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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

BAG, Ur­teil vom 30.08.2017, 7 AZR 864/15

   
Schlagworte: Befristung: Schauspieler, Befristung: Eigenart der Arbeitsleistung, Rechtsanwalt" />
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 AZR 864/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 30.08.2017
   
Leitsätze: Der Sachgrund der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG soll vor allem verfassungsrechtlichen, sich ua. aus der Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) ergebenden Besonderheiten Rechnung tragen. Allein die Kunstfreiheit des Arbeitgebers rechtfertigt die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem an der Erstellung eines Kunstwerks mitwirkenden künstlerisch tätigen Arbeitnehmer allerdings nicht. Der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Mindestbestandsschutz verlangt vielmehr im Einzelfall eine Abwägung der beiderseitigen Belange, bei der auch das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers angemessen Berücksichtigung findet.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht München, Urteil vom 21.04.2015, 3 Ca 14163/14
Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 29.10.2015, 4 Sa 527/15
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

7 AZR 864/15
4 Sa 527/15
Lan­des­ar­beits­ge­richt
München

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
30. Au­gust 2017

UR­TEIL

Schie­ge, Ur­kunds­be­am­ter
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 30. Au­gust 2017 durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gräfl, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Kiel und

 

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Was­kow so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Prof. Dr. Dei­nert und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Wicht für Recht er­kannt:

Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts München vom 29. Ok­to­ber 2015 - 4 Sa 527/15 - wird als un­zulässig ver­wor­fen, so­weit sie sich ge­gen die Ab­wei­sung des Kla­ge­an­trags zu 3. rich­tet.

Im Übri­gen wird die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das vor­ge­nann­te Ur­teil zurück­ge­wie­sen.

Der Kläger hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten in der Re­vi­si­on noch darüber, ob das zwi­schen ih­nen be­ste­hen­de Ver­trags­verhält­nis auf­grund Be­fris­tung ge­en­det hat so­wie über die Wirk­sam­keit ei­ner von der Be­klag­ten vor­sorg­lich aus­ge­spro­che­nen außer­or­dent­li­chen und hilfs­wei­se or­dent­li­chen Kündi­gung.

Die Be­klag­te ist ei­ne Film­pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft. Sie pro­du­ziert im Auf­trag des ZDF die Kri­mi­se­rie „Der Al­te“. Der Kläger stell­te als Schau­spie­ler in die­ser Kri­mi­se­rie fast 18 Jah­re lang den Kom­mis­sar „Axel Rich­ter“ dar, der als Mit­glied ei­ner Mord­kom­mis­si­on um den lei­ten­den Haupt­kom­mis­sar („Der Al­te“) er­mit­tel­te. Die Par­tei­en schlos­sen bis zum Jahr 2013 je­weils Rah­men­verträge für die Dau­er ei­nes Jah­res so­wie Ein­zel­verträge über ein­zel­ne Fol­gen. Seit dem Jahr 2014 ver­ein­bar­ten sie Schau­spie­ler­verträge über je­weils zwei Fol­gen (1. Block, 2. Block etc.). Der letz­te Ver­trag da­tiert vom 13./16. Ok­to­ber 2014 und lau­tet aus­zugs­wei­se:

„1. PRO­DU­ZENT en­ga­giert den VER­TRA­GS­PART­NER für die Rol­le AXEL RICH­TER für die Pro­duk­ti­on ‚Der Al­te: ‚GE­RECH­TIG­KEIT‘ und ‚DER TO­TE IM ACKER‘ 4. Block

 

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Fol­gen 391 + 392 Sen­der-Pro­duk­ti­ons-Nr.: 535/02397 + 2398

(‚Pro­duk­ti­on‘)
2.1 Der VER­TRA­GS­PART­NER steht PRO­DU­ZENT als Dar­stel­ler am 18.10., 22.10., 23.10., 24.10., 27.10., 28.10., 30.10., 03.11., 04.11., 07.11., 10.11., 11.11., 12.11., 16.11., 17.11., 18.11.2014 aus­sch­ließlich zur Verfügung.

Darüber hin­aus kann die Mit­wir­kung des VER­TRA­GS­PART­NERS an et­wai­gen Nach- und Neu­auf­nah­men, Syn­chro­ni­sa­ti­ons­ar­bei­ten so­wie zur Her­stel­lung ei­nes Vor­spanns oder Trai­lers auch außer­halb der Ver­trags­zeit er­for­der­lich sein. Die ent­spre­chen­den Ter­mi­ne wer­den mit dem VER­TRA­GS­PART­NER recht­zei­tig ab­ge­stimmt. Der VER­TRA­GS­PART­NER ist nicht ver­pflich­tet, sich außer­halb der o.g. Ver­trags­zeit für die­se Nach­ar­bei­ten zur Verfügung zu hal­ten.

2.2 Für den Fall, dass sich die Ver­trags­zeit aus pro­duk­ti­ons­be­ding­ten Gründen ver­schie­ben soll­te, erklärt der VER­TRA­GS­PART­NER sei­ne grundsätz­li­che Be­reit­schaft, auch zu ei­ner Zeit bis zu ins­ge­samt 7 Ta­gen vor oder nach der Ver­trags­zeit (‚Ver­schie­bung‘) für den PRO­DU­ZEN­TEN gemäß die­sem Ver­trag zur Verfügung zu ste­hen, oh­ne dass dem VER­TRA­GS­PART­NER da­durch ein An­spruch auf zusätz­li­che Vergütung zu­steht. Der VER­TRA­GS­PART­NER ist aber nicht ver­pflich­tet, sich für die Ver­schie­bung zur Verfügung zu hal­ten. Die sich ggf. aus der Ver­schie­bung er­ge­ben­de neue Ver­trags­zeit wird recht­zei­tig mit dem VER­TRA­GS­PART­NER ab­ge­stimmt.
...

2.4 Zur Ver­mei­dung von Kol­li­sio­nen ver­pflich­tet sich der VER­TRA­GS­PART­NER, PRO­DU­ZENT über al­le bei Ver­trags­schluss be­ste­hen­den und be­ab­sich­tig­ten En­ga­ge­ments schrift­lich zu in­for­mie­ren. Das glei­che gilt für al­le wei­te­ren En­ga­ge­ments, die der VER­TRA­GS­PART­NER ab Un­ter­zeich­nung die­ses Ver­trags ein­geht.

PRO­DU­ZENT ist be­kannt, dass der VER­TRA­GS­PART­NER an den nach­fol­gend auf­geführ­ten Ta­gen SPERR­TER­MI­NE hat:

 

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...

4.3 Durch Zah­lung der oben ge­nann­ten Brut­to­vergütung sind sämt­li­che Leis­tun­gen, die der VER­TRA­GS­PART­NER für die Pro­duk­ti­on im Rah­men die­ses Ver­tra­ges er­bringt, ins­be­son­de­re auch Vor­be­rei­tungs­ar­bei­ten, zu de­nen der Film­schaf­fen­de dem Film­her­stel­ler auch vor Be­ginn der Ver­trags­zeit (z.B. Dia­log­pro­ben, Kostümpro­ben etc.) zur Verfügung steht, so­wie Nach­ar­bei­ten, auch außer­halb der Ver­trags­zeit, ins­be­son­de­re Syn­chro­ni­sa­ti­ons­ar­bei­ten, vollständig ab­ge­gol­ten. ...
...

8.1 Der VER­TRA­GS­PART­NER hat von den All­ge­mei­nen Ver­trags­be­din­gun­gen des PRO­DU­ZEN­TEN - Dar­stel­ler Kennt­nis ge­nom­men. Die­se wer­den mit Ver­trags­un­ter­zeich­nung Be­stand­teil die­ses Ver­tra­ges.

