HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

HANDBUCH ARBEITSRECHT

Ar­beit auf Ab­ruf (Ab­ruf­ar­beit)

In­for­ma­tio­nen zum The­ma Ar­beit auf Ab­ruf (Ab­ruf­ar­beit): Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht
Handy und Autoschlüssel

Auf die­ser Sei­te fin­den Sie In­for­ma­tio­nen zu der Fra­ge, was Ar­beit auf Ab­ruf ist, un­ter wel­chen Um­stän­den Ar­beit­neh­mer zur Ab­ruf­ar­beit ver­pflich­tet sind und wel­che ge­setz­li­chen Gren­zen Ar­beit­ge­ber bei ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen über Ab­ruf­ar­beit be­ach­ten müs­sen. 

Im Ein­zel­nen fin­den Sie Hin­wei­se zu der Fra­ge, wel­che Vor­ga­ben § 12 Teil­zeit- und Be­fris­tungs­gestz (Tz­B­fG) zur wö­chent­li­chen und täg­li­chen Ar­beits­zeit und zur An­kün­di­gung von Ar­beits­ein­sät­zen fest­legt, und ob Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ei­ne Pflicht zur Ar­beit auf Ab­ruf be­grün­den kön­nen.

von Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, Ber­lin

Was ist Ar­beit auf Ab­ruf?

Ar­beit auf Ab­ruf be­deu­tet, dass Ar­beit­ge­ber die Ar­beits­leis­tung gemäß dem wech­seln­den Ar­beits­an­fall ver­lan­gen können und dass Ar­beit­neh­mer dem­ent­spre­chend fle­xi­bel ar­bei­ten müssen.

Das heißt: Die­se Wo­che sind - auf Wei­sung des Ar­beit­ge­bers - vie­le St­un­den zu ar­bei­ten, nächs­te Wo­che dafür we­ni­ger, und die dar­auf­fol­gen­de Wo­che muss man wie­der länger ar­bei­ten.

Die Ab­ruf­ar­beit be­trifft vor al­lem Teil­zeit­kräfte. Da­her ist die we­sent­li­che ge­setz­li­che Re­ge­lung zum The­ma Ar­beit auf Ab­ruf auch im Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG) ent­hal­ten, nämlich in § 12 Tz­B­fG.

Von wel­chen ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen weicht die Ab­ruf­ar­beit ab?

Ha­ben Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer ei­ne Ar­beit auf Ab­ruf ver­ein­bart, über­nimmt der Ar­beit­neh­mer ei­nen Teil des wirt­schaft­li­chen Ri­si­kos, das nach all­ge­mei­nen ar­beits­recht­li­chen Grundsätzen beim Ar­beit­ge­ber liegt. 

Denn im All­ge­mei­nen müssen Ar­beit­ge­ber - und nicht ih­re Beschäftig­ten - das Ri­si­ko tra­gen, dass es in­fol­ge ge­rin­ger Nach­fra­ge und/oder in­fol­ge be­trieb­lich-tech­ni­scher Pro­ble­me kei­ne sinn­vol­le Ver­wen­dung für die Ar­beits­leis­tun­gen im Be­trieb gibt.

Da Ar­beit­ge­ber die­ses sog. Wirt­schafts­ri­si­ko und auch das Be­triebs­ri­si­ko tra­gen, müssen sie

  • bei ei­ner geschäft­li­chen Flau­te (Wirt­schafts­ri­si­ko) und/oder
  • bei tech­ni­schen Be­triebsstörun­gen (Be­triebs­ri­si­ko)

ih­ren Ar­beit­neh­mern den Lohn auch dann be­zah­len, wenn nichts zu tun ist.

Das folgt aus § 615 Satz 3 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB). Die­se Vor­schrift ver­pflich­tet Ar­beit­ge­ber zur Lohn­zah­lung auch in Fällen des wirt­schaft­lich oder be­trieb­lich-tech­nisch be­ding­ten Ar­beits­aus­falls.

