Der Grund­satz "Glei­cher Lohn für glei­che Ar­beit" ist in der deut­schen Rechts­ord­nung je­doch kei­ne all­ge­meingülti­ge An­spruchs­grund­la­ge, son­dern be­darf der Um­set­zung in An­spruchs­grund­la­gen (BAG, 21. Ju­ni 2000 – 5 AZR 806/98 –, ju­ris).
74 Die Be­triebs­par­tei­en ha­ben bei Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG die Grundsätze von Recht und Bil­lig­keit zu be­ach­ten. Da­zu gehört ins­be­son­de­re der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz, dem wie­der­um der all­ge­mei­ne Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG zu­grun­de liegt. Die­ser ist Aus­druck des Ge­rech­tig­keits­ge­dan­kens im Grund­ge­setz und fun­da­men­ta­les Recht­s­prin­zip. Er zielt dar­auf ab, ei­ne Gleich­be­hand­lung von Per­so­nen in ver­gleich­ba­ren Sach­ver­hal­ten si­cher­zu­stel­len und ei­ne gleich­heits­wid­ri­ge Re­gel­bil­dung aus­zu­sch­ließen.
75 Er kommt ins­be­son­de­re zur An­wen­dung, wenn die Be­triebs­par­tei­en bei ei­ner Re­ge­lung un­ter­schied­li­che Grup­pen bil­den. Sind für ver­schie­de­ne Ar­beit­neh­mer­grup­pen un­ter­schied­li­che Rechts­fol­gen - ins­be­son­de­re un­ter­schied­li­che Leis­tun­gen - vor­ge­se­hen, ver­langt der Gleich­heits­satz, dass die­se Un­ter­schied­lich­keit sach­lich ge­recht­fer­tigt ist. Da­bei verstößt ei­ne sach­ver­halts­be­zo­ge­ne Un­gleich­be­hand­lung erst dann ge­gen den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünf­ti­ger Grund für die Dif­fe­ren­zie­rung nicht fin­den lässt. Da­ge­gen ist bei ei­ner per­so­nen­be­zo­ge­nen Un­gleich­be­hand­lung der Gleich­heits­satz be­reits dann ver­letzt, wenn ei­ne Grup­pe von Nor­madres­sa­ten im Ver­gleich zu an­de­ren Nor­madres­sa­ten an­ders be­han­delt wird, ob­wohl zwi­schen bei­den Grup­pen kei­ne Un­ter­schie­de von sol­cher Art und sol­chem Ge­wicht be­ste­hen, dass sie die un­glei­che Be­hand­lung recht­fer­ti­gen könn­ten.
76 Die Übergänge zwi­schen sach­ver­halts­be­zo­ge­nen und per­so­nen­be­zo­ge­nen Dif­fe­ren­zie­run­gen sind bis­wei­len fließend. Ins­be­son­de­re kann ei­ne Un­gleich­be­hand­lung von Sach­ver­hal­ten mit­tel­bar ei­ne Un­gleich­be­hand­lung von Per­so­nen­grup­pen be­wir­ken.
77 Maßgeb­lich für das Vor­lie­gen ei­nes hin­rei­chen­den Sach­grunds ist vor al­lem der mit der Re­ge­lung ver­folg­te Zweck. Un­ter des­sen Berück­sich­ti­gung müssen die Merk­ma­le an wel­che die Grup­pen­bil­dung an­knüpft, die Dif­fe­ren­zie­rung bei den Rechts­fol­gen recht­fer­ti­gen.
78 Im Übri­gen ha­ben die Be­triebs­par­tei­en eben­so wie an­de­re Norm­ge­ber ei­nen Be­ur­tei­lungs­spiel­raum und ei­ne Einschätzungs­präro­ga­ti­ve hin­sicht­lich der tatsächli­chen Vor­aus­set­zun­gen und Fol­gen der von ih­nen ge­setz­ten Re­geln (BAG, Ur­teil vom 22. März 2005 – 1 AZR 49/04, Rn. 19ff).
79 (b) Selbst wenn im vor­lie­gen­den Fall der stren­ge­re Maßstab für ei­ne per­so­nen­be­zo­ge­ne Un­gleich­be­hand­lung zu­grun­de ge­legt wird, hal­ten die Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen hin­sicht­lich der Dif­fe­ren­zie­rung bei der Vergütung nach wech­seln­dem und fes­tem De­pu­tat dem stand.