8.2 Fer­ner hat VER­TRA­GS­PART­NER von der An­la­ge des ZDF MW-Kri­mi Kennt­nis ge­nom­men. Die­se wer­den mit Ver­trags­un­ter­zeich­nung eben­falls Be­stand­teil die­ses Ver­tra­ges.“

Die „All­ge­mei­nen Ver­trags­be­din­gun­gen des Pro­du­zen­ten - Dar­stel­ler“ ent­hal­ten ua. fol­gen­de Re­ge­lun­gen:

„30. Der Ver­trags­part­ner wird die ihm nach Maßga­be sei­ner Beschäfti­gungs­zeit bei dem Pro­du­zen­ten zu­ste­hen­den Ur­laubs­ta­ge an pro­duk­ti­ons­frei­en Ta­gen neh­men. Der Ver­trags­part­ner er­kennt an und ist da­mit ein­ver­stan­den, dass der Pro­du­zent auf Grund­la­ge ih­rer Di­rek­ti­ons­be­fug­nis al­lein fest­le­gen kann, wann der Ur­laub ge­nom­men wird.“

Der Kläger war im Jahr 2014 für die Be­klag­te an 47 Dreh­ta­gen tätig und er­hielt pro Dreh­tag ei­ne Vergütung von 2.500,00 Eu­ro brut­to. So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträge leis­te­te die Be­klag­te für 84 Ta­ge.

Mit Schrei­ben vom 21. No­vem­ber 2014 teil­te die Be­klag­te dem Kläger un­ter Hin­weis auf ei­ne ent­spre­chen­de münd­li­che In­for­ma­ti­on vom 17. Sep­tem­ber 2014 mit, sein Ver­trags­verhält­nis ha­be auf­grund der zeit­li­chen Be­fris­tung des Schau­spie­ler­ver­trags vom 13./16. Ok­to­ber 2014 am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det. Vor­sorg­lich erklärte sie, dass der Zweck des En­ga­ge­ments mit dem

 

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letz­ten Dreh­tag am 18. No­vem­ber 2014 er­reicht wor­den sei. Das Ver­trags­verhält­nis en­de da­her mit Zweck­er­rei­chung, spätes­tens zwei Wo­chen nach Zu­gang die­ses Schrei­bens. Mit wei­te­rem Schrei­ben vom glei­chen Tag kündig­te sie das Ver­trags­verhält­nis zu­dem vor­sorg­lich außer­or­dent­lich so­wie hilfs­wei­se or­dent­lich zum nächst­zulässi­gen Zeit­punkt.

Der Kläger hat mit der am 9. De­zem­ber 2014 beim Ar­beits­ge­richt ein ge­gan­ge­nen und der Be­klag­ten am 16. De­zem­ber 2014 zu­ge­stell­ten Kla­ge die Auf­fas­sung ver­tre­ten, das Ar­beits­verhält­nis ha­be nicht durch die Be­fris­tung in dem zu­letzt mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Schau­spie­ler­ver­trag vom 13./16. Ok­to­ber 2014 am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det. Der Schau­spie­ler­ver­trag sei ein Ar­beits­ver­trag und un­ter­fal­le den Be­stim­mun­gen des Tz­B­fG. Die Be­fris­tung sei nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG durch die Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung ge­recht­fer­tigt. In ih­rer Ei­gen­schaft als Film­pro­du­zen­tin könne sich die Be­klag­te nicht auf die Rund­funk­frei­heit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG be­ru­fen. Die­ses Grund­recht ste­he nur dem ZDF als Pro­gramm­ver­an­stal­ter zu. Außer­dem sei er kein pro­gramm­ge­stal­ten­der Mit­ar­bei­ter. Die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags sei auch nicht un­ter Berück­sich­ti­gung der Kunst­frei­heit nach Art. 5 Abs. 3 GG ge­recht­fer­tigt. Je­den­falls über­wie­ge auf­grund der lan­gen Beschäfti­gungs­dau­er sein In­ter­es­se am Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses das In­ter­es­se der Be­klag­ten an des­sen Be­en­di­gung. Er ha­be in den ver­trags-/ dreh­tag­frei­en Zeiträum­en zwi­schen den Pro­duk­tio­nen der ein­zel­nen Fol­gen nicht oh­ne wei­te­res an­de­ren schau­spie­le­ri­schen Tätig­kei­ten nach­ge­hen können, son­dern sich et­wa zur Her­stel­lung ei­nes Trai­lers oder Vor­spanns zur Verfügung hal­ten müssen. Auch die Ver­ein­ba­rung von „Sperr­ter­mi­nen“ ha­be die Be­klag­te nur in Aus­nah­mefällen und be­schränkt auf we­ni­ge Ta­ge ak­zep­tiert. Die zeit­lich nach­ran­gi­gen, vor­sorg­lich aus­ge­spro­che­nen Kündi­gun­gen sei­en un­wirk­sam, weil kein wich­ti­ger Grund zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung nach § 626 Abs. 1 BGB vor­han­den und die or­dent­li­che Kündi­gung nach § 1 Abs. 2 KSchG so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt sei.

 

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Der Kläger hat - so­weit für die Re­vi­si­on noch von Be­deu­tung - zu­letzt be­an­tragt

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en nicht durch die frist­lo­se Kündi­gung vom 21. No­vem­ber 2014 be­en­det wor­den ist,

2. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht durch die or­dent­li­che frist­ge­rech­te Kündi­gung vom 21. No­vem­ber 2014 be­en­det wor­den ist,

3. fest­zu­stel­len, dass zwi­schen den Par­tei­en kei­ne Be­fris­tung ver­ein­bart wor­den ist,

4. hilfs­wei­se fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht auf­grund der Be­fris­tungs­ver­ein­ba­rung vom 13./16. Ok­to­ber 2014 am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det hat,

5. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en auch nicht durch das Schrei­ben der Be­klag­ten vom 21. No­vem­ber 2014 am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det hat.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­fris­tung des Schau­spie­ler­ver­trags zum 18. No­vem­ber 2014 sei wirk­sam. Die be­fris­te­te Beschäfti­gung von Schau­spie­lern für die Dau­er der Pro­duk­ti­on sei - so­fern es sich da­bei über­haupt um Ar­beits­verträge han­de­le - auf­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG sach­lich ge­recht­fer­tigt. Schau­spie­ler gehörten zu den pro­gramm­ge­stal­ten­den Mit­ar­bei­tern und sei­en zu­dem als Künst­ler dem be­son­de­ren, durch Art. 5 Abs. 3 GG ge­prägten ar­beits­recht­li­chen Sek­tor zu­ge­ord­net. Das ZDF ha­be die Ent­schei­dung ge­trof­fen, die Se­rie „Der Al­te“ künst­le­risch wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, um dem Pu­bli­kums­in­ter­es­se und dem be­ste­hen­den In­no­va­ti­ons­bedürf­nis ge­recht zu wer­den. Die Fern­seh­an­stalt ha­be da­zu ua. die Rol­len des Kom­mis­sars „Axel Rich­ter“ und ei­nes wei­te­ren Kom­mis­sars aus dem Dreh­buch ge­stri­chen. Die langjähri­ge Beschäfti­gung des Klägers in die­ser Rol­le ha­be dem Ab­schluss ei­nes be­fris­te­ten Schau­spie­ler­ver­trags nicht ent­ge­gen­ge­stan­den.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen. Mit sei­ner Re­vi­si­on ver­folgt der

 

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Kläger die Kla­ge­anträge wei­ter. Die Be­klag­te be­an­tragt, die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on des Klägers hat kei­nen Er­folg. Sie ist un­zulässig, so­weit die Ab­wei­sung des Kla­ge­an­trags zu 3. an­ge­grif­fen wird. Im Übri­gen ist die Re­vi­si­on un­be­gründet.

