HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

BAG, Ur­teil vom 25.04.2013, 6 AZR 49/12

   
Schlagworte: Massenentlassung: Elternzeit, Elternzeit: Massenentlassung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 6 AZR 49/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 25.04.2013
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 06.04.2011, 2 Ca 2422/10
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 31.10.2011, 17 Sa 761/11
Nachgehend Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.06.2016, 1 BvR 3634/13
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

6 AZR 49/12
17 Sa 761/11
Hes­si­sches Lan­des­ar­beits­ge­richt

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

25. April 2013

UR­TEIL

Förs­ter, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

1.

Be­klag­te zu 1., Be­ru­fungs­be­klag­te zu 1. und Re­vi­si­ons­be­klag­te zu 1.,

2.

Be­klag­te zu 2., Be­ru­fungs­be­klag­te zu 2. und Re­vi­si­ons­be­klag­te zu 2.,

 

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hat der Sechs­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 25. April 2013 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Fi­scher­mei­er, die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gall­ner und Spel­ge so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Lauth und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Döpfert für Recht er­kannt:

1. Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 31. Ok­to­ber 2011 - 17 Sa 761/11 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Kläge­rin hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Kläge­rin und die Be­klag­te zu 1. strei­ten noch darüber, ob ihr Ar­beits­verhält­nis durch ei­ne or­dent­li­che, auf be­trieb­li­che Gründe gestütz­te Kündi­gung be­en­det wur­de oder fort­be­steht. Die Kläge­rin hat ursprüng­lich vor­ran­gig ge­genüber der Be­klag­ten zu 2. das Kla­ge­ziel der Fest­stel­lung ver­folgt, dass ihr Ar­beits­verhält­nis auf die Be­klag­te zu 2. über­ge­gan­gen ist und fort­dau­ert. Die ge­gen die Be­klag­te zu 2. ge­rich­te­te Re­vi­si­on hat sie je­doch im Ver­lauf des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens zurück­ge­nom­men.

Die Be­klag­te zu 1., ei­ne Ak­ti­en­ge­sell­schaft grie­chi­schen Rechts mit Sitz in Athen, ist ei­ne ehe­ma­li­ge Flug­ge­sell­schaft, de­ren Haupt­an­teils­eig­ner der grie­chi­sche Staat ist. Sie un­ter­hielt in Deutsch­land ei­ne Nie­der­las­sung in F mit 36 Ar­beit­neh­mern. Da­ne­ben beschäftig­te sie wei­te­re 33 Ar­beit­neh­mer in den Sta­tio­nen B, D, M und S. Kei­ner die­ser Ar­beit­neh­mer war im Flug­be­trieb ein­ge­setzt. Sie be­treu­ten viel­mehr den Bo­den­be­trieb des Flug­ver­kehrs der Be­klag­ten

 

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zu 1. von und nach Deutsch­land. Da­zu gehörte ein Teil der Auf­ga­ben der flug­ha­fen­be­zo­ge­nen Ab­fer­ti­gung von Pas­sa­gie­ren und Fracht. Die Ar­beit­neh­mer ga­ben zB Ti­ckets aus, re­ser­vier­ten Sitz­plätze, be­treu­ten die Pas­sa­gie­re und Rei­sebüros und rech­ne­ten ge­genüber Fracht­kun­den ab. An al­len Stand­or­ten be­stand ein Be­triebs­rat, zu­dem war ein Ge­samt­be­triebs­rat ge­bil­det.

Der grie­chi­sche Staat er­brach­te ge­genüber der Be­klag­ten zu 1. wie­der­holt Leis­tun­gen, um den Flug­be­trieb auf­recht­zu­er­hal­ten. Die Eu­ropäische Kom­mis­si­on lei­te­te des­halb meh­re­re Ver­fah­ren we­gen uni­ons­rechts­wid­ri­ger Bei­hil­fen ein. Im Jahr 2008 un­ter­rich­te­te Grie­chen­land die Eu­ropäische Kom­mis­si­on nach Art. 88 Abs. 3 EG (jetzt: Art. 108 Abs. 3 AEUV) über Pläne, be­stimm­te Vermögens­wer­te ua. der Be­klag­ten zu 1. an die P A S.A. zu ver­kau­fen und da­nach die Be­klag­te zu 1. zu li­qui­die­ren. Im Sep­tem­ber 2008 ent­schied die Eu­ropäische Kom­mis­si­on, dass die ge­mel­de­te Maßnah­me kei­ne staat­li­che Bei­hil­fe iSv. Art. 87 Abs. 1 EG (jetzt: Art. 107 Abs. 1 AEUV) sei.

Der grie­chi­sche Ge­setz­ge­ber ver­ab­schie­de­te mit Wir­kung vom 23. Ok­to­ber 2008 das Ge­setz 3710/2008. Mit des­sen Art. 40 wur­de in das Ge­setz 3429/2005 Art. 14 A ein­gefügt. Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005 lau­tet in der be­glau­big­ten Über­set­zung aus­zugs­wei­se:

„Son­der­li­qui­da­ti­on öffent­li­cher Un­ter­neh­men

1. Öffent­li­che Un­ter­neh­men, die ver­mehrt:

a) schwe­ren wirt­schaft­li­chen Schwie­rig­kei­ten oder Pro­ble­men bei der Struk­tu­rie­rung ih­res Ei­gen­ka­pi­tals ge­genüber­ste­hen oder of­fen­sicht­lich nicht in der La­ge sind, die ih­nen ge­setz­ten Zah­lungs­fris­ten ein­zu­hal­ten, oder bei de­nen sich der Wert des Ei­gen­ka­pi­tals gemäß der zu­letzt veröffent­lich­ten Bi­lanz in ei­ner Wei­se ge­min­dert hat, dass der Ar­ti­kel 48 des ko­di­fi­zier­ten Ge­set­zes k.n. 2190/1920 An­wen­dung fin­det, und

b) in der Ver­gan­gen­heit be­reits staat­li­che Bei­hil­fen be­zo­gen ha­ben, wes­halb die Gewährung wei­te­rer Bei­hil­fen ei­nen Ver­s­toß ge­gen die Be­stim­mun­gen des Ge­mein­schafts­rechts be­deu­ten würde, können sich in Ab­wei­chung von den Be­stim­mun­gen des In­sol­venz­ge­setz­bu­ches ei­ner Son­der­li­qui­da­ti­on un­ter­zie­hen. In die­sem Fall wird ein Li­qui­da­tor be­stimmt. Li­qui­da­tor darf je­de natürli­che oder ju­ris­ti-

 

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sche Per­son sein, die von den die Li­qui­da­ti­on Be­an­tra­gen­den vor­ge­schla­gen wird; Letz­te­re rei­chen bei dem gemäß dem nach­ste­hen­den Ab­satz zuständi­gen Ge­richt die von der als Li­qui­da­tor vor­ge­schla­ge­nen Per­son ab­ge­ge­be­ne Erklärung darüber ein, dass sie die­sen Vor­schlag an­nimmt.

2. Die Son­der­li­qui­da­ti­on ei­nes un­ter Punkt 1 fal­len­den Un­ter­neh­mens be­an­tra­gen ent­we­der a) die Gläubi­ger, die min­des­tens 51 Pro­zent der ge­gen das Un­ter­neh­men be­ste­hen­den For­de­run­gen, de­ren Fällig­keits­da­tum be­reits über­schrit­ten ist und die vor der An­trag­stel­lung ord­nungs­gemäß an der ent­spre­chen­den Stel­le des letz­ten Haupt­bu­ches ein­ge­tra­gen wur­den, ver­tre­ten, wo­bei die Be­wei­se zu der nicht er­folg­ten ord­nungs­gemäßen Ein­hal­tung des Fällig­keits­da­tums in jed­we­der rechtmäßigen Form er­bracht wer­den können - zu die­sen Gläubi­gern müssen da­bei zu­min­dest bezüglich der Hälf­te der For­de­run­gen der grie­chi­sche Staat oder ju­ris­ti­sche Per­so­nen des öffent­li­chen Rechts oder So­zi­al­ver­si­che­rungs­träger zählen - oder b) der grie­chi­sche Staat oder Gläubi­ger des Un­ter­neh­mens, bei de­nen es sich um ju­ris­ti­sche Per­so­nen des öffent­li­chen Rechts oder um So­zi­al­ver­si­che­rungs­träger han­delt, oder c) Ge­sell­schaf­ter bzw. Ak­ti­onäre, die min­des­tens 51 Pro­zent des Stamm- bzw. Grund­ka­pi­tals des Un­ter­neh­mens ver­tre­ten, so­fern der grie­chi­sche Staat oder ju­ris­ti­sche Per­so­nen des öffent­li­chen Rechts oder So­zi­al­ver­si­che­rungs­träger min­des­tens zur Hälf­te be­tei­ligt sind; der An­trag wird bei dem Efe­teio [Be­ru­fungs­ge­richt] ein­ge­reicht, in des­sen Be­zirk sich der Sitz des Un­ter­neh­mens sei­ner Sat­zung zu­fol­ge be­fin­det.

3. Der Ter­min der Ver­hand­lung über den in Punkt 2 ge­nann­ten An­trag wird in ei­nem Zeit­raum von nicht mehr als vier Ta­gen ab Ein­rei­chung die­ses An­trags an­be­raumt. So­lan­ge der An­trag ei­ne An­ge­le­gen­heit der frei­wil­li­gen Ge­richts­bar­keit dar­stellt, liegt die Zuständig­keit beim Efe­teio [Be­ru­fungs­ge­richt]. Falls ei­ne oder bei­de Par­tei­en das Er­schei­nen drit­ter Per­so­nen zu der Ver­hand­lung be­an­tra­gen, ist ein ge­son­der­ter Schrift­satz not­wen­dig; ei­ne der­ar­ti­ge Be­an­tra­gung ist al­ler­dings un­zulässig, so­fern sie nicht min­des­tens vier­und­zwan­zig St­un­den vor der Ver­hand­lung über den An­trag er­folgt. Ei­ne Ver­ta­gung der Ver­hand­lung ist auf kei­nen Fall ge­stat­tet. Während der Ver­hand­lung dürfen von den Par­tei­en

 

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Vor­schläge un­ter­brei­tet wer­den. Der Be­schluss des Efe­teio [Be­ru­fungs­ge­rich­tes], ge­gen den we­der or­dent­li­che noch außer­or­dent­li­che Rechts­be­hel­fe ein­ge­legt wer­den dürfen, ist in­ner­halb von drei Ta­gen ab der Ver­hand­lung über den An­trag be­kannt­zu­ge­ben.

4. Die Son­der­li­qui­da­ti­on bil­det für das Un­ter­neh­men kei­nen Grund, sich auf­zulösen, sie im­pli­ziert auch we­der den Be­triebs­still­stand noch die Auflösung von mit dem Un­ter­neh­men be­ste­hen­den Verträgen ver­schie­dens­ter Art noch stellt sie ei­nen Grund zur Auflösung die­ser Verträge dar. In je­dem Fal­le bil­det sie je­doch al­lein für den Li­qui­da­tor ei­nen Grund, mit dem Un­ter­neh­men be­ste­hen­de Verträge jed­we­der Art zu kündi­gen. Der Li­qui­da­tor führt die Geschäfte des Un­ter­neh­mens, er ver­wal­tet und ver­tritt es. Der Li­qui­da­tor darf den so­for­ti­gen Be­triebs­still­stand oder die allmähli­che Ein­schränkung oder Still­le­gung des Be­triebs des Un­ter­neh­mens so­wie das Wei­ter­be­ste­hen oder die Be­en­dung von mit dem Un­ter­neh­men be­ste­hen­den Verträgen ver­schie­dens­ter Art be­sch­ließen: Ins­be­son­de­re die mit dem Per­so­nal, das mit dem Un­ter­neh­men auf­grund ei­nes abhängi­gen oder un­abhängi­gen Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses oder durch die Er­brin­gung von Leis­tun­gen der Rechts­be­ra­tung oder der ju­ris­ti­schen Ver­tre­tung ver­bun­den ist, be­ste­hen­den Ar­beits-, Ho­no­rar- oder Werk­verträge können nach der Be­kannt­ga­be des ent­spre­chen­den Be­schlus­ses des Efe­teio [Be­ru­fungs­ge­rich­tes] und nach der von dem Li­qui­da­tor er­fol­gen­den Einschätzung so­wie nach im In­ter­es­se der Li­qui­da­ti­on lie­gen­den Be­schlüssen des Li­qui­da­tors und je nach Not­wen­dig­keit al­le­samt oder teil­wei­se durch Auflösung gekündigt oder vorläufig außer Kraft ge­setzt wer­den, oh­ne dass sich hier­aus Straf­zah­lun­gen für das Un­ter­neh­men er­ge­ben. In die­sen Fällen wird vor­aus­ge­setzt, dass Maßnah­men, wie im Fol­gen­den auf­geführt, er­grif­fen wer­den. Die Mi­nis­ter für Ar­beit und So­zia­les, für Wirt­schaft und Fi­nan­zen, für In­ne­res und der die Auf­sicht über das Un­ter­neh­men führen­de Mi­nis­ter müssen das Er­grei­fen von so­zia­len Schutz­maßnah­men be­sch­ließen, wie ins­be­son­de­re Pro­gram­me zur Un­terstützung von Ar­beits­lo­sen, zur Er­brin­gung von Leis­tun­gen bei Ein­kom­mens­ver­lust, zur Er­brin­gung von Pau­schal­leis­tun­gen oder -mit­teln, Pro­gram­me zur Fort­bil­dung, Um­schu­lung und Wie­der­ein­glie­de­rung in den Ar­beits­markt, Ver­set­zung an Stel­len bei öffent­li­chen Trägern und

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Behörden des öffent­li­chen Sek­tors, Vor­nah­me von Ein­stel­lun­gen im öffent­li­chen Sek­tor, zu­guns­ten der Ar­beit­neh­mer, die mit dem Un­ter­neh­men auf­grund ei­nes abhängi­gen Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses ver­bun­den sind so­wie zu­guns­ten der in dem Un­ter­neh­men auf Ho­no­rar­ba­sis beschäftig­ten Rechts­anwälte und Rechts­be­ra­ter, de­ren Verträge wie oben dar­ge­stellt auf­gelöst oder vorläufig außer Kraft ge­setzt wer­den, wo­bei Fälle der Ver­tragskündi­gung we­gen des Be­ge­hens ei­ner Straf­tat bzw. der Fol­ge des Be­ge­hens ei­nes schwe­ren Ver­s­toßes ge­gen die ver­trag­li­chen Pflich­ten aus­ge­nom­men sind. Eben­so können die auf­grund der vor­ste­hend dar­ge­stell­ten Mi­nis­te­ri­al­be­schlüsse er­grif­fe­nen Maßnah­men bei Verträgen, die bis zu sechs Mo­na­te vor Be­ginn der Son­der­li­qui­da­ti­on des Un­ter­neh­mens, wie oben aus­geführt, auf­gelöst oder vorläufig außer Kraft ge­setzt wur­den, An­wen­dung fin­den.
...
19. Bei Vor­lie­gen ei­nes trif­ti­gen Grun­des und ins­be­son­de­re in dem Fall, in dem der Li­qui­da­tor den in dem vor­lie­gen­den Ar­ti­kel dar­ge­leg­ten Ver­pflich­tun­gen und Fris­ten nicht nach­kommt, nimmt das Efe­teio [Be­ru­fungs­ge­richt] nach ei­nem von den un­ter Punkt 2 des vor­lie­gen­den Ar­ti­kels fal­len­den Per­so­nen ge­stell­ten An­trag so­fort die Ab­set­zung des Li­qui­da­tors vor und er­nennt als neu­en die­je­ni­ge Per­son, die von den vor­ste­hend erwähn­ten Gläubi­gern gemäß Punkt 1 vor­ge­schla­gen wur­de.

20. Für die Dau­er von acht­zehn Mo­na­ten ab der Veröffent­li­chung des durch das Efe­teio [Be­ru­fungs­ge­richt] er­las­se­nen Be­schlus­ses über die Son­der­li­qui­da­ti­on des Un­ter­neh­mens wer­den al­le ge­gen das Un­ter­neh­men er­grif­fe­nen Maßnah­men der Zwangs­voll­stre­ckung so­wie Si­che­rungs­maßnah­men vorläufig außer Kraft ge­setzt."

Im Rah­men des Pri­va­ti­sie­rungs­ver­fah­rens stell­te die Be­klag­te zu 1. Den Flug­be­trieb welt­weit En­de Sep­tem­ber 2009 ein. An­sch­ließend nahm die P A S.A. den Flug­be­trieb in Grie­chen­land auf, oh­ne Zie­le von und nach Deutsch­land an­zu­steu­ern. Die P A S.A. fir­mier­te An­fang Ok­to­ber 2009 in 0l S.A. - die Be­klag­te zu 2. - um. Die Be­klag­te zu 2. beschäftigt in Deutsch­land kei­ne Ar­beit­neh­mer und un­terhält in der Bun­des­re­pu­blik kei­ne Be­triebsräume. Sie bie­tet


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auch kei­ne Flug­ver­bin­dun­gen von, in und nach Deutsch­land an, be­dien­te je­doch seit 29. Sep­tem­ber 2009 ei­ni­ge der zu­vor von der Be­klag­ten zu 1. im Aus­land an­ge­bo­te­nen Flug­ver­bin­dun­gen. Die Be­klag­te zu 2. er­warb vom grie­chi­schen Staat die Li­zenz­rech­te an der Mar­ke „0". Der Flug­ha­fen­ko­or­di­na­tor hat­te ihr An­fang Sep­tem­ber 2009 auf ih­ren An­trag sog. Slots - dh. Zeit­ni­schen für das Star­ten und Lan­den - für den Flug­ha­fen in F von der Be­klag­ten zu 1. über­tra­gen. Die­se Slots wur­den ihr am 28. Sep­tem­ber 2009 wie­der ent­zo­gen, weil in­zwi­schen be­kannt ge­wor­den war, dass sie kei­ne Flüge von und nach Deutsch­land an­bie­ten würde. Die Slots wur­den ei­ner an­de­ren Flug­ge­sell­schaft zu­ge­wie­sen.

Auf An­trag der Grie­chi­schen Re­pu­blik vom 24. Sep­tem­ber 2009 un­ter­stell­te das Be­ru­fungs­ge­richt Athen (Efe­teio) die Be­klag­te zu 1. mit Be­schluss vom 2. Ok­to­ber 2009 der Son­der­li­qui­da­ti­on nach dem durch Art. 40 des Ge­set­zes 3710/2008 ein­gefügten Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005. Das Ge­richt setz­te die E S.A., ei­ne Ak­ti­en­ge­sell­schaft grie­chi­schen Rechts mit Sitz in Athen, als Li­qui­da­to­rin ein. Be­reits am 27. Mai 2009 war in der Zei­tung der Re­gie­rung der Grie­chi­schen Re­pu­blik (Band Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten und Ge­sell­schaf­ten mit be­schränk­ter Haf­tung, Bl. Nr. 3847) ein Pro­to­koll des Ver­wal­tungs­rats der E S.A. veröffent­licht wor­den. Da­nach hat­te die­ser ent­schie­den, dem Di­rek­tor T und dem geschäftsführen­den Rats­mit­glied Ma die vol­le Ver­wal­tungs- und Ver­tre­tungs­macht der Ge­sell­schaft zu über­tra­gen. Das soll­te für al­le Fra­gen außer den­je­ni­gen gel­ten, die nach dem Ge­setz ei­ne kol­lek­ti­ve Hand­lung des Ver­wal­tungs­rats er­for­der­ten. Die bei­den Ver­wal­tungs­rats­mit­glie­der soll­ten je­der ge­trennt han­deln können. Im Rah­men ih­rer Hand­lungs­macht soll­ten sie das Recht ha­ben, un­ter Gewährung von no­ta­ri­el­len Voll­mach­ten oder Voll­machts­ur­kun­den die Ausführung kon­kre­ter Auf­träge zur Ver­tre­tung der Ge­sell­schaft vor Ver­wal­tungs- oder Ge­richts­behörden oder ge­genüber Drit­ten an An­ge­stell­te der Ge­sell­schaft oder an­de­re zu über­tra­gen.

Von Au­gust bis De­zem­ber 2009 fan­den in Deutsch­land zwi­schen der Be­klag­ten zu 1. und dem Ge­samt­be­triebs­rat In­ter­es­sen­aus­gleichs­ver­hand­lun­gen vor der Ei­ni­gungs­stel­le statt. Die Ver­hand­lun­gen über ei­nen In­ter­es­sen-

 

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aus­gleich schei­ter­ten, der So­zi­al­plan vom 4. De­zem­ber 2009 kam durch Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le zu­stan­de.

Die Kläge­rin war seit Fe­bru­ar 1992 bei der Be­klag­ten zu 1. bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin, der 0 A S.A., in der Sta­ti­on F beschäftigt, zu­letzt als Ti­cke­ting/Re­ser­va­ti­on Agent. In die­ser Sta­ti­on wa­ren 36 Ar­beit­neh­mer beschäftigt, dar­un­ter mehr als fünf schon vor dem 1. Ja­nu­ar 2004. Die maßgeb­li­chen Ar­beits­be­din­gun­gen er­ga­ben sich aus den im Ar­beits­ver­trag in Be­zug ge­nom­me­nen Beschäfti­gungs­be­din­gun­gen. Nach Nr. 20 die­ser Be­stim­mun­gen gal­ten sie für die im An­hang 1 auf­geführ­ten Per­so­nen­grup­pen, die ört­lich in Deutsch­land durch die Be­klag­te zu 1. an­ge­stellt wur­den. Da­zu gehörte auch die Funk­ti­on als Ti­cke­ting/Re­ser­va­ti­on Agent.

Mit Schrei­ben vom 17. De­zem­ber 2009 lei­te­te Rechts­an­walt G, der späte­re Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Be­klag­ten zu 1., die Anhörung des Be­triebs­rats der Sta­ti­on F zu der be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Kläge­rin ein. In die­sem Schrei­ben ist ua. aus­geführt:

Be­triebs­rats­anhörung im Sin­ne des § 102 Be­trVG Mit­tei­lung im Sin­ne von § 17 Abs. 2 KSchG

Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses

Sehr ge­ehr­ter Herr ...,

wie be­reits aus dem Ei­ni­gungs­stel­len­ver­fah­ren ak­ten­kun­dig, ver­tre­te ich die Fir­ma E S.A., ..., als Son­der­li­qui­da­tor über das Vermögen der Fir­ma 0 S.A. Ord­nungs­gemäße Be­vollmäch­ti­gung wird an­walt­lich ver­si­chert.

Ich neh­me Be­zug ins­be­son­de­re auf die im Rah­men des Ei­ni­gungs­stel­len­ver­fah­rens geführ­ten Gespräche und das Ih­nen si­cher­lich zu­ge­lei­te­te Sit­zungs­pro­to­koll nebst So­zi­al­plan vom 04.12.09. Wie dar­aus er­sicht­lich ist, sind die In­ter­es­sen­aus­gleichs­gespräche lei­der ge­schei­tert; ein So­zi­al­plan ist im We­ge des Spruchs zu­stan­de ge­kom­men.

Zu den Hin­ter­gründen vor­lie­gen­der Anhörung tei­le ich mit, dass nach­dem der Flug­be­trieb des Un­ter­neh­mens En­de Sep­tem­ber 2009 ein­ge­stellt wur­de, die vollständi­ge Be­triebs­still­le­gung in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land be­schlos­sen und nun­mehr in die We­ge ge­lei­tet ist. Ich über­rei­che in An­la­ge das Schrei­ben mei­ner Par­tei vom 01.12.09 nebst amt­li­cher Über­set­zung. Die­ses Schrei­ben wur­de dem Ge­samt­be­triebs­rat am 04.12.09 be­reits über­ge­ben.

 

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Wie dar­aus er­sicht­lich ist, wur­de das Un­ter­neh­men mit Be­schluss des Be­ru­fungs­ge­richts Athen vom 02.10.09 un­ter Son­der­li­qui­da­ti­on im Sin­ne von Art. 1 der EU-Ver­ord­nung-Nr. 1346/2000 nebst Anhängen I und II ge­stellt, so­mit die­ses Ver­fah­ren ei­nem In­sol­venz­ver­fah­ren gleich­zu­stel­len ist.

Folg­lich gilt es, sämt­li­che der­zeit in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land be­ste­hen­den 69 Ar­beits­verhält­nis­se un­ter Ein­hal­tung der Kündi­gungs­frist von drei Mo­na­ten, gem. § 113 In­sO, zu kündi­gen. Die Bun­des­agen­tur für Ar­beit wur­de über die Vorgänge in Kennt­nis ge­setzt.

Vor­lie­gend ist mit­zu­tei­len, dass be­ab­sich­tigt ist, fol­gen­des Ar­beits­verhält­nis mit der o.g. 3-mo­na­ti­gen Kündi­gungs­frist zum 31.03.2010 zu kündi­gen:

Frau V, ... .

