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BAG, Ur­teil vom 31.08.2015, 5 AZR 545/04

   
Schlagworte: Ausschlussfrist, Formularvertrag
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 5 AZR 545/04
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 31.08.2015
   
Leitsätze:

1. Für Angehörige eines Rettungsdienstes ist regelmäßig ein Nachtzuschlag in Höhe von 10 % des Arbeitsverdienstes iSv. § 6 Abs. 5
ArbZG angemessen.

2. Einseitige Ausschlussfristen in Formulararbeitsverträgen, die nur für den Arbeitnehmer zum Anspruchsverlust führen, widersprechen einer ausgewogenen Vertragsgestaltung und sind deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

3. Bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen, weil der Arbeitnehmer Verbraucher iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB ist.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Neumünster, Urteil vom 21.04.2004, 3 Ca 132d/04
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.09.2004, 3 Sa 245/04
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

5 AZR 545/04
3 Sa 245/04
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Schles­wig-Hol­stein

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
31. Au­gust 2005

UR­TEIL

Met­ze, Ur­kunds­be­am­ter
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­ter, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Fünf­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 31. Au­gust 2005 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Müller-Glöge, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Mi­kosch und Dr. Linck so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Heel und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Zorn für Recht er­kannt:

 

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1. Auf die Re­vi­si­on des Klägers wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein vom 22. Sep­tem­ber 2004 - 3 Sa 245/04 - teil­wei­se auf­ge­ho­ben.

2. Auf die Be­ru­fung des Klägers wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ne­umüns­ter vom 21. April 2004 - 3 Ca 132 d/04 - teil-wei­se ab­geändert und der Be­klag­te ver­ur­teilt, an den Kläger 49,77 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent-punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 1. Ju­li 2003 zu zah­len.

3. Im Übri­gen wer­den die Be­ru­fung und die Re­vi­si­on des Klägers zurück­ge­wie­sen.

4. Der Kläger hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten in der Re­vi­si­on noch über die Zah­lung von Nacht­zu­schlägen für die Zeit vom 1. Ja­nu­ar 2002 bis zum 30. Ju­ni 2003.

Der Kläger war beim Be­klag­ten vom 1. No­vem­ber 2000 bis zum 30. Ju­ni 2003 als Ret­tungs­as­sis­tent beschäftigt. Bis zum 31. März 2002 ar­bei­te­te der Kläger ne­ben sei­nem Me­di­zin­stu­di­um auf der Grund­la­ge zwei­er auf­ein­an­der fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge als stu­den­ti­sche Aus­hilfs­kraft. Er er­hielt dafür ei­ne Grund­vergütung in Höhe von 15,50 DM (= 7,93 Eu­ro) brut­to je St­un­de so­wie ein­satz­abhängi­ge Vergütungs­zu­schläge gemäß ei­ner Auf­stel­lung „KBA-Ret­tungs­dienst frei­wil­li­ge Vergütungs­zu­schläge ab 1.4.2001“.

Nach­dem der Kläger sein Stu­di­um auf­ge­ge­ben hat­te, schloss er mit dem Be­klag­ten am 27. März 2002 ei­nen un­be­fris­te­ten For­mu­lar­ar­beits­ver­trag mit Ar­beits­be­ginn am 1. April 2002. Dar­in ver­ein­bar­ten die Par­tei­en:

„...
§ 4 Ge­halt
1. Der Ar­beit­neh­mer erhält mo­nat­lich ein fes­tes Grund­ge­halt von EUR 1.690,00 (DM 3.305,35) brut­to, zzgl. der frei­wil­li­gen be­trieb­li­chen Zu­schläge. Als Grund­la­ge wer­den 43 Dienst­stun­den wöchent­lich ge­nom­men. Je­de Mehr­ar­beits­stun­de wird mit 7,93 (DM 15,50) brut­to vergütet und kann im Ein­ver­neh­men mit dem Ar­beit­ge­ber be­zahlt, bzw.

 

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nach Ab­spra­che in Frei­zeit ab­ge­gol­ten wer­den ...

...

4. Im mo­nat­li­chen Brut­to­ar­beits­ent­gelt sind Zu­schläge für Nacht-, Sonn- und Fei­er­tags­ar­bei­ten ent­hal­ten.
...

§ 18 Schlußbe­stim­mun­gen
1. Die et­wai­ge Un­wirk­sam­keit ein­zel­ner Be­stim­mun­gen die­ses Ver­tra­ges läßt die Wirk­sam­keit der übri­gen Be­stim­mun­gen un­berührt.

2. Ände­run­gen und Ergänzun­gen die­ses Ver­tra­ges bedürfen zu ih­rer Wirk­sam­keit der Schrift­form. Münd­li­che Ne­ben­ab­re­den be­ste­hen nicht.

3. Be­ruht die Un­wirk­sam­keit auf ei­ner Leis­tungs- oder Zeit­be­stim­mung, so tritt an ih­re Stel­le das ge­setz­li­che Maß.

4. Al­le Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis sind vom Ar­beit­neh­mer bin­nen ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten seit Fällig­keit schrift­lich gel­tend zu ma­chen und im Fal­le der Ab­leh­nung in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­zu­kla­gen.

5. Der Ar­beit­neh­mer ver­pflich­tet sich, al­le Ände­run­gen sei­ner persönli­chen Umstände, ins­be­son­de­re Wohn­sitzände­run­gen, un­auf­ge­for­dert und un­verzüglich dem Ar­beit­ge­ber schrift­lich mit­zu­tei­len ...

...“

In ei­ner von den Par­tei­en gleich­falls am 27. März 2002 un­ter­zeich­ne­ten An­la­ge „Ge­halts­struk­tur des KBA Ret­tungs­diens­tes“ und der wei­ter­hin gülti­gen Re­ge­lung „KBA-Ret­tungs­dienst frei­wil­li­ge Vergütungs­zu­schläge ab 1.4.2001“ wa­ren be­trieb­li­che Zu­schläge ge­re­gelt. Hier­nach gewähr­te der Be­klag­te dem Kläger als „frei­wil­li­ge Be­triebs­zu­schläge“ ei­nen Be­trag von mo­nat­lich 52,00 Eu­ro brut­to für sei­ne länger als ein Jahr be­ste­hen­de Be­triebs­zu­gehörig­keit so­wie ins­ge­samt mo­nat­lich 410,00 Eu­ro brut­to für den Ein­satz in der Leit­stel­le. Wei­ter­hin er­hielt der Kläger ei­nen „ein­satz­abhängi­gen Zu­schlag“ von 1,53 Eu­ro brut­to für je­den durch­geführ­ten Ein­satz. Für Einsätze in der Zeit von 19.00 Uhr bis 7.00 Uhr zahl­te der Be­klag­te - je nach Ein­satz­fahr­zeug - ei­nen „ein­satz­abhängi­gen Nacht­zu­schlag“ von 5,11 Eu­ro brut­to (KTW) bzw. 10,23 Eu­ro brut­to (RTW oder NEF). Bei ei­nem Ein­satz in der Ein­satz­zen­tra­le er­hielt der Kläger für je­den dis­po­nier­ten Ein­satz ei­nen Dis­po­si­ti­ons­zu­schlag iHv. 0,51 Eu­ro brut­to.