A. Die Re­vi­si­on des Klägers ist un­zulässig, so­weit sie sich ge­gen die Ab­wei­sung des An­trags zu 3. rich­tet. Be­zo­gen auf die Ab­wei­sung die­ses An­trags, mit dem der Kläger be­gehrt hat­te fest­zu­stel­len, dass zwi­schen den Par­tei­en kei­ne Be­fris­tung ver­ein­bart wor­den ist, hat der Kläger die Re­vi­si­on nicht ord­nungs­gemäß be­gründet.

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 1 ZPO muss der Re­vi­si­onskläger die Re­vi­si­on be­gründen. Die Be­gründung muss nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die­je­ni­gen Umstände be­zeich­nen, aus de­nen sich die Rechts­ver­let­zung er­ge­ben soll. Dies er­for­dert die kon­kre­te Dar­le­gung der Gründe, aus de­nen das an­ge­foch­te­ne Ur­teil rechts­feh­ler­haft sein soll. Die Re­vi­si­ons­be­gründung muss den an­ge­nom­me­nen Rechts­feh­ler des Lan­des­ar­beits­ge­richts da­bei in ei­ner Wei­se auf­zei­gen, dass Ge­gen­stand und Rich­tung des Re­vi­si­ons­an­griffs er­kenn­bar sind. Die Re­vi­si­ons­be­gründung hat sich des­halb mit den tra­gen­den Gründen des Be­ru­fungs­ur­teils aus­ein­an­der­zu­set­zen. Da­durch soll si­cher­ge­stellt wer­den, dass der Re­vi­si­onsführer das an­ge­foch­te­ne Ur­teil im Hin­blick auf das Rechts­mit­tel über­prüft und mit Blick­rich­tung auf die Rechts­la­ge durch­denkt. Außer­dem soll die Re­vi­si­ons­be­gründung durch die Kri­tik des an­ge­foch­te­nen Ur­teils zur rich­ti­gen Rechts­fin­dung durch das Re­vi­si­ons­ge­richt bei­tra­gen. Die bloße Dar­stel­lung an­de­rer Rechts­an­sich­ten oh­ne er­kenn­ba­re Aus­ein­an­der­set­zung mit den Gründen des Be­ru­fungs­ur­teils genügt den An­for­de­run­gen an ei­ne ord­nungs­gemäße Re­vi­si­ons­be­gründung eben­so we­nig

 

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wie die Wie­der­ga­be des bis­he­ri­gen Vor­brin­gens. Es reicht auch nicht aus, wenn der Re­vi­si­onsführer die tatsächli­chen und/oder recht­li­chen Würdi­gun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts le­dig­lich mit for­mel­haf­ten Wen­dun­gen rügt. Bei meh­re­ren Streit­ge­genständen muss für je­den ei­ne sol­che Be­gründung ge­ge­ben wer­den. Fehlt sie zu ei­nem Streit­ge­gen­stand, ist das Rechts­mit­tel in­so­weit un­zulässig (BAG 21. März 2017 - 7 AZR 207/15 - Rn. 21 mwN).

II. Die­sen An­for­de­run­gen wird die Re­vi­si­ons­be­gründung im Hin­blick auf die Ab­wei­sung des Kla­ge­an­trags zu 3. nicht ge­recht.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat den An­trag zu 3. mit der Be­gründung ab ge­wie­sen, am Vor­lie­gen ei­nes be­fris­te­ten Ver­trags be­ste­he kein Zwei­fel. Zif­fer 2.2. des Schau­spie­ler­ver­trags vom 13./16. Ok­to­ber 2014 ent­hal­te den Be­griff der „Ver­trags­zeit“, was be­reits die Be­fris­tung die­ses Ver­trags in­di­zie­re. Der Kläger sei mit die­sem Ver­trag für die Rol­le des Kom­mis­sars „Axel Rich­ter“ aus­sch­ließlich für die zwei dort be­zeich­ne­ten Fol­gen der Kri­mi­se­rie „Der Al­te“ und für 16 da­tumsmäßig fest­ge­leg­te Dreh­ta­ge en­ga­giert wor­den. Dies stel­le ei­ne Ver­trags­be­fris­tung auf den Zeit­raum der Dreh­ta­ge vom 18. Ok­to­ber 2014 bis zum 18. No­vem­ber 2014 in Form ei­ner so­ge­nann­ten ka­len­dermäßigen Be­fris­tung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 Tz­B­fG dar.

Mit die­ser Be­gründung des Lan­des­ar­beits­ge­richts be­fasst sich die Re­vi­si­ons­be­gründung nicht. Viel­mehr setzt die Ar­gu­men­ta­ti­on des Klägers in der Re­vi­si­ons­be­gründung das Be­ste­hen ei­ner Be­fris­tungs­ab­re­de im Ver­trag vom 13./16. Ok­to­ber 2014 vor­aus.

B. Die im Übri­gen zulässi­ge Re­vi­si­on des Klägers ist un­be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge­anträge zu 1., 2., 4. und 5. im Er­geb­nis zu Recht ab­ge­wie­sen. Die­se Anträge sind zulässig, aber un­be­gründet.

I. Die Kla­ge­anträge sind zulässig. Dies gilt nicht nur für die Anträge zu 1., 2. und 4., son­dern auch für den An­trag zu 5. Er ist hin­rei­chend be­stimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die­ser An­trag rich­tet sich, wie der Kläger in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat klar­ge­stellt hat, ge­gen ei­ne in dem Schau-

 

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spie­ler­ver­trag vom 13./16. Ok­to­ber 2014 mögli­cher­wei­se ver­ein­bar­te Zweck­be­fris­tung. Mit dem in dem Kla­ge­an­trag zu 5. ge­nann­ten „Schrei­ben vom 21. No­vem­ber 2014“ ist die vor­sorg­li­che Un­ter­rich­tung des Klägers durch die Be­klag­te über den Zeit­punkt der Zweck­er­rei­chung am 18. No­vem­ber 2014 gemäß § 15 Abs. 2 Tz­B­fG ge­meint.

II. Die Kla­ge­anträge zu 1., 2., 4. und 5. sind un­be­gründet. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en hat auf­grund der in dem Schau­spie­ler­ver­trag vom 13./ 16. Ok­to­ber 2014 ver­ein­bar­ten ka­len­dermäßigen Be­fris­tung am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det. Der Kla­ge­an­trag zu 4. ist da­her nicht be­gründet. Die ge­gen die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf­grund ei­ner Zweck­be­fris­tung und der zeit­lich nach­fol­gen­den Kündi­gung vom 21. No­vem­ber 2014 ge­rich­te­ten Kla­ge­anträge zu 5. so­wie zu 1. und 2. sind da­her eben­falls un­be­gründet.

1. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht ent­schie­den, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en auf­grund der ka­len­dermäßigen Be­fris­tung in dem Schau­spie­ler­ver­trag vom 13./16. Ok­to­ber 2014 am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det hat. Zu­guns­ten des Klägers kann un­ter­stellt wer­den, dass es sich bei dem zu­letzt ge­schlos­se­nen Schau­spie­ler­ver­trag vom 13./16. Ok­to­ber 2014 um ei­nen Ar­beits­ver­trag han­delt und er des­halb in den An­wen­dungs­be­reich des Tz­B­fG fällt. Die Be­fris­tung ist auf­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt.

a) Die Be­fris­tung zum 18. No­vem­ber 2014 gilt nicht be­reits nach § 17 Satz 2 Tz­B­fG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirk­sam. Der Kläger hat de­ren Un­wirk­sam­keit recht­zei­tig in­ner­halb der Drei-Wo­chen-Frist des § 17 Satz 1 Tz­B­fG gel­tend ge­macht. Die Kla­ge­schrift vom 9. De­zem­ber 2014 ist beim Ar­beits­ge­richt am sel­ben Tag ein­ge­gan­gen. Sie wur­de der Be­klag­ten am 16. De­zem­ber 2014 und da­mit „demnächst“ iSv. § 167 ZPO zu­ge­stellt.

b) Die Be­fris­tung des Ver­trags vom 13./16. Ok­to­ber 2014 zum 18. No­vem­ber 2014 ist nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG durch die Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung sach­lich ge­recht­fer­tigt.