80 (1) Al­ler­dings bedürfen die Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen der Aus­le­gung. Die Re­ge­lun­gen des persönli­chen Gel­tungs­be­reichs nach § 1 Satz 2 RBV wech­seln­des De­pu­tat, „wo­nach die Beschäftig­te mit dem Ar­beit­ge­ber in­di­vi­du­ell und mo­nat­lich die Ar­beitsmöglich­kei­ten re­gelt“ steht zum Teil im Wi­der­spruch zu an­de­ren Re­ge­lun­gen die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung. So legt § 8 Abs. 1 RBV wech­seln­des De­pu­tat ei­ne re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit fest und § 11 Abs. 1 RBV wech­seln­des De­pu­tat ver­pflich­ten Mit­ar­bei­ter, ge­ge­be­nen­falls Sonn­tags­ar­beit oder Nacht­ar­beit dienst­planmäßig zu leis­ten. Al­ler­dings ent­spricht es nach dem übe­rein­stim­men­den Vor­trag bei­der Par­tei­en der be­trieb­li­chen Pra­xis und dem be­trieb­li­chen Verständ­nis der RBV wech­seln­des De­pu­tat, dass die Ar­beit­neh­mer, die ein wech­seln­des De­pu­tat wählen, die­sen Re­strik­tio­nen in­so­weit nicht un­ter­lie­gen, wenn sie nicht zu­vor ih­re Be­reit­schaft im Rah­men des mo­nat­lich zu ver­ein­ba­ren­den De­pu­tats für der­ar­ti­ge Ar­beits­zei­ten be­kun­det ha­ben. So­wohl die Re­ge­lung in § 3 des Ar­beits­ver­tra­ges als auch die nach übe­rein­stim­men­dem Vor­trag der Par­tei­en ent­spre­chend ge­leb­te be­trieb­li­che Pra­xis be­le­gen, dass die Be­triebs­ver­ein­ba­rung da­hin­ge­hend zu ver­ste­hen ist, dass das Wei­sungs­recht des Ar­beit­ge­bers bezüglich der La­ge der Ar­beits­zeit von der vor­he­ri­gen Zu­stim­mung des Ar­beit­neh­mers zu be­stimm­ten Ar­beits­zei­ten abhängig ist und, dass der Ar­beit­neh­mer nicht ge­gen sei­nen Wil­len zu Ar­beits­leis­tun­gen her­an­ge­zo­gen wer­den kann.
81 (2) Die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung der Mit­ar­bei­ter mit fes­tem und mit wech­seln­dem, selbst­be­stimm­tem De­pu­tat ist ein Un­ter­schied von sol­chem Ge­wicht, der recht­fer­tigt, hin­sicht­lich der Vergütung zu dif­fe­ren­zie­ren und ge­genüber Mit­ar­bei­tern, die ihr De­pu­tat selbst be­stim­men können, ei­ne ge­rin­ge­re Vergütung vor­zu­se­hen.
82 Da­bei kann mit dem Kläger da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass der zusätz­li­che Auf­wand für den Be­klag­ten, Mit­ar­bei­ter mit wech­seln­dem De­pu­tat zu pla­nen, kein Grund ist, ei­ne ge­rin­ge­re Vergütung vor­zu­se­hen, weil der Auf­wand über­schau­bar ist und zu­dem auch Mit­ar­bei­ter mit fes­tem De­pu­tat Wünsche für ih­re Tätig­keit äußern können. Dass der Be­klag­te spe­zi­ell ge­genüber dem Kläger mo­niert, dass die­ser be­son­ders schwer um­setz­ba­re Vor­ga­ben für sei­ne Ar­beits­ein­tei­lung macht, kann nicht her­an­ge­zo­gen wer­den für die ge­ne­rell zu be­ant­wor­ten­de Fra­ge, ob die Dif­fe­ren­zie­rung durch die bei­den Rah­men­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen zulässig ist. Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, dass der Um­stand, dass der Kläger im Mo­nat selbst be­stim­men kann, in wel­chem Um­fang er ar­bei­tet, recht­fer­tigt, dass er ei­ne ge­rin­ge­re Vergütung erhält. Sei­ne Ar­beits­leis­tung ist zwar nicht im Kern we­ni­ger wert als die Ar­beits­leis­tung ei­nes Mit­ar­bei­ters mit fes­tem De­pu­tat. Der Wert ei­ner Ar­beits­leis­tung wird für den Ar­beit­ge­ber je­doch auch darüber hin­aus da­durch be­stimmt, wie fle­xi­bel er ei­nen Mit­ar­bei­ter durch sein Di­rek­ti­ons­recht ein­set­zen kann. Das Ar­beits­ge­richt weist zu Recht dar­auf hin, dass hier ein er­heb­li­cher Un­ter­schied zwi­schen den Mit­ar­bei­tern mit fes­tem und mit wech­seln­dem De­pu­tat be­steht. Die Ar­beits­leis­tung ei­nes Mit­ar­bei­ters mit fes­tem De­pu­tat kann der Be­klag­te im Rah­men sei­ner be­trieb­li­chen Bedürf­nis­se durch Wei­sungs­recht dis­po­nie­ren. Zur Erfüllung sei­ner be­trieb­li­chen Be­lan­ge und zur Ab­de­ckung ins­be­son­de­re des an­fal­len­den Ar­beits­be­dar­fes ist dem Be­klag­ten ge­genüber Mit­ar­bei­tern mit ei­nem fes­ten De­pu­tat die Möglich­keit ein­geräumt, durch Wei­sungs­recht ein­sei­tig zu be­stim­men, wann und wo die­ser Mit­ar­bei­ter zu ar­bei­ten hat. Das al­les kann er ge­genüber dem Kläger nicht. Er ist auf den „Good will“ des Klägers an­ge­wie­sen. Der Kläger gibt vor, wann ge­ge­be­nen­falls und wo er ar­bei­tet. Das macht den Kläger für den Be­klag­ten zu ei­nem Mit­ar­bei­ter, der bei der Ab­de­ckung sei­ner be­trieb­li­chen Bedürf­nis­se und der Not­wen­dig­keit, den Kun­den Be­treu­ungs­per­so­nen an die Sei­te zu stel­len, von ge­rin­ge­rem In­ter­es­se ist. Sei­ne Ar­beits­leis­tung ist für den Be­klag­ten in dem Sin­ne „we­ni­ger wert“, als er über die­se Ar­beits­leis­tung nicht oh­ne wei­te­res verfügen kann, son­dern nur dann, wenn der Kläger da­mit ein­ver­stan­den ist. Der Kläger kann – an­ders als ein an­de­rer Ar­beit­neh­mer - sei­ne In­ter­es­sen, zB. sein Stu­di­um ein­sei­tig über die In­ter­es­sen des Be­klag­ten stel­len und ist zu kei­ner Rück­sicht­nah­me auf die be­trieb­li­chen In­ter­es­sen des Be­klag­ten ver­pflich­tet.