Im streit­ge­genständ­li­chen Zeit­raum war der Kläger re­gelmäßig in Wech­sel­schicht ein­ge­setzt. In der Zeit vom 1. Ja­nu­ar 2002 bis zum 31. März 2002 leis­te­te er in

 

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der Ret­tungs­leit­stel­le des Be­klag­ten ins­ge­samt 63 Ar­beits­stun­den in der Nacht­zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr.

Mit sei­ner am 20. Ja­nu­ar 2004 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­reich­ten Kla­ge hat der Kläger für die ge­leis­te­ten Nacht­ar­beits­stun­den ei­nen Zu­schlag iHv. 30 % auf die von ihm be­rech­ne­te durch­schnitt­li­che St­un­den­vergütung in Höhe von 12,78 Eu­ro brut­to, dh. 3,83 Eu­ro je Nacht­ar­beits­stun­de, ver­langt. Er hat zu­letzt be­haup­tet, vom 1. Ja­nu­ar 2002 bis zum 30. Ju­ni 2003 ins­ge­samt 229 St­un­den und 45 Mi­nu­ten Nacht­ar­beit ge­leis­tet zu ha­ben. Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die in § 4 Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags vom 27. März 2002 ver­ein­bar­te pau­scha­le Ab­gel­tung der Nacht­ar­beits­zu­schläge sei un­wirk­sam.

Der Kläger hat, so­weit in der Re­vi­si­on noch von In­ter­es­se, be­an­tragt

den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 879,94 Eu­ro brut­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 1. Ju­li 2003 zu zah­len.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Nacht­zu­schläge sei­en in dem ver­ein­bar­ten Ge­halt be­reits ent­hal­ten ge­we­sen. Im Übri­gen sei­en die gel­tend ge­mach­ten Ansprüche ver­fal­len.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sei­ne Kla­ge­for­de­rung wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on des Klägers hat nur Er­folg, so­weit der Kläger vom Be­klag­ten für die Zeit vom 1. Ja­nu­ar bis zum 31. März 2002 die Zah­lung von Nacht­zu­schlägen ver­langt. Im Übri­gen ist die Re­vi­si­on nicht be­gründet.

I. Dem Kläger ste­hen gemäß § 6 Abs. 5 Arb­ZG für die vom 1. Ja­nu­ar bis zum 31. März 2002 ge­leis­te­ten 63 Nacht­ar­beits­stun­den Nacht­zu­schläge iHv. 10 % der in die­ser Zeit ver­ein­bar­ten Ar­beits­vergütung iHv. 7,93 Eu­ro/St­un­de, dh. ins­ge­samt 49,77 Eu­ro zu.

 

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1. Der Kläger kann al­lein un­ter den in § 6 Abs. 5 Arb­ZG ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen ei­nen Aus­gleich für die er­brach­te Nacht­ar­beit ver­lan­gen. Ei­ne ta­rif­li­che Aus­gleichs­re­ge­lung fehlt. Der Be­klag­te ist nicht ta­rif­ge­bun­den. Ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Be­zug­nah­me auf ei­nen Ta­rif­ver­trag ist nicht er­folgt.

2. Der Kläger war nach den in der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fe­nen und da­mit gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts je­den­falls im Jah­re 2002 iSv. § 2 Abs. 5 Nr. 1 Arb­ZG „nor­ma­ler­wei­se“ in Wech­sel­schicht tätig und dem­zu­fol­ge Nacht­ar­beit­neh­mer im Sin­ne des Arb­ZG. Er kann des­halb nach § 6 Abs. 5 Arb­ZG für die in der Nacht­zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr (§ 2 Abs. 3 Arb­ZG) ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­den ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich ver­lan­gen. Der Kläger hat vom 1. Ja­nu­ar bis zum 31. März 2002 ins­ge­samt 63 Nacht­ar­beits­stun­den iSv. § 2 Abs. 3 Arb­ZG ge­leis­tet, da­von 28 im Ja­nu­ar 2002 und 35 im Fe­bru­ar 2002. Im März 2002 sind kei­ne Nacht­ar­beits­stun­den an­ge­fal­len.

3. Der Be­klag­te hat für die vom Kläger im ers­ten Ka­len­der­vier­tel­jahr 2002 er­brach­te Nacht­ar­beit kei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich ge­leis­tet. Ei­ne be­zahl­te Frei­stel­lung ist nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht er­folgt, eben­so we­nig die Zah­lung ei­nes Nacht­zu­schlags zum ver­ein­bar­ten Ar­beits­ent­gelt. Die zusätz­li­che Vergütung für je­den in der Ret­tungs­leit­stel­le dis­po­nier­ten Ein­satz war von der Ta­ges­zeit un­abhängig und kein Aus­gleich für Nacht­ar­beit.

4. Gemäß § 6 Abs. 5 Arb­ZG hat der Ar­beit­ge­ber dem Nacht­ar­beit­neh­mer für die während der Nacht­zeit ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­den ei­ne an­ge­mes­se­ne Zahl be­zahl­ter frei­er Ta­ge oder ei­nen an­ge­mes­se­nen Zu­schlag auf das ihm hierfür zu­ste­hen­de Brut­to­ar­beits­ent­gelt zu gewähren. We­gen der zwi­schen­zeit­lich er­folg­ten Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses kann die vom Kläger ge­leis­te­te Nacht­ar­beit nun­mehr aus­sch­ließlich durch Zah­lung ei­nes Zu­schlags aus­ge­gli­chen wer­den (BAG 24. Fe­bru­ar 1999 - 4 AZR 62/98 - BA­GE 91, 63, 71).

a) Die Höhe des an­ge­mes­se­nen Nacht­zu­schlags rich­tet sich nach der Ge­gen­leis­tung, für die sie be­stimmt ist. Ein ge­rin­ge­rer Aus­gleich ist er­for­der­lich, wenn in die Nacht­ar­beit Ar­beits­be­reit­schaft fällt (BAG 24. Fe­bru­ar 1999 - 4 AZR 62/98 - BA­GE 91, 63). Nach der Art der Ar­beits­leis­tung ist auch zu be­ur­tei­len, ob der vom Ge­setz­ge­ber mit dem Lohn­zu­schlag ver­folg­te Zweck, im In­ter­es­se der Ge­sund­heit des Ar­beit­neh­mers Ar­beit zu ver­teu­ern, zum Tra­gen kommt (BAG 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - AP Arb­ZG § 6 Nr. 5 = EzA Arb­ZG § 6 Nr. 5).