 

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aa) In § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ist nicht näher be­stimmt, wel­che Ei­gen­ar­ten der Ar­beits­leis­tung die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags recht­fer­ti­gen können. Den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en lässt sich ent­neh­men, dass mit dem Sach­grund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG vor al­lem ver­fas­sungs­recht­li­chen, sich aus der Rund­funk­frei­heit (Art. 5 Abs. 1 GG) und der Frei­heit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) er­ge­ben­den Be­son­der­hei­ten Rech­nung ge­tra­gen wer­den soll (BT-Drs. 14/4374 S. 19). Die Re­ge­lung kann da­her zB ge­eig­net sein, die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen mit pro­gramm­ge­stal­ten­den Mit­ar­bei­tern bei Rund­funk­an­stal­ten oder mit Bühnenkünst­lern zu recht­fer­ti­gen. Der Sach­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung ist je­doch nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers nicht auf die­se Fall­grup­pen be­schränkt. Un­ter an­de­rem ha­ben Ten­denz­un­ter­neh­men der Pres­se und der Kunst auf­grund der ver­fas­sungs­recht­li­chen Gewähr­leis­tun­gen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG eben­falls die Möglich­keit, be­fris­te­te Verträge mit sog. Ten­denzträgern bzw. künst­le­ri­schem Per­so­nal zu be­gründen (vgl. BAG 18. Mai 2016 - 7 AZR 533/14 - Rn. 18, BA­GE 155, 101; 26. Ju­li 2006 - 7 AZR 495/05 - Rn. 11 mwN, BA­GE 119, 138).

bb) Die Be­klag­te kann sich als rei­ne Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft zwar nicht auf die Rund­funk­frei­heit be­ru­fen. Sie kann je­doch die Kunst­frei­heit nach Art. 5 Abs. 3 GG für sich in An­spruch neh­men.

(1) Die Be­klag­te kann sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht auf die Rund­funk­frei­heit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG be­ru­fen. Sie hat als Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft kei­nen Ein­fluss auf die Struk­tur und Ab­fol­ge der Kri­mi­se­rie „Der Al­te“. Die Pro­gramm­ge­stal­tung liegt aus­sch­ließlich beim ZDF als Fern­seh­an­stalt.

(a) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ist die Rund­funk­frei­heit in ih­rem Kern Pro­gramm­frei­heit. Sie gewähr­leis­tet, dass der Rund­funk frei von ex­ter­ner Ein­fluss­nah­me ent­schei­den kann, wie er sei­ne pu­bli­zis­ti­sche Auf­ga­be erfüllt. Das Grund­recht steht oh­ne Rück­sicht auf die Rechts­form oder auf ei­ne kom­mer­zi­el­le oder ge­meinnützi­ge Betäti­gung nicht nur al­len natürli­chen und ju­ris­ti­schen Per­so­nen zu, die Rund­funk­pro­gram­me ver­an­s­tal-

 

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ten, son­dern auch de­nen, die nur Pro­gramm­tei­le her­stel­len. Rund­funk­frei­heit um­fasst grundsätz­lich je­de Sen­dung (BVerfG 13. Ja­nu­ar 1982 - 1 BvR 848/77 ua. - BVerfGE 59, 231, 258; 5. Ju­ni 1973 - 1 BvR 536/72 - BVerfGE 35, 202, 223; BAG 4. De­zem­ber 2013 - 7 AZR 457/12 - Rn. 18 mwN). Un­ter Pro­gramm wird ei­ne auf länge­re Dau­er an­ge­leg­te, planmäßige und struk­tu­rier­te Ab­fol­ge von Sen­dun­gen oder Beiträgen ver­stan­den. Als Ver­an­stal­ter ei­nes sol­chen Pro­gramms ist an­zu­se­hen, wer sei­ne Struk­tur fest­legt, die Ab­fol­ge plant, die Sen­dun­gen zu­sam­men­stellt und un­ter ei­ner ein­heit­li­chen Be­zeich­nung dem Pu­bli­kum an­bie­tet. Durch die­se auf das ge­sam­te Pro­gramm be­zo­ge­nen Tätig­kei­ten un­ter­schei­det er sich vom bloßen Zu­lie­fe­rer ein­zel­ner Sen­dun­gen oder Pro­gramm­tei­le. Nicht not­wen­dig ist da­ge­gen, dass der Ver­an­stal­ter das Pro­gramm selbst aus­strahlt oder die ein­zel­nen Sen­dun­gen selbst pro­du­ziert. Ob je­mand ein Pro­gramm in dem ge­nann­ten Sin­ne ver­an­stal­tet und folg­lich den Schutz des Grund­rechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ge­nießt, be­ur­teilt sich nach der tatsächlich aus­geübten Tätig­keit (BVerfG 20. Fe­bru­ar 1998 - 1 BvR 661/94 - BVerfGE 97, 298, 310; BAG 26. Ju­li 2006 - 7 AZR 495/05 - Rn. 14, BA­GE 119, 138).

(b) Rei­ne Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaf­ten, die - wie die Be­klag­te - le­dig­lich im Auf­trag von Rund­funk- und Fern­seh­an­stal­ten Beiträge oder Sen­dun­gen zu­lie­fern, können da­nach die Rund­funk­frei­heit nicht für sich in An­spruch neh­men.

(2) Zu­tref­fend hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt hin­ge­gen an­ge­nom­men, dass sich die Be­klag­te hin­sicht­lich der Pro­duk­ti­on der ein­zel­nen Fol­gen der Kri­mi­se­rie „Der Al­te“ auf die Kunst­frei­heit nach Art. 5 Abs. 3 GG be­ru­fen kann. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass das For­mat die­ser Kri­mi­se­rie ein­sch­ließlich der Drehbücher und nach dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten auch der Aus­wahl der Schau­spie­ler vom ZDF vor­ge­ge­ben wird. Die Kunst­frei­heit kann da­her zur Recht­fer­ti­gung der Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen der Be­klag­ten mit den in der Kri­mi­se­rie mit­wir­ken­den Künst­lern her­an­ge­zo­gen wer­den.

(a) Durch den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ge­re­gel­ten Sach­grund soll die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen ua. we­gen des durch die Kunst­frei­heit

 

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(Art. 5 Abs. 3 GG) ge­prägten Ge­stal­tungs­in­ter­es­ses des Ar­beit­ge­bers ermöglicht wer­den. Nach ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Be­fris­tung von Bühnen­ar­beits­verhält­nis­sen ist die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen des künst­le­risch täti­gen Bühnen­per­so­nals sach­lich ge­recht­fer­tigt, weil der Ar­beit­ge­ber auf die­se Wei­se die künst­le­ri­schen Vor­stel­lun­gen des In­ten­dan­ten mit dem von ihm dafür als ge­eig­net an­ge­se­he­nen künst­le­ri­schen Bühnen­per­so­nal ver­wirk­li­chen und dem Ab­wechs­lungs­bedürf­nis des Pu­bli­kums Rech­nung tra­gen kann (BAG 2. Au­gust 2017 - 7 AZR 601/15 - Rn. 47 mwN).

(b) Die­se Grundsätze sind nicht auf Bühnen­ar­beits­verhält­nis­se be­schränkt. 