Ein­zel­hei­ten da­zu fin­den Sie auf die­ser Web­sei­te un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: An­nah­me­ver­zug des Ar­beit­ge­bers und un­ter Hand­buch Ar­beits­recht: Vergütung bei Ar­beits­aus­fall.

§ 615 Satz 3 BGB ist zwar ei­ne Ar­beit­neh­mer­schutz­vor­schrift, doch kann sie durch ar­beits­ver­trag­li­che Re­ge­lun­gen bei­sei­te­ge­scho­ben wer­den, d.h. sie ist „ab­ding­bar“. Und ge­nau dies ge­schieht bei der Ver­ein­ba­rung von Ab­ruf­ar­beit.

Wann be­steht ei­ne Pflicht zur Ab­ruf­ar­beit?

Zur Ar­beit auf Ab­ruf ist im All­ge­mei­nen nie­mand ge­zwun­gen, auch kei­ne Teil­zeit­kraft, es sei denn, die­se Ar­beits­form ist im Ar­beits­ver­trag aus­drück­lich ge­re­gelt.

Oh­ne das ar­beits­ver­trag­li­che OK des Ar­beit­neh­mers geht hier im All­ge­mei­nen nichts. Denn Ab­ruf­ar­beit weicht - wie ge­sagt - von § 615 BGB und da­mit von dem recht­li­chen Grund­satz ab, dass der Ar­beit­ge­ber das Be­triebs- und das Wirt­schafts­ri­si­ko trägt.

Ei­ne wei­te­re Rechts­grund­la­ge für die Pflicht zur Ab­ruf­ar­beit kann in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung be­ste­hen. Hier hat der Be­triebs­rat auch ein Mit­be­stim­mungs­recht auf der Grund­la­ge von § 87 Abs.1 Nr.2 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG).

Wel­che ge­setz­li­chen Gren­zen gel­ten für die Ar­beit auf Ab­ruf?

Gemäß § 12 Abs.1 und Abs.2 Tz­B­fG gel­ten zu­guns­ten der Ar­beit­neh­mer ei­ni­ge Gren­zen für die Ab­ruf­ar­beit, da­mit Ar­beit­ge­ber die­se Form der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung nicht all­zu sehr in An­spruch neh­men.

Die­ser ge­setz­li­che Schutz wur­de zum 01.01.2019 er­wei­tert, und zwar durch Art.1 des "Ge­set­zes zur Wei­ter­ent­wick­lung des Teil­zeit­rechts - Einführung ei­ner Brücken­teil­zeit" (Ge­setz vom 11.12.2018, BGBl. I S.2384). Wir be­rich­te­ten darüber in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 18/257 Brücken­teil­zeit gemäß § 9a Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG).

Nach dem der­zeit (seit An­fang 2019) gel­ten­den § 12 Abs.1 und Abs.3 Tz­B­fG gel­ten fol­gen­de Schutz­vor­schrif­ten bei ei­ner ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ar­beit auf Ab­ruf:

  • Die ar­beits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung über die Ar­beit auf Ab­ruf muss ei­ne be­stimm­te Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit und ei­ne be­stimm­te Dau­er der tägli­chen Ar­beits­zeit fest­le­gen. Ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung kann z.B. lau­ten, dass sech­zehn St­un­den pro Wo­che ge­ar­bei­tet wer­den soll bei min­des­tens vier St­un­den pro Tag.
  • Wenn die Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit - ent­ge­gen die­ser ge­setz­li­chen Vor­schrift - nicht ver­trag­lich fest­ge­legt ist, d.h. für den Fall des Ge­set­zes­ver­s­toßes, gilt ei­ne wöchent­li­che Ar­beits­zeit von 20 St­un­den als ver­ein­bart (bis En­de 2018 lag die­se wöchent­li­che Min­dest­ar­beits­zeit bei zehn St­un­den).
  • Wenn die Dau­er der tägli­chen Ar­beits­zeit - ent­ge­gen dem Ge­setz bzw. für den Fall des Ge­set­zes­ver­s­toßes - nicht fest­ge­legt ist, hat der Ar­beit­ge­ber die Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers täglich je­weils für min­des­tens drei auf­ein­an­der fol­gen­de St­un­den ab­zu­ru­fen.
  • Außer­dem ist der Ar­beit­neh­mer nur dann zur Ar­beits­leis­tung ver­pflich­tet, wenn der Ar­beit­ge­ber ihm die La­ge sei­ner Ar­beits­zeit je­weils min­des­tens vier Ta­ge im Vor­aus mit­teilt, d.h. es gilt ei­ne ge­setz­li­che Ankündi­gungs­frist von vier Ta­gen.