83 Die Vergütung, die ein Ar­beit­neh­mer erhält, erhält er nicht nur für sei­ne kon­kre­te Ar­beits­leis­tung, son­dern auch dafür, dass er sich im Sin­ne des § 611 Buchst. a BGB frem­dem Wei­sungs­recht un­ter­wirft. Die­ses be­las­ten­de Ele­ment ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses fehlt bei dem Kläger - er un­ter­wirft sich nur von Fall zu Fall, aber nicht ge­ne­rell dem Wei­sungs­recht des Be­klag­ten, wann und wo er sei­ne Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen hat. Die­se Tätig­keit ist für den Kläger auch we­ni­ger be­las­tend als die Tätig­keit in ei­nem fes­ten De­pu­tat, weil er dem Wei­sungs­recht des Be­klag­ten hin­sicht­lich Um­fang und Zeit der Ar­beits­leis­tung nicht aus­ge­setzt ist, son­dern die­se ty­pi­schen Ele­men­te ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses aty­pi­scher Wei­se selbst be­stim­men kann.
84 So­weit der Kläger be­haup­tet, der Be­klag­te ha­be von die­ser Re­ge­lung Vor­tei­le, weil sie ge­ge­be­nen­falls kei­nen An­nah­me­ver­zug zu zah­len brau­che ist das nicht oh­ne wei­te­res rich­tig. Wenn sich der Be­klag­te wei­gert, mit dem Kläger ei­ne mo­nat­li­che Ver­ein­ba­rung über des­sen Ar­beits­vo­lu­men zu schließen, macht sie sich ge­ge­be­nen­falls scha­dens­er­satz­pflich­tig. Der Kläger hat zwar kei­nen An­spruch dar­auf, ei­ne be­stimm­te St­un­den­zahl zu ar­bei­ten. Er hat aber ei­nen An­spruch, dass der Be­klag­te ihm nach sei­nen be­trieb­li­chen Möglich­kei­ten die von ihm vor­ge­schla­ge­nen St­un­den auch überträgt. So ent­spricht es auch der tatsächli­chen Hand­ha­bung der Par­tei­en.
85 Da­her ist es ge­recht­fer­tigt, dass der Kläger für sei­ne Ar­beits­leis­tung ei­ne ge­rin­ge­re stünd­li­che Vergütung erhält als Ar­beit­neh­mer in ei­nem fes­ten De­pu­tat.
86 Die Dif­fe­ren­zie­rung ist auch der Höhe nach nicht un­verhält­nismäßig. Der Kläger erhält der­zeit 11,00 EUR brut­to pro St­un­de, während er bei ei­ner Vergütung nach der Ent­gelt­grup­pe 2 des TVöD/VKA ab 1. Fe­bru­ar 2017 13,10 EUR er­hal­ten würde. Die­se Dif­fe­renz steht noch in ei­nem an­ge­mes­se­nen Verhält­nis zum sach­li­chen Grund für die vor­ge­nom­me­ne Dif­fe­ren­zie­rung, da sie nur rund 16 % un­ter­halb der höhe­ren Vergütung liegt.
87 Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge da­her zu Recht ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung des Klägers war zurück­zu­wei­sen.
III.
88 Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, wo­nach der Kläger die Kos­ten sei­nes er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels zu tra­gen hat. Die Re­vi­si­on war für den Kläger zu­zu­las­sen, da die auf­ge­wor­fe­ne Rechts­fra­ge nach der zulässi­gen Dif­fe­ren­zie­rung grundsätz­li­che Be­deu­tung hat.

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