Frau V ist 1970 ge­bo­ren, ver­hei­ra­tet und ge­genüber zwei Kin­dern, lt. Steu­er­kar­te, zum Un­ter­halt ver­pflich­tet. Sie wur­de am 15.02.1992 ein­ge­stellt und ist in Voll­zeit als Tkt./Res. Agent am F Stadtbüro beschäftigt. Ihr letz­tes Brut­to­ge­halt be­trug ca. € 2.985,00 mo­nat­lich. Frau V be­fin­det sich der­zeit und bis zum 26.09.2011 in El­tern­zeit.

..."

Der Be­triebs­rat der Sta­ti­on F wi­der­sprach der be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung mit Schrei­ben vom 22. De­zem­ber 2009. Er rügte ua. nach § 174 BGB das Feh­len ei­ner Ori­gi­nal­voll­macht für Rechts­an­walt G, Kündi­gun­gen zu „be­trei­ben".

Am 17. De­zem­ber 2009 er­stat­te­te die Be­klag­te zu 1. bei der Agen­tur für Ar­beit F ei­ne Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge zur Be­en­di­gung al­ler 36 Ar­beits­verhält­nis­se in die­ser Sta­ti­on. Mit Schrei­ben vom 18. De­zem­ber 2009 bestätig­te die Agen­tur für Ar­beit den Ein­gang der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge „vom 15.12.09 der 0 S.A." und teil­te mit:

„Ih­re An­zei­ge gemäß § 17 KSchG ist am 17.12.09 (wirk­sam) ein­ge­gan­gen.

Auf Grund des Ur­teils des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs vom 27.01.2005 ist die Kündi­gungs­erklärung des Ar­beit­ge­bers das Er­eig­nis, das als Ent­las­sung gilt.

Ent­las­sun­gen (Kündi­gun­gen), die nach § 17 KSchG an­zu­zei­gen sind, wer­den vor Ab­lauf ei­nes Mo­nats nach Ein-


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gang der An­zei­ge bei der zuständi­gen Agen­tur für Ar­beit nur mit de­ren Zu­stim­mung wirk­sam; die Zu­stim­mung kann auch rück­wir­kend bis zum Tag der An­trag­stel­lung er­teilt wer­den (§ 18 Abs. 1 KSchG).

Im Ein­zel­fall kann die Agen­tur für Ar­beit be­stim­men, dass die Ent­las­sun­gen nicht vor Ab­lauf von längs­tens zwei Mo­na­ten nach Ein­gang der An­zei­ge wirk­sam wer­den (§ 18 Abs. 2 KSchG).

Im vor­lie­gen­den Fall be­ginnt die ein­mo­na­ti­ge Sperr­frist am 18.12.09 und en­det am 17.01.10.

Die 36 Kündi­gun­gen wer­den nach die­ser Frist wirk­sam.

Gründe, die ei­ne Sperr­frist­verlänge­rung auf bis zu zwei Mo­na­te recht­fer­ti­gen würden, sind nicht er­sicht­lich.

...

Der Vor­sit­zen­de des Be­triebs­ra­tes erhält ei­ne Durch­schrift die­ses Schrei­bens.

…“

Mit wei­te­rem Schrei­ben vom 18. De­zem­ber 2009 teil­te die Agen­tur für Ar­beit darüber hin­aus mit:

„…der Eu­ropäische Ge­richts­hof hat mit Ur­teil vom 27.01.2005 be­schlos­sen, dass be­reits die Kündi­gungs­erklärung (Aus­spruch der Kündi­gung) des Ar­beit­ge­bers das Er­eig­nis ist, das als Ent­las­sung im Sin­ne des § 17 Kündi­gungs­schutz­ge­setz gilt. Des­halb muss ei­ne rechts­wirk­sa­me An­zei­ge bei der zuständi­gen Agen­tur für Ar­beit vor Aus­spruch der Kündi­gun­gen vor­lie­gen.

Ih­re An­zei­ge ist am 17.12.09 rechts­wirk­sam ein­ge­gan­gen. Ab die­sem Zeit­punkt dürfen Ih­rer­seits Kündi­gun­gen aus-ge­spro­chen wer­den.
Die Sperr­zeit vom 18.12.09 bis 17.01.10 re­gelt, dass kein Ar­beits­verhält­nis vor dem 18.01.10 en­den darf. Ih­rer An­zei­ge kann ich er­se­hen, dass die ers­ten Be­en­di­gun­gen ab 31.03.10 vor­ge­se­hen sind. Da die Sperr­zeit aber be­reits am 17.01.10 en­det, muss ei­ne Verkürzung die­ser nicht er­fol­gen. Ich se­he ih­ren An­trag hier­mit als ge­gen­stands­los an."

Mit Schrei­ben vom 24. De­zem­ber 2009, die den Ar­beit­neh­mern am 28. De­zem­ber 2009 zu­gin­gen, kündig­te Rechts­an­walt G die Ar­beits­verhält­nis­se

 

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meh­re­rer Ar­beit­neh­mer, die in der Sta­ti­on F beschäftigt wur­den, zum 31. März 2010. Wei­te­re Ar­beits­verhält­nis­se von Ar­beit­neh­mern die­ser Sta­ti­on kündig­te Rechts­an­walt G un­ter dem 15. Ja­nu­ar 2010 zum 30. April 2010.

Zum 1. Ja­nu­ar 2010 ent­zog die grie­chi­sche Luft­fahrt­behörde der Be­klag­ten zu 1. die Flug­ge­neh­mi­gung.

Das Re­gie­rungs­präsi­di­um Darm­stadt erklärte die be­ab­sich­tig­te Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin auf An­trag von Rechts­an­walt G vom 16. De­zem­ber 2009 mit Be­scheid vom 2. März 2010 nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG für zulässig.

Mit Schrei­ben vom 10. März 2010, das der Kläge­rin am 12. März 2010 zu­ging, kündig­te Rechts­an­walt G „na­mens und in Voll­macht des Son­der­li­qui­da­tors" das Ar­beits­verhält­nis mit ihr zum 30. Ju­ni 2010. Der Be­scheid des Re­gie­rungs­präsi­di­ums Darm­stadt vom 2. März 2010, mit dem die Kündi­gung für zulässig erklärt wor­den war, wur­de der Kläge­rin nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts zeit­gleich be­kannt ge­ge­ben.

Das Kündi­gungs­schrei­ben lau­tet aus­zugs­wei­se:

„0 S.A. ./. V

hier: Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses

Sehr ge­ehr­te Frau V,

wie be­reits ak­ten­kun­dig ver­tre­te ich die Fir­ma E S.A., ge­setz­lich ver­tre­ten durch den Geschäftsführer Herrn Ma, …, als Son­der­li­qui­da­tor über das Vermögen der Fir­ma 0 S.A.

Ich bin be­auf­tragt, un­ter Vor­la­ge ei­ner Ori­gi­nal­voll­macht, fol­gen­de Erklärun­gen ab­zu­ge­ben:

Na­mens und in Voll­macht des Son­der­li­qui­da­tors kündi­ge ich …“

Dem Kündi­gungs­schrei­ben war ei­ne von Herrn Ma für die E S.A. un­ter­zeich­ne­te Ori­gi­nal­voll­macht vom 11. De­zem­ber 2009 zu­guns­ten von Rechts­an­walt G bei­gefügt. Dar­in heißt es:

„…

Hier­mit be­vollmäch­ti­ge ich,


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Fir­ma E S.A., ge­setz­lich ver­tre­ten durch den Vor­stand, Athen, Hel­las,

als Son­der­li­qui­da­tor über das Vermögen der ,Fir­ma 0 S.A.' nach OLG Athen, Ur­teil 5714/2009,

Herrn Rechts­an­walt G

das Ar­beits­verhält­nis mit

Frau V

zu kündi­gen.

..."

Rechts­an­walt G kündig­te auch al­le an­de­ren Ar­beits­verhält­nis­se der Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten zu 1. in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land.
Mit nicht un­ter­zeich­ne­tem Te­le­fax vom 1. April 2010, das in vollständi­ger Form am Abend des 6. April 2010 - dem Diens­tag nach Os­tern - beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen ist und 109 Sei­ten um­fasst, hat sich die Kläge­rin ge­gen die Kündi­gung ge­wandt. Das vom frühe­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin un­ter­schrie­be­ne Ori­gi­nal der Kla­ge­schrift vom 1. April 2010 ist am 8. April 2010 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen. In der Kla­ge­schrift ist als Be­klag­te die „E S.A. ... als Son­der­li­qui­da­tor über das Vermögen der Fir­ma 0 S.A." an­ge­ge­ben. Der Kla­ge­schrift sind ua. Ab­lich­tun­gen des Kündi­gungs­schrei­bens vom 10. März 2010 und der zu­guns­ten von Rechts­an­walt G er­teil­ten Voll­macht vom 11. De­zem­ber 2009 bei­gefügt. Das Ar­beits­ge­richt hat die Kläge­rin und die Be­klag­te zu 1. un­ter dem 25. Ju­ni 2010 auf die feh­len­de Un­ter­schrift auf dem zunächst ein­ge­gan­ge­nen Te­le­fax der Kla­ge­schrift hin­ge­wie­sen. Die­ser Hin­weis ist der Kläge­rin und der Be­klag­ten zu 1. am 29. Ju­ni 2010 zu­ge­stellt wor­den. Die Kläge­rin hat mit am sel­ben Tag beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nem Schrift­satz vom 2. Ju­li 2010 be­an­tragt, die Kla­ge nachträglich zu­zu­las­sen. Die­ser An­trag ist der Be­klag­ten zu 1. am 9. Ju­li 2010 zu­ge­stellt wor­den. Der da­ma­li­ge Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Kläge­rin hat den An­trag mit ei­nem im Ein­zel­nen dar­ge­stell­ten Büro­ver­se­hen sei­ner langjähri­gen Kanz­lei­an­ge­stell­ten K be­gründet und ihm ei­ne ei­des­statt­li­che Ver­si­che­rung die­ser Rechts­an­walts-und No­ta­ri­ats­fach­an­ge­stell­ten bei­gefügt. Frau K hat­te das Te­le­fax der Kla­ge­schrift im Auf­trag des frühe­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin ver­sandt.

 

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Er hat die Zu­verlässig­keit der An­ge­stell­ten ergänzend mit Schrei­ben vom Ju­li 2011 an­walt­lich ver­si­chert und hierfür ei­ne ei­des­statt­li­che Ver­si­che­rung an­ge­bo­ten. Die Be­klag­te zu 1. hat die Ver­spätung der Kla­ge mit Schrift­satz vom Ju­li 2010 - beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen am 14. Ju­li 2010 - gerügt und ist dem An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung der Kla­ge ent­ge­gen­ge­tre­ten.

Die Kläge­rin wen­det sich noch ge­gen die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses mit der Be­klag­ten zu 1. durch die Kündi­gung vom 10. März 2010. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kla­ge sei nachträglich zu­zu­las­sen. Das Ori­gi­nal der Kündi­gungs­schutz­kla­ge sei am 1. April 2010 - Gründon­ners­tag - auf den Post­weg ge­bracht wor­den. Un­ter Berück­sich­ti­gung der übli­chen Post­lauf­zei­ten ha­be sie da­mit rech­nen dürfen, dass das Ori­gi­nal der Kündi­gungs­schutz­kla­ge spätes­tens am 6. April 2010 - dem Tag nach Os­ter­mon­tag - und da­mit recht­zei­tig beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­hen wer­de. Im Fall des recht­zei­ti­gen Ein­gangs hätte sich die Fra­ge der Über­mitt­lung ei­ner nicht un­ter­schrie­be­nen Kla­ge­schrift per Te­le­fax am 6. April 2010 erübrigt. Der Kläge­rin sei aber auch in­so­weit kein Or­ga­ni­sa­ti­ons­ver­schul­den ih­res da­ma­li­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten zu­zu­rech­nen. Er ha­be sei­ne Fach­an­ge­stell­te ge­be­ten, die von ihm ge­fer­tig­te und un­ter­schrie­be­ne Kla­ge­schrift vor­ab per Te­le­fax an das Ar­beits­ge­richt zu über­mit­teln. Die Kündi­gung der Be­klag­ten zu 1. sei un­wirk­sam. Die E S.A. sei nicht zur Kündi­gung be­rech­tigt ge­we­sen. Ob die Kündi­gung ge­neh­mi­gungsfähig sei, be­ur­tei­le sich nach grie­chi­schem Recht. Auch nach deut­schem Recht könne ei­ner Ge­neh­mi­gung kei­ne Rück­wir­kung zu­kom­men, weil es sich bei ei­ner Kündi­gung um die Ausübung ei­nes Ge­stal­tungs­rechts hand­le. Je­den­falls ver­s­toße das grie­chi­sche Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren ge­gen den deut­schen ord­re pu­blic. Die Kläge­rin hat die Be­triebs­rats­anhörung und die Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge als nicht ord­nungs­gemäß gerügt. Die Kündi­gung ver­let­ze zu­dem das Kündi­gungs­ver­bot des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB. Das Ar­beits­verhält­nis mit der Be­klag­ten zu 1. sei zum 29. Sep­tem­ber 2009, 1. Ok­to­ber 2009 oder zu ei­nem späte­ren Zeit­punkt auf die Be­klag­te zu 2. über­ge­gan­gen. Es ha­be der welt­wei­te Un­ter­neh­mensüber­gang ei­ner welt­weit täti­gen Flug­ge­sell­schaft statt­ge­fun­den. Die Kündi­gung sei auch so­zi­al­wid­rig.

 

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Die Kläge­rin hat vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­letzt be­an­tragt,

1. die Kla­ge vom 1. April 2010 nachträglich zu­zu­las­sen;

2. fest­zu­stel­len, dass ihr Ar­beits­verhält­nis über den 30. Ju­ni 2010 hin­aus mit der Be­klag­ten zu 2. fort­be­steht;

3. fest­zu­stel­len, dass ihr Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung vom 10. März 2010 nicht auf­gelöst wor­den ist, son­dern über den 30. Ju­ni 2010 hin­aus un­verändert fort­be­steht;

hilfs­wei­se zum Kla­ge­an­trag zu 3. fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te zu 1. nicht zur Kündi­gung be­rech­tigt war;

4. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch an­de­re Be­en­di­gungs­gründe auf­gelöst wor­den ist und über den 30. Ju­ni 2010 hin­aus un­gekündigt fort­be­steht.

Die Be­klag­te zu 1. hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Die Kläge­rin ha­be das Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren an­er­kannt, in­dem sie die Kla­ge aus­weis­lich der Kla­ge­schrift ge­gen die E S.A. ge­rich­tet ha­be. Je­den­falls fänden §§ 335 ff. und ins­be­son­de­re § 343 Abs. 1 Satz 1 In­sO An­wen­dung. Die Be­klag­te zu 1. hat die Be­triebs­rats­anhörung und die Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge für ord­nungs­gemäß ge­hal­ten. Ei­ne Be­triebs­rats­anhörung könne nicht man­gels Voll­machts­nach­wei­ses ana­log § 174 Satz 1 BGB zurück­ge­wie­sen wer­den. Die Be­triebs­or­ga­ni­sa­ti­on der Be­klag­ten zu 1. in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land sei vollständig auf­gelöst wor­den. Ob die Be­klag­te zu 2. im Aus­land Flug­ver­kehr be­trei­be, sei für die Fra­ge des Be­triebsüber­gangs un­er­heb­lich. Die Kläge­rin ha­be nicht dar­ge­legt, dass sie ei­nem über­ge­gan­ge­nen Be­triebs­teil an­gehört ha­be und ih­re Tätig­keit im Be­triebs­teil „Bo­den" fort­be­ste­he.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen, weil die Kündi­gung nach § 7 Halbs. 1 KSchG als wirk­sam gel­te. Die Kündi­gungs­schutz­kla­ge sei nicht nachträglich zu­zu­las­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Kläge­rin mit der Maßga­be zurück­ge­wie­sen, dass die Kündi­gungs­schutz­kla­ge nachträglich zu­ge­las­sen wer­de. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on hat die Kläge­rin zunächst an al­len ih­ren Anträgen ge­gen die Be­klag­ten

 

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zu 1. und zu 2. fest­ge­hal­ten. Im Ver­lauf des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens hat sie die ge­gen die Be­klag­te zu 2. ge­rich­te­te Re­vi­si­on vollständig und die Re­vi­si­on ge­gen die Be­klag­te zu 1. hin­sicht­lich des Hilfs­an­trags zu 3. zurück­ge­nom­men. Der Se­nat hat in der Re­vi­si­ons­ver­hand­lung vom 25. April 2013 dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin mögli­cher-wei­se nicht zu ei­ner Mas­sen­ent­las­sung gehöre, weil der Schwel­len­wert des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG in­ner­halb der Frist von 30 Ka­len­der­ta­gen nicht er­reicht wor­den sei. Die Par­tei­ver­tre­ter ha­ben Ge­le­gen­heit er­hal­ten, sich da­zu zu äußern. Ei­ner der Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin hat be­an­tragt, ihm zu die­sem Ge­sichts­punkt ei­ne Schrift­satz­frist ein­zuräum­en. Der Se­nat hat das Ur­teil am En­de der Sit­zung verkündet, oh­ne dem Kläger­ver­tre­ter ei­ne Schrift­satz­frist ein­zuräum­en.

Ent­schei­dungs­gründe

Die noch ver­blie­be­ne, ge­gen die Be­klag­te zu 1. ge­rich­te­te Re­vi­si­on der Kläge­rin ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ge­gen die Be­klag­te zu 1. zu Recht zu­ge­las­sen. Die Kündi­gungs­schutz­kla­ge hat in der Sa­che je­doch kei­nen Er­folg. Das Ar­beits­verhält­nis mit der Be­klag­ten zu 1. wur­de mit dem 30. Ju­ni 2010 be­en­det. Über den ge­gen die Be­klag­te zu 1. ge­rich­te­ten all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­an­trag hat der Se­nat des­halb nicht zu ent­schei­den (An­trag zu 4.). Auch der all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­an­trag im frühe­ren Pro­zess­rechts­verhält­nis mit der Be­klag­ten zu 2. (An­trag zu 2.) und der ge­gen die Be­klag­te zu 1. ge­rich­te­te An­trag auf Fest­stel­lung, dass die E S.A. nicht zur Kündi­gung be­rech­tigt war (Hilfs­an­trag zu 3.), fal­len auf­grund der Rück­nah­me der Re­vi­si­on ge­genüber der Be­klag­ten zu 2. und der Teilrück­nah­me der Re­vi­si­on ge­genüber der Be­klag­ten zu 1. nicht zur Ent­schei­dung des Se­nats an.

A. Die deut­schen Ge­rich­te sind auf der Grund­la­ge der Ver­ord­nung (EG) Nr. 44/2001 des Ra­tes vom 22. De­zem­ber 2000 über die ge­richt­li­che Zuständig­keit und die An­er­ken­nung und Voll­stre­ckung von Ent­schei­dun­gen in Zi­vil-

 

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und Han­dels­sa­chen (Eu­GV­VO) für die Ent­schei­dung des Rechts­streits in­ter­na-tio­nal zuständig. Der für die An­wen­dung der Eu­GV­VO er­for­der­li­che Aus­lands­be­zug (vgl. da­zu EuGH 17. No­vem­ber 2011 - C-327/10 - [Lind­ner] Rn. 29) er­gibt sich dar­aus, dass die Be­klag­te zu 1. ih­ren Sitz in ei­nem an­de­ren Mit-glied­staat hat (vgl. EuGH 1. März 2005 - C-281/02 - [Owu­su] Rn. 26, Slg. 2005, I-1383). Der Kündi­gungs­schutz­an­trag ist kein An­nex­ver­fah­ren iSv. Art. 3 Abs. 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 1346/2000 des Ra­tes vom 29. Mai 2000 über In­sol­venz­ver­fah­ren (Eu­Ins­VO). Bei ei­nem An­nex­ver­fah­ren wäre die in­ter­na­tio­na­le Zuständig­keit auf­grund der Be­reichs­aus­nah­me in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b Eu­GV­VO den Ge­rich­ten des Staats der Ver­fah­ren­seröff­nung, hier al­so den grie­chi­schen Ge­rich­ten, zu­ge­ord­net. Da­bei kommt es nicht dar­auf an, ob das über das Vermögen der Be­klag­ten zu 1. mit Be­schluss des Be­ru­fungs­ge­richts Athen vom 2. Ok­to­ber 2009 eröff­ne­te Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren nach Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005 idF des Art. 40 des Ge­set­zes 3710/2008 (Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren) ein In­sol­venz­ver­fah­ren iSv. Art. 2 Buchst. a Eu­Ins­VO ist. Kündi­gungs­schutz­kla­gen ge­gen ei­ne - wie hier - nach deut­schem Recht erklärte Kündi­gung fehlt der spe­zi­fi­sche In­sol­venz­be­zug, um den für ein An­nex­ver­fah­ren er­for­der­li­chen en­gen Zu­sam­men­hang mit dem In­sol­venz­ver­fah­ren zu be­ja­hen. Das gilt auch dann, wenn die kur­ze Kündi­gungs­frist des § 113 Satz 2 In­sO maßgeb­lich sein soll. Sol­che Kla­gen ha­ben ih­ren Rechts­grund nicht im In­sol­venz­recht, son­dern im Ar­beits­recht. Für sie be­stimmt sich die in­ter­na­tio­na­le Zuständig­keit des­we­gen nach der Eu­GV­VO und nicht nach der Eu­Ins­VO (vgl. zB BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 24; ausführ­lich 20. Sep­tem­ber 2012 - 6 AZR 253/11 - Rn. 16 ff.). Die ört­li­che Zuständig­keit er­gibt sich auf­grund der rüge­lo­sen Ein­las­sung der Be­klag­ten zu 1. je­den­falls aus Art. 24 Eu­GV­VO, wenn sie nicht schon nach Art. 19 Nr. 2 Buchst. a Eu­GV­VO aus dem Ge­richts­stand des gewöhn­li­chen Ar­beits­orts folgt.

B. Die noch ge­gen die Be­klag­te zu 1. ge­rich­te­te Re­vi­si­on der Kläge­rin ist zulässig.

I. Die Zulässig­keit der Re­vi­si­on be­stimmt sich nach deut­schem Pro­zess­recht. Nach den Re­geln des deut­schen In­ter­na­tio­na­len Pro­zess­rechts rich­tet

 

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sich das Ver­fah­ren auch in Fällen mit Aus­lands­berührung nach der lex fo­ri, al­so dem Recht des an­ge­ru­fe­nen Ge­richts und da­mit nach den inländi­schen Pro­zess­vor­schrif­ten (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 303/12 - Rn. 19 mwN).

II. Die bei­den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin sind pos­tu­la­ti­onsfähig.

1. Rechts­an­walt P tritt in Deutsch­land mit dem Zu­satz „Rechts­an­walt in Athen" und da­mit als dienst­leis­ten­der eu­ropäischer Rechts­an­walt nach §§ 25 ff. des Ge­set­zes über die Tätig­keit eu­ropäischer Rechts­anwälte in Deutsch­land (Eu­RAG) auf. Nach § 28 Eu­RAG darf er in ge­richt­li­chen Ver­fah­ren mit An­walts-und Ver­tre­tungs­zwang als Ver­tre­ter sei­nes Man­dan­ten nur im Ein­ver­neh­men mit ei­nem zu­ge­las­se­nen Rechts­an­walt (Ein­ver­neh­mens­an­walt) han­deln. Die­ses Ein­ver­neh­men ist nach § 29 Abs. 1 Eu­RAG bei der ers­ten Hand­lung ge­genüber dem Ge­richt schrift­lich nach­zu­wei­sen. Dem dienst­leis­ten­den eu­ropäischen An­walt fehlt oh­ne die­sen Nach­weis die Pos­tu­la­ti­onsfähig­keit. Sei­ne Hand­lun­gen sind nach § 29 Abs. 3 Eu­RAG auf Dau­er un­wirk­sam (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 303/12 - Rn. 21 mwN).

2. Der nach § 29 Abs. 1 Eu­RAG er­for­der­li­che Nach­weis ist zwar nicht durch ge­son­der­tes Schrei­ben ei­nes Ein­ver­neh­mens­an­walts er­folgt. Für den Nach­weis genügt es aber, dass schon die Be­ru­fungs­schrift nicht nur von Rechts­an­walt P, son­dern zu­dem von Rechts­an­walt R un­ter­zeich­net wor­den ist. Das gilt auch für al­le späte­ren Schriftsätze der Kläge­rin. Da­mit hat ein in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land zu­ge­las­se­ner Rechts­an­walt die Gewähr dafür über­nom­men, dass die Vor­schrif­ten des deut­schen Pro­zess­rechts so­wie die gel­ten­den Be­rufs- und Stan­des­re­geln be­ach­tet wer­den (vgl. EuGH 25. Fe­bru­ar 1988 - C-427/85 - [Kom­mis­si­on/Deutsch­land] Rn. 23, Slg. 1988, 1123). Das Ver­lan­gen, ein ge­son­der­tes Schrei­ben vor­zu­le­gen, aus dem sich das Ein­ver­neh­men ergäbe, wäre ei­ne bloße Förme­lei, die mit dem Zweck des Eu­RAG nicht zu ver­ein­ba­ren wäre. Dem eu­ropäischen dienst­leis­ten­den Rechts­an­walt soll im In­ter­es­se des frei­en Dienst­leis­tungs­ver­kehrs für Rechts­anwälte ei­ne Tätig­keit in an­de­ren Mit­glied­staa­ten der Eu­ropäischen Uni­on ermöglicht wer­den (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 303/12 - Rn. 22).