 

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b) Für An­gehöri­ge ei­nes Ret­tungs­diens­tes ist re­gelmäßig ein Nacht­zu­schlag in Höhe von 10 % des Ar­beits­ver­diens­tes an­ge­mes­sen iSv. § 6 Abs. 5 Arb­ZG. Durch den Zu­schlag soll für die­sen Per­so­nen­kreis nur die mit der Nacht­ar­beit ver­bun­de­ne Er­schwer­nis ab­ge­gol­ten wer­den. Da­bei ist zu berück­sich­ti­gen, dass im Ret­tungs­dienst zu ei­nem er­heb­li­chen Teil Ar­beits­be­reit­schaft und da­mit auch Zei­ten der Ent­span­nung an­fal­len. Hin­zu kommt, dass der an­sons­ten mit dem Zu­schlag ver­bun­de­ne Zweck, Nacht­ar­beit ein­zu­schränken, hier nicht er­reich­bar ist. Der Ret­tungs­dienst dient der öffent­li­chen Si­cher­heit und dem Ge­sund­heits­schutz der Bevölke­rung; ein Ver­zicht auf Nacht­ar­beit ist in die­sem Be­reich aus­ge­schlos­sen. Ein Zu­schlag in Höhe von 10 % liegt über den Vor­stel­lun­gen der an der Ge­setz­ge­bung des Ar­beits­zeit­ge­set­zes Be­tei­lig­ten. Der Vor­schlag der SPD-Frak­ti­on sah für 20 Ar­beits­ta­ge mit je­weils mehr als drei Nacht­ar­beits­stun­den nur ei­nen zusätz­li­chen frei­en Tag vor (BT-Drucks. 12/5282 S. 5). Dem ent­sprach die For­de­rung des Bun­des­rats (BT-Drucks. 12/5888 S. 41). Auch wenn der Ge­setz­ge­ber die­se Vor­stel­lun­gen nicht um­ge­setzt hat, weil er kei­ne Vor­ga­ben zu Art und Um­fang des Aus­gleichs ma­chen woll­te (BT-Drucks. 12/5888 S. 26), sind sie doch Aus­druck des­sen, was als un­te­re Gren­ze der An­ge­mes­sen­heit an­ge­se­hen wer­den kann.

An­halts­punk­te für be­son­de­re Er­schwer­nis­se während der vom Kläger er­brach­ten Nacht­ar­beit sind nicht vor­ge­tra­gen wor­den und auch nicht er­sicht­lich. Dem Kläger steht folg­lich ein Zu­schlag iHv. 10 % der ver­ein­bar­ten St­un­den­vergütung von 7,93 Eu­ro (= 15,50 DM), dh. 0,79 Eu­ro je Nacht­ar­beits­stun­de zu. Für die in der Zeit vom 1. Ja­nu­ar bis zum 31. März 2002 ge­leis­te­ten 63 Nacht­ar­beits­stun­den hat der Be­klag­te 49,77 Eu­ro zu zah­len.

5. Der An­spruch auf Nacht­ar­beits­zu­schläge ist nicht ver­fal­len.

a) Der Ver­fall der Zu­schläge für die vom Kläger ge­leis­te­ten Nacht­ar­beits­stun­den be­stimmt sich nach § 18 Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags vom 27. März 2002. Die dort ent­hal­te­ne Frist zur Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen er­fasst auch die in dem frühe­ren be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis in der Zeit vom 1. Ja­nu­ar bis zum 31. März 2002 ent­stan­de­nen Ansprüche des Klägers auf Aus­gleich der Nacht­ar­beits­zeit nach § 6 Abs. 5 Arb­ZG. Zwi­schen den Par­tei­en be­stand ein durch­ge­hen­des Ar­beits­verhält­nis, auch wenn es auf un­ter­schied­li­chen ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen be­ruh­te. Die dem Kläger nach § 6 Abs. 5 Arb­ZG zu­ste­hen­den Nacht­ar­beits­zu­schläge wa­ren bei Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags vom 27. März 2002 noch nicht fällig. Die in § 6 Abs. 5 Arb­ZG ge­setz­lich be­gründe­te Wahl­schuld (§ 263 BGB) hat­te sich zu die­sem Zeit­punkt we­gen des vom

 

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eklag­ten nicht aus­geübten Wahl­rechts noch nicht auf ei­ne der ge­schul­de­ten Leis­tun­gen - be­zahl­te Frei­stel­lung oder Zah­lung ei­nes Zu­schlags - kon­kre­ti­siert (vgl. BAG 5. Sep­tem­ber 2002 - 9 AZR 202/01 - BA­GE 102, 309, 311). Bei Ab­schluss des un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags be­stand noch die Möglich­keit ei­nes Aus­gleichs der ge­leis­te­ten Nacht­ar­beit durch Gewährung be­zahl­ter Frei­zeit.

b) Die in § 18 Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags vom 27. März 2002 ver­ein­bar­te Aus­schluss­frist hält ei­ner Über­prüfung nach Maßga­be der §§ 305 ff. BGB nicht stand.

aa) Nach dem un­wi­der­spro­che­nen und da­mit nach § 138 Abs. 3 ZPO un­strei­ti­gen Vor­trag des Klägers han­delt es sich bei den am 27. März 2002 ge­trof­fe­nen ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen iSv. §§ 305 ff. BGB. Dem ent­spricht auch das äußere Er­schei­nungs­bild des Ver­trags, der dem Kläger vom Be­klag­ten vor­ge­legt wur­de und zahl­rei­che Strei­chun­gen enthält.

bb) § 18 Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags ist gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Ver­trags­in­halt ge­wor­den. Es han­delt sich um ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel.

(1) Nach § 305c Abs. 1 BGB wer­den Be­stim­mun­gen in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen, die nach den Umständen, ins­be­son­de­re nach dem äußeren Er­schei­nungs­bild des Ver­trags, so un­gewöhn­lich sind, dass der Ver­trags­part­ner des Ver­wen­ders mit ih­nen nicht zu rech­nen braucht, nicht Ver­trags­be­stand­teil. Auch der un­gewöhn­li­che äußere Zu­schnitt der Klau­sel, ih­re Un­ter­brin­gung an un­er­war­te­ter Stel­le, kann die Be­stim­mung zu ei­ner un­gewöhn­li­chen und da­mit über­ra­schen­den Klau­sel ma­chen (Se­nat 29. No­vem­ber 1995 - 5 AZR 447/94 - BA­GE 81, 317, 321, zu II 3 der Gründe; BGH 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81 - BGHZ 84, 109, 112 f., zu II 2 a der Gründe).

(2) Ge­mes­sen an die­sen An­for­de­run­gen ist die in § 18 Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags ent­hal­te­ne Frist zur Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen nicht Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­den. Die Klau­sel be­fin­det sich am En­de ei­nes Ar­beits­ver­trags, der ins­ge­samt 19 Pa­ra­gra­phen enthält. Dar­in sind ne­ben den übli­chen auch von § 2 Abs. 1 NachwG ge­for­der­ten Be­stim­mun­gen ua. die Ent­gel­t­ab­tre­tung, Ver­schwie­gen­heits­pflich­ten, Ne­bentätig­kei­ten, Dienst­klei­dung, Führungs­zeug­nis und die Ar­beit­neh­mer­haf­tung ei­genständig un­ter ge­son­der­ten Über­schrif­ten ge­re­gelt. Die „Schlußbe­stim­mun­gen“ in § 18 des Ar­beits­ver­trags ent­hal­ten zunächst ei­ne sal­va­to­ri­sche Klau­sel, ge­folgt von ei­ner Schrift­form­klau­sel und ei­nem Hin­weis auf die Rechts­fol­gen un­wirk­sa­mer Be­stim­mun-

 