Kann die ge­setz­li­che Min­dest­dau­er von 20 St­un­den pro Wo­che und/oder von drei St­un­den pro Tag im Ar­beits­ver­trag un­ter­schrit­ten wer­den?

Ja, das ist recht­lich möglich.

BEISPIEL: Ein Ar­beits­ver­trag zwi­schen ei­nem Tex­til­dis­coun­ter und ei­ner Aus­hilfs­kraft sieht vor, dass die Aus­hilfs­kraft min­des­tens acht St­un­den pro Wo­che ar­bei­ten muss, und zwar an den Ta­gen von Diens­tag bis Frei­tag je­weils ab 15:00 Uhr bis in den Abend hin­ein, falls der Ar­beit­ge­ber die Aus­hilfs­kraft ent­spre­chend dem Ar­beits­an­fall zur Ar­beit ein­be­stellt. Als Min­dest­ar­beits­zeit pro Ein­satz­tag sind zwei St­un­den ver­trag­lich ver­ein­bart.

Dann kann der Ar­beit­ge­ber die Aus­hilfs­kraft im Lau­fe ei­ner Wo­che z.B. am Diens­tag gar nicht, am Mitt­woch für zwei St­un­den, am Don­ners­tag für zwei St­un­den und am Frei­tag für vier St­un­den zur Ar­beit ein­be­stel­len.

Wel­che Gren­zen gel­ten bei der Ab­wei­chung von ei­ner ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Min­dest­ar­beits­zeit und von ei­ner ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Höchst­ar­beits­zeit?

Ar­beits­verträge mit ei­ner Pflicht zur Ab­ruf­ar­beit le­gen die wöchent­li­che Ar­beits­zeit oft als ei­ne be­stimm­te Min­destar­beits­zeit fest ("min­des­tens zehn St­un­den pro Wo­che", "acht Min­destab­ruf­stun­den"). Dann stellt sich die Fra­ge, wie weit darüber hin­aus­ge­hend Ar­beit ab­ge­ru­fen wer­den darf.

Die um­ge­kehr­te Fra­ge stellt sich, wenn der Ver­trag vor­sieht, dass nur ei­ne be­stimm­te Höchstar­beits­zeit ab­ge­ru­fen wer­den kann: Dann ist nicht ge­re­gelt, wie weit die ab­ge­ru­fen Ar­beit un­ter­halb die­ser Höchst­ar­beits­zeit blei­ben kann.

Auch an die­ser Stel­le bringt das Brücken­teil­zeit­ge­setz vom 11.12.2018 (BGBl.I, S.2384) ei­ne  klar­stel­len­de Ge­set­zesände­rung. In § 12 Abs.2 Tz­B­fG (neue Fas­sung) wer­den hier pro­zen­tua­le Gren­zen ein­geführt. Die­se Vor­schrift lau­tet:

"Ist für die Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit nach Ab­satz 1 Satz 2 ei­ne Min­dest­ar­beits­zeit ver­ein­bart, darf der Ar­beit­ge­ber nur bis zu 25 Pro­zent der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit zusätz­lich ab­ru­fen. Ist für die Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit nach Ab­satz 1 Satz 2 ei­ne Höchst­ar­beits­zeit ver­ein­bart, darf der Ar­beit­ge­ber nur bis zu 20 Pro­zent der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit we­ni­ger ab­ru­fen."