 

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3. Aus dem Ak­ten­in­halt geht nicht her­vor, dass der Tätig­keits­schwer­punkt von Rechts­an­walt P in der Zeit sei­ner Be­vollmäch­ti­gung durch die Kläge­rin nicht mehr außer­halb der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ge­le­gen hätte und er sei­ne Tätig­keit des­halb in Deutsch­land nicht nur vorüber­ge­hend iSv. § 25 Abs. 1 Eu­RAG er­bracht hätte (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 303/12 - Rn. 23 mwN).

C. Die ge­gen die Be­klag­te zu 1. ge­rich­te­te Kla­ge ist un­be­gründet.

I. Die O S.A. als Schuld­ne­rin ist, ver­tre­ten durch die E S.A. als Son­der­li­qui­da­to­rin, als Be­klag­te zu 1. pas­siv­le­gi­ti­miert. Die Aus­wir­kun­gen der Be­stel­lung der E S.A. zur Son­der­li­qui­da­to­rin über das Vermögen der Be­klag­ten zu 1. als Schuld­ne­rin so­wie ih­re Be­fug­nis­se und ih­re Rechts­stel­lung als Li­qui­da­to­rin be­ur­tei­len sich nach grie­chi­schem Recht. Das gilt un­abhängig da­von, ob das Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren ein In­sol­venz­ver­fah­ren iSv. Art. 2 Buchst. a Eulns-VO ist. Der Se­nat muss­te den Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on da­her nicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV um Vor­ab­ent­schei­dung er­su­chen, um die Fra­ge zu klären.

1. Nach Art. 14 A Nr. 4 Satz 1 des Ge­set­zes 3429/2005 hat die Son­der­li­qui­da­ti­on nicht die Auflösung des Schuld­ner­un­ter­neh­mens zur Fol­ge. Der Li­qui­da­tor wird nicht Rechts­nach­fol­ger des Un­ter­neh­mens. Viel­mehr wer­den die Geschäfte die­ses Un­ter­neh­mens nach Art. 14 A Nr. 4 Satz 3 des Ge­set­zes 3429/2005 von dem Li­qui­da­tor, der das Un­ter­neh­men ver­tritt, le­dig­lich geführt. An­ders als im deut­schen Recht ver­bleibt da­mit die Ar­beit­ge­ber­stel­lung bei dem Schuld­ner­un­ter­neh­men (vgl. zB BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 25; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 23).

2. Die­se Rechts­stel­lung von Schuld­ner­un­ter­neh­men und Li­qui­da­tor nach grie­chi­schem Recht ist hier maßgeb­lich.

a) Soll­te das Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren nach Maßga­be der Art. 16 und 17 Eulns­VO an­zu­er­ken­nen sein, weil für Grie­chen­land das Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren im An­hang A zur Eulns­VO und der Son­der­li­qui­da­tor im An-

 

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hang C auf­geführt sind (in die­sem Sinn wohl Man­kow­ski Anm. NZI 2011, 876, 877), wäre für die Be­fug­nis­se der Be­klag­ten zu 1. als Schuld­ne­rin und der E S.A. als Li­qui­da­to­rin nach Art. 4, 18 Abs. 1 Eu­Ins­VO als lex fo­ri con­cur­sus grie­chi­sches Recht an­zu­wen­den (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 27; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 25).

b) Wäre das Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren vom clo­sed-list-sys­tem der Eu­Ins­VO nicht er­fasst und da­mit der An­wen­dungs­be­reich die­ser Ver­ord­nung nicht eröff­net, be­stimm­ten sich die Be­fug­nis­se von Schuld­ne­rin und Li­qui­da­to­rin eben­falls nach grie­chi­schem Recht, § 335 In­sO (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 28; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 26).

aa) In die­sem Fall käme ei­ne An­er­ken­nung des Ver­fah­rens nach dem in §§ 335 ff. In­sO nor­mier­ten deut­schen au­to­no­men In­ter­na­tio­na­len In­sol­venz­recht in Be­tracht (vgl. BGH 3. Fe­bru­ar 2011 - V ZB 54/10 - Rn. 11, BGHZ 188, 177; Man­kow­ski Anm. NZI 2011, 876, 877; ders. WM 2011, 1201, 1202; Ste­phan in HK-In­sO 6. Aufl. Vor §§ 335 ff. Rn. 18 ff.; Hamb­Komm/Un­dritz 4. Aufl. Vor­be­mer­kun­gen zu §§ 335 ff. In­sO Rn. 15). Die Eu­Ins­VO ver­drängt das au­to­no­me na­tio­na­le Recht außer­halb ih­res An­wen­dungs­be­reichs nicht. Wird ein na­tio­na­les In­sol­venz­ver­fah­ren von den Anhängen der Eu­Ins­VO nicht er­fasst, bleibt ein Spiel­raum, den das na­tio­na­le In­ter­na­tio­na­le In­sol­venz­recht nut­zen kann (vgl. Man­kow­ski Anm. NZI 2011, 876, 877). Das nimmt den De­fi­ni­tio­nen der Eu­Ins­VO als spe­zi­el­le­rer Re­ge­lung des eu­ropäischen In­ter­na­tio­na­len In­sol­venz­rechts und de­ren Anhängen nicht die prak­ti­sche Wirk­sam­keit (aA Crans­haw DZWIR 2012, 133, 134). Für die von ih­ren Anhängen nicht er­fass­ten Ver­fah­ren re­kla­miert die Eu­Ins­VO kei­ne Gel­tung und ent­fal­tet da­her kei­ne Re­ge­lungs­sper­re für das na­tio­na­le au­to­no­me In­ter­na­tio­na­le In­sol­venz­recht. In­so­weit gilt nichts an­de­res als für die Be­reichs­aus­nah­men des Art. 1 Abs. 2 Eu­Ins­VO (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 29; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 27; Münch­KommBGB/Kind­ler 5. Aufl. Bd. 11 Vor §§ 335 ff. In­sO Rn. 3).

bb) Wäre das Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren nach § 343 In­sO an­zu­er­ken­nen, be­stimm­ten sich die Be­fug­nis­se der Schuld­ne­rin und der Li­qui­da­to­rin auf­grund

 

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von § 335 In­sO eben­falls nach grie­chi­schem Recht als der lex fo­ri con­cur­sus (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 30; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 28; Münch­Kom­mIn­sO/Rein­hart 2. Aufl. § 335 Rn. 65; LSZ/Smid In­ter­na­tio­na­les In­sol­venz­recht 2. Aufl. In­sO § 335 Rn. 8).

cc) Soll­te das Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren da­ge­gen nicht als In­sol­venz­ver­fah­ren iSd. §§ 335 ff. In­sO zu qua­li­fi­zie­ren sein, so­dass ei­ne An­er­ken­nung nach § 343 In­sO aus­schie­de, wäre die ge­sell­schafts­recht­li­che Fra­ge, wie die Be­klag­te zu 1. als Schuld­ne­rin (or­gan­schaft­lich) ver­tre­ten ist, gleich­wohl nach grie­chi­schem Recht zu be­ant­wor­ten. Das Ge­sell­schafts­sta­tut rich­tet sich nach dem Gründungs­sta­tut und da­mit für die in Grie­chen­land ge­gründe­te Be­klag­te zu 1. nach grie­chi­schem Recht. Nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung, die sich auf die Ent­schei­dun­gen des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on in den Sa­chen Cen­tros (9. März 1999 - C-212/97 - Slg. 1999, I-1459), Über­see­ring (5. No­vem­ber 2002 - C-208/00 - Slg. 2002, I-9919) und In­spi­re Art (30. Sep­tem­ber 2003 - C-167/01 - Slg. 2003, I-10155) stützt, rich­tet sich das Ge­sell­schafts­sta­tut von Ge­sell­schaf­ten, die in ei­nem Mit­glied­staat der Eu­ropäischen Uni­on ge­gründet wor­den sind, nicht nach ih­rem Ver­wal­tungs­sitz, son­dern nach ih­rem Gründungs­ort. Die uni­ons­recht­lich verbürg­te Nie­der­las­sungs­frei­heit kann nur auf die­se Wei­se ge­wahrt wer­den (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 31; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 29; BGH 21. Ju­li 2011 - IX ZR 185/10 - Rn. 22, BGHZ 190, 364).

c) Der deut­sche ord­re pu­blic steht der An­er­ken­nung der Eröff­nung des Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­rens nicht ent­ge­gen. Die An­er­ken­nung führt nicht zu ei­nem Er­geb­nis, das mit we­sent­li­chen Grundsätzen des deut­schen Rechts - ins­be­son­de­re mit Grund­rech­ten - of­fen­sicht­lich un­ver­ein­bar ist (vgl. Art. 26 Eu­Ins­VO, § 343 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 In­sO). Die Rügen der Kläge­rin grei­fen nicht durch.

aa) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass die deut­schen Ge­rich­te auch auf der Grund­la­ge des deut­schen ord­re pu­blic nicht zu über­prüfen ha­ben, ob Art. 14 A des grie­chi­schen Ge­set­zes 3429/2005 und

 

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da­mit die Eröff­nung des Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­rens durch das Athe­ner Be­ru­fungs­ge­richt der grie­chi­schen Ver­fas­sung wi­der­spricht.

(1) Soll­te das Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren nach Maßga­be der Art. 16 und 17 Eu­Ins­VO an­zu­er­ken­nen sein, folgt die­ses Er­geb­nis aus dem Grund­satz des ge­gen­sei­ti­gen Ver­trau­ens, der in Satz 3 der 22. Be­gründungs­erwägung der Eu­Ins­VO nie­der­ge­legt ist.

(a) Die­ses ge­gen­sei­ti­ge Ver­trau­en hat es ermöglicht, im An­wen­dungs­be­reich der Eu­Ins­VO ein für die Ge­rich­te ver­bind­li­ches Zuständig­keits­sys­tem zu schaf­fen und auf die in­ner­staat­li­chen Vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über die An­er­ken­nung und die Voll­streck­ba­r­erklärung zu­guns­ten ei­nes ver­ein­fach­ten An­er­ken­nungs- und Voll­stre­ckungs­ver­fah­rens für im Rah­men von In­sol­venz­ver­fah­ren er­gan­ge­ne Ent­schei­dun­gen zu ver­zich­ten. Be­stand­teil des Grund­sat­zes des ge­gen­sei­ti­gen Ver­trau­ens ist es, dass das Ge­richt ei­nes Mit­glied­staats, bei dem ein An­trag auf Eröff­nung ei­nes Haupt­in­sol­venz­ver­fah­rens anhängig ge­macht wird, sei­ne Zuständig­keit im Hin­blick auf Art. 3 Abs. 1 Eu­Ins­VO über­prüft, dh. un­ter­sucht, ob der Schuld­ner den Mit­tel­punkt sei­ner hauptsächli­chen In­ter­es­sen in die­sem Mit­glied­staat hat. Ei­ne sol­che Prüfung ist un­ter Be­ach­tung der we­sent­li­chen Ver­fah­rens­ga­ran­ti­en, die ein fai­res Ver­fah­ren er­for­dert, vor­zu­neh­men. Im Ge­gen­zug da­zu ver­langt der Grund­satz des ge­gen­sei­ti­gen Ver­trau­ens, dass die Ge­rich­te der übri­gen Mit­glied­staa­ten die Ent­schei­dung über die Eröff­nung ei­nes Haupt­in­sol­venz­ver­fah­rens an­er­ken­nen, oh­ne die Zuständig­keits­be­ur­tei­lung des ers­ten Ge­richts über­prüfen zu können (vgl. EuGH 2. Mai 2006 - C-341/04 - lEu­ro­food 1FSC] Rn. 40 ff., Sig. 2006, 1-3813). Nimmt ein Be­tei­lig­ter an, dass der Schuld­ner den Mit­tel­punkt sei­ner hauptsächli­chen In­ter­es­sen in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat als dem­je­ni­gen hat, in dem das Haupt­in­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net wur­de, hat er bei den Ge­rich­ten des Mit­glied­staats, in dem das Ver­fah­ren eröff­net wur­de, die im na­tio­na­len Recht die­ses Mit­glied­staats vor­ge­se­he­nen Rechts­be­hel­fe ge­gen die Eröff­nungs­ent­schei­dung ein­zu­le­gen (vgl. EuGH 2. Mai 2006 - C-341/04 – [Eu­ro­food 1FSC] Rn. 43, aaO).

(b) Nach die­sen Grundsätzen darf der Se­nat nicht über­prüfen, ob Art. 14 A des grie­chi­schen Ge­set­zes 3429/2005 ge­gen die grie­chi­sche Ver­fas­sung

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verstößt. Das Athe­ner Be­ru­fungs­ge­richt hat sei­ne Zuständig­keit für die Eröff­nung des Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­rens be­jaht und das Ge­setz da­mit schlüssig für ver­fas­sungs­kon­form ge­hal­ten. Die zu ak­zep­tie­ren­de Ent­schei­dung des Ge­richts des Eröff­nungs­staats er­fasst we­gen des im Erwägungs­grund 22 der Eu­Ins­VO aus­ge­drück­ten un­ein­ge­schränk­ten Grund­sat­zes des ge­gen­sei­ti­gen Ver­trau­ens nicht nur die Fra­ge des Mit­tel­punkts der In­ter­es­sen des Schuld­ners, son­dern die ge­sam­te Eröff­nungs­ent­schei­dung als sol­che. Die Prüfung der Ver­fas­sungs­wid­rig­keit des Ge­set­zes Art. 14 A des grie­chi­schen Ge­set­zes 3429/2005 ist den grie­chi­schen Ge­rich­ten - ggf. mit den dor­ti­gen ver­fas­sungs­recht­li­chen Rechts­mit­teln oder Rechts­be­hel­fen - vor­be­hal­ten.

(2) Soll­te die Eröff­nung des Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­rens § 343 In­sO un­ter­fal­len, führ­ten die von der Kläge­rin gerügten Verstöße des Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005 ge­gen die grie­chi­sche Ver­fas­sung den­noch nicht zu ei­ner Ver­let­zung des deut­schen ord­re pu­blic (§ 343 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 In­sO).

(a) Die Kläge­rin be­an­stan­det ver­schie­de­ne Verstöße ge­gen die grie­chi­sche Ver­fas­sung. Sie hält die Fris­ten in Art. 14 A Nr. 3 des Ge­set­zes 3429/2005 für zu kurz, um dem Ge­bot ef­fek­ti­ven Rechts­schut­zes in Art. 20 der grie­chi­schen Ver­fas­sung ge­recht zu wer­den. Ent­spre­chen­des nimmt sie für die Un­an­fecht­bar­keit des Eröff­nungs­be­schlus­ses an. Die wei­ten Be­fug­nis­se des Li­qui­da­tors, die Außer­kraft­set­zung des Zi­vil­ge­setz­buchs und das Ver­bot von einst­wei­li­gen Verfügun­gen für die Dau­er von 18 Mo­na­ten ab Verkündung des Eröff­nungs­be­schlus­ses in Art. 14 A Nr. 20 des Ge­set­zes 3429/2005 ver­let­zen nach Auf­fas­sung der Kläge­rin die zu be­ach­ten­de Men­schenwürde (Art. 2 der grie­chi­schen Ver­fas­sung), die wirt­schaft­li­che Frei­heit (Art. 5 der grie­chi­schen Ver­fas­sung) und das Recht der Ar­beit (Art. 22 der grie­chi­schen Ver­fas­sung). Die Un­gleich­be­hand­lung der Ar­beit­neh­mer der be­trof­fe­nen Un­ter­neh­men mit an­de­ren grie­chi­schen Ar­beit­neh­mern, die von Ar­beits­ge­set­zen, Kol­lek­tiv- und Ein­zel­verträgen geschützt sind, verstößt aus Sicht der Kläge­rin ge­gen den all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz in Art. 4 der grie­chi­schen Ver­fas­sung.

(b) Die­se Rügen führen selbst dann nicht zu ei­ner Ver­let­zung des deut­schen ord­re pu­blic, wenn Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005 tatsächlich ge­gen

 

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die grie­chi­sche Ver­fas­sung ver­s­toßen soll­te. Mit dem deut­schen ord­re pu­blic ist ei­ne Ent­schei­dung nicht schon dann un­ver­ein­bar, wenn der deut­sche Rich­ter - hätte er über die Fra­ge ent­schie­den - auf­grund zwin­gen­den deut­schen Rechts zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis ge­kom­men wäre. Maßgeb­lich ist viel­mehr, ob das Er­geb­nis der An­wen­dung des ausländi­schen Rechts zu den Grund­ge­dan­ken der deut­schen Re­ge­lun­gen und den in ih­nen ent­hal­te­nen Ge­rech­tig­keits­vor­stel­lun­gen in so star­kem Wi­der­spruch steht, dass es nach inländi­scher Vor­stel­lung un­trag­bar er­scheint (vgl. BGH 16. Sep­tem­ber 1993 - IX ZB 82/90 - zu B 15 der Gründe, BGHZ 123, 268). Für den deut­schen ord­re pu­blic kommt es nicht auf das grie­chi­sche, son­dern auf das deut­sche Recht an. Und auch in­so­weit ist der Ver­s­toß ge­gen ei­ne Vor­schrift mit Ver­fas­sungs­rang für sich al­lein noch kei­ne Ver­let­zung des deut­schen ord­re pu­blic, so­lan­ge kein Grund­recht des Be­trof­fe­nen berührt wird (vgl. BGH 16. Sep­tem­ber 1993 - IX ZB 82/90 - zu B 15 b der Gründe, aaO).

bb) Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005 ver­letzt we­der den ver­fah­rens­recht­li­chen noch den ma­te­ri­el­len deut­schen ord­re pu­blic.

(1) Bei der Son­der­li­qui­da­ti­on han­delt es sich um ein Ge­samt­ver­fah­ren. Das Ver­fah­ren dient ua. der ge­mein­sa­men und gleichmäßigen Gläubi­ger­be­frie­di­gung. Da­bei wird ein In­sol­ven­zer­eig­nis vor­aus­ge­setzt. Die Eröff­nung des Ver­fah­rens ver­langt ne­ben in der Ver­gan­gen­heit be­zo­ge­nen staat­li­chen Bei­hil­fen und ei­nem Ver­s­toß ge­gen das Ge­mein­schafts­recht (heu­te: Uni­ons­recht) bei Gewährung wei­te­rer Bei­hil­fen al­ter­na­tiv, dass schwe­re wirt­schaft­li­che Schwie­rig­kei­ten oder Pro­ble­me bei der Struk­tu­rie­rung des Ei­gen­ka­pi­tals auf­tre­ten oder das öffent­li­che Un­ter­neh­men of­fen­sicht­lich nicht in der La­ge ist, ge­setz­te Zah­lungs­fris­ten ein­zu­hal­ten. Die Eröff­nung des Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­rens hat den vollständi­gen oder zu­min­dest teil­wei­sen Vermögens­be­schlag zur Fol­ge.

(2) Ein Ver­s­toß ge­gen den ord­re pu­blic ist nur aus­nahms­wei­se an­zu­neh­men (vgl. zu Art. 26 Eu­Ins­VO EuGH 21. Ja­nu­ar 2010 - C-444/07 - (MG Pro­bud] Rn. 34, Slg. 2010, 1-417; s. auch BAG 27. Fe­bru­ar 2007 - 3 AZR 618/06 - Rn. 19, BA­GE 121, 309). Er­for­der­lich ist ei­ne of­fen­sicht­li­che Ver­let­zung we­sent­li­cher Grundsätze deut­schen Rechts. Bloße Ab­wei­chun­gen vom deut­schen


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Recht genügen nicht. In ers­ter Li­nie ist dar­auf ab­zu­stel­len, ob be­reits die Eröff­nung selbst auf­grund ver­fah­rens­recht­li­cher Mängel ge­gen den deut­schen ord­re pu­blic verstößt (an­er­ken­nungs­recht­li­cher oder auch ver­fah­rens­recht­li­cher ord­re pu­blic). Ei­ne Ver­let­zung des ver­fah­rens­recht­li­chen ord­re pu­blic führt grundsätz­lich da­zu, dass der Ver­fah­ren­seröff­nungs­akt nicht an­er­kannt wird. Ein Ver­s­toß ge­gen den deut­schen ord­re pu­blic kann aber auch da­durch be­gründet sein, dass die An­wen­dung ausländi­schen Rechts auf­grund von Kol­li­si­ons­nor­men nach­ge­ord­ne­te Fol­ge­wir­kun­gen er­zeugt (ma­te­ri­ell-recht­li­cher ord­re pu­blic). Das ent­zieht der An­er­ken­nung der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens nicht ins­ge­samt die Grund­la­ge, son­dern führt da­zu, dass die ent­spre­chen­den ausländi­schen Rechts­nor­men nicht an­ge­wandt wer­den (vgl. BGH 13. Ok­to­ber 2009 - X ZR 159/05 - Rn. 24).

(a) Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005 ist kein Ein­zel­fall­ge­setz iSv. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG.

(aa) Der Hand­lungs­spiel­raum des Ge­setz­ge­bers wird ua. durch das Ver­bot der Ein­zel­fall­ge­setz­ge­bung in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG be­schränkt (vgl. BVerfG 22. Ok­to­ber 2008 - 2 BvR 749/08 - Rn. 39, BVerfGK 14, 357). Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG ver­bie­tet grund­recht­s­ein­schränken­de Ge­set­ze, die nicht all­ge­mein sind, son­dern nur für den Ein­zel­fall gel­ten. Die An­for­de­rung, dass das Ge­setz all­ge­mein zu sein hat, ist dann erfüllt, wenn sich we­gen der abs­trak­ten Fas­sung der ge­setz­li­chen Tat­bestände nicht ab­se­hen lässt, auf wie vie­le und wel­che Fälle das Ge­setz An­wen­dung fin­det, wenn al­so nicht nur ein ein­ma­li­ger Ein­tritt der vor­ge­se­he­nen Rechts­fol­gen möglich ist. Dass der Ge­setz­ge­ber ei­ne An­zahl kon­kre­ter Fälle vor Au­gen hat, die er zum An­lass der Re­ge­lung nimmt, macht die Be­stim­mung nicht zu ei­nem Ein­zel­fall­ge­setz, wenn sie nach der Art der in Be­tracht kom­men­den Sach­ver­hal­te ge­eig­net ist, un­be­stimmt vie­le wei­te­re Fälle zu re­geln. Die abs­trakt-ge­ne­rel­le For­mu­lie­rung darf nicht da­zu die­nen, ei­ne ein­zel­fall­be­zo­ge­ne Re­ge­lung zu ver­schlei­ern (vgl. für die st. Rspr. BVerfG 2. März 1999 - 1 BvL 2/91 - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 99, 367).

(bb) Nach die­sen Grundsätzen ist Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005 kein Ein­zel­fall­ge­setz iSv. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu

 

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Recht an­ge­nom­men, dass es sich al­len­falls um ein An­lass­ge­setz han­delt. Die Re­ge­lung ist abs­trakt for­mu­liert und be­zieht sich auf ei­ne nicht ab­sch­ließend be­stimm­te Zahl öffent­li­cher Un­ter­neh­men. Das zeigt die von der Kläge­rin zi­tier­te Par­la­ments­de­bat­te über die Gel­tung für an­de­re öffent­li­che Un­ter­neh­men (sog. D.E.K.O.). Der Um­stand, dass die Re­ge­lung auf sie der­zeit nicht an­zu­wen­den ist, be­deu­tet nicht, dass künf­ti­ge An­wen­dungsfälle bei ei­ner veränder­ten wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen sind. Nur dann wäre un­ge­ach­tet der abs­trakt-ge­ne­rel­len For­mu­lie­rung ein ver­deck­tes Ein­zel­fall­ge­setz an­zu­neh­men (vgl. BVerfG 2. März 1999 - 1 BvL 2/91 - zu C 112 der Gründe, BVerfGE 99, 367).