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gen. Un­ter Nr. 4 ist dann be­stimmt, dass al­le Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis vom Ar­beit­neh­mer bin­nen ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten seit Fällig­keit schrift­lich gel­tend zu ma­chen und im Fal­le der Ab­leh­nung in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­zu­kla­gen sind. Hier­an schließt sich ei­ne Re­ge­lung über die Ver­pflich­tung zur Mit­tei­lung al­ler Ände­run­gen der persönli­chen Umstände an. Nach dem ge­sam­ten Er­schei­nungs­bild des Ver­trags hat der Be­klag­te die Klau­sel über die be­fris­te­te Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen da­mit an ei­ner aus Sicht ei­nes red­li­chen Ver­trags­part­ners un­er­war­te­ten Stel­le ver­steckt. Un­ter der Über­schrift „Schlußbe­stim­mun­gen“ muss ein verständi­ger Ar­beit­neh­mer bei ei­nem so de­tail­lier­ten Ver­trag nicht mit ei­ner Klau­sel rech­nen, durch die der Ver­fall von Ansprüchen bei nicht recht­zei­ti­ger Gel­tend­ma­chung her­bei­geführt wer­den soll.

cc) Des Wei­te­ren führt die Klau­sel - wäre sie Ver­trags­in­halt ge­wor­den - nicht zum Ver­fall der Ansprüche, denn die­se Fol­ge ei­ner Frist­versäum­ung ist ihr nicht hin­rei­chend deut­lich zu ent­neh­men. We­gen der weit­rei­chen­den Fol­gen von Aus­schluss­fris­ten er-for­dert das Trans­pa­renz­ge­bot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) re­gelmäßig ei­nen Hin­weis auf die Rechts­fol­ge des Ver­falls der Ansprüche bei nicht frist­ge­rech­ter Gel­tend­ma­chung (Rei­ne­cke BB 2005, 378, 379). In § 18 Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags ist der Ver­fall der Ansprüche bei nicht recht­zei­ti­ger Gel­tend­ma­chung nicht aus­drück­lich ge­re­gelt. Die­se Rechts­fol­ge kann auch nicht den Umständen und ins­be­son­de­re nicht dem äußeren Er­schei­nungs­bild der Be­stim­mung ent­nom­men wer­den. Zwar kann die op­ti­sche Her­vor­he­bung sol­cher Klau­seln durch die Über­schrift „Aus­schluss­frist“ ei­nem verständi­gen Ar­beit­neh­mer ver­deut­li­chen, dass die Ansprüche bei nicht recht­zei­ti­ger Gel­tend­ma­chung erlöschen (vgl. Se­nat 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - NZA 2005, 1111, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen <zVv.>, zu IV 4 der Gründe). Ei­ne sol­che Her­vor­he­bung ist hier je­doch nicht er­folgt.

dd) § 18 Nr. 4 enthält zu­dem ei­ne nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB un­wirk­sa­me ein­sei­ti­ge Aus­schluss­frist.

(1) Ei­ne for­mu­larmäßige Ver­trags­be­stim­mung ist un­an­ge­mes­sen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Ver­wen­der durch ein­sei­ti­ge Ver­trags­ge­stal­tung miss­bräuch­lich ei­ge­ne In­ter­es­sen auf Kos­ten sei­nes Ver­trags­part­ners durch­zu­set­zen ver­sucht, oh­ne von vorn­her­ein auch des­sen Be­lan­ge hin­rei­chend zu berück­sich­ti­gen und ihm ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich zu­zu­ge­ste­hen (vgl. BGH 3. No­vem­ber 1999 - VIII ZR 269/98 - BGHZ 143, 104, 113, zu II 3 a der Gründe). Das In­ter­es­se des Ver-

 

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wen­ders an der Auf­recht­er­hal­tung der Klau­sel ist mit dem In­ter­es­se des Ver­trags­part­ners am Weg­fall der Klau­sel und de­ren Er­set­zung durch die maßgeb­li­chen ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen (§ 306 Abs. 2 BGB) ab­zuwägen. Da­bei ist der ge­sam­te Ver­trags­in­halt zu berück­sich­ti­gen (vgl. Münch­KommBGB/Ba­se­dow 4. Aufl. Bd. 2a § 307 Rn. 31 f.).

(2) Mit der in § 18 Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags ent­hal­te­nen Klau­sel hat der Be­klag­te miss­bräuch­lich ver­sucht, sein ei­ge­nes In­ter­es­se an ei­ner ra­schen Klärung of­fe­ner Ansprüche oh­ne an­ge­mes­se­nen Aus­gleich durch­zu­set­zen. Die Klau­sel wäre des­halb, selbst wenn sie Ver­trags­in­halt ge­wor­den und hin­rei­chend deut­lich for­mu­liert ge­we­sen wäre, gleich­wohl gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB un­wirk­sam. Die durch die Klau­sel be­wirk­te Be­nach­tei­li­gung des Ar­beit­neh­mers ist sach­lich nicht zu be­gründen. Es ist nicht er­sicht­lich, dass für den Be­klag­ten die An­spruchs­durch­set­zung schwe­rer möglich ist als für den Ar­beit­neh­mer. Die ein­sei­tig den Ar­beit­neh­mer tref­fen­de Er­schwe­rung der Durch­set­zung von Ansprüchen und der bei Frist­versäum­nis nur für den Ar­beit­neh­mer vor­ge­se­he­ne völli­ge An­spruchs­ver­lust wi­der­spre­chen ei­ner aus­ge­wo­ge­nen Ver­trags­ge­stal­tung (im Grund­satz auch BAG 2. März 2004 - 1 AZR 271/03 - BA­GE 109, 369, 383, zu VI 2 b der Gründe; Krau­se RdA 2004, 36, 47; Lak­ies AR-Blat­tei Stand Sep­tem­ber 2005 SD 35 Rn. 288; Preis/Ro­loff RdA 2005, 144, 154; Rei­ne­cke BB 2005, 378, 381; Thüsing/Le­der BB 2005, 1563, 1564).

6. Der An­spruch des Klägers auf Nacht­ar­beits­zu­schläge für die in der Zeit vom 1. Ja­nu­ar bis zum 31. März 2002 ge­leis­te­te Nacht­ar­beit ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht ver­wirkt.

a) Die Ver­wir­kung ist ein Un­ter­tat­be­stand der un­zulässi­gen Rechts­ausübung. Die­se hat ih­re Rechts­grund­la­ge in dem Ge­bot von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB). Ein An­spruch ist ver­wirkt, wenn der Gläubi­ger mit der Gel­tend­ma­chung des An­spruchs länge­re Zeit ab­war­tet, sich in­fol­ge die­ses Zeit­ab­laufs für den Schuld­ner ein Ver­trau­en­stat­be­stand ge­bil­det hat, mit der Gel­tend­ma­chung des An­spruchs nicht mehr rech­nen zu müssen, und dem Schuld­ner des­halb ei­ne Ein­las­sung auf die Gel­tend­ma­chung des An­spruchs nicht mehr zu­ge­mu­tet wer­den kann (Se­nat 25. April 2001 - 5 AZR 497/99 - BA­GE 97, 326, 329; BAG 25. März 2004 - 2 AZR 295/03 - AP MuSchG 1968 § 9 Nr. 36 = EzA MuSchG § 9 nF Nr. 40).

