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Wirtschaftliche Vertretbarkeit eines Sozialplans
11.08.2020. Bei Betriebsänderungen wie Massenentlassungen kann der Betriebsrat einen Sozialplan fordern, der die wirtschaftlichen Nachteile für die Entlassenen verringern soll. Dabei muss die wirtschaftliche Vertretbarkeit für das Unternehmen beachtet werden.
Doch kann sich der Arbeitgeber auf die wirtschaftliche Unvertretbarkeit eines Sozialplans berufen, wenn er von anderen konzernverbundenen Unternehmen Liquiditätshilfen erhält?
Nein, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einer aktuellen Entscheidung: LAG Hamm, Beschluss vom 23.08.2019, 13 TaBV 44/18.
- Wann sind Sozialpläne wirtschaftlich unvertretbar?
- Der Streitfall: Erhebliche Verluste bei gleichzeitigen Liquiditätshilfen durch konzernverbundene Unternehmen
- LAG Hamm: Verhindern Liquiditätshilfen im Konzern mit Erfolg eine drohende Insolvenz und werden Sozialplanansprüche erfüllt, spricht dies gegen die wirtschaftliche Unvertretbarkeit eines Einigungsstellen-Sozialplans
Wann sind Sozialpläne wirtschaftlich unvertretbar?
Größere Entlassungswellen sind meist eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat dann auf einen Sozialplan nicht einigen, muss die Einigungsstelle entscheiden (§ 112 Abs.4 BetrVG). Bei ihrem Spruch, mit dem sie den Gesamtbetrag der Sozialplanleistungen festlegt(„Dotierung“), muss die Einigungsstelle darauf achten, „dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.“ (§ 112 Abs.5 Satz 2 Nr.3 BetrVG).
Hier sind laut Bundesarbeitsgericht (BAG) folgende Eckpunkte zu beachten: Führt ein Sozialplan zur Illiquidität, zur bilanziellen Überschuldung oder zu einer unvertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals, ist der Sozialplan meist wirtschaftlich nicht vertretbar (BAG, Beschluss vom 22.01.2013, 1 ABR 85/11, Rn.18).
In dem Fall des LAG Hamm ging es im Wesentlichen um die Frage, ob Illiquidität auch dann vorliegt, wenn ein Arbeitgeber schon seit langem Liquiditätshilfen anderer Konzernunternehmen erhält und damit trotz massiver operativer Verluste eine Insolvenz vermeiden kann.
Der Streitfall: Erhebliche Verluste bei gleichzeitigen Liquiditätshilfen durch konzernverbundene Unternehmen
Ein Automobilzuliefer-Betrieb mit 640 Arbeitnehmern häufte über Jahre Verluste von mehr als 120 Mio. EUR an. Sie wurden andere Unternehmen des Konzerns immer wieder ausgeglichen, und zwar durch Liquiditätszusagen bzw. -hilfen. Eine dieser Liquiditätszusagen über einen Höchstbetrag von 20 Mio. EUR wurde „für eine insolvenzvermeidende Sanierung“ und für Leistungen eines (noch zu verhandelnden) Sozialplans erteilt.
Später wurde diese Hilfe auf maximal 50 Mio. EUR aufgestockt, um eine insolvenzvermeidende Betriebsstilllegung zu ermöglichen. Im Jahr 2017 scheiterten Sozialplanverhandlungen wegen der geplanten Entlassung von 227 Stammkräften, so dass die Einigungsstelle einen Sozialplan durch Spruch aufstellte. Der Sozialplan sah Abfindungen von 0,3 Gehältern pro Beschäftigungsjahr vor und hatte ein Gesamtvolumen von 4,287 Mio. EUR. Ende April 2019 wurde der Betrieb ganz eingestellt. Zu einem Insolvenzverfahren kam es nicht.
Der Arbeitgeber beantragte die gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit des Sozialplans. Sein Argument: Der Sozialplan war wirtschaftlich unvertretbar, so dass die Einigungsstelle hier ihr Ermessen überschritten hatte. Außerdem hatte der vom Arbeitgeber in die Einigungsstelle entsandte Anwalt einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden der Einigungsstelle gestellt, doch hatte die Einigungsstelle vor ihrem Spruch über diesen Antrag nicht entschieden.
Das Arbeitsgericht Iserlohn gab dem Arbeitgeber recht (Beschluss vom 20.06.2018, 1 BV 1/18). Seiner Ansicht nach war Sozialplan wirtschaftlich unvertretbar (Beschluss, Rn.44).
LAG Hamm: Verhindern Liquiditätshilfen im Konzern mit Erfolg eine drohende Insolvenz und werden Sozialplanansprüche erfüllt, spricht dies gegen die wirtschaftliche Unvertretbarkeit eines Einigungsstellen-Sozialplans
Das LAG entschied, dass der Sozialplan weder verfahrensfehlerhaft zustande gekommen noch wirtschaftlich unvertretbar war (LAG Hamm, Beschluss vom 23.08.2019, 13 TaBV 44/18).
Die Einigungsstelle durfte über den Befangenheitsantrag gar nicht entscheiden, denn der Antrag war nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem Beisitzer der Einigungsstelle gestellt worden. In seiner Eigenschaft als Beisitzer der Einigungsstelle war der Arbeitgeberanwalt aber nicht dafür zuständig, einen solchen Antrag zu stellen, sondern vielmehr dafür, über ihn zu entscheiden (LAG, Beschluss, Rn.48, 49).
Auch eine Überschreitung der Grenzen des Ermessens lag nicht vor. Die dem Arbeitgeber auferlegten Pflichten waren nach Ansicht des LAG nicht wirtschaftlich unvertretbar (§§ 76 Abs.5 Satz 4, 112 Abs.5 Satz 2 Nr.3 BetrVG).
Denn erstens gab es immer neue Liquiditätszusagen anderer Konzernunternehmen. Dadurch wurde der Arbeitgeber 2017 und 2018 in die Lage versetzt, ohne Gefährdung seines Fortbestandes die Sozialansprüche zu erfüllen (Beschluss, Rn.59). Und zweitens war es ja gerade das Ziel der anderen Konzernunternehmen, eine Insolvenz des Arbeitgebers zu vermeiden, um einen sonst drohenden Imageschaden vom Gesamtkonzern abzuwenden (Beschluss, Rn.60 f.). Daher konnte der Arbeitgeber sicher sein, „im Falle einer drohenden Zahlungsunfähigkeit von anderen Konzernunternehmen finanziell adäquat aufgefangen zu werden“ (Beschluss, Rn.62).
Fazit: Soll die Unwirksamkeit eines Einigungsstellen-Sozialplans wegen Ermessensüberschreitung gerichtlich festgestellt werden, muss der Antragsteller die Ermessensüberschreitung schlüssig vortragen (BAG, Beschluss vom 22.01.2013, 1 ABR 85/11, Rn.19). Das hatte der Arbeitgeber im Streitfall nicht getan, da er seine Zugriffe auf die Liquiditätshilfen offenbar nicht genau (genug) aufschlüsselte.
Das LAG hat die Rechtsbeschwerde zum BAG nicht zugelassen und der Arbeitgeber hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, allerdings ohne Erfolg (Aktenzeichen des BAG: 1 ABN 87/19). Damit ist die Entscheidung des LAG rechtskräftig.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 23.08.2019, 13 TaBV 44/18
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.01.2013, 1 ABR 85/11
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Letzte Überarbeitung: 16. November 2021
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