(b) Der nach Art. 14 A Nr. 2 des Ge­set­zes 3429/2005 ein­ge­schränk­te Kreis der An­trags­be­rech­tig­ten führt nicht zu ei­nem Ver­s­toß ge­gen den deut­schen ord­re pu­blic im Sinn ei­ner Un­gleich­be­hand­lung der Gläubi­ger im Rah­men der grundsätz­lich ge­mein­schaft­li­chen Gläubi­ger­be­frie­di­gung (§ 1 In­sO). Der grie­chi­sche Ge­setz­ge­ber hielt sich auch nach deut­schem Verständ­nis in­ner­halb der Gren­zen sei­ner Ge­stal­tungs­macht, in­dem er die Eröff­nung des Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­rens für öffent­li­che Un­ter­neh­men an ein be­stimm­tes Gläubi­ger­quo­rum band und von ei­ner be­stimm­ten Be­tei­li­gung der dar­in ver­tre­te­nen öffent­li­chen Hand abhängig mach­te. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend dar­auf ab­ge­stellt, dass pri­va­te Gläubi­ger vom An­trags­ver­fah­ren nicht aus­ge­schlos­sen sind, son­dern nur mit der öffent­li­chen Hand ins­ge­samt min­des­tens 51 % der For­de­run­gen re­präsen­tie­ren müssen. Da­von muss die öffent­li­che Hand ih­rer­seits min­des­tens die Hälf­te re­präsen­tie­ren. Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 In­sO ist die An­trags­be­rech­ti­gung zwar nicht auf be­stimm­te Gläubi­ger be­schränkt. Die Eröff­nung des Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­rens den­noch an­zu­er­ken­nen, ist nach inländi­schen Vor­stel­lun­gen aber je­den­falls kein un­trag­ba­res Er­geb­nis (vgl. BGH 13. Ok­to­ber 2009 - X ZR 159/05 - Rn. 20, 22; s. auch 16. Sep­tem­ber 1993 - IX ZB 82/90 - zu B 15 der Gründe, BGHZ 123, 268). Dem steht nicht ent­ge­gen, dass das In­sol­venz­ver­fah­ren un­mit­tel­bar den Schutz und die Durch­set­zung ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ter pri­va­ter In­ter­es­sen zum Ziel hat (vgl. BVerfG 23. Mai 2006 - 1 BvR 2530/04 - Rn. 34, BVerfGE 116, 1). Pri­va­te Gläubi­ger sind vom An­trags­recht bei öffent­li­chen Un­ter­neh­men nach Art. 14 A Nr. 2

 

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des Ge­set­zes 3429/2005 nicht vollständig aus­ge­nom­men. Ihr An­trags­recht ist we­gen des Quo­rums der öffent­li­chen Hand le­dig­lich be­schränkt. Das löst den Aus­nah­me­tat­be­stand ei­nes Ver­s­toßes ge­gen den deut­schen ord­re pu­blic nicht aus.

(c) Ent­spre­chen­des gilt für die kur­zen Fris­ten im Eröff­nungs­ver­fah­ren nach Art. 14 A Nr. 3 des Ge­set­zes 3429/2005.

(aa) Die Vor­aus­set­zun­gen und Förm­lich­kei­ten, die für die Eröff­nung ei­nes In­sol­venz­ver­fah­rens ver­langt wer­den, un­ter­lie­gen dem na­tio­na­len Recht und un­ter­schei­den sich beträcht­lich von Mit­glied­staat zu Mit­glied­staat. In man­chen Mit­glied­staa­ten wird das Ver­fah­ren sehr kurz nach der An­trag­stel­lung eröff­net, die er­for­der­li­chen Nach­prüfun­gen wer­den erst später vor­ge­nom­men. In an­de­ren Mit­glied­staa­ten müssen be­stimm­te we­sent­li­che Fest­stel­lun­gen, die er­heb­li­che Zeit in An­spruch neh­men können, vor der Eröff­nung des Ver­fah­rens ge­trof­fen wer­den. In man­chen na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen kann das In­sol­venz­ver­fah­ren für ei­ni­ge Mo­na­te „vorläufig" eröff­net wer­den (vgl. EuGH 2. Mai 2006 - C-341/04 - [Eu­ro­food IFSC] Rn. 51, Sig. 2006, I-3813).

(bb) Die kur­zen Fris­ten im Eröff­nungs­ver­fah­ren wi­der­spre­chen nicht dem deut­schen ord­re pu­blic. Ei­ne be­stimm­te Länge der Frist gehört nicht zu den grund­le­gen­den Ver­fah­rens­ga­ran­ti­en der deut­schen Rechts­ord­nung. Selbst ein nach ausländi­schem Recht völlig feh­len­der Eröff­nungs­be­schluss und ei­ne Eröff­nung des Ver­fah­rens auf bloßen An­trag des Schuld­ners lösen den Aus­nah­me­tat­be­stand ei­ner Ver­let­zung des ord­re pu­blic nicht aus (vgl. BGH 13. Ok­to­ber 2009 - X ZR 159/05 - Rn. 20, 22).

(d) Ein Ver­s­toß ge­gen den ord­re pu­blic ist auch nicht dar­in zu se­hen, dass der Eröff­nungs­be­schluss des Athe­ner Be­ru­fungs­ge­richts un­an­fecht­bar ist.

(aa) Das deut­sche Recht sieht nach § 34 Abs. 2 In­sO eben­falls nur ei­ne so­for­ti­ge Be­schwer­de des Schuld­ners, nicht aber der Gläubi­ger ge­gen den Eröff­nungs­be­schluss vor (vgl. BGH 21. Fe­bru­ar 2008 - IX ZB 96/07 - zu II der Gründe). Die Ent­schei­dun­gen des In­sol­venz­ge­richts un­ter­lie­gen nur in den


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Fällen ei­nem Rechts­mit­tel, in de­nen die In­sol­venz­ord­nung das aus­drück­lich vor­schreibt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 In­sO). Das Grund­ge­setz ga­ran­tiert um­fas­sen­den Rechts­schutz le­dig­lich zu dem Zweck des Schut­zes sub­jek­ti­ver Rech­te und da­her auch nur un­ter der Vor­aus­set­zung, dass die Ver­let­zung ei­ner Rechts­po­si­ti­on gel­tend ge­macht wird, die die Rechts­ord­nung im In­ter­es­se des Ein­zel­nen gewährt. Hin­ge­gen genügt we­der die Ver­let­zung nur wirt­schaft­li­cher In­ter­es­sen noch die Ver­let­zung von Rechtssätzen, die le­dig­lich Re­flex­wir­kun­gen ha­ben, weil der Ein­zel­ne in ih­nen al­lein aus Gründen des In­ter­es­ses der All­ge­mein­heit begüns­tigt wird (vgl. BVerfG 23. Mai 2006 - 1 BvR 2530/04 - Rn. 29, BVerfGE 116, 1). Die For­de­run­gen der Gläubi­ger wer­den von Art. 14 Abs. 1 GG zwar auch im Rah­men der Zwangs­voll­stre­ckung geschützt (vgl. BVerfG 23. Mai 2006 - 1 BvR 2530/04 - Rn. 34, aaO). Das er­for­dert aber we­der ein Rechts­mit­tel noch ei­nen Rechts­be­helf zu­guns­ten ein­zel­ner Gläubi­ger. Die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens dient der bestmögli­chen ge­mein­schaft­li­chen Be­frie­di­gung al­ler Gläubi­ger. Des­halb kommt nach deut­schem Recht nur dem Schuld­ner ein Be­schwer­de­recht ge­gen den Eröff­nungs­be­schluss zu.

(bb) Der Aus­schluss ei­nes Rechts­mit­tels oder Rechts­be­helfs verstößt auch nach deut­schem Ver­fas­sungs­recht nicht ge­gen die aus Art. 19 Abs. 4 GG und dem Rechts­staats­prin­zip her­zu­lei­ten­de Ga­ran­tie ef­fek­ti­ven Rechts­schut­zes. Es ist Auf­ga­be des Ge­setz­ge­bers, un­ter Abwägung und Aus­gleich der ver­schie­de­nen be­trof­fe­nen In­ter­es­sen zu ent­schei­den, ob es bei ei­ner In­stanz blei­ben soll oder ob meh­re­re In­stan­zen be­reit­ge­stellt wer­den und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen sie an­ge­ru­fen wer­den können (vgl. BVerfG 30. April 2003 - 1 PB­vU 1/02 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 107, 395). Der Gläubi­ger ist nach der In­sol­venz­ord­nung nicht be­rech­tigt, die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen des Schuld­ners mit der so­for­ti­gen Be­schwer­de an­zu­grei­fen. Die­se Wer­tent­schei­dung des Ge­setz­ge­bers ist hin­zu­neh­men (vgl. BGH 30. März 2006 - IX ZB 36/05 - Rn. 6 mwN).

(e) Auch Art. 14 A Nr. 19 des Ge­set­zes 3429/2005, wo­nach bei Pflicht­ver­let­zun­gen auf An­trag die Ab­set­zung des Li­qui­da­tors und die Be­stel­lung ei­nes neu­en Li­qui­da­tors vor­ge­se­hen sind, ver­letzt nicht den deut­schen ord­re pu­blic.

 

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(aa) Zum Teil wird an­ge­nom­men, ein Ver­s­toß ge­gen den Grund­satz der Un­abhängig­keit des Ver­wal­ters ver­let­ze den ord­re pu­blic, weil bei ei­nem vom Schuld­ner abhängi­gen Ver­wal­ter die Ge­fahr der Ver­let­zung von Gläubi­ger­rech­ten be­ste­he (vgl. AG Nürn­berg 15. Au­gust 2006 - 8004 IN 1326/06 ua. - zu II der Gründe). Die Un­be­fan­gen­heit der Amtsführung, die § 56 Abs. 1 In­sO un­ter dem As­pekt der Un­abhängig­keit von den Gläubi­gern und dem Schuld­ner an­spricht, ist nicht si­cher­ge­stellt, wenn der In­sol­venz­ver­wal­ter je­der­zeit gewärtig sein muss, auf­grund von Rechts­feh­lern bei sei­ner Be­stel­lung ent­las­sen zu wer­den. Dar­un­ter kann an­ge­sichts der vielfälti­gen und kom­ple­xen Auf­ga­ben die Qua­lität der Ab­wick­lung des In­sol­venz­ver­fah­rens lei­den. Der In­sol­venz­ver­wal­ter wird we­der al­lein im In­ter­es­se der Gläubi­ger noch al­lein im In­ter­es­se des Schuld­ners tätig, son­dern hat vielfälti­ge Auf­ga­ben wahr­zu­neh­men, für de­ren Erfüllung er al­len Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten ge­genüber ver­ant­wort­lich ist (vgl. BVerfG 23. Mai 2006 - 1 BvR 2530/04 - Rn. 54, BVerfGE 116, 1).

(bb) Das Ab­set­zungs­recht wi­der­spricht gleich­wohl nicht dem deut­schen ord­re pu­blic. Auch das deut­sche Recht kennt mit § 57 In­sO die Wahl ei­nes an­de­ren In­sol­venz­ver­wal­ters. Zu­dem ist die Ab­set­zung des Li­qui­da­tors an en­ge Vor­aus­set­zun­gen ge­bun­den. Der Kreis der an­trags­be­rech­tig­ten Per­so­nen ist be­schränkt. Es muss sich ent­we­der um Gläubi­ger oder Ge­sell­schaf­ter bzw. Ak­ti­onäre des öffent­li­chen Un­ter­neh­mens han­deln. Zu­guns­ten der öffent­li­chen Hand be­steht ein qua­li­fi­zier­tes Quo­rum. Ei­ne Ab­set­zung ist nur aus trif­ti­gen Gründen möglich, ins­be­son­de­re bei Pflicht­ver­let­zun­gen. Mit der Ab­set­zung muss zu­gleich ein neu­er Li­qui­da­tor er­nannt wer­den. Die Re­ge­lung in Art. 14 A Nr. 19 des Ge­set­zes 3429/2005 ist an­ge­sichts die­ser en­gen Vor­ga­ben nicht of­fen­sicht­lich un­ver­ein­bar mit we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken des deut­schen In­sol­venz­rechts. Bloße Ab­wei­chun­gen vom deut­schen Recht genügen nicht (vgl. BGH 13. Ok­to­ber 2009 - X ZR 159/05 - Rn. 24).

(f) Die feh­len­den Be­fug­nis­se zur In­sol­venz­an­fech­tung ver­let­zen we­der den ver­fah­rens­recht­li­chen noch den ma­te­ri­el­len deut­schen ord­re pu­blic. Das zeigt sich schon an den bei­den in Be­tracht kom­men­den Kol­li­si­ons­nor­men, wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu Recht an­ge­nom­men hat. Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2

 

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Buchst. m Eu­Ins­VO re­gelt das Recht des Staats der Ver­fah­ren­seröff­nung, wel­che Rechts­hand­lun­gen nich­tig, an­fecht­bar oder re­la­tiv un­wirk­sam sind, weil sie die Ge­samt­heit der Gläubi­ger be­nach­tei­li­gen. § 339 In­sO be­stimmt, dass ei­ne Rechts­hand­lung an­ge­foch­ten wer­den kann, wenn die Vor­aus­set­zun­gen der In­sol­venz­an­fech­tung nach dem Recht des Staats der Ver­fah­ren­seröff­nung erfüllt sind, es sei denn, der An­fech­tungs­geg­ner weist nach, dass für die Rechts­hand­lung das Recht ei­nes an­de­ren Staats maßge­bend und die Rechts­hand­lung nach die­sem Recht in kei­ner Wei­se an­greif­bar ist. Das deut­sche Recht ak­zep­tiert da­mit feh­len­de An­fech­tungsmöglich­kei­ten.

(g) So­weit die Re­vi­si­on die Wei­te der Be­fug­nis­se des Son­der­li­qui­da­tors nach Art. 14 A Nr. 4 des Ge­set­zes 3429/2005 be­an­stan­det, ver­letzt die­se eben­falls nicht den deut­schen ord­re pu­blic.

(aa) Das deut­sche Recht sieht nicht nur ei­ne Ver­tre­ter­stel­lung vor, wie sie der Li­qui­da­tor in­ne­hat, son­dern ei­nen Über­gang des Ver­wal­tungs- und Verfügungs­rechts auf den In­sol­venz­ver­wal­ter (§ 80 Abs. 1 In­sO). Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005 kennt zwar kei­ne all­ge­mei­ne Auf­sicht des Athe­ner Be­ru­fungs­ge­richts über den Li­qui­da­tor, wie sie für den In­sol­venz­ver­wal­ter in § 58 Abs. 1 In­sO ge­re­gelt ist. Art. 14 A Nr. 19 des Ge­set­zes 3429/2005 enthält aber das be­reits be­schrie­be­ne Ab­set­zungs­ver­fah­ren.

(bb) Die Wei­te der Be­fug­nis­se des Li­qui­da­tors im Zu­sam­men­hang mit der Kündi­gung von Ar­beits­verhält­nis­sen nach grie­chi­schem Recht könn­te im Übri­gen eben­so we­nig wie die von der Kläge­rin gerügten Verstöße ge­gen die grie­chi­sche Ver­fas­sung da­zu führen, dass die Eröff­nung selbst auf­grund ver­fah­rens­recht­li­cher Mängel ge­gen den deut­schen an­er­ken­nungs­recht­li­chen ord­re pu­blic ver­stieße. Wer­den sol­che Verstöße un­ter­stellt, ver­letz­ten sie al­len­falls den deut­schen ma­te­ri­ell-recht­li­chen ord­re pu­blic, entzögen der An­er­ken­nung der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens je­doch nicht ins­ge­samt die Grund­la­ge. Sie führ­ten nur da­zu, dass die ent­spre­chen­den grie­chi­schen Rechts­nor­men nicht an­ge­wandt würden (vgl. BGH 13. Ok­to­ber 2009 - X ZR 159/05 - Rn. 24). Die­ses Pro­blem stellt sich hier schon des­halb nicht, weil auf die Kündi­gung des

 

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Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin deut­sches Recht an­zu­wen­den ist, das mit dem Grund­ge­setz in Ein­klang steht.

II. Die ma­te­ri­ell-recht­li­che Wirk­sam­keit der Kündi­gung der Be­klag­ten zu 1., die mit dem Kündi­gungs­schutz­an­trag geklärt wer­den soll, be­stimmt sich nach deut­schem Ar­beits­recht. Auch in die­sem Zu­sam­men­hang kann da­hin­ste­hen, ob das Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren der Eu­Ins­VO un­terfällt. Der Se­nat braucht den Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on da­her nicht an­zu­ru­fen, um die­se Fra­ge zu klären.

1. Ist der An­wen­dungs­be­reich der Eu­Ins­VO eröff­net, ist für die Wir­kun­gen des In­sol­venz­ver­fah­rens auf ei­nen Ar­beits­ver­trag und auf das Ar­beits­verhält­nis nach Art. 10 Eu­Ins­VO aus­sch­ließlich das Recht des Mit­glied­staats maßgeb­lich, das auf den Ar­beits­ver­trag an­zu­wen­den ist (lex cau­sae). Wäre das Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren nach § 343 In­sO an­zu­er­ken­nen, wäre nach § 337 In­sO eben­falls das Ar­beits­ver­trags­sta­tut maßgeb­lich. Die Be­stim­mung des § 337 In­sO ist Art. 10 Eu­Ins­VO nach­ge­bil­det (vgl. BT-Drucks. 15/16 S. 18). Das Recht des Staats, dem das Ar­beits­verhält­nis un­ter­liegt, soll auch die Wir­kun­gen der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens auf die­se Rechts­be­zie­hung be­stim­men (vgl. Braun/Ta­shiro In­sO 5. Aufl. § 337 Rn. 3). Han­del­te es sich über­haupt nicht um ein an­zu­er­ken­nen­des In­sol­venz­ver­fah­ren, wäre nach den Grundsätzen des In­ter­na­tio­na­len Pri­vat­rechts zu be­stim­men, wel­ches Recht An­wen­dung fände.

2. In al­len drei denk­ba­ren Kon­stel­la­tio­nen ist nach den hier noch maßgeb­li­chen Art. 27, 30 und 34 EGBGB zu er­mit­teln, wel­ches Recht An­wen­dung fin­det. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat an­ge­nom­men, dass nach die­sen Kol­li­si­ons­re­geln des In­ter­na­tio­na­len Pri­vat­rechts deut­sches Ar­beits­recht für das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en maßgeb­lich ist. Rechts­feh­ler sind auf der Grund­la­ge von Art. 30 Abs. 2 EGBGB nicht er­sicht­lich. Die mögli­che An­wend­bar­keit ver­schie­de­ner Rechts­ord­nun­gen bei Kündi­gun­gen von Ar­beits­verhält­nis­sen mit Be­zug zu un­ter­schied­li­chen na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen ist der zen­tra­le Re­ge­lungs­me­cha­nis­mus des In­ter­na­tio­na­len Pri­vat­rechts, ob­wohl die­sel­be Rechts­persönlich­keit - ggf. auf der Grund­la­ge der­sel­ben un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dung - gekündigt hat. Da deut­sches Recht an­zu­wen­den ist, kommt es

 

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nicht dar­auf an, ob die von Art. 14 A Nr. 4 Satz 6 und Satz 7 des grie­chi­schen Ge­set­zes 3429/2005 be­gründe­ten Vor­aus­set­zun­gen für die Kündi­gung in Form so­zia­ler Schutz­maßnah­men erfüllt sind. Ob die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin wirk­sam ist, be­ur­teilt sich nach deut­schem Recht und den in die­ser Rechts­ord­nung vor­ge­se­he­nen Schutz­me­cha­nis­men.

III. Die Kündi­gung der Be­klag­ten zu 1. gilt nicht be­reits nach § 7 Halbs. 1 KSchG als rechts­wirk­sam.

1. Dass sich die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ge­gen die „E S.A. ... als Son­der­li­qui­da­tor über das Vermögen der Fir­ma 0 S.A." als Be­klag­te zu 1. rich­te­te, ist unschädlich. Sie war - wie auch die all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge (An­trag zu 4.) - von vorn­her­ein ge­gen die 0 S.A. ge­rich­tet. Ent­spre­chen­des gilt für den zu 1. ge­stell­ten An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung der Kündi­gungs­schutz­kla­ge.

a) Ist ei­ne Par­tei­be­zeich­nung nicht ein­deu­tig, ist die Par­tei durch Aus­le­gung zu er­mit­teln. Selbst bei äußer­lich ein­deu­ti­ger, aber of­fen­kun­dig un­rich­ti­ger Be­zeich­nung ist grundsätz­lich die­je­ni­ge Per­son als Par­tei an­ge­spro­chen, die er­kenn­bar durch die Par­tei­be­zeich­nung be­trof­fen wer­den soll. Es kommt dar­auf an, wel­cher Sinn der von der kla­gen­den Par­tei in der Kla­ge­schrift gewähl­ten Par­tei­be­zeich­nung bei ob­jek­ti­ver Würdi­gung des Erklärungs­in­halts bei­zu­le­gen ist. Er­gibt sich aus den ge­sam­ten Umständen, wer als be­klag­te Par­tei ge­meint ist, kann das Ru­brum un­be­denk­lich „be­rich­tigt" wer­den. Das gilt vor al­lem dann, wenn der Kla­ge­schrift das Kündi­gungs­schrei­ben bei­gefügt ist, aus dem sich er­gibt, von wem die Kündi­gung erklärt wur­de. Ent­schei­dend ist, dass die recht­li­che Iden­tität ge­wahrt bleibt. Bleibt die Par­tei nicht die­sel­be, han­delt es sich um ei­ne Par­teiände­rung. Ei­ne un­ge­naue oder er­kenn­bar fal­sche Par­tei­be­zeich­nung kann da­ge­gen je­der­zeit von Amts we­gen rich­tig­ge­stellt wer­den. Das kann auch noch durch das Re­vi­si­ons­ge­richt ge­sche­hen (vgl. für die st. Rspr. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 41; 18. Ok­to­ber 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 18 f. mwN). Die Par­tei­be­zeich­nung ist rechts­schutz­gewährend aus­zu­le­gen (vgl. BFH 17. Ja­nu­ar 2002 - VI B 114/01 - zu 114 e der Gründe, BFHE 198, 1). Die Vor­schrif­ten des Ver­fah­rens­rechts sind kein Selbst­zweck. Art. 19 Abs. 4 GG

 

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ver­bie­tet, den Zu­gang zu den Ge­rich­ten in ei­ner aus Sach­gründen nicht zu recht­fer­ti­gen­den Wei­se zu er­schwe­ren (vgl. BVerfG 9. Au­gust 1991 - 1 BvR 630/91 - zu 111 der Gründe; BAG 27. No­vem­ber 2003 - 2 AZR 692/02 - zu B 11 a cc (1) der Gründe, BA­GE 109, 47).

b) Nach die­sen Grundsätzen ist die un­rich­ti­ge Be­zeich­nung der Be­klag­ten zu 1. in der Kla­ge­schrift da­hin aus­zu­le­gen, dass sich die Kla­ge von vorn­her­ein ge­gen die O S.A. un­ter Son­der­li­qui­da­ti­on, ver­tre­ten durch die Li­qui­da­to­rin E S.A., rich­te­te. Für die O S.A. war er­kenn­bar, dass die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ge­gen sie er­ho­ben wer­den soll­te. Dafür spricht ins­be­son­de­re das der Kla­ge­schrift bei­gefügte Kündi­gungs­schrei­ben. Dar­aus geht her­vor, dass die Kündi­gung un­ter dem Be­treff „O S.A. ./. ... hier: Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses“ erklärt wur­de und der un­ter­zeich­nen­de Rechts­an­walt G den Geschäftsführer der Son­der­li­qui­da­to­rin E S.A. ver­trat. Da­mit konn­ten bei ob­jek­ti­ver Würdi­gung kei­ne be­rech­tig­ten Zwei­fel be­ste­hen, dass sich die Kla­ge von An­fang an ge­gen die 0 S.A. als Be­klag­te zu 1. und nicht ge­gen die E S.A. rich­ten soll­te, die die Kündi­gung nur als Ver­tre­te­rin erklären ließ. Der Se­nat hat die un­ge­naue Par­tei­be­zeich­nung da­her rich­tig­ge­stellt.

2. Die Wirk­sam­keits­fik­ti­on des § 7 Halbs. 1 KSchG ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts nicht ein­ge­tre­ten. Die Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist ver­spätet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge je­doch zu Recht nachträglich zu­ge­las­sen.

a) Der Se­nat hat zu prüfen, ob die Kla­ge­frist versäumt und die Kla­ge ggf. nachträglich zu­zu­las­sen ist. Der An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung der Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist ein Hilfs­an­trag für den Fall, dass die Kla­ge ver­spätet ist. Das Ge­richt darf über den An­trag nur ent­schei­den, wenn es der An­sicht ist, der Kläger ha­be ver­spätet Kla­ge er­ho­ben (vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 14; 28. Mai 2009 - 2 AZR 732/08 - Rn. 17, BA­GE 131, 105).

b) Die Kla­ge­frist ist versäumt. Das un­ter­zeich­ne­te Ori­gi­nal der Kla­ge­schrift, das am 8. April 2010 beim Ar­beits­ge­richt ein­ging, wahr­te we­der die Frist des § 4 Satz 1 KSchG noch die des § 4 Satz 4 KSchG.