b) Es hält sich nicht im Be­ur­tei­lungs­spiel­raum der Tat­sa­chen­in­stanz, wenn das Lan­des­ar­beits­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen ist, die Vor­aus­set­zun­gen der Ver­wir­kung

 

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sei­en vor­lie­gend ge­ge­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zum schutzwürdi­gen Ver­trau­en des Be­klag­ten, mit der Gel­tend­ma­chung des An­spruchs nicht mehr rech­nen zu müssen, kei­ne Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen. Es hat le­dig­lich an­ge­nom­men, mit dem vor­be­halt­lo­sen Ab­schluss des un­be­fris­te­ten Ver­trags vom 27. März 2002 ha­be der Kläger beim Be­klag­ten den Ein­druck er­weckt, aus dem al­ten Ver­trag sei­en kei­ne For­de­run­gen mehr of­fen. Das genügt eben­so we­nig wie der Hin­weis dar­auf, dass ein An­stieg der Ar­beits­kos­ten ge­genüber der Kran­ken­kas­se nur für die Zu­kunft gel­tend ge­macht wer­den könne. Da­mit ist nicht auf­ge­zeigt, dass der Be­klag­te dar­auf ver­trau­en durf­te, der Kläger wer­de kei­ne Nacht­ar­beits­zu­schläge mehr ver­lan­gen.

II. Dem Kläger ste­hen für die Zeit ab 1. April 2002 bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­ne wei­te­ren Nacht­zu­schläge zu. Der Be­klag­te hat mit dem im Ver­trag vom 27. März 2002 ver­ein­bar­ten Brut­to­mo­nats­ent­gelt die Ansprüche auf ge­setz­li­che Nacht­zu­schläge nach § 6 Abs. 5 Arb­ZG erfüllt. Ob der Kläger auch im Jah­re 2003 „nor­ma­ler­wei­se“ in Wech­sel­schicht tätig war (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 Arb­ZG) be­darf da­her kei­ner wei­te­ren Aufklärung.

1. Die Zah­lung ei­nes an­ge­mes­se­nen Zu­schlags für Nacht­ar­beit nach § 6 Abs. 5 Arb­ZG kann in un­ter­schied­li­cher Art und Wei­se er­fol­gen. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist es dem Ar­beit­ge­ber über­las­sen, in wel­cher Wei­se er die Aus­gleichs­leis­tung er­bringt. Die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en können auf ei­ne ge­son­der­te Zu­schlags­re­ge­lung in Form ei­nes Pro­zent­sat­zes des St­un­den­loh­nes ver­zich­ten und statt­des­sen den Grund­lohn we­gen der ver­ein­bar­ten Nacht­ar­beit ent­spre­chend erhöhen (BAG 27. Mai 2003 - 9 AZR 180/02 - AP Arb­ZG § 6 Nr. 5 = EzA Arb­ZG § 6 Nr. 5; 24. Fe­bru­ar 1999 - 4 AZR 62/98 - BA­GE 91, 63, 71). Von ei­ner pau­scha­len Ab­gel­tung kann nur aus­ge­gan­gen wer­den, wenn der Ar­beits­ver­trag hierfür kon­kre­te An­halts­punk­te enthält. Da­zu ist es re­gelmäßig er­for­der­lich, dass in dem Ar­beits­ver­trag zwi­schen der Grund­vergütung und dem - zusätz­li­chen - Nacht­ar­beits­zu­schlag un­ter­schie­den wird; je­den­falls muss ein Be­zug zwi­schen der zu leis­ten­den Nacht­ar­beit und der Lohnhöhe her­ge­stellt wer­den. Dies er­gibt sich schon aus dem Wort­laut des § 6 Abs. 5 Arb­ZG. Der für ge­leis­te­te Nacht­ar­beit ge­schul­de­te Zu­schlag ist „auf“ das dem Ar­beit­neh­mer hierfür zu­ste­hen­de Brut­to­ar­beits­ent­gelt zu gewähren (BAG 5. Sep­tem­ber 2002 - 9 AZR 202/01 - BA­GE 102, 309, 314 f.).

 

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2. Die im Ar­beits­ver­trag vom 27. März 2002 ver­ein­bar­te pau­scha­le Ab­gel­tung der Nacht­ar­beits­zu­schläge genügt die­sen An­for­de­run­gen. Dies er­gibt die Aus­le­gung der Klau­sel.

a) Die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung des Ar­beits­ver­trags vom 27. März 2002 kann vom Re­vi­si­ons­ge­richt un­ein­ge­schränkt über­prüft wer­den. Der Ver­trag enthält ty­pi­sche Klau­seln. Die­se sind wie Rechts­nor­men zu be­han­deln (BAG 30. Au­gust 2000 - 4 AZR 581/99 - BA­GE 95, 296, 298 f.; 17. Sep­tem­ber 2003 - 4 AZR 533/02 - BA­GE 107, 295, 300).

aa) Die re­vi­si­ons­recht­li­che Über­prüfung der Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen un­ter­schei­det sich im ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren von der im Ver­fah­ren der or­dent­li­chen Ge­richts­bar­keit. Dort kann der Bun­des­ge­richts­hof als Re­vi­si­ons­ge­richt All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen nur dann selbst aus­le­gen, wenn ei­ne un­ter­schied­li­che Aus­le­gung durch ver­schie­de­ne Be­ru­fungs­ge­rich­te, dh. ver­schie­de­ne Land­ge­rich­te, ver­schie­de­ne Ober­lan­des­ge­rich­te oder durch ein Land­ge­richt und ein Ober­lan­des­ge­richt denk­bar ist (BGH 5. Ju­li 2005 - X ZR 60/04 - WuM 2005, 589, zu II 2 b aa der Gründe). Die­se Ein­schränkung be­ruht dar­auf, dass All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen wie re­vi­si­ble Rechts­nor­men zu be­han­deln sind. Sie müssen des­halb in der or­dent­li­chen Ge­richts­bar­keit nach § 545 ZPO be­stimm­ten An­for­de­run­gen in Be­zug auf ih­ren räum­li­chen Gel­tungs­be­reich genügen. Da­nach kann die Re­vi­si­on nur auf die Ver­let­zung von Bun­des­recht oder ei­ner Vor­schrift, de­ren Gel­tungs­be­reich sich über den Be­zirk ei­nes Ober­lan­des­ge­richts hin­aus er­streckt, gestützt wer­den. Seit Gel­tung des zum 1. Ja­nu­ar 2002 in Kraft ge­tre­te­nen neu­en Re­vi­si­ons­rechts, nach dem ge­gen die Ur­tei­le al­ler Be­ru­fungs­ge­rich­te, sei­en es Land­ge­rich­te oder Ober­lan­des­ge­rich­te, die Re­vi­si­on statt­haft ist (§ 542 Abs. 1 ZPO), hält es der Bun­des­ge­richts­hof für ge­bo­ten, den in § 545 Abs. 1 ZPO ent­hal­te­nen Be­griff „Ober­lan­des­ge­richt“ durch „Be­ru­fungs­ge­richt“ zu er­set­zen. Da­mit wird die AGB-Kon­trol­le auch auf Klau­seln er­streckt, bei de­nen ei­ne un­ter­schied­li­che Aus­le­gung durch die Land­ge­rich­te ei­nes Ober­lan­des­ge­richts­be­zirks oder - wenn es in ei­nem Ober­lan­des­ge­richts­be­zirk nur ein Land­ge­richt gibt - durch das Land­ge­richt und das Ober­lan­des­ge­richt möglich ist (vgl. BGH 5. Ju­li 2005 - X ZR 60/04 aaO).

