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BAG, Ur­teil vom 05.03.2013, 1 AZR 417/12

   
Schlagworte: Zwangspensionierung, Diskriminierung: Alter, Rentenaltersklausel, Abfindung: Alter, Abfindung: Diskriminierung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 1 AZR 417/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 05.03.2013
   
Leitsätze:

1. In Betriebsvereinbarungen können Altersgrenzen vereinbart werden, nach denen das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet.

2. Die Arbeitsvertragsparteien können ihre Absprachen betriebsvereinbarungsoffen gestalten. Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat.

Vorinstanzen: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 07.03.2012, 16 Sa 809/11
Arbeitsgericht Hannover, Urteil vom 06.04.2011, 8 Ca 320/07
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

1 AZR 417/12
16 Sa 809/11
Lan­des­ar­beits­ge­richt
Nie­der­sach­sen

Im Na­men des Vol­kes!


Verkündet am

5. März 2013

UR­TEIL

Klapp, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Ers­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 5. März 2013 durch die Präsi­den­tin des Bun­des­ar­beits­ge­richts Schmidt, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Linck und Prof. Dr. Koch so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Gentz und Berg für Recht er­kannt:


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1. Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nie­der­sach­sen vom 7. März 2012 - 16 Sa 809/11 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Der Kläger hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner durch Be­triebs­ver­ein­ba­rung ge­re­gel­ten Al­ters­gren­ze.

Der Kläger war seit April 1980 bei der Be­klag­ten auf­grund ei­ner von bei­den Sei­ten un­ter­zeich­ne­ten „Ein­stell­mel­dung“ beschäftigt. In die­ser heißt es:

„1. Das Ar­beits­verhält­nis un­ter­liegt den Be­stim­mun­gen des Man­tel­ta­rif­ver­tra­ges für Lohn­empfänger, des Lohn­ta­rif­ver­tra­ges und der Ar­beits­ord­nung der V AG in der je­weils gülti­gen Fas­sung.

...

3. Es wird ei­ne Pro­be­zeit von 4 Wo­chen ver­ein­bart. Wird die Wei­ter­beschäfti­gung nicht min­des­tens 7 Ta­ge vor Ab­lauf der Pro­be­zeit schrift­lich ab­ge­lehnt, so gilt das Ar­beits­verhält­nis als auf un­be­stimm­te Zeit ab­ge­schlos­sen.

...

6. Es wur­den aus­gehändigt:

Man­tel-Ta­rif-Ver­trag für Lohn­empfänger
Lohn­ta­rif­ver­trag
Ar­beits­ord­nung
Sat­zung der Be­triebs­kran­ken­kas­se (mit Kran­ken­ord­nung) Un­fall­verhütungs-Vor­schrif­ten Ver­sor­gungs­richt­li­ni­en“

In der als Ver­sor­gungs­ord­nung be­zeich­ne­ten Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung Nr. 6/76 vom 21. De­zem­ber 1976 (GBV 6/76) ist be­stimmt:

 

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㤠3
V-Ren­te we­gen Er­werbs- oder Be­rufs­unfähig­keit

(1) V-Ren­te we­gen Er­werbs­unfähig­keit wird an ei­nen V-Mit­ar­bei­ter ge­zahlt, der nach Erfüllung der War­te­zeit (§ 2) aus dem Ar­beits­verhält­nis mit der V AG aus­schei­det, weil ein Träger der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung bei ihm den Ein­tritt der Er­werbs­unfähig­keit fest­ge­stellt hat und des­we­gen Ren­te gewährt (= vor­zei­ti­ger Ver­sor­gungs­fall). ...

...

§ 4
V-Al­ters­ren­te

(1) V-Al­ters­ren­te wird ge­zahlt, wenn ein V-Mit­ar­bei­ter nach Voll­endung des 65. Le­bens­jah­res aus dem Ar­beits­verhält­nis mit der V AG aus­schei­det (= Ver­sor­gungs­fall bei fes­ter Al­ters­gren­ze).

(2) V-Al­ters­ren­te wird vor­zei­tig ge­zahlt, wenn ein V-Mit­ar­bei­ter nach Voll­endung des 63. - bei Er­werbs- oder Be­rufs­unfähig­keit oder bei Schwer­be­hin­de­rung nach Voll­endung des 62. Le­bens­jah­res -, ei­ne V-Mit­ar­bei­te­rin nach Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res aus dem Ar­beits­verhält­nis mit der V AG aus­schei­det (= Ver­sor­gungs­fall bei fle­xi­bler Al­ters­gren­ze).

(3) V-Al­ters­ren­te wird vom Be­ginn des Mo­nats an ge­zahlt, der auf den Zeit­punkt des al­ters­be­ding­ten Aus­schei­dens aus dem Ar­beits­verhält­nis mit der V AG folgt, frühes­tens je­doch nach Ab­lauf der Zeit, für die noch Zah­lun­gen aus dem be­en­de­ten Ar­beits­verhält­nis ge­leis­tet wer­den. ...

...

§ 8
Vor­zei­ti­ge Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses

...

(3) Die V-Ren­te wird wie folgt be­rech­net: Es wird er­mit­telt, wel­che V-Ren­te bei an­ge­nom­me­ner Fort­dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der V AG bis zum Ein­tritt der nach Ab­satz 2 maßge­ben­den Vor­aus­set­zun­gen nach § 7 zu zah­len wäre (= fik­ti­ve Voll­ren­te). Hier­bei wird das Brut­to­ar­beits­ent­gelt in den letz­ten zwölf vol­len Ka­len­der­mo­na­ten des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der V AG nach Maßga­be des § 6 zu­grun­de ge­legt. Die­se Ren­te wird in dem Verhält­nis ermäßigt, in dem die er­reich­te Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der V AG zur er­reich­bar ge­we­se­nen Dau­er steht (bis zur Voll­endung des 65. Le­bens­jahrs = fes­te 


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Al­ters­gren­ze). ...“

Die GBV 6/76 wur­de durch die Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung Nr. 2/92 vom 11. De­zem­ber 1992 (GBV 2/92) neu ge­fasst. Nach de­ren § 4 Abs. 1 Satz 2 en­det das Ar­beits­verhält­nis - oh­ne dass es ei­ner Kündi­gung be­darf - mit Ab­lauf des Mo­nats, in dem das 65. Le­bens­jahr voll­endet wird. Die GBV 2/92 trat am 31. De­zem­ber 1992 in Kraft und galt für al­le Ver­sor­gungsfälle, die auf ei­nem Ar­beits­verhält­nis be­ruh­ten, das vor dem 1. Ja­nu­ar 1987, aber nach dem 1. De­zem­ber 1976 be­gründet wor­den war.

Der Kläger voll­ende­te im Au­gust 2007 sein 65. Le­bens­jahr und schied zum 31. Au­gust 2007 bei der Be­klag­ten aus.