Da­nach gilt:

  • Wenn ar­beits­ver­trag­lich ei­ne wöchent­li­che Min­dest­ar­beits­zeit ver­ein­bart ist,  darf der Ar­beit­ge­ber nur bis zu 25 Pro­zent der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit zusätz­lich ab­ru­fen.
  • Wenn ar­beits­ver­trag­lich ei­ne wöchent­li­che Höchst­ar­beits­zeit ver­ein­bart ist, darf der Ar­beit­ge­ber nur bis zu 20 Pro­zent der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit we­ni­ger ab­ru­fen.

Die­se zum 01.01.2019 in Kraft ge­tre­te­ne Ge­set­zesände­rung hat die ar­beits­ge­richt­li­che Recht­spre­chung über­nom­men, die be­reits zu­vor die­se Gren­zen fest­ge­legt hat­te. In die­sem Sin­ne hat­ten be­reits das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Ber­lin (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 12.05.2009, 7 Sa 201/09) und das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) ent­schie­den (BAG, Ur­teil vom 09.07.2008, 5 AZR 810/07).

Was ist, wenn bei Ar­beit auf Ab­ruf kei­ne wöchent­li­che oder tägli­che Ar­beits­zeit ver­ein­bart ist: Gel­ten dann im­mer die ge­setz­li­chen 20 Min­dest­stun­den pro Wo­che und die drei Min­dest­stun­den pro Tag?

Ei­gent­lich gibt für die­sen Fall die o.g. ein­deu­ti­ge ge­setz­li­che Re­ge­lun­gen, die in § 12 Abs.1 Satz 3 und 4 Tz­B­fG ent­hal­ten sind. Hier heißt es:

"Wenn die Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit nicht fest­ge­legt ist, gilt ei­ne Ar­beits­zeit von 20 St­un­den als ver­ein­bart. Wenn die Dau­er der tägli­chen Ar­beits­zeit nicht fest­ge­legt ist, hat der Ar­beit­ge­ber die Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers je­weils für min­des­tens drei auf­ein­an­der fol­gen­de St­un­den in An­spruch zu neh­men."

Al­ler­dings macht die Recht­spre­chung von die­ser Re­gel ei­ne Aus­nah­me zu­guns­ten des Ar­beit­neh­mers.

Denn wenn Ar­beit­neh­mer in der Ver­gan­gen­heit re­gelmäßig länger als 20 St­un­den pro Wo­che und/oder re­gelmäßig mehr als drei St­un­den am Tag ge­ar­bei­tet ha­ben, würden sich die ge­setz­li­chen Min­dest­stun­den zu ih­rem Nach­teil aus­wir­ken. Das soll nicht sein.

Falls der Ar­beits­ver­trag kei­ne Ar­beits­zei­ten fest­legt, kommt es da­her in ers­ter Li­nie auf die durch­schnitt­li­che wöchent­li­che und/oder tägli­che Ar­beits­zeit an, die der Ar­beit­neh­mer bis­her tatsächlich ge­ar­bei­tet hat. 

BEISPIEL: Der Ar­beits­ver­trag ver­pflich­tet den Ar­beit­neh­mer zur Ab­ruf­ar­beit, legt aber kei­ne wöchent­li­che und tägli­che Ar­beits­zeit fest. Der Ar­beit­neh­mer ar­bei­tet ständig an fünf Ta­gen pro Wo­che, und zwar durch­schnitt­lich sechs St­un­den pro Tag.

In die­sem Bei­spiel wird die Ver­tragslücke, d.h. das Feh­len ei­ner ver­trag­li­chen Fest­le­gung der wöchent­li­chen und tägli­chen Ar­beits­zeit, so ge­schlos­sen, dass der Ar­beit­neh­mer Beschäfti­gung und Be­zah­lung im bis­he­ri­gen durch­schnitt­li­chen Um­fang ver­lan­gen kann. Hier im Bei­spiel gilt da­her ein 30-St­un­den-Ver­trag.

Was pas­siert, wenn Ar­beit­ge­ber die Ankündi­gungs­frist von vier Ta­gen nicht ein­hal­ten?