 

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aa) Der Se­nat kann of­fen­las­sen, ob für den Be­ginn der Frist nach § 4 Satz 1 KSchG auf den Zu­gang der Kündi­gung am 12. März 2010 oder nach § 4 Satz 4 KSchG auf die Be­kannt­ga­be des Be­scheids des Re­gie­rungs­präsi­di­ums Darm­stadt vom 2. März 2010 ab­zu­stel­len ist. Die Kla­ge­frist be­gann in bei­den Fällen am 12. März 2010 (vgl. BAG 9. Fe­bru­ar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 21, BA­GE 137, 113; 19. Fe­bru­ar 2009 - 2 AZR 286/07 - Rn. 23, 27; 13. Fe­bru­ar 2008 - 2 AZR 864/06 - Rn. 46, 48, BA­GE 125, 345; s. auch 23. Fe­bru­ar 2010 - 2 AZR 659/08 - Rn. 16, BA­GE 133, 249). Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat un­an­ge­grif­fen fest­ge­stellt, dass der Zu­gang der Kündi­gung und die Be­kannt­ga­be des Be­scheids, mit dem die Kündi­gung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG für zulässig erklärt wur­de, zeit­gleich er­folg­ten. Zu wel­chem der bei­den Er­eig­nis­se es zu­min­dest ei­ne lo­gi­sche Se­kun­de früher kam, ist für den Be­ginn der Kla­ge­frist am 12. März 2010 un­er­heb­lich (§ 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB).

bb) Die ge­gen die Be­klag­te zu 1. ge­rich­te­te Kündi­gungs­schutz­kla­ge war ver­spätet. Die dreiwöchi­ge Kla­ge­frist en­de­te am 6. April 2010, dem Diens­tag nach Os­tern (§ 222 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1, § 193 BGB; vgl. nur BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 38). Das un­ter­zeich­ne­te Ori­gi­nal der Kla­ge­schrift ging erst am 8. April 2010 beim Ar­beits­ge­richt ein (§ 253 Abs. 1, § 167 ZPO). Die Be­klag­te zu 1. rügte die Ver­spätung der Kla­ge vor der nächs­ten münd­li­chen Ver­hand­lung am 6. April 2011 mit Schrift­satz vom 12. Ju­li 2010, der am 14. Ju­li 2010 beim Ar­beits­ge­richt ein­ging. Des­halb kann auf sich be­ru­hen, ob sich die Be­klag­te zu 1. nach dem Hin­weis des Ar­beits­ge­richts vom 25. Ju­ni 2010 rüge­los iSv. § 295 Abs. 1 Alt. 2 ZPO auf den Man­gel der in­ner­halb der pro­zes­sua­len Kla­ge­er­he­bungs­frist nicht un­ter­schrie­be­nen Kla­ge­schrift hätte ein­las­sen können (so BAG 26. Ju­ni 1986 - 2 AZR 358/85 - zu B II 3 c der Gründe, BA­GE 52, 263; bestätigt von 6. Au­gust 1987 - 2 AZR 553/86 - zu II 2 d und e der Gründe; of­fen­ge­las­sen von BAG 18. Ja­nu­ar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 15, 20).

c) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Kündi­gungs­schutz­kla­ge zu Recht nachträglich zu­ge­las­sen. Sei­ne Würdi­gung hält der re­vi­si­ons­recht­li­chen Prüfung stand.

 

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aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge nachträglich zu­zu­las­sen, wenn der Ar­beit­neh­mer nach er­folg­ter Kündi­gung trotz An­wen­dung al­ler ihm nach La­ge der Umstände zu­zu­mu­ten­den Sorg­falt ver­hin­dert war, die Kla­ge recht­zei­tig zu er­he­ben.

bb) Die­se Vor­aus­set­zung ist erfüllt. Der An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung der Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist zulässig und be­gründet.

(1) Der Zu­las­sungs­an­trag ist zulässig.

(a) Die Fris­ten des § 5 Abs. 3 KSchG sind ein­ge­hal­ten.

(aa) Die zweiwöchi­ge An­trags­frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist ge­wahrt.

(aaa) Die An­trags­frist be­ginnt, wenn das Hin­der­nis, das der recht­zei­ti­gen Kla­ge­er­he­bung ent­ge­gen­stand, be­ho­ben ist. Der Be­griff des Hin­der­nis­ses in § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG knüpft an den der Ver­hin­de­rung in § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG an. Ist die fort­be­ste­hen­de Un­kennt­nis nicht länger un­ver­schul­det, be­ginnt die Zwei­wo­chen­frist. Das Ver­schul­den sei­nes Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten wird dem Ar­beit­neh­mer nach § 85 Abs. 2 ZPO zu­ge­rech­net (vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 41; 28. Mai 2009 - 2 AZR 548/08 - Rn. 12 ff.; 11. De­zem­ber 2008 - 2 AZR 472/08 - Rn. 20 ff., BA­GE 129, 32). Es kommt dar­auf an, wann der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te er­kannt hat oder un­ter An­wen­dung der ihm zu­mut­ba­ren Sorg­falt hätte er­ken­nen müssen, dass die Kla­ge ver­spätet ist.

(bbb) Nach die­sen Grundsätzen ist die zweiwöchi­ge An­trags­frist ein­ge­hal­ten. Der da­ma­li­ge Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Kläge­rin er­fuhr erst durch den ge­richt­li­chen Hin­weis vom 25. Ju­ni 2010, der ihm am 29. Ju­ni 2010 zu­ge­stellt wur­de, da­von, dass das am 6. April 2010 an das Ar­beits­ge­richt ver­sand­te Te­le­fax sei­ne Un­ter­schrift nicht ab­bil­de­te. Der An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung der Kündi­gungs­schutz­kla­ge ging am 2. Ju­li 2010 beim Ar­beits­ge­richt ein und wur­de dem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Be­klag­ten zu 1. am 9. Ju­li 2010 zu­ge­stellt.

 

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(bb) Die sechs­mo­na­ti­ge Frist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG ist ein­ge­hal­ten. Sie be­gann mit dem En­de der Kla­ge­frist des § 4 KSchG am 6. April 2010 (§ 222 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1, § 193 BGB). Sie en­de­te am 6. Ok­to­ber 2010 (vgl. BAG 28. Ja­nu­ar 2010 - 2 AZR 985/08 - Rn. 10 f., BA­GE 133, 149). Der am 2. Ju­li 2010 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­ne und der Be­klag­ten zu 1. am 9. Ju­li 2010 zu­ge­stell­te Zu­las­sungs­an­trag wahr­te da­mit die Sechs­mo­nats­frist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG.

(b) Der Zu­las­sungs­an­trag genügt auch den for­mel­len Er­for­der­nis­sen des § 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG.

(aa) Da­nach muss der An­trag auf nachträgli­che Kla­ge­zu­las­sung die An­ga­be der die Zu­las­sung be­gründen­den Tat­sa­chen und der Mit­tel für de­ren Glaub­haft­ma­chung ent­hal­ten. Zwi­schen der Ver­fah­rens­vor­aus­set­zung der An­ga­be der Mit­tel der Glaub­haft­ma­chung und der Glaub­haft­ma­chung der Tat­sa­chen, die die Zu­las­sung be­gründen, ist zu un­ter­schei­den. Um der Ver­fah­ren­s­an­for­de­rung des § 5 Abs. 2 Satz 2 KSchG ge­recht zu wer­den, genügt die An­ga­be der Mit­tel der Glaub­haft­ma­chung. Die Glaub­haft­ma­chung selbst ist ei­ne be­son­de­re Art der Be­weisführung, die auch noch später er­fol­gen kann.

(bb) Der An­trag vom 2. Ju­li 2010 wird die­sen Er­for­der­nis­sen ge­recht. Er­nennt mit dem de­tail­liert ge­schil­der­ten Büro­ver­se­hen der Kanz­lei­an­ge­stell­ten K die Umstände, die die Zu­las­sung be­gründen sol­len. Als Mit­tel der Glaub­haft­ma­chung ist kon­klu­dent die ei­des­statt­li­che Ver­si­che­rung die­ser Ar­beit­neh­me­rin an­ge­ge­ben, die dem An­trag bei­gefügt war.

(2) Der Zu­las­sungs­an­trag ist be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat Tat­sa­chen fest­ge­stellt, die es ihm er­laub­ten, dar­auf zu schließen, dass die Kläge­rin un­ver­schul­det iSv. § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG ge­hin­dert war, die Kla­ge ge­gen die Kündi­gung vom 10. März 2010 recht­zei­tig zu er­he­ben. Der von der Be­klag­ten zu 1. mit der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung be­strit­te­ne Vor­trag der Kläge­rin ist nach der rechts­feh­ler­frei­en Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts schlüssig und durch die ei­des­statt­li­che Ver­si­che­rung der Kanz­lei­an­ge­stell­ten K glaub­haft ge­macht. Da­ge­gen hat die Be­klag­te zu 1. auch kei­ne Ge­genrügen er­ho­ben.


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(a) Die Kläge­rin hat mit Schrift­satz ih­res da­ma­li­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten vom 2. Ju­li 2010 dar­ge­legt, die­ser ha­be die Kla­ge­schrift am 1. April 2010 ge­fer­tigt. Er ha­be die seit vie­len Jah­ren in Voll­zeit bei ihm beschäftig­te Kanz­lei­an­ge­stell­te K ge­be­ten, dem Ar­beits­ge­richt den zwei­sei­ti­gen Schrift­satz vor­ab per Te­le­fax zu über­mit­teln und ihn da­nach mit dem um­fang­rei­chen An­la­gen­kon­vo­lut mit nor­ma­ler Post zu ver­sen­den. In der Ak­te sei für die Te­le­faxüber­mitt­lung ei­ne wei­te­re un­ter­zeich­ne­te Fas­sung der Kla­ge­schrift zurück­be­hal­ten wor­den. Der frühe­re Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Kläge­rin sei in der Fol­ge ver­reist und am 11. April 2010 zurück­ge­kehrt. Frau K ha­be ihn nach sei­ner Rück­kehr darüber in­for­miert, dass sie die Kla­ge­schrift am 1. April 2010 per Te­le­fax nicht mehr er­folg­reich ha­be ver­sen­den können. Sie ha­be meh­re­re St­un­den ver­sucht, den Schrift­satz zu über­mit­teln, je­doch kei­ne po­si­ti­ve Rück­bestäti­gung im Sen­de­pro­to­koll er­hal­ten. Ständig sei­en Feh­ler­mel­dun­gen ein­ge­gan­gen. Sie ha­be des­we­gen am 6. April 2010, dem Tag des Frist­ab­laufs, bei der Geschäfts­stel­le des Ar­beits­ge­richts an­ge­ru­fen und nach­ge­fragt, ob der Schrift­satz dort im Ori­gi­nal ein­ge­gan­gen sei. Nach­dem das ver­neint wor­den sei, ha­be sie dem Ar­beits­ge­richt den Schrift­satz am 6. April 2010 - nun er­folg­reich - per Te­le­fax über­sandt und ver­se­hent­lich ei­ne nicht un­ter­schrie­be­ne Fas­sung ver­wandt. Der da­ma­li­ge Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Kläge­rin hat fer­ner aus­geführt, Frau K sei sonst ab­so­lut zu­verlässig. Er könne sich nicht er­in­nern, wann ihr zu­vor je­mals ein sol­cher Feh­ler pas­siert sei.

(b) Nach die­sem durch die ei­des­statt­li­che Ver­si­che­rung der Kanz­lei­an­ge­stell­ten K vom 2. Ju­li 2010 glaub­haft ge­mach­ten Vor­brin­gen trifft die Kläge­rin nach der re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­den Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts kein Ver­schul­den an der Versäum­ung der Kla­ge­frist. Ihr fällt we­der ein ei­ge­nes noch ein ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zu­zu­rech­nen­des frem­des (Or­ga­ni­sa­ti­ons-)Ver­schul­den ih­res frühe­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten zur Last. Das Ver­schul­den von des­sen Kanz­lei­an­ge­stell­ter, die als Te­le­faxvor­la­ge ei­ne nicht un­ter­schrie­be­ne Fas­sung der Kla­ge­schrift ver­wand­te, ist der Kläge­rin nicht zu­zu­rech­nen.

 

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(aa) Das Ver­schul­den ei­nes (Pro­zess-)Be­vollmäch­tig­ten an der Versäum­ung der Kla­ge­frist ist dem Ar­beit­neh­mer nach § 85 Abs. 2 ZPO zu­zu­rech­nen (vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 41; 28. Mai 2009 - 2 AZR 548/08 - Rn. 18; 11. De­zem­ber 2008 - 2 AZR 472/08 - Rn. 23 ff., BA­GE 129, 32). Ein Ar­beit­neh­mer, der sich zur Kla­ge­er­he­bung ei­nes Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten be­dient, haf­tet dem­ge­genüber nicht für das Ver­schul­den von Hilfs­per­so­nen sei­nes Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten. Ein Rechts­an­walt darf ein­fa­che Ver­rich­tun­gen, die kei­ne ju­ris­ti­sche Schu­lung ver­lan­gen, sei­nem ge­schul­ten und zu­verlässi­gen Büro­per­so­nal zur selbständi­gen Er­le­di­gung über­tra­gen. Ver­se­hen die­ses Per­so­nals, die nicht auf ei­ge­nes Ver­schul­den des Rechts­an­walts zurück­zuführen sind, hat die Par­tei nicht zu ver­tre­ten. Sol­che ein­fa­chen Tätig­kei­ten sind die Über­prüfung be­stim­men­der Schriftsätze auf die er­for­der­li­che Un­ter­schrift und das Ab­sen­den ei­nes Te­le­fa­xes. Der Rechts­an­walt muss al­ler­dings durch ei­ne all­ge­mei­ne An­wei­sung Vor­sor­ge dafür ge­trof­fen ha­ben, dass bei nor­ma­lem Lauf der Din­ge Frist­versäum­nis­se we­gen feh­len­der Un­ter­schrift ver­mie­den wer­den (vgl. BVerfG 14. De­zem­ber 2001 - 1 BvR 1009/01 - zu B 12 a der Gründe mwN). Den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten darf kein ei­ge­nes Or­ga­ni­sa­ti­ons­ver­schul­den an der Frist­versäum­ung tref­fen, et­wa bei der Aus­wahl oder Über­wa­chung der Hilfs­per­son (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 548/08 - Rn. 19).

(bb) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt ist oh­ne Rechts­feh­ler da­von aus­ge­gan­gen, dass den da­ma­li­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin kein Or­ga­ni­sa­ti­ons­ver­schul­den traf. Die Kläge­rin hat die tatsächli­chen Abläufe am 1. und 6. April 2010 in der Kanz­lei ih­res frühe­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten verständ­lich und ge­schlos­sen ge­schil­dert. Aus ih­nen er­gibt sich, auf wel­chen Umständen die Frist­versäum­ung be­ruht und dass ihr kein Or­ga­ni­sa­ti­ons­ver­schul­den des da­ma­li­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin zu­grun­de liegt (vgl. BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 548/08 - Rn. 21).

(aaa) So­weit das Lan­des­ar­beits­ge­richt es für plau­si­bel ge­hal­ten hat, dass we­gen des zu ver­sen­den­den Te­le­fa­xes ei­ne wei­te­re un­ter­schrie­be­ne Fas­sung der Kla­ge­schrift vom 1. April 2010 in der Hand­ak­te des frühe­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin ver­blieb, hat es sich da­mit in sei­nem tatrich­ter­li­chen


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Wer­tungs­spiel­raum ge­hal­ten (vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 36).

(bbb) Nach dem vom Lan­des­ar­beits­ge­richt fest­ge­stell­ten Sach­ver­halt ist hier über ei­ne all­ge­mei­ne An­wei­sung hin­aus ei­ne kon­kre­te An­wei­sung des da­ma­li­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin ge­genüber Frau K zur Über­mitt­lung ei­ner un­ter­schrie­be­nen Fas­sung der Kla­ge­schrift vom 1. April 2010 per Te­le­fax er­folgt. Sie er­gibt sich schon dar­aus, dass der frühe­re Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Kläge­rin vor­ge­tra­gen hat, er ha­be die An­ge­stell­te K ge­be­ten, dem Ar­beits­ge­richt die Kla­ge­schrift vor­ab per Te­le­fax zu über­mit­teln und sie erst da­nach mit gewöhn­li­cher Post zu ver­sen­den. Er ging dem­nach vor­ran­gig vom Ver­sand der­sel­ben Fas­sung der Kla­ge­schrift so­wohl per Te­le­fax als auch mit der Post aus. Auf die ergänzen­den Ausführun­gen des da­ma­li­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin zu ei­ner all­ge­mei­nen Or­ga­ni­sa­ti­ons­an­wei­sung mit Schrei­ben vom 11. Ju­li 2011 braucht des­halb nicht zurück­ge­grif­fen zu wer­den.

(c) Das vom frühe­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin mit dem Zu­las­sungs­an­trag vom 2. Ju­li 2010 nach der nicht zu be­an­stan­den­den Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts schlüssig wie­der­ge­ge­be­ne Ge­sche­hen am 1. und 6. April 2010 so­wie die kon­kre­te An­wei­sung am 1. April 2010 sind durch die ei­des­statt­li­che Ver­si­che­rung der An­ge­stell­ten K vom 2. Ju­li 2010 glaub­haft ge­macht.

(aa) Die Glaub­haft­ma­chung braucht dem Rich­ter nicht die vol­le Über­zeu­gung des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu ver­mit­teln, son­dern lässt ei­nen ge­rin­ge­ren Grad der Wahr­schein­lich­keit - die über­wie­gen­de Wahr­schein­lich­keit - aus­rei­chen. Das ist der Fall, wenn bei um­fas­sen­der Würdi­gung der Umstände des Ein­zel­falls mehr für als ge­gen die Be­haup­tung spricht (vgl. BAG 7. No­vem­ber 2012 - 7 AZR 314/12 - Rn. 40). Die­se Würdi­gung ist - eben­so wie die Be­weiswürdi­gung - grundsätz­lich Sa­che des Tatrich­ters. Das Re­vi­si­ons- oder Rechts­be­schwer­de­ge­richt darf die tatrich­ter­li­che Würdi­gung nur auf Rechts­feh­ler über­prüfen (vgl. BGH 21. Ok­to­ber 2010 - V ZB 210/09 - Rn. 7). Für die Glaub­haft­ma­chung kann sich der An­trag­stel­ler al­ler Be­weis­mit­tel ein­sch­ließlich der Ver­si­che­rung an Ei­des statt be­die­nen (§ 294 Abs. 1 ZPO).

 

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(bb) Die Würdi­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, der vom da­ma­li­gen Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin ge­schil­der­te Ge­sche­hens­ab­lauf am 1. und 6. April 2010 sei auf­grund der Plau­si­bi­lität des Vor­trags und der ei­des­statt­li­chen Ver­si­che­rung von Frau K über­wie­gend wahr­schein­lich, ist frei von Rechts­feh­lern. Die glaub­haft ge­mach­ten Vorgänge schließen ein der Kläge­rin zu­zu­rech­nen­des Ver­schul­den an der Versäum­ung der Kla­ge­frist aus.

(cc) Der frühe­re Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Kläge­rin muss­te die Verläss­lich­keit der bei ihm langjährig beschäftig­ten Ar­beit­neh­me­rin K nicht glaub­haft ma­chen, um ein der Kläge­rin zu­zu­rech­nen­des Or­ga­ni­sa­ti­ons­ver­schul­den sei­ner­seits aus­zu­sch­ließen.

(aaa) Im Zu­sam­men­hang mit ei­nem An­trag auf nachträgli­che Zu­las­sung müssen nur be­strit­te­ne Umstände glaub­haft ge­macht wer­den (vgl. LAG Nürn­berg 4. De­zem­ber 2006 - 7 Ta 207/06 - zu 113 a und b der Gründe). Der Pro­zess­geg­ner hat die Möglich­keit, Kennt­nis von den vor­ge­brach­ten Zu­las­sungs­tat­sa­chen zu neh­men und sie zu be­strei­ten. Der Zu­las­sungs­an­trag ist dem Geg­ner an­ders als zB der Ar­rest­an­trag (§ 920 Abs. 1 und Abs. 2, § 922 Abs. 3 ZPO) stets zu­zu­stel­len, wie sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 KSchG er­gibt.

(bbb) Die Be­klag­te zu 1. hat die bis­he­ri­ge Verläss­lich­keit der Fach­an­ge­stell­ten K nicht be­strit­ten. Sie brauch­te des­halb nicht glaub­haft ge­macht zu wer­den.

IV. Die ge­gen die Be­klag­te zu 1. ge­rich­te­te Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist nicht un­schlüssig, weil die Kläge­rin vor­ran­gig be­haup­tet, ihr Ar­beits­verhält­nis sei im Weg ei­nes Be­triebsüber­gangs be­reits am 29. Sep­tem­ber oder 1. Ok­to­ber 2009, al­so vor Zu­gang der Kündi­gung am 12. März 2010, auf die frühe­re Be­klag­te zu 2. über­ge­gan­gen. Die Kläge­rin hat sich hilfs­wei­se dar­auf be­ru­fen, die Kündi­gung sei we­gen ei­nes Be­triebsüber­gangs, der erst zu ei­nem späte­ren Zeit­punkt statt­ge­fun­den ha­be, erklärt wor­den. Höchst hilfs­wei­se hat sie sich das Vor­brin­gen der Be­klag­ten zu 1. und der frühe­ren Be­klag­ten zu 2. zu ei­gen ge­macht, es sei nicht zu ei­nem Be­triebsüber­gang ge­kom­men, und ih­re Kla­ge

 

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auch dar­auf gestützt. Da­mit ist die Kla­ge je­den­falls nach dem Hilfs­vor­brin­gen schlüssig (vgl. BAG 15. De­zem­ber 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 20).

V. Der Haupt­an­trag zu 3. ist un­be­gründet. Das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin und der Be­klag­ten zu 1. wur­de durch die Kündi­gung vom 10. März 2010 mit dem 30. Ju­ni 2010 be­en­det. Da­her kann auch nicht fest­ge­stellt wer­den, dass das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin mit der Be­klag­ten zu 1. über den 30. Ju­ni 2010 hin­aus fort­be­steht. Der Se­nat hat nicht darüber zu ent­schei­den, ob der ge­gen die Be­klag­te zu 1. mit dem An­trag zu 4. ge­rich­te­te all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­an­trag nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig ist. Er ist nach ge­bo­te­ner Aus­le­gung nur für den Fall ge­stellt, dass die Kläge­rin mit dem Kündi­gungs­schutz­an­trag ob­siegt.

1. Es ist nicht un­klar, durch wen und in wes­sen Na­men die Kündi­gung erklärt wur­de. Die Aus­le­gung der Voll­machts­ur­kun­de er­gibt, dass Rechts­an­walt G von der E S.A. als Son­der­li­qui­da­to­rin der Be­klag­ten zu 1. be­vollmäch­tigt wur­de, die Kündi­gung zu erklären.

a) Die Er­tei­lung ei­ner Voll­macht ist ei­ne rechts­geschäft­li­che Wil­lens­erklärung, de­ren In­halt durch Aus­le­gung nach § 133 BGB zu er­mit­teln ist (vgl. BAG 10. Au­gust 1977 - 5 AZR 394/76 - zu I 1 a bb der Gründe). Maßgeb­lich ist bei ei­ner in ei­ner Ur­kun­de ver­laut­bar­ten Voll­macht die Verständ­nismöglich­keit des Geschäfts­geg­ners, hier der Kläge­rin. Da­bei können auch In­halt und Zweck des zu­grun­de lie­gen­den Geschäfts berück­sich­tigt wer­den, so­fern es sich um Umstände han­delt, die dem Geschäfts­geg­ner be­kannt sind (vgl. BGH 9. Ju­li 1991 - XI ZR 218/90 - zu 2 a der Gründe).

b) In der Voll­machts­ur­kun­de vom 11. De­zem­ber 2009 heißt es un­miss­verständ­lich, dass die E S.A., ver­tre­ten durch den Vor­stand, als „Son­der­li­qui­da­tor" über das Vermögen der Be­klag­ten zu 1. Rechts­an­walt G be­vollmäch­ti­ge, die Kündi­gung zu erklären. Der Na­me der E S.A. ist durch Großbuch­sta­ben her­vor­ge­ho­ben. Sie wird be­reits da­durch ein­deu­tig als Voll­macht­ge­be­rin ge­kenn­zeich­net.