Die für die Be­klag­te gel­ten­den Fir­men­ta­rif­verträge ent­hiel­ten zum Zeit­punkt der Ein­stel­lung des Klägers kei­ne Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen. Erst am 14. Ok­to­ber 2009 ver­ein­bar­te die IG Me­tall mit der Be­klag­ten ei­ne Ergänzung des Man­tel­ta­rif­ver­trags vom 15. De­zem­ber 2008, wo­nach das Ar­beits­verhält­nis oh­ne Kündi­gung mit Ab­lauf des Ka­len­der­mo­nats en­det, in dem der Beschäftig­te die je­wei­li­ge in­di­vi­du­el­le Re­gel­al­ters­gren­ze in der deut­schen ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung er­reicht. Die­se Re­ge­lung trat mit Wir­kung zum 1. Au­gust 2009 in Kraft.

Mit sei­ner am 5. Ju­li 2007 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat der Kläger gel­tend ge­macht, sein Ar­beits­verhält­nis sei nicht durch die in den Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ent­hal­te­nen Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen be­en­det wor­den. Die­se führ­ten zu nach dem AGG un­zulässi­gen Be­nach­tei­li­gun­gen we­gen des Le­bens­al­ters. Ei­ne auf das Er­rei­chen des Re­gel­ren­ten­al­ters be­zo­ge­ne Be­fris­tung könne in Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen nicht ver­ein­bart wer­den. Bei der Ein­stel­lung sei ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis be­gründet wor­den. Die­se Ab­re­de ge­he als güns­ti­ge­re Ab­spra­che et­wai­gen Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen in den Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­run­gen vor.


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Der Kläger hat - so­weit für die Re­vi­si­on von Be­deu­tung - be­an­tragt, 

1. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis über den 31. Au­gust 2007 hin­aus als un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis fort­be­steht,

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, den Kläger zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen des Ar­beits­ver­trags auch über den 31. Au­gust 2007 hin­aus in der Mon­ta­ge zu beschäfti­gen.

Die Be­klag­te hat die Ab­wei­sung der Kla­ge be­an­tragt. 

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die hier­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung zurück­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sei­ne Anträge wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist un­be­gründet. Die Vor­in­stan­zen ha­ben die Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Das Ar­beits­verhält­nis des Klägers hat nach § 4 Abs. 1 GBV 6/76 mit Ab­lauf des Ka­len­der­mo­nats ge­en­det, in dem er das 65. Le­bens­jahr voll­endet hat, al­so am 31. Au­gust 2007. Die in der GBV 6/76 ent­hal­te­ne Al­ters­gren­ze ist wirk­sam. Güns­ti­ge­re ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen be­ste­hen nicht. Der Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag fällt dem Se­nat nicht zur Ent­schei­dung an.

I. Das Ar­beits­verhält­nis des Klägers hat mit Ab­lauf des 31. Au­gust 2007 ge­en­det. Dies folgt aus § 4 Abs. 1 GBV 6/76, der ei­ne auf das Er­rei­chen des 65. Le­bens­jah­res be­zo­ge­ne Al­ters­gren­ze enthält. Die Sperr­wir­kung des § 77 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG greift nicht ein. Die Be­klag­te und der Ge­samt­be­triebs­rat konn­ten ei­ne Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags durch ei­ne auf das Re­gel­ren­ten­al­ter be­zo­ge­ne Al­ters­gren­ze in der GBV 6/76 re­geln. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung verstößt nicht ge­gen § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Be­trVG und das Ver­bot der Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung in § 7 Abs. 1, § 1 AGG.


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1. An­ders als vom Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men, enthält be­reits § 4 Abs. 1 GBV 6/76 ei­ne auf das Er­rei­chen des ge­setz­li­chen Ren­ten­al­ters be­zo­ge­ne Al­ters­gren­ze. Dies folgt aus dem Wort­laut, der Sys­te­ma­tik und dem Norm­zweck der Vor­schrift.

a) Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen sind we­gen ih­res nor­ma­ti­ven Cha­rak­ters wie Ta­rif­verträge oder Ge­set­ze aus­zu­le­gen. Aus­zu­ge­hen ist da­nach vom Wort­laut der Be­stim­mung und dem durch ihn ver­mit­tel­ten Wort­sinn. Ins­be­son­de­re bei un­be­stimm­tem Wort­sinn sind der wirk­li­che Wil­le der Be­triebs­par­tei­en und der von ih­nen ver­folg­te Zweck zu berück­sich­ti­gen, so­fern und so­weit sie im Text ih­ren Nie­der­schlag ge­fun­den ha­ben. Ab­zu­stel­len ist fer­ner auf den Ge­samt­zu­sam­men­hang und die Sys­te­ma­tik der Re­ge­lun­gen so­wie die von den Be­triebs­par­tei­en prak­ti­zier­te Hand­ha­bung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung. Im Zwei­fel gebührt der­je­ni­gen Aus­le­gung der Vor­zug, die zu ei­nem sach­ge­rech­ten, zweck­ori­en­tier­ten, prak­tisch brauch­ba­ren und ge­set­zes­kon­for­men Verständ­nis der Re­ge­lung führt (BAG 18. Ok­to­ber 2011 - 1 AZR 376/10 - Rn. 15).

b) Der Wort­laut von § 4 Abs. 1 GBV 6/76 ist nicht ein­deu­tig. Er kann da­hin­ge­hend ver­stan­den wer­den, dass er aus­sch­ließlich die Ru­he­geld­be­zugs­be­rech­ti­gung ei­nes Ar­beit­neh­mers bei Er­rei­chen der fes­ten Al­ters­gren­ze re­gelt. Ein Verständ­nis, wo­nach er nicht nur die­se, son­dern auch die Be­en­di­gung der Ar­beits­verhält­nis­se der ru­he­geld­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mer re­gelt, wird durch den Wort­laut je­doch nicht aus­ge­schlos­sen.

c) Für die Aus­le­gung von § 4 Abs. 1 GBV 6/76 als Be­en­di­gungs­norm spricht der sys­te­ma­ti­sche Zu­sam­men­hang der Vor­schrift. Denn auch an an­de­rer Stel­le in der GBV 6/76 wird die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses im Zu­sam­men­hang mit dem Be­zug ei­ner ge­setz­li­chen Ren­te ge­re­gelt. § 3 Abs. 1 GBV 6/76 enthält ei­ne auflösen­de Be­din­gung, nach der ein Ar­beit­neh­mer bei Fest­stel­lung sei­ner Er­werbs­unfähig­keit und ei­ner ent­spre­chen­den Ren­ten­gewährung aus dem Ar­beits­verhält­nis aus­schei­det. Dem ent­spricht § 4 Abs. 3 GBV 6/76, wo­nach V-Al­ters­ren­te vom Be­ginn des Mo­nats an ge­zahlt wird, der auf den Zeit­punkt des „al­ters­be­ding­ten Aus­schei­dens aus dem Ar­beits­verhält­nis mit der V AG“ folgt. Die­se Norm, die an die Re­ge­lung der fes­ten so­wie der