Sie gel­ten ent­spre­chend für Fern­seh­an­stal­ten und er­stre­cken sich auch auf Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaf­ten (vgl. zur Recht­fer­ti­gung ei­ner auflösen­den Be­din­gung BAG 2. Ju­li 2003 - 7 AZR 612/02 - zu I 3 b der Gründe, BA­GE 107, 28), so­weit die­se in ei­nem ar­beits­tei­li­gen Pro­duk­ti­ons­pro­zess die zu­vor von den Fern­seh­an­stal­ten im Rah­men der Kunst­frei­heit ge­trof­fe­nen Ent­schei­dun­gen bei der Pro­duk­ti­on von Fern­seh­se­ri­en um­set­zen. Ei­ne der­ar­ti­ge Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft ist - ge­mein­sam mit der Fern­seh­an­stalt - Her­stel­le­rin ei­nes Kunst­werks. Bei ei­ner Fern­seh­se­rie han­delt es sich un­abhängig von ih­rem Ni­veau oder ih­rem künst­le­ri­schen Wert um ei­ne freie schöpfe­ri­sche Ge­stal­tung, in der Ein­drücke, Er­fah­run­gen und Er­leb­nis­se des Künst­lers durch das Me­di­um ei­ner be­stimm­ten For­men­spra­che zur un­mit­tel­ba­ren An­schau­ung ge­bracht wer­den, und da­mit um ein Kunst­werk iSd. Art. 5 Abs. 3 GG (vgl. BAG 2. Ju­li 2003 - 7 AZR 612/02 - zu I 3 b der Gründe, aaO un­ter Be­zug­nah­me auf BVerfG 24. Fe­bru­ar 1971 - 1 BvR 435/68 - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 30, 173). Wird die­ses Kunst­werk ge­mein­sam von der Fern­seh­an­stalt und ei­ner Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft in ei­nem ar­beits­tei­li­gen Pro­zess her­ge­stellt, ge­nießen so­wohl die Fern­seh­an­stalt als auch die Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft den Schutz der Kunst­frei­heit. Dies gilt auch dann, wenn das künst­le­ri­sche Kon­zept vom Dreh­buch bis zur Be­set­zung der Rol­len von der Fern­seh­an­stalt vor­ge­ge­ben wird und die Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft die­se Vor­ga­ben um­zu­set­zen hat. Auch hier­bei wird die Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft schöpfe­risch ge­stal­tend tätig. Es würde der Kunst­frei­heit nicht ge­recht, bei ei­ner sol­chen Fall­ge­stal­tung ei­ner Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft die

 

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Möglich­keit zur Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen mit Schau­spie­lern nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG vor­zu­ent­hal­ten. Müss­te die Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft Schau­spie­ler in un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­sen beschäfti­gen, könn­te sie ein veränder­tes künst­le­ri­sches Kon­zept, das die Strei­chung der von ei­nem Schau­spie­ler verkörper­ten Rol­le vor­sieht, nicht in der Wei­se um­set­zen, wie dies der Fern­seh­an­stalt als Träge­rin des Grund­rechts der Kunst­frei­heit möglich wäre, wenn die­se die Sen­dung selbst pro­du­zie­ren würde.

(c) Al­lein die Kunst­frei­heit kann al­ler­dings die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags mit ei­nem an der Er­stel­lung des Kunst­werks mit­wir­ken­den künst­le­risch täti­gen Ar­beit­neh­mer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG nicht recht­fer­ti­gen. Viel­mehr er­for­dert der Sach­grund auch die Berück­sich­ti­gung des durch Art. 12 Abs. 1 GG gewähr­leis­te­ten Min­dest­be­stands­schut­zes des be­fris­tet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mers.

(aa) Die Kunst in ih­rer Ei­genständig­keit und Ei­gen­ge­setz­lich­keit ist zwar durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vor­be­halt­los gewähr­leis­tet; we­der die „Schran­ken­tri­as“ des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG noch die Schran­ken des Art. 5 Abs. 2 GG gel­ten un­mit­tel­bar oder ana­log (BVerfG 17. Ju­li 1984 - 1 BvR 816/82 - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 67, 213). Die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen sind je­doch we­gen ih­rer durch Art. 1 Abs. 3 GG an­ge­ord­ne­ten Grund­rechts­bin­dung bei der Aus­le­gung und An­wen­dung zi­vil­recht­li­cher Nor­men (hier § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG) ge­hin­dert, das völli­ge Zurück­wei­chen ei­nes Grund­rechts zu­guns­ten ei­nes an­de­ren Grund­rechts hin­zu­neh­men. Sie sind viel­mehr ge­hal­ten, im We­ge ei­ner Güter­abwägung nach dem Grund­satz der prak­ti­schen Kon­kor­danz ei­nen Aus­gleich der je­weils wi­der­strei­ten­den grund­recht­li­chen Gewähr­leis­tun­gen her­bei­zuführen. Die­se Pflicht entfällt nicht schon des­we­gen, weil es sich bei Art. 5 Abs. 3 GG um ein vor­be­halt­los gewähr­leis­te­tes Grund­recht han­delt (vgl. BVerfG 27. Ok­to­ber 2016 - 1 BvR 458/10 - Rn. 58, BVerfGE 143, 161; 24. No­vem­ber 2010 - 1 BvF 2/05 - Rn. 147, BVerfGE 128, 1; BAG 24. Sep­tem-ber 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 47, BA­GE 149, 144). Die durch Art. 5 Abs. 3 GG gewähr­leis­te­te Kunst­frei­heit fin­det da­her ih­re Gren­zen un­mit­tel­bar in an­de­ren

 

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Be­stim­mun­gen der Ver­fas­sung, die ein in der Ver­fas­sungs­ord­nung des Grund­ge­set­zes eben­falls we­sent­li­ches Rechts­gut schützen (BVerfG 17. Ju­li 1984 - 1 BvR 816/82 - zu C III 1 der Gründe, aaO).

(bb) Dem­nach ist bei dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ge­re­gel­ten Sach­grund zu berück­sich­ti­gen, dass das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütz­te Grund­recht der Be­rufs­frei­heit des Ar­beit­neh­mers, das ei­nen Min­dest­be­stands­schutz gewähr­leis­tet, das Grund­recht der Kunst­frei­heit des Ar­beit­ge­bers be­grenzt. Das In­ter­es­se des künst­le­ri­schen Per­so­nals an un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­sen darf da­her bei der An­wen­dung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG nicht un­berück­sich­tigt blei­ben. Die durch die Rück­sicht­nah­me auf die kol­li­die­ren­den Ver­fas­sungs­wer­te not­wen­dig wer­den­de Annäherung kann nicht ge­ne­rell, son­dern nur im Ein­zel­fall durch Güter­abwägung vor­ge­nom­men wer­den. Ei­ne da­mit ein­her­ge­hen­de Be­gren­zung ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ter In­ter­es­sen darf da­bei nicht wei­ter ge­hen, als es not­wen­dig ist, um die Kon­kor­danz der wi­der­strei­ten­den Rechtsgüter her­zu­stel­len. Das Zurück­wei­chen ei­ner grund­recht­li­chen Gewähr­leis­tung muss zum Schutz der an­de­ren ge­bo­ten sein. Für die er­for­der­li­che Abwägung gibt die Ver­fas­sung kein be­stimm­tes Er­geb­nis vor. Die hier­nach vor­zu­neh­men­de Güter­abwägung be­trifft nicht den ge­sam­ten Be­reich der je­wei­li­gen ver­fas­sungs­recht­li­chen Gewähr­leis­tun­gen, son­dern ist auf den Aus­gleich der kon­kre­ten Kol­li­si­ons­la­ge be­schränkt (vgl. BAG 24. Sep­tem­ber 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 47, BA­GE 149, 144; 20. No­vem­ber 2012 - 1 AZR 179/11 - Rn. 114, 115 mwN, BA­GE 143, 354).