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c) Selbst wenn das Ver­wal­tungs­rats­mit­glied der E S.A. Ma nach grie­chi­schem Ge­sell­schafts­recht im Verhält­nis zu Drit­ten nicht al­lein­ver­tre­tungs­be­rech­tigt ge­we­sen sein soll­te mit der Fol­ge ei­ner mängel­be­haf­te­ten Be­vollmäch­ti­gung von Rechts­an­walt G, konn­te die E S.A. die Kündi­gung ge­neh­mi­gen.

aa) Wel­ches Recht auf die Pro­ble­me ei­ner rechts­geschäft­li­chen Voll­macht bei grenzüber­schrei­ten­den Sach­ver­hal­ten an­zu­wen­den ist (Voll­machts­sta­tut), ist ge­setz­lich nicht ge­re­gelt. Auch die hier noch nicht an­wend­ba­re Rom I-Ver­ord­nung be­stimmt da­zu nichts. Zum Schutz des Ver­kehrs­in­ter­es­ses muss das Voll­machts­sta­tut nach ei­ge­nen An­knüpfungs­re­geln er­mit­telt wer­den. Die Voll­macht wird nicht ge­ne­rell dem Recht, das für das vom Ver­tre­ter vor­ge­nom­me­ne Rechts­geschäft gilt, un­ter­stellt (vgl. Heinz Das Voll­machts­sta­tut S. 5; Pa-landt/Thorn BGB 72. Aufl. 1PR Anh. zu Art. 10 EGBGB Rn. 1). Die Voll­macht ist nicht Be­stand­teil des Haupt­geschäfts, son­dern in ih­ren Vor­aus­set­zun­gen und Wir­kun­gen von die­sem un­abhängig. Sie kann des­we­gen Ge­gen­stand ei­genständi­ger kol­li­si­ons­recht­li­cher In­ter­es­sen sein (vgl. Heinz aaO S. 14 mwN). Das Voll­machts­sta­tut be­stimmt sich grundsätz­lich nach dem Recht des Staats, in dem von der Voll­macht Ge­brauch ge­macht wird oder wer­den soll, al­so nach dem Recht des Wir­kungs­orts (vgl. BGH 17. No­vem­ber 1994 -111 ZR 70/93 - zu 112 b der Gründe, BGHZ 128, 41; 26. April 1990 - VII ZR 218/89 - zu II 1 c der Gründe).

bb) Das Voll­machts­sta­tut be­stimmt sich hier nach deut­schem Recht. Die auf Rechts­an­walt G lau­ten­de Voll­macht wur­de zwar in Athen aus­ge­stellt. Von ihr soll­te aber Ge­brauch ge­macht wer­den, um in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ei­ne Kündi­gung zu erklären. Die Kündi­gungs­erklärung soll­te mit Wir­kung für und ge­gen die E S.A. als ge­setz­li­che Ver­tre­te­rin der Be­klag­ten zu 1. in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ab­ge­ge­ben wer­den und er­folg­te auch dort.

cc) Das Voll­machts­sta­tut ist für al­le Fra­gen maßgeb­lich, die die Voll­macht selbst be­tref­fen. Es er­streckt sich auf das Be­ste­hen der Voll­macht, ins­be­son­de­re die Fra­ge der wirk­sa­men Er­tei­lung der Voll­macht, auf ih­ren In­halt, ih­ren Um­fang und ih­re Aus­le­gung so­wie ih­re Dau­er und Be­en­di­gung. Auch die Wirk­sam­keit er­teil­ter Un­ter­voll­mach­ten und die Fra­ge, ob die Voll­macht über-

 

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schrit­ten oder miss­braucht wur­de, rich­tet sich nach dem Voll­machts­sta­tut (vgl. Heinz Das Voll­machts­sta­tut S. 28 f.; Lei­b­le 1PRax 1998, 257, 258; Pa­landt/Thorn BGB 72. Aufl. 1PR Anh. zu Art. 10 EGBGB Rn. 3).

dd) Die Rüge der un­wirk­sa­men Er­tei­lung der Voll­macht an Rechts­an­walt G al­lein durch das Ver­wal­tungs­rats­mit­glied Ma greift je­den­falls we­gen ei­ner wirk­sa­men, kon­klu­dent durch die Pro­zessführung der Son­der­li­qui­da­to­rin für die Be­klag­te zu 1. er­teil­ten Ge­neh­mi­gung nicht durch.

(1) Die or­gan­schaft­li­che Ver­tre­tung der E S.A. rich­tet sich als ge­sell­schafts­recht­li­che Fra­ge nach dem Ge­sell­schafts­sta­tut und da­mit nach grie­chi­schem Recht. Nach Art. 14 A Nr. 4 Satz 3 des Ge­set­zes 3429/2005 ver­tritt der Li­qui­da­tor das Un­ter­neh­men nach sei­ner Ein­set­zung. Die ge­setz­li­che Be­stim­mung re­gelt die or­gan­schaft­li­che Ver­tre­tung der Ak­ti­en­ge­sell­schaft 0 S.A. im Rah­men der Son­der­li­qui­da­ti­on, mit an­de­ren Wor­ten ei­ne ge­sell­schafts­recht­li­che Fra­ge. Das Ge­sell­schafts­sta­tut von Ge­sell­schaf­ten, die in ei­nem Mit­glied­staat der Eu­ropäischen Uni­on ge­gründet wur­den, be­stimmt sich nach dem Gründungs­ort, um die uni­ons­recht­lich verbürg­te Nie­der­las­sungs­frei­heit zu wah­ren (vgl. BGH 21. Ju­li 2011 - IX ZR 185/10 - Rn. 22, BGHZ 190, 364; 12. Ju­li 2011 - II ZR 28/10 - Rn. 17, BGHZ 190, 242; s. auch EuGH 30. Sep­tem­ber 2003 - C-167/01 - [In­spi­re Art] Rn. 58 ff., Slg. 2003, 1-10155; 5. No­vem­ber 2002 - C-208/00 - [Über­see­ring] Rn. 52 ff., Slg. 2002, 1-9919). Die Be­klag­te zu 1. ist ei­ne in Grie­chen­land ge­gründe­te Ge­sell­schaft.

(2) Die Kläge­rin hat gel­tend ge­macht, Herr Ma sei für die E S.A. nicht al­lein­ver­tre­tungs­be­rech­tigt ge­we­sen. Da­mit hat sie sich auf ein Rechts­gut­ach­ten be­zo­gen, das vom Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main in den Sa­chen - 2 Ca 399/10 - bis - 2 Ca 402/10 - ein­ge­holt wur­de. Das Rechts­gut­ach­ten ist un­ter dem 22. No­vem­ber 2011 von dem Athe­ner Pro­fes­sor für Ar­beits- und So­zi­al­recht Prof. Dr. Ni­ki­tas Ali­pran­tis er­stellt wor­den. Das Gut­ach­ten kommt zu meh­re­ren Er­geb­nis­sen. Die un­ter­blie­be­ne Veröffent­li­chung der geänder­ten Zu­sam­men­set­zung des Vor­stands der E S.A. und der Al­lein­ver­tre­tungs­be­rech­ti­gung von Herrn Ma ver­let­ze das im ein­fa­chen grie­chi­schen Ge­set­zes­recht ver­an­ker­te, uni­ons­recht­lich de­ter­mi­nier­te ma­te­ri­el­le Pu­bli­zitätsprin­zip. Das ha­be


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zur Fol­ge, dass die Be­klag­te zu 1. Kündi­gun­gen gekündig­ten Per­so­nen nicht ent­ge­gen­hal­ten könne. Ei­ne sog. Bestäti­gung der Kündi­gung ha­be den Man­gel nach grie­chi­schem Recht nicht hei­len können.

(3) Der Se­nat kann of­fen­las­sen, ob die Kläge­rin ei­ne Ge­genrüge im en­ge­ren Sinn, al­so ei­ne Ver­fah­rensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b, § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO er­he­ben muss­te, um die un­ter­blie­be­ne Er­mitt­lung ausländi­schen Rechts zu be­an­stan­den.

(a) Da­ge­gen spricht, dass das Bun­des­ar­beits­ge­richt an­nimmt, das Re­vi­si­ons­ge­richt sei ver­pflich­tet, nach § 293 ZPO im Weg des Frei­be­wei­ses ei­ge­ne Er­mitt­lun­gen hin­sicht­lich des ausländi­schen Rechts an­zu­stel­len, weil es sich um die Er­mitt­lung von Recht und nicht um Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen hand­le (vgl. schon BAG 10. April 1975 - 2 AZR 128/74 - zu IV 2 der Gründe, BA­GE 27, 99; s. auch 13. Fe­bru­ar 1992 - 8 AZR 216/91 - zu III 2 b der Gründe). Ggf. ver­langt das Bun­des­ar­beits­ge­richt An­halts­punk­te im Vor­trag der Par­tei­en, um ei­ne wei­te­re Er­mitt­lungs­pflicht zu be­gründen (vgl. BAG 29. Ok­to­ber 1992 - 2 AZR 267/92 - zu VI der Gründe, BA­GE 71, 297; s. auch 17. Ja­nu­ar 1985 - 2 AZR 5/84 - zu A II 3 der Gründe). Al­ler­dings ist das Ge­richt an die recht­li­che Einschätzung der Par­tei­en nicht ge­bun­den (vgl. BAG 9. De­zem­ber 1976 - 2 AZR 581/75 - zu III 2 a der Gründe).

(b) Der Bun­des­ge­richts­hof geht dem­ge­genüber da­von aus, dass ausländi­sches Recht je­den­falls nach § 545 Abs. 1 ZPO in der bis 31. Au­gust 2009 gel­ten­den Fas­sung nicht re­vi­si­bel ist. Zulässig ist nach sei­ner Auf­fas­sung je­doch ei­ne auf § 293 ZPO gestütz­te Ver­fah­rensrüge, mit der die un­zu­rei­chen­de oder feh­ler­haf­te Er­mitt­lung des ausländi­schen Rechts durch das Tat­sa­chen­ge­richt gel­tend ge­macht wird (vgl. nur BGH 20. Ju­li 2012 - V ZR 142/11 - Rn. 33; 21. De­zem­ber 2011 - I ZR 144/09 - Rn. 11; 20. Ja­nu­ar 2009 - VIII ZB 47/08 - Rn. 17).

(c) Der Se­nat kann zu­guns­ten der Kläge­rin an­neh­men, dass die­se die feh­ler­haf­te Er­mitt­lung des grie­chi­schen Rechts nicht durch Rüge des § 293 ZPO be­an­stan­den muss­te oder sie ei­ne ord­nungs­gemäße Ver­fah­rensrüge


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er­ho­ben hat. Auf die Fra­ge der Ge­neh­mi­gung der Kündi­gung ist deut­sches Recht an­zu­wen­den.

(aa) Der Se­nat lässt of­fen, ob die Ge­neh­mi­gung ei­nes voll­macht­los vor­ge­nom­me­nen Rechts­geschäfts dem Voll­machts­sta­tut oder dem Geschäfts­sta­tut un­ter­liegt. Nach über­wie­gen­der Auf­fas­sung ent­schei­det das Geschäfts­sta­tut über die Zulässig­keit ei­ner Ver­tre­tung oh­ne Ver­tre­tungs­macht so­wie über die Ge­neh­mi­gungsfähig­keit, das „Wie" und die Wir­kun­gen ei­ner Ge­neh­mi­gung. Das wird da­mit be­gründet, dass die Ge­neh­mi­gung nicht die Voll­macht nachträglich hei­len oder ergänzen sol­le, son­dern die Hei­lung des Haupt­geschäfts an­stre­be. Ei­ne an­de­re Auf­fas­sung will auch das für die Ge­neh­mi­gung voll­macht­lo­ser Rechts­geschäfte maßgeb­li­che Recht nach dem Voll­machts­sta­tut be­stim­men (vgl. Heinz Das Voll­machts­sta­tut S. 31 º.; Lei­b­le IPRax 1998, 257, 259, je­weils mwN zum Streit­stand). Die Fra­ge braucht nicht be­ant­wor­tet zu wer­den, weil auf die Kündi­gung deut­sches Recht an­zu­wen­den ist. Wird nicht auf das Voll­machts­sta­tut, son­dern auf das Geschäfts­sta­tut ab­ge­stellt, be­stimmt sich die Ge­neh­mi­gung voll­macht­lo­sen Han­delns al­so eben­falls nach deut­schem Recht.

(bb) Die Son­der­li­qui­da­to­rin E S.A. ge­neh­mig­te durch ih­re Pro­zessführung für die Be­klag­te zu 1. und ins­be­son­de­re durch die sog. Bestäti­gung vom 23. Fe­bru­ar 2011 kon­klu­dent Hand­lun­gen von Herrn Ma oh­ne Ver­tre­tungs­macht und da­mit zu­gleich Hand­lun­gen von Rechts­an­walt G oh­ne rechts­geschäft­li­che Voll­macht.

(aaa) Die Kündi­gung ist nach deut­schem Recht ein ein­sei­ti­ges Rechts­geschäft, bei dem ei­ne Ver­tre­tung oh­ne Ver­tre­tungs­macht un­zulässig ist (§ 180 Satz 1 BGB). Nach § 180 Satz 2 BGB fin­det aber § 177 Abs. 1 BGB ent­spre­chen­de An­wen­dung, wenn der Erklärungs­empfänger die vom Ver­tre­ter be­haup­te­te Ver­tre­tungs­macht nicht „bei der Vor­nah­me des Rechts­geschäfts" be­an­stan­det (vgl. BAG 6. Sep­tem­ber 2012 - 2 AZR 858/11 - Rn. 14; 16. De­zem­ber 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 13; aA außer­halb der Kündi­gung von Ar­beits­verhält­nis­sen BGH 22. Ok­to­ber 1999 - V ZR 401/98 - zu II 1 b der Gründe, BGHZ 143, 42; 29. Mai 1991 - VIII ZR 214/90 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 114, 360). Die Ge­neh­mi­gung wirkt dann nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeit­punkt der Vor-

 

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nah­me des Rechts­geschäfts zurück (vgl. BAG 6. Sep­tem­ber 2012 - 2 AZR 858/11 - aaO). Will der Erklärungs­geg­ner die­se Rechts­fol­ge ab­wen­den, muss er die Ver­tre­tungs­macht un­verzüglich iSv. § 174 Satz 1, § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB rügen (vgl. BAG 11. De­zem­ber 1997 - 8 AZR 699/96 - zu B I der Gründe). Ge­schieht das nicht, ist die Kündi­gung dem Ar­beit­ge­ber mit Zu­gang der Ge­neh­mi­gung beim Ar­beit­neh­mer zu­zu­rech­nen (vgl. BAG 6. Sep­tem­ber 2012 - 2 AZR 858/11 - aa0; 26. März 2009 - 2 AZR 403/07 - Rn. 21 mwN).

(bbb) Die Kläge­rin rügte die Voll­macht von Rechts­an­walt G nicht un­verzüglich, son­dern frühes­tens mit der Kla­ge­schrift vom 1. April 2010 und da­mit deut­lich über ei­ne Wo­che nach Zu­gang der Kündi­gung am 12. März 2010.

(aaaa) Die Zurück­wei­sung ei­ner Kündi­gungs­erklärung ist nach ei­ner Zeit­span­ne von mehr als ei­ner Wo­che nicht un­verzüglich iSv. § 174 Satz 1 BGB, wenn kei­ne be­son­de­ren Umstände vor­lie­gen. Die­se Grundsätze gel­ten auch für die Rüge der Voll­macht „bei der Vor­nah­me des Rechts­geschäfts" iSv. § 180 Satz 2 iVm. § 177 Abs. 1 BGB. Be­an­stan­det der Gekündig­te die Voll­macht nicht un­verzüglich, kann der Ver­tre­te­ne die Kündi­gung ge­neh­mi­gen. Die Wo­chen­frist be­ginnt mit der tatsächli­chen Kennt­nis des Empfängers von der Kündi­gung. Es soll schnell geklärt wer­den, ob er die Wirk­sam­keit der Kündi­gung un­ter for­ma­len Ge­sichts­punk­ten in­fra­ge stellt. Die Rüge ist an kei­ner­lei Nach­for­schun­gen über die wirk­li­chen Ver­tre­tungs- und Voll­machts­verhält­nis­se ge­bun­den und er­for­dert auch kei­nen schwie­ri­gen Abwägungs­pro­zess. Ei­ne Zeit­span­ne von ei­ner Wo­che ist des­halb un­ter gewöhn­li­chen Umständen aus­rei­chend, um die Ent­schei­dung über die Rüge zu tref­fen (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 67; für § 174 Satz 1 BGB 8. De­zem­ber 2011 - 6 AZR 354/10 - Rn. 33).

(bbbb) Die Kläge­rin hat hier nicht vor­ge­bracht, von der Kündi­gung nicht be­reits am Tag ih­res Zu­gangs am 12. März 2010 Kennt­nis er­langt zu ha­ben. Sie hat auch kei­ne be­son­de­ren Umstände für die Über­schrei­tung der Wo­chen­frist gel­tend ge­macht. Die Kündi­gung war da­mit nach § 177 Abs. 1, § 180 Satz 2 BGB ge­neh­mi­gungsfähig.


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(cccc) Ei­ne sol­che Ge­neh­mi­gung er­teil­te die E S.A. als Son­der­li­qui­da­to­rin im Ver­lauf des Rechts­streits durch ih­ren ge­sam­ten Ver­wal­tungs­rat kon­klu­dent durch ih­re Pro­zessführung für die Be­klag­te zu 1. Dass der ge­sam­te Ver­wal­tungs­rat der Son­der­li­qui­da­to­rin das Han­deln von Herrn Ma ge­neh­mig­te, er­gibt sich aus dem vom Kläger selbst vor­ge­leg­ten Gut­ach­ten von Prof. Dr. Ali­pran­tis. Es be­han­delt auf S. 4 die sog. Bestäti­gung des Ver­wal­tungs­rats der Son­der­li­qui­da­to­rin vom 23. Fe­bru­ar 2011, mit dem al­le Ver­wal­tungs­rats­mit­glie­der auf die durch­ge­hend be­ste­hen­den Ein­zel­ver­tre­tungs­be­fug­nis­se von Herrn Ma für die Son­der­li­qui­da­to­rin hin­wie­sen. Die Ge­neh­mi­gung ei­ner Kündi­gung kann durch schlüssi­ges Han­deln er­fol­gen (vgl. BAG 11. De­zem­ber 1997 - 8 AZR 699/96 - zu B 1 der Gründe). Die­se Ge­neh­mi­gung der Kündi­gung durch das Pro­zess­ver­hal­ten der E S.A. für die Be­klag­te zu 1. ging der Kläge­rin im Pro­zess­ver­lauf zu (vgl. BAG 11. De­zem­ber 1997 - 8 AZR 699/96 - aa0; LAG Düssel­dorf 17. Ja­nu­ar 2008 - 13 Sa 1988/07 - zu II 1 a (2) der Gründe). Da­mit war die Kündi­gung der Be­klag­ten zu 1. als Ar­beit­ge­be­rin zu­zu­rech­nen (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 68).

2. Die Kündi­gung verstößt nicht ge­gen § 102 Be­trVG.

a) Der Be­triebs­rat der Sta­ti­on F konn­te das Anhörungs­schrei­ben nicht zurück­wei­sen, weil ihm kei­ne Ori­gi­nal­voll­macht vor­ge­legt wur­de. Die Anhörung wur­de ord­nungs­gemäß ein­ge­lei­tet. § 174 BGB er­fasst we­der un­mit­tel­bar noch ana­log ei­ne sol­che Kon­stel­la­ti­on.

aa) Die Anhörung des Be­triebs­rats nach § 102 Abs. 1 Be­trVG ist ei­ne rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lung. Für sol­che Hand­lun­gen ist die ana­lo­ge An­wen­dung des § 174 BGB grundsätz­lich ge­bo­ten (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 72; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 71; s. auch schon BGH 25. No­vem­ber 1982 -111 ZR 92/81 - zu 112 der Gründe; So­er­gel/Lep­ti­en 13. Aufl. § 174 Rn. 7).

(1) Rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lun­gen sind auf ei­nen tatsächli­chen Er­folg ge­rich­te­te Erklärun­gen, de­ren Rechts­fol­gen nicht wie bei Wil­lens­erklärun­gen kraft des ih­nen in­ne­woh­nen­den Wil­lens­akts, son­dern kraft Ge­set­zes

 

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ein­tre­ten. Re­gelmäßig ermögli­chen oder ver­hin­dern sie den Ein­tritt ge­setz­lich an­ge­ord­ne­ter Fol­gen des Tätig­wer­dens oder Untätig­blei­bens (vgl. BAG 11. Ju­ni 2002 - 1 ABR 43/01 - zu B IV 1 b cc der Gründe, BA­GE 101, 298; s. zB auch 1. Ju­ni 2011 - 7 ABR 138/09 - Rn. 48; 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - Rn. 33, BA­GE 130, 1). In ers­ter Li­nie han­delt es sich da­bei um Auf­for­de­run­gen und Mit­tei­lun­gen, die auf Ansprüche oder Rechts­verhält­nis­se Be­zug neh­men und viel­fach im Be­wusst­sein der da­durch aus­gelösten Rechts­fol­gen aus­ge­spro­chen wer­den, je­doch nicht un­mit­tel­bar auf den Ein­tritt die­ser Rechts­fol­gen ge­rich­tet sind oder ge­rich­tet sein müssen (vgl. BGH 17. Ok­to­ber 2000 - X ZR 97/99 - zu II 1 b bb der Gründe, BGHZ 145, 343).

(2) Der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts hat of­fen­ge­las­sen, ob die Mit­tei­lung iSv. § 102 Abs. 1 Be­trVG we­gen ih­res frist­auslösen­den Cha­rak­ters be­reits ei­ne Wil­lens­erklärung oder (nur) ei­ne rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lung ist (vgl. BAG 27. Au­gust 1982 - 7 AZR 30/80 - zu I 2 b bb der Gründe, BA­GE 40, 95). Im Hin­blick dar­auf, dass ei­ne oh­ne Anhörung des Be­triebs­rats erklärte Kündi­gung nach der ge­setz­li­chen An­ord­nung des § 102 Abs. 1 Satz 3 Be­trVG un­wirk­sam ist, ist zu­min­dest ei­ne rechts­geschäftsähn­li­che Hand­lung an­zu­neh­men (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 74; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 73).

bb) Ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung des § 174 BGB auf die Anhörung des Be­triebs­rats ist nach dem Zweck des Anhörungs­er­for­der­nis­ses in § 102 Abs. 1 Be­trVG und dem Zweck der Zurück­wei­sungsmöglich­keit des § 174 Satz 1 BGB gleich­wohl aus­ge­schlos­sen. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - ei­ne be­triebs­frem­de Per­son als Bo­tin des Ar­beit­ge­bers das Anhörungs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet hat.

(1) Die Be­triebs­rats­anhörung nach § 102 Abs. 1 Be­trVG zielt nicht dar­auf ab, die Wirk­sam­keit der be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung zu über­prüfen. Sie be­schränkt sich viel­mehr dar­auf, dem Be­triebs­rat im Vor­feld der Kündi­gung die Möglich­keit zu ge­ben, auf die Wil­lens­bil­dung des Ar­beit­ge­bers Ein­fluss zu neh­men (vgl. BAG 22. Sep­tem­ber 1994 - 2 AZR 31/94 - zu II 2 der Gründe, BA­GE 78, 39). Sinn des Anhörungs­er­for­der­nis­ses ist es, dem Be­triebs­rat oh­ne

 

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zusätz­li­che ei­ge­ne Er­mitt­lun­gen Ge­le­gen­heit zu ge­ben, dem Ar­beit­ge­ber sei­ne Über­le­gun­gen zu der Kündi­gungs­ab­sicht zur Kennt­nis zu brin­gen. Der Ar­beit-ge­ber soll die Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats - ins­be­son­de­re des­sen Be­den­ken und des­sen Wi­der­spruch ge­gen die be­ab­sich­tig­te Kündi­gung - bei sei­ner Ent­schei­dung über die Kündi­gung berück­sich­ti­gen können (st. Rspr., vgl. nur BAG 31. Mai 1990 - 2 AZR 78/89 - zu II 1 der Gründe). Das Ver­fah­ren nach § 102 Be­trVG ist kein for­ma­li­sier­tes, an be­stimm­te Form­vor­schrif­ten ge­bun­de­nes Ver­fah­ren. Des­we­gen genügt auch ei­ne münd­li­che oder fernmünd­li­che Anhörung des Be­triebs­rats den An­for­de­run­gen des § 102 Be­trVG (vgl. BAG 23. Ju­ni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 37 mwN, BA­GE 131, 155).

(2) § 174 BGB dient dem Ge­wiss­heits­in­ter­es­se des Geg­ners ei­nes ein­sei­ti­gen emp­fangs­bedürf­ti­gen Rechts­geschäfts oder ei­ner geschäftsähn­li­chen Hand­lung. Die Be­stim­mung soll kla­re Verhält­nis­se schaf­fen. Der Erklärungs­empfänger ist zur Zurück­wei­sung be­rech­tigt, wenn er kei­ne Ge­wiss­heit hat, dass der Erklären­de wirk­lich be­vollmäch­tigt ist und sich der Ver­tre­te­ne des­sen Erklärung tatsächlich zu­rech­nen las­sen muss. Der Empfänger ei­ner ein­sei­ti­gen Wil­lens­erklärung oder geschäftsähn­li­chen Hand­lung soll nicht nach­for­schen müssen, wel­che Stel­lung der Erklären­de hat. Er soll vor der Un­ge­wiss­heit geschützt wer­den, ob ei­ne be­stimm­te Per­son be­vollmäch­tigt ist, das Rechts­geschäft vor­zu­neh­men (vgl. BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 23, BA­GE 137, 347).

(3) Bei ei­ner Ge­samt­schau die­ser Zwe­cke er­gibt sich, dass der Zweck des § 174 BGB sei­ne ana­lo­ge An­wen­dung auf das Anhörungs­schrei­ben iSv. § 102 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG nicht er­for­dert.