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fle­xi­blen Al­ters­gren­ze in § 4 Abs. 1 und Abs. 2 GBV 6/76 an­knüpft, geht von ei­nem „al­ters­be­ding­ten Aus­schei­den“ aus dem Ar­beits­verhält­nis aus und nicht auf­grund ei­nes ei­genständi­gen Be­en­di­gungs­tat­be­stands. Hierfür spricht auch die Be­rech­nungs­re­gel für die Höhe des Ru­he­gel­des bei vor­zei­ti­gem Aus­schei­den in § 8 Abs. 3 GBV 6/76. Nach die­ser ist die Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten bis zur Voll­endung des 65. Le­bens­jah­res be­grenzt. Dies kann nur da­hin­ge­hend ver­stan­den wer­den, dass das Ar­beits­verhält­nis je­den­falls bei Er­rei­chen der in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 be­stimm­ten Al­ters­gren­ze en­det.

d) Dies ent­spricht dem Norm­zweck. Durch die Re­ge­lun­gen der GBV 6/76 wird den Ar­beit­neh­mern der Be­klag­ten ne­ben ih­rer ge­setz­li­chen Al­ters­ren­te ei­ne wei­te­re Ver­sor­gung gewährt, die an die Stel­le der ent­fal­len­den Ar­beits­vergütung tritt. Da die GBV 6/76 nicht re­gelt, dass das be­trieb­li­che Ru­he­geld nach Er­rei­chen des Ver­sor­gungs­falls auch zusätz­lich zum Ar­beits­ent­gelt ge­zahlt wer­den kann, ist da­von aus­zu­ge­hen, dass durch die Ver­sor­gungs­ord­nung zu­gleich das Ar­beits­verhält­nis bei Er­rei­chen der fes­ten Al­ters­gren­ze be­en­det wer­den soll. Dies ha­ben die Be­triebs­par­tei­en in der GBV 2/92 durch § 4 Abs. 1 Satz 2 GBV 2/92 klar­ge­stellt.

2. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung der GBV 6/76 verstößt nicht ge­gen die Re­ge­lungs­sper­re des § 77 Abs. 3 Be­trVG.

a) Da­nach können Ar­beits­be­din­gun­gen, die durch Ta­rif­ver­trag ge­re­gelt sind oder übli­cher­wei­se ge­re­gelt wer­den, nicht Ge­gen­stand ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung sein (§ 77 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG). Ar­beits­be­din­gun­gen sind dann durch Ta­rif­ver­trag ge­re­gelt, wenn sie in ei­nem Ta­rif­ver­trag ent­hal­ten sind und der Be­trieb in den räum­li­chen, be­trieb­li­chen, fach­li­chen und persönli­chen Gel­tungs­be­reich die­ses Ta­rif­ver­trags fällt (BAG 16. Au­gust 2011 - 1 AZR 314/10 - Rn. 12). Ta­rifüblich ist ei­ne Re­ge­lung, wenn der Re­ge­lungs­ge­gen­stand in der Ver­gan­gen­heit in ei­nem ein­schlägi­gen Ta­rif­ver­trag ent­hal­ten war und die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en über ihn Ver­hand­lun­gen führen. Bloße zeit­li­che Gel­tungslücken zwi­schen ei­nem ab­ge­lau­fe­nen und ei­nem zu er­war­ten­den Ta­rif­ver­trag führen nicht zum Weg­fall der Sperr­wir­kung. Kei­ne Ta­rifüblich­keit liegt al­ler­dings vor, wenn es in der Ver­gan­gen­heit noch kei­nen ein­schlägi­gen Ta­rif­ver­trag gab

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und die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en le­dig­lich be­ab­sich­ti­gen, die An­ge­le­gen­heit künf­tig ta­rif­lich zu re­geln. Das gilt selbst dann, wenn sie be­reits Ta­rif­ver­hand­lun­gen auf­ge­nom­men ha­ben (BAG 26. Au­gust 2008 - 1 AZR 354/07 - Rn. 11, BA­GE 127, 297).

b) Die Vor­aus­set­zun­gen des § 77 Abs. 3 Satz 1 Be­trVG lie­gen nicht vor. Bis zu der am 14. Ok­to­ber 2009 ver­ein­bar­ten Ergänzung des Man­tel­ta­rif­ver­trags vom 15. De­zem­ber 2008 ent­hiel­ten die für die Be­klag­te gel­ten­den Ta­rif­verträge kei­ne Al­ters­gren­zen­re­ge­lun­gen. Zu wel­chem Zeit­punkt die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en hierüber Ver­hand­lun­gen auf­ge­nom­men ha­ben, ist un­er­heb­lich.

3. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 ist von der Re­ge­lungs­kom­pe­tenz der Be­triebs­par­tei­en um­fasst.

a) Bei der GBV 6/76 han­delt es sich um ei­ne teil­mit­be­stimm­te Be­triebs­ver­ein­ba­rung. So­weit die­se den An­spruch auf Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung aus­ge­stal­tet hat, un­ter­lag sie dem Be­tei­li­gungs­recht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 Be­trVG. Hier­von nicht er­fasst war die Fest­le­gung ei­ner Al­ters­gren­ze bei Er­rei­chen des Re­gel­ren­ten­al­ters. Für die­sen Re­ge­lungs­ge­gen­stand folgt die Zuständig­keit der Be­triebs­par­tei­en aus § 88 Be­trVG.

b) Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts können die Be­triebs­par­tei­en durch Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen Re­ge­lun­gen über den In­halt, den Ab­schluss und die Be­en­di­gung von Ar­beits­verhält­nis­sen tref­fen. Dem Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz liegt sei­ner Kon­zep­ti­on nach ei­ne grundsätz­lich um­fas­sen­de Kom­pe­tenz der Be­triebs­par­tei­en zur Re­ge­lung von ma­te­ri­el­len und for­mel­len Ar­beits­be­din­gun­gen zu­grun­de (grund­le­gend BAG GS 7. No­vem­ber 1989 - GS 3/85 - zu C I 2 der Gründe, BA­GE 63, 211). Dies folgt ins­be­son­de­re aus § 77 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Be­trVG. Zwar dient die­se Re­ge­lung in ers­ter Li­nie der Si­che­rung der aus­geübten und ak­tua­li­sier­ten Ta­rif­au­to­no­mie. Zu­gleich zeigt sie aber, dass der Ge­setz­ge­ber dort, wo die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ih­re Be­fug­nis zur Re­ge­lung von Ar­beits­be­din­gun­gen nicht wahr­neh­men oder den Ab­schluss ergänzen­der Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen zu­las­sen, von ei­ner Re­ge­lungs­kom­pe­tenz der Be­triebs­par­tei­en aus­geht. Hierfür


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spricht fer­ner, dass frei­wil­li­ge Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen nach § 88 Be­trVG nicht auf die dort aus­drück­lich ge­nann­ten Ge­genstände be­schränkt sind, son­dern, wie sich aus dem Wort „ins­be­son­de­re“ er­gibt, auch über an­de­re Ge­genstände möglich sein sol­len (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 19, BA­GE 137, 300).

c) Die­se Norm­set­zungs­be­fug­nis für Re­ge­lungs­ge­genstände außer­halb der zwin­gen­den Mit­be­stim­mung des Be­triebs­rats ist ver­fas­sungs­recht­lich un­be­denk­lich. Die be­trieb­li­che Norm­set­zung un­ter­liegt al­ler­dings Bin­nen­schran­ken. Die Ver­ein­bar­keit der in frei­wil­li­gen Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ge­trof­fe­nen Re­ge­lun­gen mit höher­ran­gi­gem Recht ist zu­dem im In­di­vi­dual­pro­zess ge­richt­lich voll über­prüfbar (BAG 12. De­zem­ber 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 13 ff., 22, BA­GE 120, 308).

4. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 verstößt nicht ge­gen § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Be­trVG. Die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit Er­rei­chen des Re­gel­ren­ten­al­ters ist sach­lich ge­recht­fer­tigt iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG.

a) Nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Se­nats sind die Be­triebs­par­tei­en beim Ab­schluss von Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen gemäß § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Be­trVG zur Wah­rung der grund­recht­lich geschütz­ten Frei­heits­rech­te ver­pflich­tet (BAG 17. Ju­li 2012 - 1 AZR 476/11 - Rn. 36). Da­zu gehört die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­te Be­rufs­frei­heit der Ar­beit­neh­mer (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 20, BA­GE 137, 300).

b) Im Be­reich des ar­beits­ver­trag­li­chen Be­stands­schut­zes ist im In­ter­es­se der Gewähr­leis­tung der durch Art. 12 Abs. 1 GG ga­ran­tier­ten Be­rufs­frei­heit der Ar­beit­neh­mer ein staat­li­cher Min­dest­schutz un­ver­zicht­bar. Das folgt aus der Schutz­pflicht­funk­ti­on der Grund­rech­te, die staat­li­che Grund­rechts­adres­sa­ten da­zu ver­pflich­ten, ein­zel­ne Grund­recht­sträger vor ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Be­schränkung ih­rer Grund­rech­te zu be­wah­ren. Bei der Be­fris­tung von Ar­beits­verhält­nis­sen schützen seit dem 1. Ja­nu­ar 2001 die Be­stim­mun­gen des Tz­B­fG vor ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Be­ein­träch­ti­gung des Grund­rechts aus Art. 12 


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Abs. 1 GG (BAG 8. De­zem­ber 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 29, BA­GE 136, 270). Von den zwin­gen­den Re­ge­lun­gen in § 14 Tz­B­fG kann nach § 22 Abs. 1 Tz­B­fG nicht zu­un­guns­ten der Ar­beit­neh­mer ab­ge­wi­chen wer­den. Dem­zu­fol­ge bedürfen auch Be­fris­tungs­re­ge­lun­gen in Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen zu ih­rer Wirk­sam­keit ei­nes sie recht­fer­ti­gen­den Sach­grunds iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG.

c) Der zeit­li­che An­wen­dungs­be­reich des § 14 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG ist eröff­net. Die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf­grund ei­ner in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung ent­hal­te­nen Be­fris­tung un­ter­liegt seit dem 1. Ja­nu­ar 2001 der Be­fris­tungs­kon­trol­le nach den Vor­schrif­ten des Tz­B­fG. Dies gilt auch für vor die­sem Zeit­punkt ab­ge­schlos­se­ne Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen.

d) Die Al­ters­gren­ze in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG sach­lich ge­recht­fer­tigt.

aa) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts kann ei­ne mit Er­rei­chen des Re­gel­ren­ten­al­ters ver­knüpfte Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in Kol­lek­tiv­nor­men die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 Tz­B­fG sach­lich recht­fer­ti­gen. Zwar ver­folgt der Ar­beit­neh­mer mit sei­nem Wunsch nach ei­ner dau­er­haf­ten Fort­set­zung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses über das Re­gel­ren­ten­al­ter hin­aus le­gi­ti­me wirt­schaft­li­che und ide­el­le An­lie­gen. Das Ar­beits­verhält­nis si­chert sei­ne wirt­schaft­li­che Exis­tenz­grund­la­ge und bie­tet ihm die Möglich­keit be­ruf­li­cher Selbst­ver­wirk­li­chung. Je­doch hat der Ar­beit­neh­mer bei Er­rei­chen der Re­gel­al­ters­gren­ze re­gelmäßig ein lan­ges Be­rufs­le­ben hin­ter sich. Da­ne­ben war er ty­pi­scher­wei­se von der An­wen­dung der Al­ters­gren­zen­re­ge­lung durch sei­nen Ar­beit­ge­ber selbst begüns­tigt, weil sich sei­ne Ein­stel­lungs- und Auf­stiegs­chan­cen durch das al­ters­be­ding­te Aus­schei­den an­de­rer Ar­beit­neh­mer ver­bes­sert ha­ben. Dem ge­genüber steht das Bedürf­nis des Ar­beit­ge­bers nach ei­ner sach­ge­rech­ten und be­re­chen­ba­ren Per­so­nal- und Nach­wuchs­pla­nung. Dem In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers, bei­zei­ten ge­eig­ne­ten Nach­wuchs ein­zu­stel­len oder be­reits beschäftig­te Ar­beit­neh­mer fördern zu können, ist Vor­rang vor dem Be­stands­schutz­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers zu gewähren, wenn der Ar­beit­neh­mer durch den Be­zug der Re­gel­al­ters­ren­te wirt­schaft­lich ab­ge­si­chert ist. En­det das Ar­beits­verhält­nis durch die ver­ein­bar­te Al­ters­gren­ze, ver­liert der


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Ar­beit­neh­mer den An­spruch auf die Ar­beits­vergütung, die ihm bis­her zum Be­strei­ten sei­nes Le­bens­un­ter­halts zur Verfügung ge­stan­den hat. Die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf­grund ei­ner Al­ters­gren­zen­re­ge­lung ist ver­fas­sungs­recht­lich nur zu recht­fer­ti­gen, wenn an die Stel­le der Ar­beits­vergütung der dau­er­haf­te Be­zug von Leis­tun­gen aus ei­ner Al­ters­ver­sor­gung tritt. Die An­bin­dung an ei­ne ren­ten­recht­li­che Ver­sor­gung bei Aus­schei­den durch ei­ne Al­ters­gren­ze ist da­mit Be­stand­teil des Sach­grunds. Die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung ist al­ler­dings auch nicht von der kon­kre­ten wirt­schaft­li­chen Ab­si­che­rung des Ar­beit­neh­mers bei Er­rei­chen der Al­ters­gren­ze abhängig (BAG 21. Sep­tem­ber 2011 - 7 AZR 134/10 - Rn. 22).

bb) Nach die­sen Grundsätzen ist die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 je­den­falls für Ar­beits­verhält­nis­se mit Ar­beit­neh­mern, die - wie der Kläger - vor dem 1. Ja­nu­ar 1947 ge­bo­ren sind, nicht zu be­an­stan­den. Die Re­ge­lung knüpft zwar an die Voll­endung des 65. Le­bens­jahrs an und stellt nicht aus­drück­lich auf das Er­rei­chen des Re­gel­ren­ten­al­ters ab. Je­doch wur­de die­ses bei Aus­schei­den des Klägers aus dem Ar­beits­verhält­nis mit der Voll­endung des 65. Le­bens­jahrs er­reicht (§ 35 Nr. 1 SGB VI idF der Be­kannt­ma­chung vom 19. Fe­bru­ar 2002 [BGBl. I S. 754]). Erst mit dem Ren­ten­ver­si­che­rungs-Al­ters­gren­zen­an­pas­sungs­ge­setz vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554) wur­de die Re­gel­al­ters­gren­ze für die Ge­burts­jahrgänge ab 1947 nach § 35 Satz 2, § 235 Abs. 2 SGB VI schritt­wei­se auf die Voll­endung des 67. Le­bens­jahrs an­ge­ho­ben.