bb) Die in § 545 Abs. 1 ZPO ent­hal­te­ne Be­schränkung der Re­vi­si­ons­gründe gilt im ar­beits­ge­richt­li­chen Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nicht. § 73 ArbGG be­stimmt oh­ne Ein­schränkung, dass die Re­vi­si­on auf die Ver­let­zung ei­ner Rechts­norm durch das Lan­de­sar-

 

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beits­ge­richt gestützt wer­den kann. Dem­zu­fol­ge un­ter­liegt auch die Aus­le­gung der All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen der vol­len re­vi­si­ons­recht­li­chen Nach­prüfung durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt.

b) All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen sind nach ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen, wie sie von verständi­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Abwägung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ver­stan­den wer­den, wo­bei die Verständ­nismöglich­kei­ten des durch­schnitt­li­chen Ver­trags­part­ners des Ver­wen­ders zu­grun­de zu le­gen sind (st. Rspr., vgl. BGH 14. Ju­li 2004 - VIII ZR 339/03 - NJW 2004, 2961, zu II 1 a der Gründe). An­satz­punkt für die nicht am Wil­len der kon­kre­ten Ver­trags­part­ner zu ori­en­tie­ren­de Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen ist in ers­ter Li­nie der Ver­trags­wort­laut (BGH 17. Fe­bru­ar 1993 - VIII ZR 37/92 - NJW 1993, 1381, 1382, zu I 2 b der Gründe). Ist der Wort­laut ei­nes For­mu­lar­ver­trags nicht ein­deu­tig, kommt es für die Aus­le­gung ent­schei­dend dar­auf an, wie der Ver­trags­text aus der Sicht der ty­pi­scher­wei­se an Geschäften die­ser Art be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se zu ver­ste­hen ist, wo­bei der Ver­trags­wil­le verständi­ger und red­li­cher Ver­trags­part­ner be­ach­tet wer­den muss (BGH 19. Ja­nu­ar 2005 - XII ZR 107/01 - NJW 2005, 1183, zu II 1 der Gründe). So­weit auch der mit dem Ver­trag ver­folg­te Zweck ein­zu­be­zie­hen ist, kann das nur in Be­zug auf ty­pi­sche und von red­li­chen Geschäfts­part­nern ver­folg­te Zie­le gel­ten. Blei­ben nach Erwägung die­ser Umstände Zwei­fel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Las­ten des Ver­wen­ders (BGH 19. Ja­nu­ar 2005 - XII ZR 107/01 - aaO).

c) Das von den Par­tei­en ver­ein­bar­te Brut­to­mo­nats­ent­gelt ist die Ge­gen­leis­tung für die vom Kläger zu leis­ten­de Ar­beits­zeit von 43 Dienst­stun­den/Wo­che. Mehr­ar­beits­stun­den sind mit dem Ge­halt nicht vergütet. Die­se wer­den nach § 4 Nr. 1 Satz 3 des Ar­beits­ver­trags mit 7,93 Eu­ro be­zahlt bzw. nach Ab­spra­che in Frei­zeit ab­ge­gol­ten. Die Höhe des Ar­beits­ent­gelts ist nach dem Ar­beits­ver­trag un­abhängig von der La­ge der Ar­beits­zeit. Der Kläger soll­te die ver­ein­bar­te Vergütung nicht nur er­hal­ten, wenn er an Werk­ta­gen am Ta­ge ar­bei­tet, son­dern auch bei ei­ner Tätig­keit zur Nacht­zeit und an Sonn- und Fei­er­ta­gen. Das Brut­to­mo­nats­ent­gelt be­inhal­tet das mo­nat­li­che Grund­ge­halt nach § 4 Nr. 1 des Ar­beits­ver­trags iHv. 1.690,00 Eu­ro und die frei­wil­li­gen be­trieb­li­chen Zu­schläge. De­ren Zu­sam­men­set­zung er­gibt sich aus ei­ner dem Kläger bei Ver­trags­schluss über­ge­be­nen An­la­ge zum Ar­beits­ver­trag, die von bei­den Ver­trags­par­tei­en un­ter­zeich­net wur­de.

 

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Die Höhe der ver­ein­bar­ten pau­scha­len Ab­gel­tung der Zu­schläge für Nacht-, Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit kann durch Aus­le­gung der Klau­sel er­rech­net wer­den. Sie er­gibt sich aus der Dif­fe­renz zwi­schen dem sich aus dem Grund­ge­halt iHv. 1.690,00 Eu­ro er­ge­ben­den St­un­den­satz iHv. 9,07 Eu­ro (1.690,00 Eu­ro x 12 Mo­na­te = 20.280,00 Eu­ro : 52 Wo­chen = 390,00 Eu­ro/Wo­che : 43 St­un­den = 9,07 Eu­ro = 17,74 DM/St­un­de) und der ver­ein­bar­ten Mehr­ar­beits­vergütung iHv. 7,93 Eu­ro zzgl. der in der An­la­ge ver­ein­bar­ten an­tei­li­gen be­trieb­li­chen Zu­schläge und beträgt - we­gen der va­ria­blen be­trieb­li­chen Zu­schläge min­des­tens - 1,14 Eu­ro/St­un­de bzw. 212,26 Eu­ro/Mo­nat (1,14 Eu­ro/St­un­de x 43 St­un­den/Wo­che x 4,33 Wo­chen/Mo­nat).

Die­se Aus­le­gung be­ruht ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on nicht auf ei­ner Durch­schnitts­be­rech­nung, die der Be­klag­te nicht of­fen­ge­legt ha­be. Viel­mehr sind die für die Be­rech­nung des ver­trag­lich ver­ein­bar­ten St­un­den­ver­diens­tes maßgeb­li­chen Da­ten im Ar­beits­ver­trag ent­hal­ten und da­mit der ob­jek­ti­ven Aus­le­gung zugäng­lich. Wenn in dem Brut­to­mo­nats­ver­dienst nach dem Wort­laut des Ar­beits­ver­trags ei­ne Pau­scha­le für Nacht-, Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit ent­hal­ten ist und die aus dem Brut­to­mo­nats­ent­gelt er­rech­ne­te Vergütung der Ar­beits­stun­de höher ist als der für Mehr­ar­beits­stun­den ver­ein­bar­te St­un­den­satz, kann das nur be­deu­ten, dass in Höhe des Dif­fe­renz­be­trags die Nacht-, Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit pau­schal ab­ge­gol­ten wer­den soll­te.