Nach dem Ge­setz müssen Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mer nicht bei der Ar­beit er­schei­nen, wenn ih­nen die Ein­satz­zei­ten nicht min­des­tens vier Ta­ge vor­ab mit­ge­teilt wer­den. Da­zu heißt es in § 12 Abs.3 Tz­B­fG

"Der Ar­beit­neh­mer ist nur zur Ar­beits­leis­tung ver­pflich­tet, wenn der Ar­beit­ge­ber ihm die La­ge sei­ner Ar­beits­zeit je­weils min­des­tens vier Ta­ge im Vor­aus mit­teilt."

Ein Ver­s­toß ge­gen die Ankündi­gungs­frist hat kei­ne recht­li­chen Kon­se­quen­zen, wenn der Ar­beit­neh­mer trotz ei­ner zu kur­zen Ankündi­gungs­frist „brav“ zur Ar­beit kommt. 

Die ge­leis­te­te Ar­beits­zeit ist natürlich zu be­zah­len, aber  es gibt kei­nen Zu­schlag für die Verkürzung der Ankündi­gungs­frist. 

Auch von der Ge­wer­be­auf­sicht ha­ben Ar­beit­ge­ber in ei­nem sol­chen Fall nichts zu befüch­ten, denn § 12 Abs.2 Tz­B­fG ist nicht durch Bußgeld­vor­schrif­ten oder Ähn­li­ches ab­ge­si­chert.

Hat der Be­triebs­rat ein Mit­be­stim­mungs­recht beim The­ma Ab­ruf­ar­beit?

Nach ei­nem Ur­teil des BAG aus dem Jah­re 1988 kann der Be­triebs­rat gemäß § 87 Abs.1 Nr.2 Be­trVG bei Ab­ruf­ar­beit über fol­gen­de Fra­gen mit­be­stim­men (BAG, Be­schluss vom 28.09.1988, 1 ABR 41/87):

  • Ent­schei­dung darüber, ob Teil­zeit­kräfte zu fes­ten Zei­ten oder aber nach Be­darf beschäftigt wer­den sol­len (= Einführung und/oder Ab­schaf­fung von Ar­beit auf Ab­ruf)
  • Kon­kre­te Aus­ge­stal­tung der Ar­beit auf Ab­ruf, d.h. die ma­xi­ma­le und mi­ni­ma­le Her­an­zie­hungs­zeit von Ab­ruf­ar­beit­neh­mern pro Tag

Nicht mit­zu­be­stim­men hat der Be­triebs­rat al­ler­dings nach die­ser BAG-Ent­schei­dung über die ein­zel­nen Ar­beits­ab­ru­fe.

Wie ist die Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall bei Ab­ruf­ar­beit zu be­rech­nen?

Für die Lohn­fort­zah­lung im Krank­heits­fall schreibt § 12 Abs.4 Tz­B­fG seit An­fang 2019 vor, dass es auf die fak­ti­sche Ar­beits­zeit und die fak­ti­sche Be­zah­lung an­kommt und nicht et­wa auf die ver­trag­li­che ver­ein­bar­te Ar­beits­zeit. Denn die ver­ein­bar­te Ar­beits­zeit ist oft ge­rin­ger und würde sich zu Un­guns­ten des Ar­beit­neh­mers aus­wir­ken, d.h. zu ei­ner zu ge­rin­gen Ent­gelt­fort­zah­lung führen.

Gemäß § 12 Abs.4 Tz­B­fG gel­ten fol­gen­de Re­geln:

  • Die Ent­gelt­fort­zah­lung wird auf der Grund­la­ge der durch­schnitt­li­che Ar­beits­zeit der letz­ten drei Mo­na­te vor Be­ginn der Ar­beits­unfähig­keit be­rech­net.
  • Hat das Ar­beits­verhält­nis noch kei­ne drei Mo­na­te be­stan­den, kommt es auf die durch­schnitt­li­che Ar­beits­zeit die­ses kürze­ren Zeit­raums an.
  • Zei­ten von Kurz­ar­beit, un­ver­schul­de­ter Ar­beits­versäum­nis, Ar­beits­ausfällen und Ur­laub blei­beb außer Be­tracht, d.h. sie wir­ken sich nicht an­spruchs­min­dernd aus.
  • Gel­ten für den Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­re Re­ge­lun­gen zur Be­rech­nung der Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall, z.B. gemäß ei­nem Ta­rif­ver­trag, fin­den die­se Re­ge­lun­gen An­wen­dung.