5. Der durch § 4 Abs. 1 GBV 6/76 be­wirk­ten Be­en­di­gung von Ar­beits­verhält­nis­sen bei Er­rei­chen der Re­gel­al­ters­gren­ze steht das Ver­bot der Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung aus § 75 Abs. 1 Be­trVG, § 7 Abs. 1, § 1 AGG nicht ent­ge­gen. Die Al­ters­gren­ze führt zwar zu ei­ner un­mit­tel­ba­ren Be­nach­tei­li­gung we­gen des Al­ters. Die­se ist aber nach § 10 Satz 3 Nr. 5, Satz 1 und Satz 2 AGG zulässig. We­der die­se ge­setz­li­che Be­stim­mung noch die sie aus­ge­stal­ten­de Be­triebs­ver­ein­ba­rung sind uni­ons­recht­lich zu be­an­stan­den.

a) Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat ha­ben nach § 75 Abs. 1 Be­trVG darüber zu wa­chen, dass je­de Be­nach­tei­li­gung von Per­so­nen aus den in der Vor­schrift ge­nann­ten Gründen un­ter­bleibt. § 75 Abs. 1 Be­trVG enthält nicht nur ein Über-

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wa­chungs­ge­bot, son­dern ver­bie­tet zu­gleich Ver­ein­ba­run­gen, durch die Ar­beit­neh­mer auf­grund der dort auf­geführ­ten Merk­ma­le be­nach­tei­ligt wer­den. Der Ge­setz­ge­ber hat die in § 1 AGG ge­re­gel­ten Be­nach­tei­li­gungs­ver­bo­te in § 75 Abs. 1 Be­trVG über­nom­men. Die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung der Be­triebs­an­gehöri­gen aus ei­nem in § 1 AGG ge­nann­ten Grund ist da­her nur un­ter den im AGG nor­mier­ten Vor­aus­set­zun­gen zulässig (BAG 23. März 2010 - 1 AZR 832/08 - Rn. 14).

b) Der zeit­li­che An­wen­dungs­be­reich des AGG ist eröff­net. 

aa) Die Re­ge­lun­gen des AGG sind auch auf Al­ters­gren­zen an­zu­wen­den, die vor In­kraft­tre­ten des AGG ein­zel­ver­trag­lich oder in Kol­lek­tiv­nor­men ver­ein­bart wur­den, wenn die Al­ters­gren­ze im Ein­zel­fall erst mit oder nach In­kraft­tre­ten des AGG er­reicht wird. Nur wenn die­se be­reits vor dem 18. Au­gust 2006 er­reicht wur­de, gilt nach § 33 Abs. 1 AGG al­tes Recht (BAG 17. Ju­ni 2009 - 7 AZR 112/08 (A) - Rn. 36, BA­GE 131, 113).

bb) Dies ist vor­lie­gend nicht der Fall. Der Kläger voll­ende­te sein 65. Le­bens­jahr am 12. Au­gust 2007 und er­reich­te die in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 nor­mier­te Al­ters­gren­ze am 31. Au­gust 2007.

c) Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 enthält ei­ne un­mit­tel­bar auf dem Merk­mal des Al­ters be­ru­hen­de Un­gleich­be­hand­lung der Ar­beit­neh­mer, die das 65. Le­bens­jahr voll­endet ha­ben.

Das Er­rei­chen des in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 fest­ge­setz­ten Le­bens­al­ters führt au­to­ma­tisch zur Auflösung des Ar­beits­ver­trags. Ar­beit­neh­mer, die die­ses Al­ter er­reicht ha­ben, er­fah­ren so­mit ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung als al­le an­de­ren Er­werbstäti­gen. Ei­ne sol­che Re­ge­lung hat da­her ei­ne un­mit­tel­bar auf dem Al­ter be­ru­hen­de Un­gleich­be­hand­lung bei den Ent­las­sungs­be­din­gun­gen iSd. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1, § 1 AGG zur Fol­ge.

d) Die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 ist nach § 10 Satz 3 Nr. 5, Satz 1 und Satz 2 AGG zulässig. 


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aa) § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG er­lau­ben die in ei­ner Ver­ein­ba­rung nach § 10 Satz 3 Nr. 5 Halbs. 1 AGG ent­hal­te­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen des Al­ters, wenn die­se ob­jek­tiv und an­ge­mes­sen und durch ein le­gi­ti­mes Ziel ge­recht­fer­tigt ist und die Mit­tel zur Er­rei­chung die­ses Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich sind. Mit die­sen Re­ge­lun­gen hat der Ge­setz­ge­ber die sich aus Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 der Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes vom 27. No­vem­ber 2000 zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Beschäfti­gung und Be­ruf (Richt­li­nie 2000/78/EG) in na­tio­na­les Recht um­ge­setzt (BT-Drucks. 16/1780 S. 1 bis 3 und S. 20 bis 27). Die Prüfung der Zulässig­keit ei­ner auf dem Al­ter be­ru­hen­den un­ter­schied­li­chen Be­hand­lung hat da­her un­ter Be­ach­tung der Richt­li­nie 2000/78/EG und der zu ih­rer Aus­le­gung er­gan­ge­nen Recht­spre­chung des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs zu er­fol­gen.

bb) Die Re­ge­lung in § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG ver­folgt ein le­gi­ti­mes Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 1 der Richt­li­nie 2000/78/EG.

