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Abmahnung: Die Ausübung ihrer Religion am Arbeitsplatz ist Erziehern untersagt
18.03.2011. Können Arbeitgeber ihren Arbeitnehmer religiöse Bekundungen wie das Tragen eines christlichen Kreuzes oder eines islamischen Kopfbuches untersagen und wenn ja, unter welchen Umständen?
Diese Frage sorgt immer wieder vor den Arbeitsgerichten für Streit.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied im Jahr 2002, dass der Arbeitgeber zwar kraft seines Weisungsrechts befugt ist, eine betriebliche Kleiderordnung aufzustellen, dabei aber die Glaubensfreiheit seiner Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigen muss (BAG, Urteil vom 10.10.2002, 2 AZR 472/01).
Die Glaubensfreiheit wird durch Art. 4 Grundgesetz (GG) geschützt, der die Religionswahl- und Religionsausübungsfreiheit jedes Einzelnen gewährleistet. Dazu gehört einerseits das Recht, sein gesamtes Verhalten an den Lehren eines Glaubens auszurichten ("positive Religionsfreiheit"), andererseits aber auch das Recht, sich nicht gegen seinen Willen mit Religion auseinandersetzen zu müssen ("negative Religionsfreiheit").
Arbeitgeber sind daher in der Pflicht, die im Einzelfall durchaus gegenläufigen Interessen seiner verschiedenen Arbeitnehmer und seine eigenen Grundrechte, insb. seine Berufsfreiheit (Art.12 GG), "unter einen Hut zu bringen".
Dabei verstößt eine unverhältnismäßige Weisung, am Arbeitsplatz keine religiösen Symbole wie z.B. ein Kopftuch zu tragen, nicht nur gegen die Grenzen des Weisungsrechts, sondern stellt auch eine Diskriminierung wegen der Religion im Sinne der §§ 2 Abs.1, 3 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar. Eine solche Schlechterstellung moslemischer Arbeitnehmerinnen ist im Allgemeinen als Diskriminierung verboten (§ 7 AGG), wenn sie nicht ausnahmsweise sachlich gerechtfertigt ist.
Die möglichen Rechtfertigungsgründe sind in den §§ 8 ff. AGG geregelt. Dazu gehört z.B. , dass die Benachteiligung bzw. unterschiedliche Behandlung wegen der Religion "wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt" (§ 8 Abs.1 AGG). Ist die Weisung eine Diskriminierung, kann der Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des § 15 AGG eine Geldentschädigung verlangen.
Etwas leichter als der private Arbeitgeber hat es da der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) urteilte 2003 für die Bereich des öffentlichen Dienstes, dass ein staatlichen Verbot religiöser Bekundungen in Schulen bei entsprechender gesetzlicher Grundlage möglich ist.
Das staatliche Neutralitätsgebot und die Grundrechte der Eltern und Kinder (Religionsfreiheit, Erziehungsrecht) wiegen bei zwangsweise zu besuchenden öffentlichen Einrichtungen nämlich schwerer als die Religionsfreiheit des Personals der Einrichtung. In den Ländern wurden auf dieser Grundlage entsprechende Neutralitätsgebote für den Erziehungsbereich gesetzlich geregelt.
Verstöße gegen das Neutralitätsgebot oder - allgemeiner gesagt - eine entsprechende rechtmäßige Weisung des Arbeitgebers sind ein arbeitsvertragswidriges Verhalten, auf das der Arbeitgeber mit einer Abmahnung oder einer verhaltensbedingten Kündigung reagieren kann. Für den Schulbereich ist das mittlerweile geklärt (wir berichteten zuletzt in Arbeitsrecht aktuell: 09/151 Abmahnung wegen islamischer Bastmütze in der Schule rechtens).
Vor kurzem hat das BAG entschieden, dass diese Grundsätze auch für die Erzieherinnen öffentlicher Kindertagesstätten gelten (BAG, Urteil vom 12.08.2010, 2 AZR 593/09). In diesem Streitfall hatte ein Arbeitgeber einer Mitarbeiterin eine Abmahnung erteilt, nachdem diese trotz wiederholter Hinweise während der Arbeitszeit ein islamisches Kopftuch getragen hatte. Die Betroffene klagte über drei Instanzen erfolglos auf die Entfernung der Abmahnung aus Ihrer Personalakte (Vorinstanzen: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.06.2009, 7 Sa 84/08; Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 15.10.2008,14 Ca 7300/07).
Das Bundesarbeitsgericht hielt das baden-württembergische Neutralitätsgebot für verfassungs- und europarechtlich unbedenklich sowie für AGG-konform und damit die hierauf gestützte Abmahnung für wirksam. Das Neutralitätsgebot untersagt nämlich allgemein jede religiöse Bekundung (auch christliche) und dient damit der Vermeidung religiöser Konflikte.
Da es keine der Schulpflicht entsprechende Kindergartenpflicht gibt, ist die Zwangslage der Eltern und Kinder zwar nicht ganz so schwerwiegend wie im Schulbereich. Allerdings haben Sie das Recht auf einen Kindergartenplatz (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - SGB VIII). Damit wäre es schwer vereinbar, wenn die Betroffenen sich auf andere, möglicherweise gar nicht in akzeptabler Reichweite vorhandene Tageseinrichtungen verweisen lassen müssten, so das Gericht.
Fazit: Öffentlich-rechtliche Arbeitgeber haben bei entsprechender gesetzlicher Grundlage das Recht, ihren Arbeitnehmern religiöse Bekundungen am Arbeitsplatz zu untersagen.
Das ist zwar im Prinzip auch ohne offizielles Neutralitätsgebot möglich, doch muss der Arbeitgeber dann seine Weisung sorgfältig unter Berücksichtigung der Interessen sämtlicher Beteiligter (Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Vertragspartner, Kunden) überdenken. Tut er dies nicht ausreichend, kann die Weisung nicht nur als Diskriminierung wegen der Religion unwirksam sein, sondern es drohen auch hieraus resultierende Schadensersatzansprüche.
Nähere Informationen finden sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.08.2010, 2 AZR 593/09
- Handbuch Arbeitsrecht: Annahmeverzug des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Religion oder Weltanschauung
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
- Handbuch Arbeitsrecht: Weisungsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 19/031 Kopftuchverbot 2019 erneut vor dem EuGH
- Arbeitsrecht aktuell: 17/076 Kopftuchverbot am Arbeitsplatz kann rechtens sein
- Arbeitsrecht aktuell: 16/125 Diskriminierung wegen Kopftuchs in Berlin?
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- Arbeitsrecht aktuell: 11/115 Kündigung wegen Arbeitsverweigerung aus Glaubensgründen
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- Arbeitsrecht aktuell: 08/066 Abmahnung wegen Tragens einer „islamischen Baskenmütze“
- Arbeitsrecht aktuell: 02/05 Kopftuch ist kein Kündigungsgrund
Letzte Überarbeitung: 7. Februar 2019
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