(cc) Dem ver­fas­sungs­recht­li­chen Min­dest­be­stands­schutz nach Art. 12 Abs. 1 GG ist da­her nicht al­lein da­durch ent­spro­chen, dass in dem durch Art. 5 Abs. 3 GG geschütz­ten Ge­stal­tungs­in­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers ei­ne künst­le­risch ge­prägte Ar­beits­leis­tung er­bracht wird. Viel­mehr ist ei­ne Abwägung der bei­der­sei­ti­gen Be­lan­ge ge­bo­ten, bei der auch das Be­stands­schutz­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an­ge­mes­sen Berück­sich­ti­gung fin­den muss. Die Abwägung ist Be­stand­teil der Sach­grund­prüfung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG. Die Kunst­frei­heit ge­nießt da­bei kei­nen ab­so­lu­ten Vor­rang. Al­ler­dings wird das durch

 

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Art. 5 Abs. 3 GG geschütz­te In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags in der Re­gel das Be­stands­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers über­wie­gen, wenn der Ar­beit­neh­mer in ver­ant­wort­li­cher Wei­se bei der Um­set­zung der künst­le­ri­schen Kon­zep­ti­on ei­nes Werks un­mit­tel­bar mit­zu­wir­ken hat. Umstände, un­ter de­nen die Ei­gen­art der künst­le­ri­schen Tätig­keit die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht zu recht­fer­ti­gen ver­mag, können sich et­wa aus der Art der künst­le­ri­schen Tätig­keit so­wie aus den Umständen, un­ter de­nen die­se zu er­brin­gen ist, er­ge­ben. Mit ei­nem Ar­beit­neh­mer, der nach dem In­halt der ge­schul­de­ten Tätig­keit kei­nen oder nur ei­nen un­maßgeb­li­chen Ein­fluss auf die Um­set­zung der künst­le­ri­schen Kon­zep­ti­on hat, kann die Be­fris­tung nicht auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG gestützt wer­den (vgl. BAG 2. Au­gust 2017 - 7 AZR 601/15 - Rn. 48).

(d) Die­se Grundsätze zur Aus­le­gung und An­wen­dung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG ent­spre­chen den Vor­ga­ben der Richt­li­nie 1999/70/EG und der in­kor­po­rier­ten EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung.

(aa) Die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen mit künst­le­risch täti­gen Ar­beit­neh­mern setzt, so­weit die Gren­zen des § 14 Abs. 2 Tz­B­fG für die sach­grund­lo­se Be­fris­tung über­schrit­ten sind und kein sons­ti­ger Sach­grund be­steht, den Sach­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG vor­aus. Da­mit ist der na­tio­na­le Ge­setz­ge­ber sei­ner Ver­pflich­tung nach­ge­kom­men, ei­ne oder meh­re­re der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rah­men­ver­ein­ba­rung ge­nann­ten Maßnah­men zu er­grei­fen, um Miss­brauch durch auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zu ver­hin­dern. Bei der „Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung“ han­delt es sich um ei­nen Sach­grund iSv. § 5 Nr. 1 Buchst. a der Rah­men­ver­ein­ba­rung. Der Be­griff „sach­li­che Gründe“ meint ge­nau be­zeich­ne­te, kon­kre­te Umstände, die ei­ne be­stimm­te Tätig­keit kenn­zeich­nen und da­her in die­sem spe­zi­el­len Zu­sam­men­hang den Ein­satz auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge recht­fer­ti­gen können. Die Umstände können sich et­wa aus der be­son­de­ren Art der Auf­ga­ben, zu de­ren Erfüllung sol­che Verträge ge­schlos­sen wur­den, und de­ren We­sens­merk­ma­len oder ggf.

 

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aus der Ver­fol­gung ei­nes le­gi­ti­men so­zi­al­po­li­ti­schen Ziels durch ei­nen Mit­glied­staat er­ge­ben (EuGH 26. Fe­bru­ar 2015 - C-238/14 - [Kom­mis­si­on/Lu­xem­burg] Rn. 44; 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 87 mwN). Die in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG vor­ge­se­he­ne Be­fris­tungsmöglich­keit be­ruht auf der be­son­de­ren Art der dem Ar­beit­neh­mer über­tra­ge­nen Auf­ga­ben. Die Rah­men­ver­ein­ba­rung er­kennt über­dies aus­weis­lich des zwei­ten und des drit­ten Ab­sat­zes ih­rer Präam­bel so­wie der Nrn. 8 und 10 ih­rer All­ge­mei­nen Erwägun­gen an, dass be­fris­te­te Ar­beits­verträge für die Beschäfti­gung in be­stimm­ten Bran­chen oder be­stimm­ten Be­ru­fen und Tätig­kei­ten cha­rak­te­ris­tisch sein können (vgl. EuGH 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 75; 3. Ju­li 2014 - C-362/13 ua. - [Fia­min­go ua.] Rn. 59; 13. März 2014 - C-190/13 - [Márquez Sa­mo­ha­no] Rn. 51). Das be­deu­tet al­ler­dings nicht, dass es dem Mit­glied­staat er­laubt ist, hin­sicht­lich ei­ner be­stimm­ten Bran­che nicht der Pflicht nach­zu­kom­men, ei­ne Maßnah­me zu er­grei­fen, die ge­eig­net ist, Miss­brauch durch auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge zu ver­hin­dern (EuGH 26. Fe­bru­ar 2015 - C-238/14 - [Kom­mis­si­on/Lu­xem­burg] Rn. 51; 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 88). Ei­ne na­tio­na­le Vor­schrift, die sich dar­auf be­schränk­te, den Rück­griff auf auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge all­ge­mein und abs­trakt durch Ge­setz zu­zu­las­sen, entspräche nicht den Er­for­der­nis­sen der Rah­men­ver­ein­ba­rung.

(bb) § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG genügt die­sen Vor­ga­ben.

Der Sach­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung nimmt kei­nen Be­ruf und kei­ne Bran­che aus. Er recht­fer­tigt die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags im Be­reich der Kunst nur bei künst­le­risch täti­gem Per­so­nal, das nach der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Tätig­keit an der Um­set­zung des künst­le­ri­schen Kon­zepts mit­wirkt und die­ses be­ein­flus­sen kann. Da­mit sind die Umstände, die ei­ne be­stimm­te Tätig­keit kenn­zeich­nen und da­her in die­sem spe­zi­el­len Zu­sam­men­hang den Ein­satz auf­ein­an­der­fol­gen­der be­fris­te­ter Ar­beits­verträge recht­fer­ti­gen können, kon­kret und ge­nau be­zeich­net. Den An­for­de­run­gen des Uni­ons­rechts, wo­nach die Ge­rich­te da­zu ver­pflich­tet sind, durch Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls aus­zu­sch­ließen, dass Ar­beit­ge­ber miss­bräuch­lich auf be­fris­te­te Ar-

 

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beits­verträge zurück­grei­fen (vgl. EuGH 21. Sep­tem­ber 2016 - C-614/15 - [Po­pes­cu] Rn. 44, 65 f.; 14. Sep­tem­ber 2016 - C-16/15 - [Pérez López] Rn. 31; 26. No­vem­ber 2014 - C-22/13 ua. - [Mas­co­lo ua.] Rn. 77, 101 f.; 3. Ju­li 2014 - C-362/13 ua. - [Fia­min­go ua.] Rn. 62; 26. Ja­nu­ar 2012 - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40), wird außer­dem durch das Er­for­der­nis ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­abwägung Rech­nung ge­tra­gen.

cc) Nach die­sen Grundsätzen hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Be­fris­tung des Schau­spie­ler­ver­trags zum 18. No­vem­ber 2014 zu Recht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG als sach­lich ge­recht­fer­tigt an­ge­se­hen.