Der Eu­ropäische Ge­richts­hof hat Al­ters­gren­zen­ver­ein­ba­run­gen iSv. § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG, die an das Al­ter und die Bei­trags­zah­lung be­tref­fen­den Vor­aus­set­zun­gen für den Be­zug ei­ner Al­ters­ren­te an­knüpfen, grundsätz­lich als sol­che an­ge­se­hen, die ei­ne Un­gleich­be­hand­lung we­gen des Al­ters iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richt­li­nie 2000/78/EG als ob­jek­tiv und an­ge­mes­sen er­schei­nen las­sen und im Rah­men des na­tio­na­len Rechts recht­fer­ti­gen können. Bei die­sen han­de­le es sich um In­stru­men­te der na­tio­na­len Ar­beits­markt­po­li­tik, mit de­nen über ei­ne bes­se­re Beschäfti­gungs­ver­tei­lung zwi­schen den Ge­ne­ra­tio­nen der Zu­gang zur Beschäfti­gung gefördert wer­den soll (EuGH 5. Ju­li 2012 - C-141/11 - [Hörn­feldt] Rn. 29; 12. Ok­to­ber 2010 - C-45/09 - [Ro­sen­bladt] Rn. 62, Slg. 2010, I-9391). Mit sol­chen Maßnah­men ver­fol­gen die Mit­glied­staa­ten ein le­gi­ti­mes Ziel im Be­reich der So­zi­al- oder Beschäfti­gungs­po­li­tik. Die au­to­ma­ti­sche Be­en­di­gung der Ar­beits­verhält­nis­se von Beschäftig­ten, die die Vor­aus­set­zun­gen für den Be­zug ei­ner Al­ters­ren­te erfüllen, ist seit länge­rer Zeit Teil des Ar­beits­rechts zahl­rei­cher Mit­glied­staa­ten und in den Be­zie­hun­gen des Ar­beits­le­bens weit­hin üblich. Die­ser Me­cha­nis­mus - so der Ge­richts­hof - be­ruht 


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auf ei­nem Aus­gleich zwi­schen po­li­ti­schen, wirt­schaft­li­chen, so­zia­len, de­mo-gra­fi­schen und/oder haus­halts­be­zo­ge­nen Erwägun­gen und be­trifft die Ent­schei­dung der Mit­glied­staa­ten über die Dau­er der Le­bens­ar­beits­zeit der Ar­beit­neh­mer (EuGH 12. Ok­to­ber 2010 - C-45/09 - [Ro­sen­bladt] Rn. 44, aaO). Die beschäfti­gungs- und ar­beits­markt­po­li­ti­schen Zie­le können sich da­bei ent­we­der auf den ge­sam­ten Ar­beits­markt oder auf die Beschäfti­gungs­si­tua­ti­on in be­stimm­ten Bran­chen er­stre­cken (EuGH 16. Ok­to­ber 2007 - C-411/05 - [Pa­la­ci­os de la Vil­la] Rn. 69 f., Slg. 2007, I-8531). Nach der Recht­spre­chung des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs steht die Re­ge­lung über die Zulässig­keit von Al­ters­gren­zen in § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG we­gen des mit ihr ver­folg­ten ar­beits- und beschäfti­gungs­po­li­ti­schen Ziels im Ein­klang mit Uni­ons­recht (EuGH 12. Ok­to­ber 2010 - C-45/09 - [Ro­sen­bladt] Rn. 51, aaO). Die Nut­zung die­ser Ermäch­ti­gung durch ei­ne Kol­lek­tiv­ver­ein­ba­rung müsse al­ler­dings eben­falls in an­ge­mes­se­ner und er­for­der­li­cher Wei­se ein le­gi­ti­mes Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richt­li­nie 2000/78/EG ver­fol­gen (EuGH 12. Ok­to­ber 2010 - C-45/09 - [Ro­sen­bladt] Rn. 53, aaO). Die Prüfung, ob mit ei­ner sol­chen Al­ters­gren­zen­ver­ein­ba­rung le­gi­ti­me Zie­le iSv. Art. 6 Abs. 1 der Richt­li­nie 2000/78/EG ver­folgt wer­den und die Mit­tel hier­zu an­ge­mes­sen und er­for­der­lich sind, ob­liegt da­bei dem na­tio­na­len Ge­richt (EuGH 18. No­vem­ber 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Ge­or­giev] Rn. 43, Slg. 2010, I-11869).

cc) Die Vor­aus­set­zun­gen des § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG lie­gen vor. 

(1) Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 sieht die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu ei­nem Zeit­punkt vor, zu dem der be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer die Re­gel­al­ters­ren­te be­an­spru­chen kann.

(2) Der Berück­sich­ti­gung der beschäfti­gungs­po­li­ti­schen Ziel­set­zung als ei­nem le­gi­ti­men Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richt­li­nie 2000/78/EG steht nicht ent­ge­gen, dass die­se nicht in der GBV 6/76 aus­drück­lich ge­nannt ist. Nach der Recht­spre­chung des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs ist es aus­rei­chend, wenn an­de­re aus dem all­ge­mei­nen Kon­text der be­tref­fen­den Maßnah­me ab­ge­lei­te­te An­halts­punk­te die Fest­stel­lung des hin­ter die­ser Maßnah­me ste­hen­den Ziels ermögli­chen, da­mit des­sen Rechtmäßig­keit so­wie die An­ge­mes­sen­heit und 


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Er­for­der­lich­keit der zu sei­ner Er­rei­chung ein­ge­setz­ten Mit­tel ge­richt­lich über-prüft wer­den können (EuGH 5. Ju­li 2012 - C-141/11 - [Hörn­feldt] Rn. 24).

(3) Nach den nicht mit ei­ner Ver­fah­rensrüge an­ge­grif­fe­nen und den Se­nat bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts woll­ten die Be­triebs­par­tei­en mit den seit dem 1. De­zem­ber 1976 bei der Be­klag­ten gel­ten­den Al­ters­gren­zen ei­ne zusätz­li­che so­zia­le Ab­si­che­rung der Ar­beit­neh­mer im Zeit­punkt ih­res Ren­ten­ein­tritts er­rei­chen so­wie ei­nen ge­ord­ne­ten Rah­men für die Per­so­nal­pla­nung, ei­ne aus­ge­wo­ge­ne Al­ters­struk­tur der Be­leg­schaft und für die Nach­wuchsförde­rung schaf­fen. Hier­bei han­delt es sich um beschäfti­gungs­po­li­ti­sche Zie­le iSd. Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG.

(4) Die Rechts­qua­lität der GBV 6/76 als Be­triebs­ver­ein­ba­rung steht dem nicht ent­ge­gen.

Nach der Recht­spre­chung des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs können auch auf dem Al­ter be­ru­hen­de Un­gleich­be­hand­lun­gen in be­trieb­li­chen Ver­ein­ba­run­gen zulässig sein, wenn die Be­triebs­par­tei­en mit ih­ren Re­ge­lun­gen so­zi­al- und beschäfti­gungs­po­li­ti­sche Zie­le iSd. Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG ver­fol­gen, so­fern die zur Er­rei­chung die­ser Zie­le ein­ge­setz­ten Mit­tel an­ge­mes­sen und er­for­der­lich sind und nicht über das zur Er­rei­chung des ver­folg­ten Ziels Er­for­der­li­che hin­aus­ge­hen (EuGH 6. De­zem­ber 2012 - C-152/11 - [Odar] Rn. 43, 46, 49). Der Ge­richts­hof sieht Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat als So­zi­al­part­ner an (vgl. EuGH 9. De­zem­ber 2004 - C-19/02 - [Hlo­zek] Rn. 38, Slg. 2004, I-11491), de­nen bei der Ent­schei­dung über die Ver­fol­gung ei­nes be­stimm­ten so­zi­al- und beschäfti­gungs­po­li­ti­schen Ziels so­wie bei der Fest­le­gung der für sei­ne Er­rei­chung ge­eig­ne­ten Maßnah­men ein wei­ter Er­mes­sen­spiel­raum zu­steht (EuGH 12. Ok­to­ber 2010 - C-45/09 - [Ro­sen­bladt] Rn. 69, Slg. 2010, I-9391).

dd) Die in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 ent­hal­te­ne Al­ters­gren­ze ist er­for­der­lich und an­ge­mes­sen iSd. § 10 Satz 2 AGG.