(a) Der Ge­setz­ge­ber misst da­durch, dass er das Anhörungs­ver­fah­ren nicht for­ma­li­siert aus­ge­stal­tet und ei­ne münd­li­che Anhörung nicht aus­ge­schlos­sen hat, dem Ge­wiss­heits­in­ter­es­se im Zu­sam­men­hang mit § 102 Be­trVG kei­ne schützens­wer­te Be­deu­tung bei. Bei ei­ner te­le­fo­ni­schen Anhörung ist ein Nach­weis iSv. § 174 BGB aus­ge­schlos­sen. Den­noch soll durch ei­ne sol­che Anhörung die Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG in Lauf ge­setzt wer­den können. Der Ge­setz­ge­ber geht er­sicht­lich da­von aus, dass das Ge­bot der ver­trau­ens­vol-

 

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len Zu­sam­men­ar­beit iSv. § 2 Abs. 1 Be­trVG, das auch im Anhörungs­ver­fah­ren nach § 102 Be­trVG zu be­ach­ten ist, aus­reicht, um den Be­triebs­rat zu schützen, wenn er Zwei­fel dar­an hat, ob die ihm ge­genüber Auf­tre­ten­den be­rech­tigt sind, für den Ar­beit­ge­ber tätig zu wer­den (vgl. BAG 14. Au­gust 1986 - 2 AZR 561/85 - zu B II 1 a der Gründe, BA­GE 52, 346). Das Ge­bot der ver­trau­ens­vol­len Zu­sam­men­ar­beit soll im Verhält­nis zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat Of­fen­heit und Ehr­lich­keit gewähr­leis­ten. Bei­de Sei­ten sind ver­pflich­tet, ih­re Rech­te so aus­zuüben, dass ei­ne ver­trau­ens­vol­le Zu­sam­men­ar­beit möglich bleibt. Dar­aus folgt die Ver­pflich­tung, sich bei der Ver­fol­gung der uU un­ter­schied­li­chen In­ter­es­sen an die Re­geln zu hal­ten, die Ver­trau­en erst ermögli­chen (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 79; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 78; Fran­zen GK-Be­trVG 9. Aufl. § 2 Rn. 13, 15).

(b) Es kann da­hin­ste­hen, ob der Be­triebs­rat bei Feh­len nähe­rer An­halts­punk­te da­von aus­ge­hen muss, dass sich der Ar­beit­ge­ber im Rah­men der Anhörung nach § 102 Be­trVG nur ord­nungs­gemäß be­vollmäch­tig­ter oder be­auf­trag­ter Per­so­nen be­dient. Je­den­falls ist dem Zweck des Anhörungs­ver­fah­rens nach § 102 Be­trVG auch genügt, wenn der Bo­te oder Ver­tre­ter des Ar­beit­ge­bers kei­nen Nach­weis sei­ner Bo­ten­macht oder kei­ne Voll­macht vor­legt. Der Be­triebs­rat ist auch in ei­nem sol­chen Fall nicht ge­hin­dert, sei­ne Auf­fas­sung zu der Kündi­gung zu äußern und Ein­fluss auf den Wil­lens­bil­dungs­pro­zess des Ar­beit­ge­bers zu neh­men (vgl. Hes­si­sches LAG 25. Ju­li 2011 - 17 Sa 123/11 - zu B II 1 d bb (2) (v) der Gründe). Hat er Zwei­fel an der Bo­ten- oder Ver­tre­ter­stel­lung des­je­ni­gen, der ihm ge­genüber bei der Anhörung auf­ge­tre­ten ist, oder be­zwei­felt er, dass die­ser sei­ne Einwände zur Kennt­nis nimmt und/oder an den Ar­beit­ge­ber wei­ter­lei­tet, kann er sei­ne Einwände dem Ar­beit­ge­ber un­mit­tel­bar mit­tei­len und den (be­triebs­frem­den) Drit­ten um­ge­hen. Ein abs­trakt schützens­wer­tes In­ter­es­se dar­an, kla­re Verhält­nis­se zu schaf­fen und si­cher zu sein, dass die Stel­lung­nah­me­frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 Be­trVG zu lau­fen be­ginnt oder be­gon­nen hat, hat der Be­triebs­rat vor dem Hin­ter­grund des Zwecks des § 102 Be­trVG nicht (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 80; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 79; aA LAG Ba­den-Würt­tem­berg 28. März 2012 - 20 Sa 47/11 - zu II 1 b bb (1) der Gründe).

 

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b) Die Be­triebs­rats­anhörung ist auch nicht des­halb un­wirk­sam, weil die Be­klag­te zu 1. ih­ren Kündi­gungs­ent­schluss im Zeit­punkt der Anhörung ab­sch­ließend ge­fasst hat­te, wie sich aus dem Anhörungs­schrei­ben er­gibt. Es genügt, dass die Kündi­gung den Ein­fluss­be­reich der Be­klag­ten zu 1. bei der Anhörung noch nicht ver­las­sen hat­te. Da­mit war nicht aus­zu­sch­ließen, dass es dem Be­triebs­rat ge­lin­gen konn­te, auf den Kündi­gungs­wil­len der Ar­beit­ge­be­rin ein­zu­wir­ken (vgl. die st. Rspr. seit BAG 13. No­vem­ber 1975 - 2 AZR 610/74 - zu 3 a der Gründe, BA­GE 27, 331).

c) Die Be­triebs­rats­anhörung genügt in­halt­lich den An­for­de­run­gen des § 102 Be­trVG.

aa) Die Be­triebs­rats­anhörung ist nicht in­halt­lich feh­ler­haft, weil die Be­klag­te zu 1. dem Be­triebs­rat den Kündi­gungs­ter­min des 31. März 2010 nann­te. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass die Kündi­gung we­gen der auf­grund der El­tern­zeit der Kläge­rin noch ein­zu­ho­len­den Zulässi­gerklärung des Re­gie­rungs­präsi­di­ums Darm­stadt erst zum 30. Ju­ni 2010 erklärt wur­de. Die feh­ler­haf­te An­ga­be des Kündi­gungs­ter­mins führt nicht zur Un­wirk­sam­keit der Un­ter­rich­tung des Be­triebs­rats.

(1) Es reicht aus, dass der Be­triebs­rat über die für die Be­rech­nung der Kündi­gungs­frist und des Kündi­gungs­ter­mins er­for­der­li­chen Kennt­nis­se verfügt. Der Ar­beit­ge­ber kann bei Ein­lei­tung des Anhörungs­ver­fah­rens häufig nicht si­cher be­ur­tei­len, zu wel­chem Zeit­punkt dem Ar­beit­neh­mer die be­ab­sich­tig­te Kündi­gung zu­ge­hen wird. Et­was an­de­res gilt, wenn der Ar­beit­ge­ber gänz­lich of­fenlässt, mit wel­cher Frist und mit wel­chem Ter­min die ge­plan­te Kündi­gung erklärt wer­den soll (vgl. APS/Koch 4. Aufl. § 102 Be­trVG Rn. 103). Der Ar­beit­ge­ber kann kei­nen un­gefähren End­ter­min nen­nen, wenn er vor Erklärung der Kündi­gung - wie hier - noch die Zu­stim­mung oder Zulässi­gerklärung ei­ner an­de­ren Stel­le ein­zu­ho­len hat. In die­sem Fall genügt es, wenn er den Be­triebs­rat auf die noch ein­zu­ho­len­de Zu­stim­mung oder Zulässi­gerklärung hin­weist oder sie dem Be­triebs­rat be­kannt ist. In die­sem Fall braucht der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs­rat bei un­veränder­tem Kündi­gungs­sach­ver­halt nicht er­neut zu be­tei­li­gen, selbst wenn das Zu­stim­mungs- oder Zulässi­gerklärungs­ver­fah­ren

 

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jah­re­lang an­dau­ert (vgl. KR/Et­zel 10. Aufl. § 102 Be­trVG Rn. 60 mwN). Die Be­triebs­rats­anhörung kann be­reits vor der Zu­stim­mung oder Zulässi­gerklärung der zuständi­gen Behörde er­fol­gen (vgl. BAG 23. Ok­to­ber 2008 - 2 AZR 163/07 - Rn. 32; 11. Mai 2000 - 2 AZR 276/99 - zu II 2 d der Gründe, BA­GE 94, 313; 18. Mai 1994 - 2 AZR 626/93 - zu B II 2 a der Gründe).

(2) Nach die­sen Grundsätzen ist die Be­triebs­rats­anhörung mit Blick auf die Kündi­gungs­frist und den Kündi­gungs­ter­min ord­nungs­gemäß. Die Be­klag­te zu 1. täusch­te den Be­triebs­rat nicht über die zu wah­ren­de Kündi­gungs­frist und den rich­ti­gen Kündi­gungs­ter­min. Der Be­triebs­rat wuss­te auf­grund der Anhörung vom 17. De­zem­ber 2009, dass das Ar­beits­verhält­nis mit der Kläge­rin we­gen der aus Sicht der Be­klag­ten zu 1. ge­ge­be­nen Be­triebs­still­le­gung or­dent­lich gekündigt und die Kündi­gungs­frist des § 113 Satz 2 In­sO ein­ge­hal­ten wer­den soll­te. Dem Be­triebs­rat war auch be­kannt, dass die Kläge­rin bis 26. Sep­tem­ber 2011 in El­tern­zeit sein würde. Dar­aus konn­te er schließen, dass die Kündi­gung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG für zulässig erklärt wer­den muss­te. Da­mit genügte die Be­klag­te zu 1. ih­ren Mit­tei­lungs­pflich­ten aus § 102 Abs. 1 Be­trVG, ob­wohl sie - wie bei an­de­ren Ar­beit­neh­mern der Sta­ti­on F - den 31. März 2010 als be­ab­sich­tig­ten Kündi­gungs­ter­min mit­teil­te und die­ser Kündi­gungs­ter­min im Fall der Kläge­rin tatsächlich nicht zu­traf.

bb) Die Be­triebs­rats­anhörung ist auch nicht in­halt­lich un­genügend, weil der Be­triebs­rat nicht über den von der Kläge­rin be­haup­te­ten Be­triebsüber­gang auf die Be­klag­te zu 2. un­ter­rich­tet wur­de und ihm kei­ne In­for­ma­tio­nen über ei­ne so­zia­le Aus­wahl ge­ge­ben wur­den.

(1) Nach dem Grund­satz der sub­jek­ti­ven De­ter­mi­na­ti­on war ei­ne In­for­ma­ti­on über ei­nen Be­triebsüber­gang auf die Be­klag­te zu 2. nicht er­for­der­lich, weil die Be­klag­te zu 1. sub­jek­tiv da­von aus­ging, dass es nicht zu ei­nem sol­chen Be­triebsüber­gang ge­kom­men sei oder kom­men wer­de.

(2) Die Be­klag­te zu 1. hat vor­ge­tra­gen, dass Ab­wick­lungs­ar­bei­ten nur von Ar­beit­neh­mern der Buch­hal­tung und dem Fi­nanz­di­rek­tor durch­geführt wor­den sei­en, die mit der Kläge­rin nicht ver­gleich­bar ge­we­sen sei­en. Ei­ne So­zi­al­aus-


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wahl war be­zo­gen auf die Kläge­rin in F des­we­gen aus Sicht der Be­klag­ten zu 1. nicht zu tref­fen.

3. Die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin war nicht nach § 17 KSchG an­zei­ge­pflich­tig. Der Rechts­feh­ler des Lan­des­ar­beits­ge­richts, das durch den Be­scheid der Agen­tur für Ar­beit ge­heil­te Verstöße ge­gen die An­zei­ge- und Kon­sul­ta­ti­ons­pflicht an­ge­nom­men hat, wirkt sich auf das Er­geb­nis der ab­zu­wei­sen­den Kla­ge nicht aus. Die Ent­schei­dung stellt sich aus an­de­ren Gründen als rich­tig dar. Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ist zurück­zu­wei­sen (§ 561 ZPO).

a) Für die An­zei­ge­pflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Zahl der in ei­nem Be­trieb er­fol­gen­den Ent­las­sun­gen, dh. Kündi­gun­gen, im Verhält­nis zu der Zahl der in der Re­gel in die­sem Be­trieb beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer aus­schlag­ge­bend (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 13, BA­GE 134, 176). Der Be­griff des Be­triebs in § 17 KSchG ent­spricht da­bei dem der §§ 1, 4 Be­trVG (st. Rspr., vgl. nur BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 85; 18. Ok­to­ber 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 33 mwN).

aa) Der Be­trieb ist die or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­heit, in­ner­halb de­rer ein Ar­beit­ge­ber al­lein oder mit sei­nen Ar­beit­neh­mern mit­hil­fe von tech­ni­schen und im­ma­te­ri­el­len Mit­teln be­stimm­te ar­beits­tech­ni­sche Zwe­cke fort­ge­setzt ver­folgt. Gilt ein Be­triebs­teil nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG als selbständig, müssen die Schwel­len­wer­te des § 17 Abs. 1 KSchG in die­sem Be­triebs­teil über­schrit­ten sein, um die An­zei­ge­pflicht aus­zulösen (vgl. BAG 15. De­zem­ber 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 74).

bb) Da­mit ist für die Be­rech­nung des Schwel­len­werts auf die Sta­ti­on F ab­zu­stel­len (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 84; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 85). Nichts an­de­res folgt aus dem Uni­ons­recht. Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on ist für den Be­griff des „Be­triebs" nicht ent­schei­dend, ob die frag­li­che Ein­heit ei­ne Lei­tung hat, die selbständig Mas­sen­ent­las­sun­gen vor­neh­men kann (vgl. EuGH 15. Fe­bru­ar 2007 - C-270/05 - [Athina1ki Chartopoi1a] Rn. 28 f.,

 

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Slg. 2007, 1-1499). Auch das Uni­ons­recht lässt es zu, die Sta­ti­on F als Be­trieb im Sinn des Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge­rechts zu be­trach­ten.

b) Der Schwel­len­wert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG war in F bei Zu­gang der Kündi­gung am 12. März 2010 nicht er­reicht.

aa) Un­ter dem Be­griff der „Ent­las­sung" in § 17 KSchG und in § 18 Abs. 1, Abs. 2 KSchG ist auf­grund der uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben die Erklärung der Kündi­gung zu ver­ste­hen (vgl. EuGH 27. Ja­nu­ar 2005 - C-188/03 – [Junk] Rn. 39, Slg. 2005, 1-885). Ei­ne Kündi­gung kann des­we­gen schon un­mit­tel­bar nach Ein­gang der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge bei der Agen­tur für Ar­beit erklärt wer­den. Die be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer dürfen al­ler­dings nicht vor Ab­lauf der Fris­ten des § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 KSchG aus­schei­den (vgl. BAG 6. No­vem­ber 2008 - 2 AZR 935/07 - Rn. 25 ff., BA­GE 128, 256). Ob der Be­griff der „Ent­las­sung" auch in § 18 Abs. 4 KSchG uni­ons­rechts­kon­form da­hin aus­zu­le­gen ist, dass dar­un­ter die Kündi­gungs­erklärung zu ver­ste­hen ist, kann da­hin­ste­hen (of­fen­ge­las­sen auch von BAG 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 18, BA­GE 134, 176; 6. No­vem­ber 2008 - 2 AZR 935/07 - Rn. 29, aaO).

bb) Die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin wur­de ent­ge­gen der An­sicht des Lan­des­ar­beits­ge­richts und der Re­vi­si­on nicht im Zu­sam­men­hang mit der Mas­sen­ent­las­sung der übri­gen Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten zu 1. in der Sta­ti­on F erklärt. Sie fiel nicht in die 30-Ta­ges-Frist des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG und war nicht an­zei­ge­pflich­tig. Die im An­zei­ge- und Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren auf­ge­tre­te­nen Feh­ler führen des­halb an­ders als bei den an­de­ren in der Sta­ti­on F beschäftig­ten Ar­beit­neh­mern nicht zur Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 38 ff.; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 772/11 - Rn. 36 ff.; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 5/12 - Rn. 38 ff.; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 48/12 - Rn. 38 ff.).

(1) Die letz­ten an­de­ren Kündi­gun­gen wur­den in der Sta­ti­on F mit Aus­nah­me der ge­genüber der Kläge­rin aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung un­ter dem 15. Ja­nu­ar 2010 zum 30. April 2010 erklärt (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 5/12 - Rn. 13; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 48/12 - Rn. 13). Auch die für


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die An­zei­ge- und Kon­sul­ta­ti­ons­pflicht dar­le­gungs­be­las­te­te Kläge­rin hat nicht be­haup­tet, dass die­se Kündi­gun­gen nicht noch im Ja­nu­ar 2010 zu­gin­gen. Die Kündi­gun­gen der Ar­beits­verhält­nis­se der an­de­ren Ar­beit­neh­mer in der Sta­ti­on F wur­den be­reits En­de De­zem­ber 2009 erklärt und gin­gen noch im De­zem­ber 2009 zu (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 13; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 772/11 - Rn. 13). Die 30-Ta­ges-Frist des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG en­de­te des­halb spätes­tens am 28. Fe­bru­ar 2010 (§ 187 Abs. 2, § 188 Abs. 1 BGB; vgl. APS/Moll 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 50; KR/Wei­gand 10. Aufl. § 17 KSchG Rn. 54). Sie war da­her bei Erklärung der Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin am 10. März 2010 und ih­rem Zu­gang am 12. März 2010 schon ver­stri­chen.

(2) Der feh­len­den An­zei­ge- und Kon­sul­ta­ti­ons­pflicht ste­hen Sinn und Zweck der richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen­den §§ 17, 18 KSchG nicht ent­ge­gen, ob­wohl die Be­klag­te zu 1. die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Kläge­rin auf den­sel­ben Kündi­gungs­grund - die­sel­be Still­le­gungs­ent­schei­dung - stütz­te wie die übri­gen Kündi­gun­gen, die in der Sta­ti­on F erklärt wur­den.

(a) §§ 17, 18 KSchG sol­len Mas­sen­ent­las­sun­gen ver­mei­den oder ih­re Fol­gen mil­dern (vgl. für Art. 2 der Mas­sen­ent­las­sungs­richt­li­nie 98/59/EG EuGH 10. Sep­tem­ber 2009 - C-44/08 - [Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to] Rn. 46, Slg. 2009, 1-8163; zu §§ 17, 18 KSchG zB BAG 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 18, BA­GE 134, 176). Die Un­ter­rich­tung der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tung soll es die­ser ermögli­chen, kon­struk­ti­ve Vor­schläge zu un­ter­brei­ten, um die Mas­sen­ent­las­sung zu ver­mei­den oder ein­zu­schränken (vgl. EuGH 3. März 2011 - C-235/10 ua. - [Cla­es] Rn. 56; 10. Sep­tem­ber 2009 - C-44/08 - [Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to] Rn. 51, 64, aaO; BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 752/11 - Rn. 42; 20. Sep­tem­ber 2012 - 6 AZR 155/11 - Rn. 60).

(b) Fällt ei­ne Kündi­gung - wie hier - nicht mehr in den zeit­li­chen Zu­sam­men­hang ei­ner Mas­sen­ent­las­sung, muss die­sen Zwe­cken nicht genügt wer­den (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 21, BA­GE 134, 176). Das ist kei­ne Um­ge­hung der An­zei­ge- und Kon­sul­ta­ti­ons­pflicht aus § 17 KSchG, son­dern ei­ne aus ar­beits­markt­po­li­ti­scher Sicht eher verträgli­che Ver­tei­lung der


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Kündi­gun­gen über ei­nen länge­ren Zeit­raum (vgl. KR/Wei­gand 10. Aufl. § 17 KSchG Rn. 53; s. auch ErfK/Kiel 13. Aufl. § 17 KSchG Rn. 17; APS/Moll 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 49c).

c) In der Be­ur­tei­lung des Se­nats, der Schwel­len­wert des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG sei im Streit­fall in der Frist von 30 Ka­len­der­ta­gen nicht er­reicht wor­den, liegt kei­ne un­zulässi­ge sog. Über­ra­schungs­ent­schei­dung.

aa) Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürg­te An­spruch auf recht­li­ches Gehör steht in ei­nem funk­tio­na­len Zu­sam­men­hang mit der Rechts­schutz­ga­ran­tie und der Jus­tiz­gewährungs­pflicht des Staats. Er soll ei­nen an­ge­mes­se­nen Ver­fah­rens­ab­lauf si­chern. Der Ein­zel­ne soll nicht bloßes Ob­jekt des Ver­fah­rens sein, son­dern er soll vor ei­ner Ent­schei­dung, die sei­ne Rech­te be­trifft, zu Wort kom­men, um Ein­fluss auf das Ver­fah­ren und sein Er­geb­nis neh­men zu können. Die Ga­ran­tie recht­li­chen Gehörs ver­pflich­tet die Ge­rich­te, die Ausführun­gen der Pro­zess­be­tei­lig­ten zur Kennt­nis zu neh­men und in Erwägung zu zie­hen. Da­mit hängt das eben­falls aus Art. 103 Abs. 1 GG fol­gen­de Ver­bot von Über­ra­schungs­ent­schei­dun­gen eng zu­sam­men. Von ei­ner sol­chen Über­ra­schungs­ent­schei­dung ist aus­zu­ge­hen, wenn sich ei­ne Ent­schei­dung oh­ne vor­he­ri­gen rich­ter­li­chen Hin­weis auf ei­nen Ge­sichts­punkt stützt, mit dem auch ein ge­wis-sen­haf­ter und kun­di­ger Pro­zess­be­tei­lig­ter nach dem bis­he­ri­gen Pro­zess­ver­lauf nicht zu rech­nen brauch­te (vgl. für die st. Rspr. BVerfG 5. April 2012 - 2 BvR 2126/11 - Rn. 18 mwN; BAG 8. De­zem­ber 2011 - 6 AZN 1371/11 - Rn. 17).

bb) Die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner un­zulässi­gen Über­ra­schungs­ent­schei­dung sind nicht erfüllt. Die Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Par­tei­en ha­ben das Pro­blem der für ei­ne Mas­sen­ent­las­sung er­for­der­li­chen Frist von 30 Ka­len­der­ta­gen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG zwar er­kenn­bar - eben­so wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt - über­se­hen (§ 139 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Je­den­falls gilt das für die bei­den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der Se­nat hat aber bei­de Sei­ten in der Re­vi­si­ons­ver­hand­lung auf die Fra­ge hin­ge­wie­sen und ih­nen Ge­le­gen­heit zur Äußerung ge­ge­ben (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

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d) Der Se­nat muss­te den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin auch nicht ermögli­chen, nach der münd­li­chen Ver­hand­lung durch Schrift­satz zu dem Pro­blem der Frist von 30 Ka­len­der­ta­gen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG Stel­lung zu neh­men.

aa) Ist es ei­ner Par­tei nicht möglich, sich zu ei­nem ge­richt­li­chen Hin­weis so­fort zu erklären, soll das Ge­richt nach § 139 Abs. 5 ZPO auf An­trag der Par­tei ei­ne Frist be­stim­men, in der sie die Erklärung in ei­nem Schrift­satz nach­brin­gen kann. Ein Ge­richt ver­letzt je­doch nicht das grund­rechts­glei­che Recht auf recht­li­ches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, wenn es ei­ner Par­tei kein Schrift­satz­recht einräumt, die es in der münd­li­chen Ver­hand­lung versäumt, dem Pro­zess­geg­ner und dem Ge­richt Sach­vor­trag oder recht­li­che Ar­gu­men­te mit­zu­tei­len. Dem An­spruch auf recht­li­ches Gehör ist genügt, wenn sich die Par­tei das recht­li­che Gehör in der münd­li­chen Ver­hand­lung in zu­mut­ba­rer Wei­se mit­hil­fe ih­rer pro­zes­sua­len Möglich­kei­ten ver­schaf­fen kann (vgl. BAG 14. De­zem­ber 2010 - 6 AZN 986/10 - Rn. 25 mwN).

bb) Nach die­sen Maßstäben muss­te der Kläge­rin kei­ne Schrift­satz­frist ein­geräumt wer­den, ob­wohl der Se­nat erst in der Re­vi­si­ons­ver­hand­lung auf das Pro­blem der Frist von 30 Ka­len­der­ta­gen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG hin­ge­wie­sen hat­te. Den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin war es möglich, zu der Fra­ge mit recht­li­chen Ar­gu­men­ten Stel­lung zu neh­men. Das be­legt ua. die Äußerung ei­nes der bei­den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten, wo­nach der Mas­sen­ent­las­sungs­tat­be­stand des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG zur An­wen­dung kom­men müsse, wenn die ver­schie­de­nen Kündi­gun­gen auf ein und der­sel­ben un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dung be­ruh­ten, ei­ne Kündi­gung we­gen behörd­li­cher Zu­stim­mungs­er­for­der­nis­se aber erst später erklärt wer­den und erst zu ei­nem späte­ren Zeit­punkt wir­ken könne. Die Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin ha­ben nicht be­gründet, wes­halb die Kläge­rin Zeit brau­che, um wei­te­re recht­li­che Ar­gu­men­te zu er­mit­teln. Das gilt erst recht für ergänzen­den, im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren oh­ne­hin nur in be­son­de­ren Aus­nah­mefällen zu berück­sich­ti­gen­den Sach­vor­trag.