3. Die im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bar­te Pau­schal­ab­gel­tung der Zu­schläge für Nacht­ar­beit so­wie Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit un­ter­liegt der In­halts­kon­trol­le nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2, § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB.

a) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB un­ter­lie­gen Be­stim­mun­gen in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen der un­ein­ge­schränk­ten In­halts­kon­trol­le, wenn durch sie von Rechts­vor­schrif­ten ab­wei­chen­de oder die­se ergänzen­de Re­ge­lun­gen ver­ein­bart wer­den. Zum dis­po­si­ti­ven Recht gehören auch all­ge­mein an­er­kann­te Rechts­grundsätze so­wie die Ge­samt­heit der we­sent­li­chen Rech­te und Pflich­ten, die sich aus der Na­tur des Ver­trags er­ge­ben (BGH 12. Mai 2004 - VIII ZR 159/03 - NJW-RR 2004, 1206, zu II 1 a der Gründe). An­de­re Be­stim­mun­gen in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen, durch die nicht von Rechts­vor­schrif­ten ab­ge­wi­chen wird, sind gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bei ei­nem Ver­s­toß ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot un­wirk­sam. Die­ser ein­ge­schränk­ten Kon­trol­le un­ter­lie­gen Klau­seln, die den Um­fang der von den Par­tei­en ge­schul­de­ten Ver­trags­leis­tung fest­le­gen (Münch­KommBGB/Ba­se­dow 4. Aufl. Bd. 2a § 307 Rn. 14). Im Ar­beits­verhält­nis sind das vor al­lem die Ar­beits­leis­tung und das Ar­beits­ent­gelt. Es ist nicht Auf­ga­be des Ge­richts, über die §§ 305 ff. BGB

 

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den „ge­rech­ten Preis“ zu er­mit­teln (ErfK/Preis 5. Aufl. §§ 305-310 BGB Rn. 38). § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB steht je­doch ei­ner Kon­trol­le der Haupt­leis­tungs­pflich­ten nicht ent­ge­gen, wenn die­se durch Rechts­vor­schrif­ten be­stimmt wer­den (BGH 30. Ok­to­ber 1991 - VIII ZR 51/91 - BGHZ 115, 391, 395; 9. Ju­li 1981 - VII ZR 139/80 - BGHZ 81, 229, 232). § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB be­ruht auf der Erwägung, dass ein Min­dest­maß an Trans­pa­renz der Preis­ge­stal­tung ei­nen funk­tio­nie­ren­den Wett­be­werb erst ermöglicht (Münch­KommBGB/Ba­se­dow aaO § 307 Rn. 20).

b) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich ei­ne zur Un­wirk­sam­keit der Klau­sel führen­de un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) auch dar­aus er­ge­ben, dass die Klau­sel nicht klar und verständ­lich ist. Das Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB schließt das Be­stimmt­heits­ge­bot ein. Da­nach müssen die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen und Rechts­fol­gen so ge­nau be­schrie­ben wer­den, dass für den Ver­wen­der kei­ne un­ge­recht­fer­tig­ten Be­ur­tei­lungs­spielräume ent­ste­hen. Ei­ne Klau­sel genügt dem Be­stimmt­heits­ge­bot, wenn sie im Rah­men des recht­lich und tatsächlich Zu­mut­ba­ren die Rech­te und Pflich­ten des Ver­trags­part­ners des Klau­sel­ver­wen­ders so klar und präzi­se wie möglich um­schreibt (BGH 3. März 2004 - VIII ZR 153/03 -, zu II 1 a bb der Gründe). Sie ver­letzt das Be­stimmt­heits­ge­bot, wenn sie ver­meid­ba­re Un­klar­hei­ten und Spielräume enthält (BGH 5. No­vem­ber 2003 - VIII ZR 10/03 - NJW 2004, 1598, zu II 2 b aa der Gründe). Doch darf das Trans­pa­renz­ge­bot den Ver­wen­der nicht über­for­dern. Die Ver­pflich­tung, den Klau­sel­in­halt klar und verständ­lich zu for­mu­lie­ren, be­steht nur im Rah­men des Mögli­chen (BGH 6. Ok­to­ber 2004 - VIII ZR 215/03 - WuM 2004, 663, zu II 1 der Gründe).

c) Bei Ver­brau­cher­verträgen sind im In­di­vi­dual­pro­zess gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Be­ur­tei­lung der un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch die den Ver­trags­schluss be­glei­ten­den Umstände zu berück­sich­ti­gen. Dies gilt auch für Ar­beits­verträge, denn der Ar­beit­neh­mer ist Ver­brau­cher iSv. § 310 Abs. 3 BGB (Se­nat 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - NZA 2005, 1111, auch zVv.). Zu den kon­kret-in­di­vi­du­el­len Be­gleit­umständen gehören bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung des Ge­set­zes un­ter Berück­sich­ti­gung des 16. Erwägungs­grun­des zur Richt­li­nie 93/13/EWG des Ra­tes vom 5. April 1993 über miss­bräuch­li­che Klau­seln in Ver­brau­cher­verträgen (ABl. EG Nr. L 95 vom 21. April 1993 S. 29) ins­be­son­de­re (1) persönli­che Ei­gen­schaf­ten des in­di­vi­du­el­len Ver­trags­part­ners, die sich auf die Ver­hand­lungsstärke aus­wir­ken, (2) Be­son­der­hei­ten der kon­kre­ten Ver­trags­ab­schluss­si­tua­ti­on, wie zB Über­rum­pe­lung, Be­leh­rung so­wie (3) un­ty­pi­sche Son­der­in­ter­es­sen des Ver­trags­part­ners (vgl. Stof­fels

 

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AGB-Recht Rn. 478; Pa­landt/Hein­richs BGB 64. Aufl. § 310 Rn. 21; Brand­ner in Ul-mer/Brand­ner/Hen­sen AGB-Ge­setz 9. Aufl. § 9 Rn. 179). Die Berück­sich­ti­gung die­ser Umstände kann so­wohl zur Un­wirk­sam­keit ei­ner nach ge­ne­rell-abs­trak­ter Be­trach­tung wirk­sa­men Klau­sel als auch zur Wirk­sam­keit ei­ner nach ty­pi­sier­ter In­halts­kon­trol­le un­wirk­sa­men Klau­sel führen (Stof­fels aaO Rn. 481; Münch­KommBGB/Ba­se­dow aaO § 310 Rn. 75; Pa­landt/Hein­richs aaO § 310 Rn. 21; Brand­ner aaO § 9 Rn. 180).