Die Re­ge­lung ist zur Er­rei­chung der mit ihr ver­folg­ten beschäfti­gungs­po­li­ti­schen Zie­le er­for­der­lich. Es ist je­den­falls nicht un­vernünf­tig, wenn die


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Be­triebs­par­tei­en da­von aus­ge­hen, dass das Aus­schei­den von ren­ten­be­zugs­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mern ei­ne si­che­re Per­so­nal­pla­nung ermöglicht, zur Gewähr­leis­tung ei­ner aus­ge­wo­ge­nen Al­ters­struk­tur der Be­leg­schaft beiträgt und die Ein­stel­lungs­chan­cen von jünge­ren Ar­beit­neh­mern fördert. Die Al­ters­gren­ze in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 er­weist sich in Be­zug auf die von ihr be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer auch nicht als un­an­ge­mes­sen. Die Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses trifft sie nicht un­vor­be­rei­tet. Die Re­ge­lung führt nicht zu ih­rem Aus­schei­den aus dem Er­werbs­le­ben. Sie enthält kein Ver­bot ei­ner be­stimm­ten be­ruf­li­chen Tätig­keit, son­dern be­en­det nur das in der Ver­gan­gen­heit be­gründe­te Ar­beits­verhält­nis. Der mit dem Weg­fall des Ar­beits­ent­gelts ver­bun­de­ne wirt­schaft­li­che Nach­teil wird durch die Be­zugsmöglich­keit der Re­gel­al­ters­ren­te zu­min­dest teil­wei­se aus­ge­gli­chen.

e) Der Durchführung ei­nes Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­rens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV be­darf es nicht.

Die für die Be­ur­tei­lung von auf das Re­gel­ren­ten­al­ter be­zo­ge­nen Al­ters­gren­zen gel­ten­den uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen sind durch die an­geführ­te Recht­spre­chung des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs (EuGH 5. Ju­li 2012 - C-141/11 - [Hörn­feldt]; 18. No­vem­ber 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Ge­or­giev] Slg. 2010, I-11869; 12. Ok­to­ber 2010 - C-45/09 - [Ro­sen­bladt] Slg. 2010, I-9391; 16. Ok­to­ber 2007 - C-411/05 - [Pa­la­ci­os de la Vil­la] Slg. 2007, I-8531) als geklärt an­zu­se­hen. Nach den Ent­schei­dun­gen des Ge­richts­hofs in den Rs. Odar (EuGH 6. De­zem­ber 2012 - C-152/11 - [Odar]) und Hlo­zek (EuGH 9. De­zem­ber 2004 - C-19/02 - [Hlo­zek] Slg. 2004, I-11491) steht zu­dem fest, dass in Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ent­hal­te­ne Un­gleich­be­hand­lun­gen auf­grund des Al­ters durch so­zi­al- und beschäfti­gungs­po­li­ti­sche Zie­le iSd. Art. 6 Abs. 1 Un­terabs. 2 der Richt­li­nie 2000/78/EG ge­recht­fer­tigt wer­den können.

6. Wei­te­re Un­wirk­sam­keits­gründe ge­genüber der durch § 4 Abs. 1 GBV 6/76 be­wirk­ten Be­fris­tung sei­nes Ar­beits­ver­trags hat der Kläger nicht gel­tend ge­macht (§ 17 Satz 1 und Satz 2 Tz­B­fG iVm. § 6 Satz 1 KSchG). 


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II. Die Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 4 Abs. 1 GBV 6/76 wird nicht durch ei­ne für den Kläger güns­ti­ge­re Ab­re­de ver­drängt.

1. Nach § 77 Abs. 4 Satz 1 Be­trVG gel­ten Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen zwar un­mit­tel­bar und zwin­gend. Die­se ge­setz­li­che Re­ge­lung ist je­doch un­vollständig. Sie wird durch das Güns­tig­keits­prin­zip ergänzt. Das in § 4 Abs. 3 TVG nur un­voll­kom­men ge­re­gel­te Güns­tig­keits­prin­zip ist Aus­druck ei­nes um­fas­sen­den Grund­sat­zes, der un­abhängig von der Art der Rechts­quel­le und auch außer­halb des Ta­rif­ver­trags­ge­set­zes Gel­tung be­an­sprucht. Es gilt auch für das Verhält­nis von ver­trag­li­chen Ansprüchen zu den In­halts­nor­men ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung (BAG GS 16. Sep­tem­ber 1986 - GS 1/82 - zu C II 3 a, b der Gründe, BA­GE 53, 42). Güns­ti­ge­re ein­zel­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen ge­hen da­her den be­las­ten­den Re­ge­lun­gen ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung vor (BAG 6. No­vem­ber 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 23, BA­GE 124, 323).

2. Mit der in Nr. 3 der Ein­stel­lungs­mel­dung vom 8. April 1980 ent­hal­te­nen For­mu­lie­rung, nach der das Ar­beits­verhält­nis auf „un­be­stimm­te Zeit“ ab­ge­schlos­sen gilt, ha­ben die Par­tei­en kei­ne für den Kläger ge­genüber der GBV 6/76 güns­ti­ge­re Ver­ein­ba­rung ge­trof­fen.

Die ver­trag­li­che Re­ge­lung enthält ei­ne auflösen­de Be­din­gung, wo­nach das Ar­beits­verhält­nis mit Ab­lauf der vierwöchi­gen Pro­be­zeit en­det, wenn die Be­klag­te die Wei­ter­beschäfti­gung nicht min­des­tens sie­ben Ta­ge vor de­ren Ab­lauf ab­lehnt. Ver­zich­tet sie hier­auf, wird das Ar­beits­verhält­nis nach dem Ab­lauf der Pro­be­zeit als un­be­fris­te­tes fort­ge­setzt. Nach dem für die Aus­le­gung von Verträgen maßgeb­li­chen Empfänger­ho­ri­zont (§§ 133, 157 BGB) konn­te der Kläger die bei sei­ner Ein­stel­lung im Jahr 1980 ge­trof­fe­ne Ver­ein­ba­rung nicht da­hin­ge­hend ver­ste­hen, das Ar­beits­verhält­nis könne bis zu sei­nem Ab­le­ben nur durch ei­ne Kündi­gung oder ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag be­en­det wer­den. Hier­ge­gen spricht ins­be­son­de­re die bei Ver­trags­schluss er­folg­te Überg­a­be der GBV 6/76, in der die bei der Be­klag­ten gel­ten­de Al­ters­gren­ze ent­hal­ten war. Durch Nr. 3 der Ein­stel­lungs­mel­dung soll­te nicht ei­ne auf das Re­gel­ren­ten­al­ter be­zo­ge­ne Al­ters­gren­ze ab­be­dun­gen wer­den, son­dern viel­mehr nur klar­ge­stellt wer­den, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht nur für ei­ne im Vor­aus kon­kret be-
 

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stimm­te Frist ab­ge­schlos­sen wird (BAG 8. De­zem­ber 2010 - 7 AZR 438/09 - Rn. 23, BA­GE 136, 270).