 

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4. Die Kündi­gung vom 10. März 2010 ist nicht un­wirk­sam, weil sie ge­gen das Kündi­gungs­ver­bot des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB verstößt. Sie wur­de nicht we­gen des Über­gangs ei­nes Be­triebs oder Be­triebs­teils erklärt. Das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin war kei­nem ggf. über­ge­gan­ge­nen Be­triebs­teil zu­zu­ord­nen (vgl. BAG 21. Fe­bru­ar 2013 - 8 AZR 877/11 - Rn. 33). Das hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend er­kannt.

a) § 613a BGB ist grundsätz­lich auch bei Be­triebsübergängen in das Aus­land an­wend­bar. Die Gel­tung der Norm ist nicht auf das Ge­biet der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land be­schränkt. Das Ter­ri­to­ria­litätsprin­zip wird durch das In­ter­na­tio­na­le Pri­vat­recht ver­drängt. Bei Be­triebsübergängen mit Aus­lands­be­zug können sach­ge­rech­te Lösun­gen nur über die Re­ge­lun­gen des Ar­beits­ver­trags­sta­tuts er­zielt wer­den. Al­ler­dings ändert sich re­gelmäßig das Ar­beits­ver­trags­sta­tut ei­nes Ar­beit­neh­mers, in des­sen Ar­beits­verhält­nis kei­ne Rechts­wahl ge­trof­fen ist, bei ei­nem Wech­sel von der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ins Aus­land auf­grund ei­nes Be­triebsüber­gangs. Re­gelmäßig wird nach dem Be­triebsüber­gang das Recht des Staats zur An­wen­dung kom­men, in dem das Ar­beits­verhält­nis nach dem Be­triebsüber­gang be­steht. Ei­ne sol­che Ände­rung tritt aber erst ein, nach­dem das Ar­beits­verhält­nis über­ge­gan­gen ist. Für die Fra­ge, ob es zu ei­nem Be­triebsüber­gang ge­kom­men ist, ist ei­ne sol­che Sta­tutände­rung eben­so wie für die Fra­ge der Wirk­sam­keit ei­ner vor dem Be­triebsüber­gang erklärten, nach deut­schem Recht zu be­ur­tei­len­den Kündi­gung noch oh­ne Be­lang (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 40; 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 41 ff.).

b) Die Kläge­rin hat die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Über­gangs des Be­triebs(-teils) der Be­klag­ten zu 1. in F auf die Be­klag­te zu 2. nicht dar­ge­legt.
aa) Ein Be­triebs- oder Be­triebs­teilüber­gang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ver­langt, dass die Iden­tität der be­tref­fen­den wirt­schaft­li­chen Ein­heit ge­wahrt bleibt. Ei­ne wirt­schaft­li­che Ein­heit be­steht aus ei­ner or­ga­ni­sa­to­ri­schen Ge­samt­heit von Per­so­nen und/oder Sa­chen, die auf Dau­er an­ge­legt wirt­schaft­li­che Tätig­keit mit ei­ge­ner Ziel­set­zung ausüben soll.

 

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(1) Auch beim Er­werb ei­nes Be­triebs­teils ist es er­for­der­lich, dass die wirt­schaft­li­che Ein­heit ih­re Iden­tität wahrt. Be­stand beim frühe­ren Be­triebs­in­ha­ber nach der durch­zuführen­den Ge­samt­be­trach­tung ei­ne selbständig ab­trenn­ba­re or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ein­heit, mit der in­ner­halb des be­trieb­li­chen Ge­samt­zwecks ein Teil­zweck ver­folgt wur­de, muss die­se beim Er­wer­ber im We­sent­li­chen un­verändert fort­be­ste­hen. Der über­tra­ge­ne Be­triebs­teil muss sei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche Selbständig­keit beim Be­triebs­er­wer­ber al­ler­dings nicht vollständig be­wah­ren. Es genügt, dass der Be­triebs­teiler­wer­ber die funk­tio­nel­le Ver­knüpfung zwi­schen den über­tra­ge­nen Pro­duk­ti­ons­fak­to­ren bei­behält und ihm da­durch ermöglicht wird, die­se Fak­to­ren zu nut­zen, um der­sel­ben oder ei­ner gleich­ar­ti­gen wirt­schaft­li­chen Tätig­keit nach­zu­ge­hen (vgl. EuGH 12. Fe­bru­ar 2009 - C-466/07 - [Kla­ren­berg] Rn. 47 f., Slg. 2009, 1-803; BAG 21. Ju­ni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 33 mwN).

(2) Han­delt es sich nach die­sen Grundsätzen um ei­nen Be­triebs(-teil)über­gang, be­trifft er nur Ar­beit­neh­mer, die in den über­ge­gan­ge­nen Be­trieb oder Be­triebs­teil tatsächlich ein­ge­glie­dert wa­ren. Es genügt nicht, dass sie Tätig­kei­ten für den über­tra­ge­nen Teil ver­rich­te­ten, oh­ne in des­sen Struk­tur ein­ge­bun­den ge­we­sen zu sein (st. Rspr., vgl. zB EuGH 12. No­vem­ber 1992 - C-209/91 - [Wat­son Rask und Chris­ten­sen] Rn. 16, Slg. 1992, 1-5755; BAG 21. Ju­ni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 75, je­weils mwN). Für die Fra­ge, wel­chem Be­trieb oder Be­triebs­teil ein Ar­beit­neh­mer zu­ge­ord­net ist, kommt es zunächst auf den Wil­len der Ver­trags­par­tei­en an (vgl. BAG 21. Fe­bru­ar 2013 - 8 AZR 877/11 - Rn. 35).

bb) Es kann da­hin­ste­hen, ob die Be­klag­te zu 2. den Flug­be­trieb der Be­klag­ten zu 1. iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB über­nahm. Die­ser wirt­schaft­li­chen Ein­heit war die Kläge­rin nach den in­so­weit nicht an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts nach ih­rem Wil­len und dem der Be­klag­ten zu 1. nicht zu­ge­ord­net. Die Kläge­rin be­treu­te ge­mein­sam mit den übri­gen Ar­beit­neh­mern der Sta­ti­on F und zu­sam­men mit den an­de­ren Ar­beit­neh­mern der Be­klag­ten zu 1. in Deutsch­land im Bo­den­be­trieb den Flug­ver­kehr der Be­klag­ten zu 1. von Deutsch­land aus und nach Deutsch­land. Sie gab zB Ti­ckets aus, re­ser­vier­te Sitz­plätze und war für die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Pas­sa­gie­ren und Rei­sebüros

 

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so­wie die Ab­rech­nung und Ab­wick­lung ge­genüber Fracht­kun­den zuständig. In die Struk­tur des Flug­be­triebs war sie nicht ein­ge­bun­den.

cc) Die An­grif­fe der Re­vi­si­on führen zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis.

(1) Die Kläge­rin hat nicht dar­ge­legt, wel­che der im Bo­den­be­trieb von ihr und den übri­gen Ar­beit­neh­mern der Be­klag­ten zu 1. in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ver­rich­te­ten Tätig­kei­ten un­ter Wah­rung der bis­he­ri­gen wirt­schaft­li­chen Ein­heit von der Be­klag­ten zu 2. über­nom­men wor­den sein sol­len.

(a) Sie hat trotz ih­res de­tail­lier­ten Vor­trags zu dem Wech­sel ver­schie­de­ner Ar­beit­neh­mer aus an­de­ren Ein­hei­ten der Be­klag­ten zu 1. außer­halb der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, der be­haup­te­ten Ko­ope­ra­ti­on mit der A AG und der ge­plan­ten Fu­si­on der Be­klag­ten zu 2. mit der Ae S.A. nicht im Ein­zel­nen aus­geführt, in wel­cher Wei­se der Kon­takt mit den Kun­den im Sinn ei­ner Fortführung des Bo­den­be­triebs als struk­tu­rier­te und iden­titäts­wah­ren­de wirt­schaft­li­che Ein­heit bei­be­hal­ten wor­den sein soll. Sie hat auch kei­ne Kun­den­na­men ge­nannt. Es genügt nicht, die Beförde­rung von Pas­sa­gie­ren durch au­to­ma­ti­sche Um­bu­chung von der Be­klag­ten zu 1. auf die Be­klag­te zu 2. so­wie die Über­nah­me von Mar­ken­zei­chen („brand na­me“) und Lo­go „0" vor­zu­brin­gen, um ei­ne Fortführung der wirt­schaft­li­chen Ein­heit un­ter Wah­rung der bis­he­ri­gen Iden­tität - et­wa durch funk­tio­nel­le Ver­knüpfung der über­tra­ge­nen Funk­ti­ons­fak­to­ren - dar­zu­stel­len. Das hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt in re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­der Wei­se er­kannt. Aus der von der Kläge­rin in Be­zug ge­nom­me­nen Mit­tei­lung un­ter dem Lo­go „0" er­gibt sich im Übri­gen, dass au­to­ma­ti­sche Um­bu­chun­gen nur dort er­folg­ten, wo die Be­klag­te zu 2. den Flug­be­trieb auf­nahm.

(b) Die Kläge­rin hat nicht vor­ge­tra­gen, die Be­klag­te zu 2. nut­ze - ggf. un­ter „Ein­schal­tung" der A AG oder auch der Ae S.A. - die von der Be­klag­ten zu 1. für den Bo­den­be­trieb in F ge­schaf­fe­ne Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on. Die­se Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on dien­te da­zu, den Flug­be­trieb von und nach F ab­zu­fer­ti­gen und zu ver­wal­ten. Auch aus der Dar­stel­lung der Kläge­rin folgt nicht, dass die Be­klag­te zu 2. ma­te­ri­el­le oder im­ma­te­ri­el­le Be­triebs­mit­tel des für den Bo­den­be­trieb zuständi-


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gen Be­triebs oder Be­triebs­teils in F über­nahm. Sie über­nahm we­der das Bo­den­per­so­nal noch die Räume oder Miet­verträge und sons­ti­ge Dau­er­schuld­verhält­nis­se der Be­klag­ten zu 1. So­weit sich das Vor­brin­gen der Kläge­rin auf den Flug­be­trieb be­zieht, wer­den die­se Tätig­kei­ten von der Be­klag­ten zu 2. für den deut­schen Markt nach den in­so­weit un­an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht fort­geführt.

(2) Auch die Ar­gu­men­ta­ti­on der Kläge­rin mit ei­nem welt­wei­ten Un­ter­neh­mensüber­gang lässt kei­nen Rechts­feh­ler des Lan­des­ar­beits­ge­richts er­ken­nen.

(a) Die Kläge­rin macht gel­tend, auf ein in­ter­na­tio­nal ope­rie­ren­des Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men, des­sen maßgeb­li­che wirt­schaft­li­che Ak­ti­va sich ei­ner ört­li­chen Ver­an­ke­rung entzögen, pas­se der übli­che Be­triebs- oder Be­triebs­teil­be­griff nicht mehr. Die wirt­schaft­li­che Ein­heit ei­nes sol­chen Un­ter­neh­mens sei nicht durch ei­ne ört­li­che Be­zug­nah­me auf den Grund und Bo­den ei­nes be­stimm­ten Staats zu er­fas­sen. Bei ei­nem sol­chen Un­ter­neh­men be­ste­he die wirt­schaft­li­che Ein­heit im Be­trieb ei­nes welt­wei­ten Flug­ver­kehrs un­ter ei­ner be­stimm­ten Fir­ma, mit be­stimm­ten Flug­zeu­gen, er­fah­re­nem Per­so­nal, be­ste­hen­dem Kun­den­stamm und über­nom­me­nem Know-how. Die­se Ein­heit ha­be die Be­klag­te zu 2. von der Be­klag­ten zu 1. über­nom­men und die A AG - ggf. auch die Ae S.A. - „zwi­schen­ge­schal­tet".

(b) Die­se Ar­gu­men­ta­ti­on lässt Tat­be­stand und Rechts­fol­gen ei­nes Be­triebsüber­gangs außer Acht. Kommt es zu ei­nem Be­triebsüber­gang, tritt der Er­wer­ber nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rech­te und Pflich­ten aus den im Zeit­punkt des Über­gangs be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­sen ein. Nichts an­de­res be­stimmt Art. 3 Abs. 1 der Richt­li­nie 2001/23/EG des Ra­tes vom 12. März 2001 zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über die Wah­rung von Ansprüchen der Ar­beit­neh­mer beim Über­gang von Un­ter­neh­men, Be­trie­ben oder Un­ter­neh­mens- oder Be­triebs­tei­len. Die Be­stim­mung gibt vor, dass die Rech­te und Pflich­ten des Veräußerers aus ei­nem zum Zeit­punkt des Über­gangs be­ste­hen­den Ar­beits­ver­trag oder Ar­beits­verhält­nis auf den Er­wer­ber über­ge­hen. Das Ar­beits­verhält­nis wird in­halt­lich durch die Ver­bin­dung zwi­schen dem Ar­beit­neh­mer und der wirt­schaft­li­chen Ein­heit be­stimmt, der er


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zur Erfüllung sei­ner Auf­ga­ben an­gehört (vgl. EuGH 12. No­vem­ber 1992 - C-209/91 - [Wat­son Rask und Chris­ten­sen] Rn. 16, Slg. 1992, 1-5755; 7. Fe­bru­ar 1985 - C-186/83 - [Bot­zen ua.] Rn. 15, Slg. 1985, 519).

(aa) Das Er­for­der­nis der Zu­ord­nung zu ei­ner be­ste­hen­den wirt­schaft­li­chen Ein­heit ist durch die zi­tier­te Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Uni­on (Ge­richts­hof) auch un­ter Berück­sich­ti­gung der neue­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts geklärt (vgl. zB BVerfG 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 20 ff.; 21. De­zem­ber 2010 - 1 BvR 3461/08 - Rn. 5 ff.; s. auch BAG 28. Ju­ni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 33 ff.). Ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht er­for­der­lich.

(aaa) Die Fra­ge der Zu­ord­nung zu ei­nem über­ge­gan­ge­nen Be­triebs­teil ist auch nicht wie­der klärungs­bedürf­tig ge­wor­den mit Blick auf die ers­te Vor­la­ge­fra­ge in dem Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen des Tri­bu­na­le di Tren­to (Ita­li­en), das beim Ge­richts­hof am 11. Ok­to­ber 2012 ein­ge­reicht wur­de (ABl. EU C 389 vom 15. De­zem­ber 2012 S. 6, beim Ge­richts­hof anhängig un­ter - C-458/12 - [Ama­to­ri ua.]). Dort fragt der Tri­bu­na­le di Tren­to den Ge­richts­hof, ob die Re­ge­lung über den „Über­gang ei­nes Un­ter­neh­mens­teils" ins­be­son­de­re in Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und Buchst. b iVm. Art. 3 Abs. 1 der Richt­li­nie 2001/23/EG ei­ner in­ner­staat­li­chen Norm ent­ge­gen­steht, die den Ein­tritt des Er­wer­bers in die Ar­beits­verhält­nis­se des Veräußerers auch dann zulässt, oh­ne dass es der Zu­stim­mung der durch die Veräußerung be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer be­darf, wenn der Un­ter­neh­mens­teil, der Ge­gen­stand des Über­gangs ist, kei­ne be­reits vor dem Über­gang be­ste­hen­de, funk­tio­nell selbständi­ge wirt­schaft­li­che Ein­heit in der Wei­se dar­stellt, dass sie als sol­che von Veräußerer und Er­wer­ber im Zeit­punkt des Über­gangs iden­ti­fi­ziert wer­den kann.

(bbb) Die Fra­ge­stel­lung un­ter­schei­det sich von dem Sach­ver­halt, der dem Streit­fall zu­grun­de liegt. Die Kläge­rin war hier stets dem Bo­den­be­trieb als ei­ner iden­ti­fi­zier­ba­ren wirt­schaft­li­chen Ein­heit zu­ge­ord­net. Die Ent­schei­dung über den nicht ein­ge­tre­te­nen Be­triebsüber­gang ist auf­grund der feh­len­den Zu­ord­nung der Kläge­rin zu ei­nem ggf. über­ge­gan­ge­nen Be­triebs­teil zu tref­fen, nicht auf­grund des­sen, dass der Bo­den­be­trieb vor ei­nem et­wa er­folg­ten Be­triebs(-teil)über-

 

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gang nicht iden­ti­fi­zier­bar ge­we­sen wäre. Der Bo­den­be­trieb in F bzw. Deutsch­land ging nach den in­so­weit bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht auf die Be­klag­te zu 2. über.

(bb) Gehört der Ar­beit­neh­mer ei­ner über­nom­me­nen wirt­schaft­li­chen Ein­heit nicht an, auch nicht durch funk­tio­nel­le Ver­knüpfung der über­tra­ge­nen Funk­ti­ons­fak­to­ren, be­steht des­halb kein Grund, sein Ar­beits­verhält­nis auf den Er­wer­ber über­ge­hen zu las­sen. Das gilt auch für Un­ter­neh­men, die ei­nen welt­wei­ten Flug­be­trieb un­ter­hal­ten. Auch bei sol­chen Un­ter­neh­men gibt es Auf­ga­ben, die nur in ei­ner ört­lich be­grenz­ten wirt­schaft­li­chen Ein­heit an­fal­len und die sich nur die­ser be­grenz­ten Ein­heit zu­ord­nen las­sen. Da­zu gehören die Auf­ga­ben, die die für Deutsch­land ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten zu 1. in Deutsch­land im Bo­den­be­trieb ver­sa­hen und die die Be­klag­te zu 2. nicht über­nahm.

(3) Aus den Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 37/10 - Rn. 34) und 27. Ja­nu­ar 2011 (- 8 AZR 326/09 - Rn. 28 ff.) folgt nichts an­de­res. Erst bei iden­titäts­wah­ren­der Über­tra­gung ei­ner wirt­schaft­li­chen Ein­heit stellt sich die wei­te­re Fra­ge, ob der Funk­ti­ons- und Zweck­zu­sam­men­hang zwi­schen den über­tra­ge­nen Be­triebs­mit­teln so­wie den sons­ti­gen Fak­to­ren, die den Be­trieb aus­ma­chen, bei­be­hal­ten wur­de. Da­bei ist un­er­heb­lich, ob die bis­he­ri­ge Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur bei­be­hal­ten wird. Zu die­sem zwei­ten Prüfungs­schritt kommt es hier nicht, weil der Bo­den­be­trieb der Be­klag­ten zu 1. we­der in der ge­sam­ten Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land noch in F iden­titäts­wah­rend auf die Be­klag­te zu 2. über­tra­gen wur­de.

5. Die Kündi­gung ist nicht so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Die Be­trie­be der Be­klag­ten zu 1. in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land wur­den still­ge­legt. Der Fall bie­tet kei­nen An­lass, die Fra­ge der Ver­pflich­tung zum An­ge­bot von Wei­ter­beschäfti­gungsmöglich­kei­ten in ausländi­schen Be­trie­ben zu klären. Die Kläge­rin hat nicht dar­ge­legt, dass sie in ei­nem an­de­ren Be­trieb der Be­klag­ten (ggf. in Grie­chen­land) hätte wei­ter­beschäftigt wer­den müssen. Der Ar­beit­neh­mer wird sei­ner im Aus­gangs­punkt be­ste­hen­den Dar­le­gungs­last erst ge­recht, wenn er kon­kre­te Vor­stel­lun­gen zu Möglich­kei­ten an­der­wei­ti­ger Be-

 

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schäfti­gung äußert und deut­lich macht, wie er sich sei­ne wei­te­re Tätig­keit vor­stellt, an wel­che Art der Beschäfti­gung er denkt. Erst dann hat der Ar­beit­ge­ber dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, wes­halb die­se Vor­stel­lun­gen nicht zu rea­li­sie­ren sind (vgl. für die st. Rspr. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 89; 18. Ok­to­ber 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 50 mwN). Ei­ne so­zia­le Aus­wahl nach § 1 Abs. 3 KSchG war nicht zu tref­fen, weil die Ar­beits­verhält­nis­se al­ler an­de­ren Ar­beit­neh­mer des Be­triebs der Be­klag­ten zu 1. in F schon zu frühe­ren Zeit­punk­ten gekündigt wor­den wa­ren.

6. Das Ar­beits­verhält­nis wur­de mit der Frist des § 113 Satz 2 In­sO am 30. Ju­ni 2010 be­en­det.

a) Die Kläge­rin nimmt an, bei dem Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren hand­le es sich nicht um ein Ver­fah­ren iSd. Eu­Ins­VO.

b) Die­ser An­griff ist nicht ge­eig­net, ein In­sol­venz­ver­fah­ren und da­mit die ab­gekürz­te Kündi­gungs­frist des § 113 Satz 2 In­sO in­fra­ge zu stel­len. Da­bei kann of­fen­blei­ben, ob das in Grie­chen­land eröff­ne­te Son­der­li­qui­da­ti­ons­ver­fah­ren ein Ver­fah­ren ist, das in den Anhängen A und C der Eu­Ins­VO erwähnt ist. Auch wenn das nicht der Fall sein soll­te, läge ein In­sol­venz­ver­fah­ren iSd. §§ 335 ff. In­sO vor, des­sen Wir­kun­gen in Deutsch­land von den deut­schen Ge­rich­ten nach § 343 In­sO an­zu­er­ken­nen sind.

aa) Ob es sich um ein In­sol­venz­ver­fah­ren iSv. §§ 335 ff. In­sO han­delt, ist im Weg der Qua­li­fi­ka­ti­on zu be­stim­men. Vor­aus­set­zung ist, dass das ausländi­sche Ver­fah­ren im We­sent­li­chen den glei­chen Zie­len wie das deut­sche In­sol­venz­ver­fah­ren ver­pflich­tet ist (vgl. BGH 13. Ok­to­ber 2009 - X ZR 79/06 - Rn. 9). Das lässt sich je­den­falls durch den Rück­griff auf die Vor­ga­ben in Art. 1 Abs. 1 Eu­Ins­VO über­prüfen (vgl. Kölner Schrift/Pau­lus 3. Aufl. Kap. 46 Rn. 34, 71). Das Leit­bild der Eu­Ins­VO ist zwar nicht als zwin­gen­de An­for­de­rung an ausländi­sche In­sol­venz­ver­fah­ren in Dritt­staa­ten an­zu­se­hen (vgl. BAG 27. Fe­bru­ar 2007 - 3 AZR 618/06 - Rn. 19, BA­GE 121, 309). In­sol­venz­ver­fah­ren iSv. §§ 335 ff. In­sO sind aber je­den­falls Ge­samt­ver­fah­ren, die die In­sol­venz, dh. die Zah­lungs­unfähig­keit, die Zah­lungs­ein­stel­lung oder die Kre­dit­erschütte­rung des

 

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Schuld­ners vor­aus­set­zen und den vollständi­gen oder teil­wei­sen Vermögens­be­schlag ge­gen ihn so­wie die Be­stel­lung ei­nes Ver­wal­ters zur Fol­ge ha­ben (vgl. Kölner Schrift/Man­kow­ski Kap. 47 Rn. 5 f.). Vermögens­be­schlag be­deu­tet, dass der Schuld­ner die Be­fug­nis­se zur Ver­wal­tung sei­nes Vermögens ver­liert (vgl. EuGH 2. Mai 2006 - C-341/04 – [Eu­ro­food 1FSC] Rn. 54, Slg. 2006, 1-3813).

bb) Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind nach dem durch Art. 40 des Ge­set­zes 3710/2008 ein­gefügten Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005 erfüllt. Er­for­der­lich für die Be­stel­lung ei­nes Li­qui­da­tors sind nach Art. 14 A Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b des Ge­set­zes 3429/2005 wirt­schaft­li­che Schwie­rig­kei­ten, die zu­min­dest ei­ne Über­schul­dung oder dro­hen­de Zah­lungs­unfähig­keit nach sich zie­hen. Nach Art. 14 A Nr. 4 Satz 3 des Ge­set­zes 3429/2005 führt der Li­qui­da­tor die Geschäfte, er ver­wal­tet und ver­tritt das Un­ter­neh­men. Das führt zu ei­nem Vermögens­be­schlag, weil die Schuld­ne­rin die Be­fug­nis zur Ver­wal­tung ih­res Vermögens ver­liert. Nicht sie oder ih­re Geschäftsführung, son­dern der ge­richt­lich ein­ge­setz­te Son­der­li­qui­da­tor ist ver­tre­tungs- und ent­schei­dungs­be­fugt. Nach Art. 14 A Nr. 5 und Nr. 6 des Ge­set­zes 3429/2005 hat der Son­der­li­qui­da­tor die Ak­ti­va des Un­ter­neh­mens zu ver­wer­ten oder das Un­ter­neh­men zu veräußern. Das macht deut­lich, wel­che In­sol­venz­zwe­cke die Re­ge­lung des Art. 14 A des Ge­set­zes 3429/2005 ver­folgt. Nach Art. 14 A Nr. 20 des Ge­set­zes 3429/2005 sind für ei­ne Zeit von 18 Mo­na­ten al­le Maßnah­men der Zwangs­voll­stre­ckung und Si­che­rungs­maßnah­men ge­gen das in Son­der­li­qui­da­ti­on be­find­li­che Un­ter­neh­men aus­ge­setzt.

cc) Die deut­schen Ge­rich­te sind des­halb je­den­falls nach § 343 Abs. 1 Satz 1 In­sO ge­bun­den.

dd) Un­ge­ach­tet der An­er­ken­nungs­wir­kung fin­det deut­sches Ar­beits­recht An­wen­dung. Teil des deut­schen Ar­beits­rechts ist auch die Verkürzung der Kündi­gungs­frist bei In­sol­venzkündi­gun­gen (vgl. BAG 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 96; 13. De­zem­ber 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 96; 20. Sep­tem­ber 2012 - 6 AZR 253/11 - Rn. 66).


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D. Die Kläge­rin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten ih­rer er­folg­lo­sen Re­vi­si­on zu tra­gen.

Fi­scher­mei­er
Gall­ner
Spel­ge
Lauth
Döpfert

 

 

 

 

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