§ 12 Abs.4 Tz­B­fG lau­tet:

"Zur Be­rech­nung der Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall ist die maßge­ben­de re­gelmäßige Ar­beits­zeit im Sin­ne von § 4 Ab­satz 1 des Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­set­zes die durch­schnitt­li­che Ar­beits­zeit der letz­ten drei Mo­na­te vor Be­ginn der Ar­beits­unfähig­keit (Re­fe­renz­zeit­raum). Hat das Ar­beits­verhält­nis bei Be­ginn der Ar­beits­unfähig­keit kei­ne drei Mo­na­te be­stan­den, ist der Be­rech­nung des Ent­gelt­fort­zah­lungs­an­spruchs die durch­schnitt­li­che Ar­beits­zeit die­ses kürze­ren Zeit­raums zu­grun­de zu le­gen. Zei­ten von Kurz­ar­beit, un­ver­schul­de­ter Ar­beits­versäum­nis, Ar­beits­ausfällen und Ur­laub im Re­fe­renz­zeit­raum blei­ben außer Be­tracht. Für den Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­re Re­ge­lun­gen zur Be­rech­nung der Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall fin­den An­wen­dung."

Wo fin­den Sie mehr zum The­ma Ar­beit auf Ab­ruf (Ab­ruf­ar­beit)?

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen, die Sie im Zu­sam­men­hang mit dem The­ma Ar­beit auf Ab­ruf (Ab­ruf­ar­beit) in­ter­es­sie­ren könn­ten, fin­den Sie hier:

Kom­men­ta­re un­se­res An­walts­teams zu ak­tu­el­len Fra­gen rund um das The­ma Ar­beit auf Ab­ruf (Ab­ruf­ar­beit) fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 20. Juni 2022

Was können wir für Sie tun?

Wenn Sie als Ar­beit­ge­ber ar­beits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen und/oder Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen zum The­ma Ab­ruf­ar­beit, Gleit­zeit, Über­stun­den oder Schicht­ar­beit rechts­si­cher ge­stal­ten oder vor­han­de­ne Ver­ein­ba­rung erst ein­mal nur an­wal­tich üb­rprü­fen las­sen wol­len, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Wir un­ter­stüt­zen Sie auch, wenn Sie als Ar­beit­neh­mer oder Be­triebs­rat Fra­gen zu Ab­ruf­ar­beit oder zur Dienst­plan­ge­stal­tung ha­ben und z.B. wis­sen möch­ten, ob bzw. un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ei­ne Ar­beits­pflicht be­steht und/oder mög­li­cher­wei­se auch ein An­spruch auf Be­zah­lung ge­leis­te­ter Über­stun­den.

Je nach La­ge des Fal­les und ent­spre­chend Ih­ren Wün­schen tre­ten wir nach au­ßen nicht in Er­schei­nung oder ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit der Ge­gen­sei­te.

Für ei­ne mög­lichst ra­sche und ef­fek­ti­ve Be­ra­tung be­nö­ti­gen wir fol­gen­de Un­ter­la­gen:

  • Ar­beits­ver­trag mit Re­ge­lung zur Ab­ruf­ar­beit (falls vor­han­den)
  • Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen
  • Lohn­ab­rech­nun­gen bzw. Ge­halts­mit­tei­lun­gen
  • Un­ter­la­gen / Be­le­ge für die ge­leis­te­ten Über­stun­den (falls vor­han­den)

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de
Bewertung: 4.0 von 5 Sternen (51 Bewertungen)

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de