3. Un­ge­ach­tet des­sen ha­ben die Par­tei­en ih­re ar­beits­ver­trag­li­chen Be­zie­hun­gen hin­sicht­lich ei­ner Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in den von der Be­klag­ten vor­ge­ge­be­nen All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen be­triebs­ver­ein­ba­rungs­of­fen ge­stal­tet.

a) All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen sind nach ih­rem ob­jek­ti­ven In­halt und ty­pi­schen Sinn ein­heit­lich so aus­zu­le­gen, wie sie von verständi­gen und red­li­chen Ver­trags­part­nern un­ter Abwägung der In­ter­es­sen der nor­ma­ler­wei­se be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ver­stan­den wer­den, wo­bei nicht die Verständ­nismöglich­kei­ten des kon­kre­ten, son­dern die des durch­schnitt­li­chen Ver­trags­part­ners des Ver­wen­ders zu­grun­de zu le­gen sind. Maßge­bend für die Aus­le­gung All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen ist in ers­ter Li­nie der Ver­trags­wort­laut. Ist die­ser nicht ein­deu­tig, kommt es für die Aus­le­gung ent­schei­dend dar­auf an, wie der Ver­trags­text aus Sicht der ty­pi­scher­wei­se an Geschäften die­ser Art be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se zu ver­ste­hen ist, wo­bei der Ver­trags­wil­le verständi­ger und red­li­cher Ver­trags­part­ner be­ach­tet wer­den muss. Bleibt nach Ausschöpfung der Aus­le­gungs­me­tho­den ein nicht be­heb­ba­rer Zwei­fel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu­las­ten des Ver­wen­ders (BAG 14. Sep­tem­ber 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19, BA­GE 139, 156).

b) Die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en können ih­re ver­trag­li­chen Ab­spra­chen da­hin­ge­hend ge­stal­ten, dass sie ei­ner Abände­rung durch be­trieb­li­che Nor­men un­ter­lie­gen. Das kann aus­drück­lich oder bei ent­spre­chen­den Be­gleit­umständen kon­klu­dent er­fol­gen und ist nicht nur bei be­trieb­li­chen Ein­heits­re­ge­lun­gen und Ge­samt­zu­sa­gen möglich, son­dern auch bei ein­zel­ver­trag­li­chen Ab­re­den. Ei­ne sol­che kon­klu­den­te Ver­ein­ba­rung ist re­gelmäßig an­zu­neh­men, wenn der Ver­trags­ge­gen­stand in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen ent­hal­ten ist und ei­nen kol­lek­ti­ven Be­zug hat. Mit der Ver­wen­dung von All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen macht der Ar­beit­ge­ber für den Ar­beit­neh­mer er­kenn­bar deut­lich, dass im Be­trieb ein­heit­li­che Ver­trags­be­din­gun­gen gel­ten sol­len. Ei­ne be­triebs-ver­ein­ba­rungs­fes­te Ge­stal­tung der Ar­beits­be­din­gun­gen stünde dem ent­ge­gen.


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Die Ände­rung und Um­ge­stal­tung von be­triebs­ein­heit­lich gewähr­ten Leis­tun­gen wäre nur durch den Aus­spruch von Ände­rungskündi­gun­gen möglich. Der Ab­schluss von be­triebs­ver­ein­ba­rungs­fes­ten Ab­re­den würde zu­dem den Ge­stal­tungs­raum der Be­triebs­par­tei­en für zukünf­ti­ge An­pas­sun­gen von Ar­beits­be­din­gun­gen mit kol­lek­ti­vem Be­zug ein­schränken. Da All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen eben­so wie Be­stim­mun­gen in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung auf ei­ne Ver­ein­heit­li­chung der Re­ge­lungs­ge­genstände ge­rich­tet sind, kann aus Sicht ei­nes verständi­gen und red­li­chen Ar­beit­neh­mers nicht zwei­fel­haft sein, dass es sich bei den vom Ar­beit­ge­ber ge­stell­ten Ar­beits­be­din­gun­gen um sol­che han­delt, die ei­ner Ände­rung durch Be­triebs­ver­ein­ba­rung zugäng­lich sind. Et­was an­de­res gilt nur dann, wenn Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer aus­drück­lich Ver­trags­be­din­gun­gen ver­ein­ba­ren, die un­abhängig von ei­ner für den Be­trieb gel­ten­den nor­ma­ti­ven Re­ge­lung An­wen­dung fin­den sol­len.

c) Dem steht die Un­klar­hei­ten­re­ge­lung des § 305c Abs. 2 BGB nicht ent­ge­gen. Da­nach muss der die All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen ver­wen­den­de Ar­beit­ge­ber bei Un­klar­hei­ten die ihm ungüns­tigs­te Aus­le­gungsmöglich­keit ge­gen sich gel­ten las­sen. Die­se Aus­le­gungs­re­gel kommt al­ler­dings erst dann zur An­wen­dung, wenn der Klau­sel­in­halt nicht be­reits durch Aus­le­gung zwei­fels­frei fest­ge­stellt wer­den kann. Es müssen „er­heb­li­che Zwei­fel“ an der rich­ti­gen Aus­le­gung be­ste­hen. Die ent­fern­te Möglich­keit, zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis zu kom­men, genügt für die An­wen­dung der Be­stim­mung nicht (BAG 14. Sep­tem­ber 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 20, BA­GE 139, 156).

d) Nach die­sen Grundsätzen ist der Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en in Be­zug auf ei­ne Al­ters­gren­zen­re­ge­lung be­triebs­ver­ein­ba­rungs­of­fen aus­ge­stal­tet. Bei den in der Ein­stel­lungs­mel­dung ent­hal­te­nen Ver­trags­in­hal­ten han­delt es sich um von der Be­klag­ten ge­stell­te All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen mit kol­lek­ti­vem Be­zug. Dass der Ver­ein­ba­rung ei­nes un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses in Nr. 3 der Ein­stel­lungs­mel­dung ei­ne be­triebs­ver­ein­ba­rungs­fes­te In­di­vi­du­al­ver­ein­ba­rung zu­grun­de liegt, die zur Ver­drängung der Al­ters­gren­zen­re­ge­lung in § 4 Abs. 3 GBV 6/76 führt, hat der Kläger selbst nicht be­haup­tet. 


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III. Der Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag fällt dem Se­nat nicht zur Ent­schei­dung an, da er, wie sei­ne Aus­le­gung er­gibt, nur bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Rechts­streits ge­stellt ist.


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