(1) Die Be­fris­tung dient dem durch die Kunst­frei­heit ge­prägten Ge­stal­tungs­in­ter­es­se der Be­klag­ten und der Fern­seh­an­stalt ZDF als de­ren Auf­trag­ge­be­rin. Sie ermöglicht es ih­nen, das künst­le­ri­sche Kon­zept der Kri­mi­se­rie „Der Al­te“ durch Verände­rung oder Strei­chung der vom Kläger verkörper­ten Rol­le des Kom­mis­sars „Axel Rich­ter“ kurz­fris­tig wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und ggf. an ei­nen veränder­ten Pu­bli­kums­ge­schmack an­zu­pas­sen. Die Rol­le lag nach den nicht mit Ver­fah­rensrügen an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts im Kern­be­reich des künst­le­ri­schen Kon­zepts der Kri­mi­se­rie, die stark auf die Cha­rak­te­re der Er­mitt­ler be­zo­gen präsen­tiert wur­de. Un­abhängig vom quan­ti­ta­ti­ven Um­fang die­ser Rol­le in den ein­zel­nen Se­ri­en­fol­gen han­del­te es sich um ei­ne der tra­gen­den Rol­len des langjährig eta­blier­ten Kom­mis­s­ar­teams in der Fern­seh­se­rie „Der Al­te“. Der Kläger prägte durch sei­ne schau­spie­le­ri­sche Leis­tung die Se­rie maßgeb­lich mit. So­weit er sich dar­auf be­ru­fen hat, nur ge­rin­ge Freiräume für sei­ne künst­le­ri­sche Ent­fal­tung ge­habt zu ha­ben, da er zB nur den vor­ge­ge­be­nen Text spre­chen durf­te und An­wei­sun­gen des Re­gis­seurs be­fol­gen muss­te, han­delt es sich um für die Tätig­keit ei­nes (Film- und Fern­seh-) Schau­spie­lers ty­pi­sche und übli­che „Ein­schränkun­gen“, die der An­nah­me ei­ner künst­le­ri­schen Tätig­keit nicht ent­ge­gen­ste­hen.

(2) Das durch die Kunst­frei­heit ge­prägte In­ter­es­se der Be­klag­ten an der Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags mit dem Kläger über­wiegt des­sen durch Art. 12

 

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Abs. 1 GG geschütz­tes In­ter­es­se an ei­ner un­be­fris­te­ten Beschäfti­gung. Dies hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt rechts­feh­ler­frei er­kannt.

(a) Die tatrich­ter­li­che In­ter­es­sen­abwägung ist vom Re­vi­si­ons­ge­richt nur dar­auf zu über­prüfen, ob das Be­ru­fungs­ge­richt bei der Un­ter­ord­nung des Sach­ver­halts un­ter Rechts­nor­men Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungssätze ver­letzt hat und ob es al­le we­sent­li­chen Umstände wi­der­spruchs­frei berück­sich­tigt hat. Ei­ne ei­ge­ne Abwägung durch das Re­vi­si­ons­ge­richt ist dann möglich, wenn die des Be­ru­fungs­ge­richts feh­ler­haft oder un­vollständig ist und sämt­li­che re­le­van­ten Tat­sa­chen fest­ste­hen (vgl. zur In­ter­es­sen­abwägung im Rah­men von § 626 BGB: BAG 22. Ok­to­ber 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 47, BA­GE 153, 111; 20. No­vem­ber 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 24, BA­GE 150, 109; 27. Sep­tem­ber 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 42; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16).

(b) Die­sem ein­ge­schränk­ten Prüfungs­maßstab genügt die in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil vor­ge­nom­me­ne In­ter­es­sen­abwägung im Er­geb­nis.

(aa) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht berück­sich­tigt, dass dem Be­stands­schutz­in­ter­es­se des Klägers er­heb­li­ches Ge­wicht bei­zu­mes­sen ist, da er ca. 18 Jah­re lang auf­grund be­fris­te­ter Verträge in der Rol­le des Kom­mis­sars „Axel Rich­ter“ an der Kri­mi­se­rie „Der Al­te“ mit­ge­wirkt hat und der be­ruf­li­che und wirt­schaft­li­che Schwer­punkt sei­ner Tätig­keit auf die­ser Pro­duk­ti­on lag. Zu­dem hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt in Be­tracht ge­zo­gen, dass der Kläger in den ver­trags­frei­en Zeiträum­en zwi­schen den ein­zel­nen Pro­duk­tio­nen der Fol­gen oder „Blöcke“ zwar grundsätz­lich an­de­ren schau­spie­le­ri­schen Tätig­kei­ten nach­ge­hen konn­te, länger­fris­ti­ge und/oder zeit­auf­wen­di­ge En­ga­ge­ments et­wa in an­de­ren Se­ri­en­pro­duk­tio­nen oder an Thea­tern da­ge­gen - auch un­ter Berück­sich­ti­gung ihm zu­ge­stan­de­ner Sperr­ter­mi­ne - nur un­ter Schwie­rig­kei­ten rea­li­siert wer­den konn­ten.

(bb) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat das er­heb­li­che Be­stands­schutz­in­ter­es­se des Klägers mit dem auf der Kunst­frei­heit be­ru­hen­den In­ter­es­se der Be­klag­ten an der nur be­fris­te­ten Beschäfti­gung des Klägers ab­ge­wo­gen und dem In­te­res-

 

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se der Be­klag­ten den Vor­rang ein­geräumt. Dies ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Das En­ga­ge­ment des Klägers be­zog sich aus­sch­ließlich auf die Rol­le des Kom­mis­sars „Axel Rich­ter“ in der Se­rie „Der Al­te“. Er konn­te des­halb nur in die­ser Rol­le ein­ge­setzt wer­den. Zu Recht hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men, die langjähri­ge Beschäfti­gung ha­be nicht die Er­war­tung des Klägers be­gründen können, die von ihm be­setz­te Rol­le wer­de auf Dau­er be­ste­hen. Viel­mehr kann ge­ra­de ein langjährig be­ste­hen­des For­mat ei­ne Fern­seh­an­stalt da­zu ver­an­las­sen, aus künst­le­ri­schen Gründen Verände­run­gen in der per­so­nel­len „Grund­struk­tur“ der von ihr ge­sen­de­ten Se­rie vor­zu­neh­men. Die lan­ge Beschäfti­gungs­zeit muss­te die Be­klag­te, die als Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft an die künst­le­ri­schen Vor­ga­ben des ZDF un­mit­tel­bar ge­bun­den ist, des­halb nicht ver­an­las­sen, mit dem Kläger ei­nen un­be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ab­zu­sch­ließen. Bei ei­ner un­be­fris­te­ten Beschäfti­gung des Klägers hätte sie ein veränder­tes Kon­zept erst nach ei­ner - ggf. be­triebs­be­ding­ten - Kündi­gung um­set­zen können, weil der Kläger bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist auf­grund sei­nes auf die Rol­le des Kom­mis­sars „Axel Rich­ter“ zu­ge­schnit­te­nen Schau­spie­ler­ver­trags ei­ne Beschäfti­gung in der von ihm über­nom­me­nen Rol­le hätte ver­lan­gen können. Sei­ne Beschäfti­gungsmöglich­keit hing von dem Fort­be­ste­hen der Rol­le in der Fern­seh­se­rie ab. An­ders als zB bei für ei­ne oder meh­re­re Spiel­zei­ten en­ga­gier­ten Schau­spie­lern in ei­nem Bühnenen­sem­ble wäre ein an­der­wei­ti­ger Ein­satz des Klägers als Schau­spie­ler nicht möglich ge­we­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat auch zu Recht berück­sich­tigt, dass die mit dem Kläger ge­schlos­se­nen Schau­spie­ler­verträge ne­ben der Ver­ein­ba­rung be­stimm­ter Pro­duk­ti­ons­ta­ge und Zeiträume die Möglich­keit der Ver­ein­ba­rung von Sperr­ter­mi­nen vor­sa­hen, und dass zwi­schen den - zu­letzt - auf be­stimm­te Fol­gen und Pro­duk­ti­ons­zei­ten be­zo­ge­nen Schau­spie­ler­verträgen mehr­mo­na­ti­ge Un­ter­bre­chungs­zei­ten la­gen, in de­nen der Kläger an­de­re En­ga­ge­ments an­neh­men konn­te und nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts auch an­ge­nom­men hat. Dies lag auch im In­ter­es­se des Klägers, da er hier­durch sei­ne schau­spie­le­ri­schen Fähig­kei­ten auch in an­de­ren Rol­len ein­set­zen und ver­mark­ten konn­te.