4. Ge­mes­sen an die­sen Grundsätzen hält § 4 Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags der In­halts­kon­trol­le nach § 307 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB stand. Die pau­scha­le Ab­gel­tung der Nacht­ar­beits­zu­schläge ist an­ge­mes­sen. Der ver­ein­bar­te Pau­schal­zu­schlag für Nacht­ar­beit liegt deut­lich über dem Zu­schlag von 10 %, der für Mit­ar­bei­ter im Ret­tungs­dienst nach § 6 Abs. 5 Arb­ZG in der Re­gel ge­schul­det ist (vgl. oben I 4 b).

a) Die ver­ein­bar­te pau­scha­le Ab­gel­tung der Nacht­ar­beits­zu­schläge un­ter­liegt an sich nur ei­ner ein­ge­schränk­ten In­halts­kon­trol­le nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil hier­durch die Ge­gen­leis­tung des Ar­beit­ge­bers für die vom Ar­beit­neh­mer er­brach­te Ar­beits­leis­tung ge­re­gelt wird. Da je­doch mit § 6 Abs. 5 Arb­ZG ei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung des Nacht­ar­beits­zu­schlags be­steht, ist durch die Ge­rich­te auch zu prüfen, ob die Höhe des ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Zu­schlags den ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen ent­spricht. Das ist hier der Fall.

b) Der in § 4 Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung kann im We­ge der ob­jek­ti­ven Ver­trags­aus­le­gung die Höhe der Pau­scha­le ent­nom­men wer­den. Die Höhe des Ab­gel­tungs­be­trags er­sch­ließt sich al­ler­dings nicht oh­ne wei­te­res aus der Ver­ein­ba­rung. Dem Be­klag­ten wäre es möglich und zu­mut­bar ge­we­sen, die Klau­sel kla­rer zu fas­sen. Er hätte den An­teil des Mo­nats­ver­diens­tes, mit dem er Nacht-, Sonn-und Fei­er­tags­ar­beit pau­schal ab­gel­ten woll­te, be­zif­fern können. Da­mit wäre die Klau­sel bei abs­trakt-ge­ne­rel­ler Be­trach­tung verständ­li­cher ge­we­sen. Dies führt im vor­lie­gen­den Fall je­doch nicht zur Un­wirk­sam­keit der Ver­ein­ba­rung. Die gem. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Be­ur­tei­lung der un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung nach § 307 Abs. 1 BGB zu berück­sich­ti­gen­den Umstände, die den Ver­trags­schluss be­glei­tet ha­ben, las­sen die Ver­ein­ba­rung in § 4 Nr. 4 des Ar­beits­ver­trags noch hin­rei­chend klar und verständ­lich er­schei­nen.

c) Bei der in­di­vi­du­el­len Be­ur­tei­lung der un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ist von Be­deu­tung, dass dem un­be­fris­te­ten Ver­trag vom

 

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27. März 2002 zwei be­fris­te­te Ar­beits­verträge vor­an­gin­gen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht den Ver­trag vom 27. März 2002 mit den zu­vor ge­schlos­se­nen be­fris­te­ten Verträgen ver­gli­chen. Da­nach war der Kläger als St­un­den­kraft zu ei­nem Ar­beits­ver­dienst von 15,50 DM (= 7,93 Eu­ro) brut­to beschäftigt. Dem ent­spricht die im Ver­trag vom 27. März 2002 ver­ein­bar­te Höhe der Mehr­ar­beits­vergütung. Nach­dem in dem Ver­trag vom 27. März 2002 für die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Ar­beits­zeit kein St­un­den­satz, son­dern ein Mo­nats­ge­halt ver­ein­bart wur­de, konn­te der Be­klag­te da­von aus­ge­hen, dass der Kläger ei­ne Um­rech­nung des Mo­nats­ge­halts in die sich dar­aus er­ge­ben­de St­un­den­vergütung vor­nimmt, um bei­de Ver­diens­te zu ver­glei­chen und fest­zu­stel­len, ob er mit dem neu­en Ver­trag fi­nan­zi­ell bes­ser oder schlech­ter als zu­vor steht. Der Kläger konn­te er­ken­nen, dass die Dif­fe­renz 1,14 Eu­ro/St­un­de bzw. 212,26 Eu­ro/Mo­nat beträgt und da­mit zu­gleich Nacht-, Sonn- und Fei­er­tags­ar­beit ab­ge­gol­ten sind.

d) Für den Kläger war die An­ge­mes­sen­heit der Pau­schal­ab­gel­tung iSv. § 6 Abs. 5 Arb­ZG er­kenn­bar. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat fest­ge­stellt, dass sich al­le fest-an­ge­stell­ten voll­zeit­beschäftig­ten Ret­tungs­as­sis­ten­ten nach Dienst­plan wech­sel­sei­tig zwi­schen Spät-, Nacht- und Frühschicht ablösen und durch­schnitt­lich et­wa die glei­che An­zahl von Nacht­ar­beits­stun­den - ca. zwei bis sechs, höchs­tens acht Nacht­ar­beits-diens­te - er­brin­gen. Da­mit war für den Kläger auch vor­her­seh­bar, in wel­chem un­gefähren Um­fang Nacht­ar­beit anfällt. Die ge­gen die­se Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts vom Kläger er­ho­be­ne Rüge der Ver­let­zung der Hin­weis­pflicht nach § 139 ZPO ist nicht be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt war nicht ver­pflich­tet, den Kläger in der münd­li­chen Ver­hand­lung dar­auf hin­zu­wei­sen, dass die von dem Vor­stands­mit­glied des Be­klag­ten in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­mach­ten Ausführun­gen zur Be­rech­nung des Ge­halts ent­schei­dungs­er­heb­lich sein könn­ten, denn dies war of­fen­sicht­lich. Es han­delt sich nicht um ei­nen Ge­sichts­punkt, den ein ge­wis­sen­haf­ter Pro­zess­ver­tre­ter nicht in Erwägung zie­hen muss­te. Die vom Lan­des­ar­beits­ge­richt er­teil­ten Hin­wei­se ste­hen dem nicht ent­ge­gen. Da­mit hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu dem schriftsätz­lich vor­ge­tra­ge­nen Sach- und Streit­stand sei­ne vorläufi­ge Auf­fas­sung mit­ge­teilt. Zu den in der münd­li­chen Ver­hand­lung erörter­ten Fra­gen konn­te die Kam­mer vor der Be­ra­tung kei­ne Hin­wei­se ge­ben.

5. Die zwi­schen den Par­tei­en ge­trof­fe­ne Vergütungs­ver­ein­ba­rung ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on nicht we­gen Lohn­wu­chers oder ei­nes wu­cherähn­li­chen Rechts­geschäfts nich­tig (§ 138 BGB). Der Kläger hat ein auffälli­ges Miss­verhält­nis zwi­schen Leis­tung und Ge­gen­leis­tung nicht dar­ge­legt. Er hat zwar be­haup­tet, im Ret-

 

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tungs­dienst des Lan­des Schles­wig-Hol­stein wer­de übli­cher­wei­se von sämt­li­chen Ar­beit­ge­bern, die öffent­li­che Zuschüsse er­hal­ten, der Bun­des-An­ge­stell­ten­ta­rif­ver­trag (BAT) an­ge­wandt und im Verhält­nis da­zu sei sei­ne Vergütung sit­ten­wid­rig nied­rig. Der Be­klag­te erhält je­doch kei­ne öffent­li­chen Zuschüsse und ist da­mit auch nicht ge­hal­ten, ei­ne Vergütung nach dem BAT zu gewähren. Die vom Kläger her­an­ge­zo­ge­ne Ar­beits­vergütung nach dem BAT ist nicht die ver­kehrsübli­che Vergütung für Ret­tungs­as­sis­ten­ten bei Un­ter­neh­men, die kei­ne öffent­li­chen Zuschüsse er­hal­ten.

III. Der Kläger kann gem. § 288 Abs. 1 BGB ab 1. Ju­li 2003 Zin­sen ver­lan­gen. Mit der zum 30. Ju­ni 2003 er­folg­ten Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses wur­de der Nacht­zu­schlag fällig.

IV. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Müller-Glöge

Mi­kosch

Linck

Heel

Zorn

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