 

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(3) Die vom Kläger ge­gen die tatsächli­chen Fest­stel­lun­gen und die In­ter­es­sen­abwägung des Lan­des­ar­beits­ge­richts er­ho­be­nen Ver­fah­rensrügen grei­fen nicht durch.

(a) Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO müssen Ver­fah­rensrügen die ge­naue Be­zeich­nung der Tat­sa­chen ent­hal­ten, die den Man­gel er­ge­ben, auf den sich die Re­vi­si­on stützen will. Da­zu muss auch die Kau­sa­lität zwi­schen Ver­fah­rens­man­gel und Er­geb­nis des Be­ru­fungs­ur­teils dar­ge­legt wer­den (BAG 20. April 2016 - 10 AZR 111/15 - Rn. 14, BA­GE 155, 44; 17. Fe­bru­ar 2016 - 10 AZR 600/14 - Rn. 11). Bei ei­ner auf § 286 ZPO gestütz­ten Rüge über­g­an­ge­nen Sach­vor­trags muss ge­nau an­ge­ge­ben wer­den, auf­grund wel­chen Vor­trags das Be­ru­fungs­ge­richt zu wel­chen Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen hätte ge­lan­gen müssen und dass das Ur­teil auf dem Ver­fah­rens­feh­ler be­ruht, al­so bei rich­ti­gem Ver­fah­ren mögli­cher­wei­se an­ders ent­schie­den wor­den wäre (BAG 13. No­vem­ber 2013 - 10 AZR 639/13 - Rn. 12).

(b) So­weit der Kläger rügt, es sei un­zu­tref­fend, dass er in den ver­trags-/dreh­tag­frei­en Zeiträum­en zwi­schen den ein­zel­nen Pro­duk­tio­nen/Fol­gen grundsätz­lich an­de­ren künst­le­ri­schen Tätig­kei­ten hätte nach­ge­hen können, ver­weist er zwar kon­kret auf sei­nen an­ders lau­ten­den Vor­trag, al­ler­dings oh­ne dar­zu­le­gen, hier­zu ei­nen Be­weis an­ge­tre­ten zu ha­ben. Sei­ne in der Re­vi­si­on (er­neut) auf­ge­stell­te Be­haup­tung, er ha­be sich außer­halb der Ver­trags­zeit zur Her­stel­lung ei­nes Trai­lers oder Vor­spanns zur Verfügung hal­ten müssen und die Ver­trags­zeit ha­be sich ver­schie­ben können, lässt zu­dem außer Be­tracht, dass Zu­satz­ver­pflich­tun­gen und Ver­schie­bun­gen nach den zu­letzt ge­trof­fe­nen ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen nur im Ein­ver­neh­men mit ihm möglich wa­ren. Nach sei­ner ei­ge­nen Be­rech­nung, die al­le Ta­ge, für die die Be­klag­te So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträge ab­geführt hat, als „Ar­beits­ta­ge“ bei der Be­klag­ten an­sieht, war der Kläger im Jahr 2014 nur an ei­nem Drit­tel der (im Frei­staat Bay­ern) an­ge­fal­le­nen Ar­beits­ta­ge bei der Be­klag­ten „beschäftigt“. Zu­dem trifft der Vor­trag des Klägers, er ha­be in den Zei­ten zwi­schen den Pro­duk­tio­nen nicht an­der­wei­tig künst­le­risch tätig wer­den können, nicht zu. Nach der nicht an­ge­grif­fe­nen Fest-

 

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stel­lung des Lan­des­ar­beits­ge­richts hat er ne­ben der Tätig­keit für die Be­klag­te auch an­de­re Pro­jek­te rea­li­siert.

Oh­ne Er­folg rügt der Kläger, die Fest­stel­lung des Lan­des­ar­beits­ge­richts, dass er nach dem Ver­trag „Sperr­ter­mi­ne“ hätte ver­ein­ba­ren können, tref­fe nicht zu, weil die Be­klag­te die­se nur in Aus­nah­mefällen und nur für ei­ni­ge we­ni­ge Ta­ge ak­zep­tiert hätte. Da­mit ist die Fest­stel­lung nach dem ei­ge­nen Vor­trag des Klägers nicht falsch. Außer­dem hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Möglich­keit von Sperr­ter­mi­nen nicht nur zu­las­ten des Klägers in sei­ne In­ter­es­sen­abwägung ein­be­zo­gen. Es hat viel­mehr auch zu sei­nen Guns­ten gewürdigt, dass ihm zeit­auf­wen­di­ge und/oder länger­fris­ti­ge En­ga­ge­ments, et­wa in an­de­ren Se­ri­en­pro­duk­tio­nen oder an Thea­tern, auch un­ter Berück­sich­ti­gung ihm zu­ge­stan­de­ner Sperr­ter­mi­ne al­len­falls un­ter Schwie­rig­kei­ten möglich ge­we­sen wären.

c) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klägers ist die Be­klag­te nicht nach den Grundsätzen des in­sti­tu­tio­nel­len Rechts­miss­brauchs (vgl. hier­zu et­wa BAG 17. Mai 2017 - 7 AZR 420/15 - Rn. 15; 18. Ju­li 2012 - 7 AZR 443/09 - Rn. 38, BA­GE 142, 308) ge­hin­dert, sich auf den Sach­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG zu be­ru­fen. Ei­ne der­ar­ti­ge Miss­brauchsprüfung, bei der un­ter Würdi­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls zu er­mit­teln ist, ob der Ar­beit­ge­ber ei­nen an sich ge­ge­be­nen Sach­grund für die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags da­zu nutzt, ei­nen ständi­gen und dau­er­haf­ten Ar­beits­kräfte­be­darf zu de­cken, ist nicht ver­an­lasst, wenn be­reits der Sach­grund selbst ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­abwägung ver­langt. So verhält es sich bei dem Sach­grund der Ei­gen­art der Ar­beits­leis­tung in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG.

2. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat den ge­gen ei­ne Zweck­be­fris­tung in dem Schau­spie­ler­ver­trag vom 13./16. Ok­to­ber 2014 ge­rich­te­ten Kla­ge­an­trag zu 5. so­wie die Kündi­gungs­schutz­anträge zu 1. und 2., die sich ge­gen die vor­sorg­lich aus­ge­spro­che­ne außer­or­dent­li­che, hilfs­wei­se or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 21. No­vem­ber 2014 rich­ten, zu Recht ab­ge­wie­sen. Der Kla­ge­an-

 

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trag zu 5. ist un­be­gründet, da das Ar­beits­verhält­nis auf­grund der ka­len­dermäßigen Be­fris­tung am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det hat. Glei­ches gilt für die Kündi­gungs­schutz­anträge. Da das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis be­reits auf­grund der Be­fris­tung am 18. No­vem­ber 2014 ge­en­det hat, geht die Kündi­gung ins Lee­re.

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Gräfl
Was­kow
Kiel
Dei­nert
Wicht

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