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LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 20.12.2011, 3 Sa 1505/11

   
Schlagworte: AGG: Diskriminierungsverbote, Schwerbehinderung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen: 3 Sa 1505/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 20.12.2011
   
Leitsätze:

1. Pflichtverletzungen, die der Arbeitgeber begeht, indem er Vorschriften nicht befolgt, die zur Förderung der Chancen schwerbehinderter Menschen bei der Einstellung geschaffen wurden, können bei einer Ablehnung der Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen die Vermutungswirkung des § 22 AGG herbeiführen.

2. Nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX hat der Arbeitgeber alle Beteiligten über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Zu den Beteiligten zählt auch der betroffene Bewerber (im Anschluss an BAG 18. November 2008 – 9 AZR 643/07 – Rn. 50, NZA 2009, 728). Es bleibt offen, ob sich diese Regelung nur auf den Tatbestand des § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX bezieht und damit nur die Fälle betrifft, in denen der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht erfüllt und ob eine Verletzung der sich aus § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX ergebenden Pflicht überhaupt geeignet ist, eine Indizwirkung iSd. § 22 AGG zu begründen.

3. Angesichts der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2005 – 9 AZR 635/03 -, die bislang nicht ausdrücklich aufgegeben worden ist, kann für den Bewerber aufgrund der unterbliebenen unverzüglichen Unterrichtung über die Gründe für die getroffene Entscheidung ein Anschein, dass seine Chancen im Bewerbungsverfahren geschmälert wurden oder die Auskunft deshalb unterblieb, weil die Schwerbehinderung jedenfalls auch zu seinem Nachteil berücksichtigt wurde, überhaupt nur dann entstehen, wenn der Arbeitgeber die Beschäftigungsquote des § 71 SGB IX nicht erfüllte (vgl. auch LAG Hessen 28. August 2009 – 19/3 Sa 340/08 – Juris-Rn. 55, DÖD 2010, 79). Erfüllt der Arbeitgeber nämlich die Beschäftigungsquote nach § 71 SGB IX bzw. nach § 159 SGB IX, muss der Bewerber davon ausgehen, dass die Unterrichtung allein deshalb unterblieb, weil sich der Arbeitgeber unter Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht verpflichtet hält, entsprechende Informationen zu geben.

 

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Ureil vom 19.05.2011, 59 Ca 19231/10
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg

Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)
3 Sa 1505/11

59 Ca 19231/10
Ar­beits­ge­richt Ber­lin
 

Verkündet

am 20. De­zem­ber 2011

L.
Ge­richts­beschäftig­te
als Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

 

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

 

In Sa­chen

pp


hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, 3. Kam­mer,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 20. De­zem­ber 2011
durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Lan­des­ar­beits­ge­richt S. als Vor­sit­zen­de
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter S. und M.
für Recht er­kannt:

I. Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ber­lin
vom 19. Mai 2011 - 59 Ca 19231/10 - wird auf ih­re Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

II. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.


S.  

S.  

M.

 

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob die Be­klag­te ver­pflich­tet ist, der Kläge­rin ei­ne Entschädi­gung we­gen ei­ner Be­nach­tei­li­gung zu zah­len.

Die am …. 1954 ge­bo­re­ne Kläge­rin ist bei der Be­klag­ten je­den­falls seit 1992 beschäftigt. Zu­vor war sie bei ver­schie­de­nen Mi­nis­te­ri­en der ehe­ma­li­gen DDR als Se­kretärin tätig. Sie ist mit ei­nem Grad von 50 schwer­be­hin­dert. Seit 1996 war sie als Schreib­kraft bzw. Büro-/Schreib­kraft im B. tätig. Sie er­ziel­te ein Brut­to­mo­nats­ge­halt in Höhe von et­wa 2.500,00 Eu­ro.

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Nach den An­ga­ben in ei­nem Schrei­ben des In­te­gra­ti­ons­fach­diens­tes O. vom 28. Ok­to­ber 2010 (Bl. 240 bis 241 der Ak­te) wur­de in ei­nem Gespräch zum be­trieb­li­chen Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment am 1. De­zem­ber 2009 fest­ge­legt, dass der „Ar­beit­ge­ber“ ei­ne Ar­beits­auf­nah­me der Kläge­rin in ei­ner an­de­ren Bun­des­behörde un­terstützen soll. Das B. adres­sier­te ein Schrei­ben vom 8. De­zem­ber 2009 ua. an den Deut­schen B./Ver­wal­tung. In dem Schrei­ben heißt es aus­zugs­wei­se:

im Hin­blick auf die Ent­schei­dung des BAG vom 13.8.2009 – 6 AZR 330/08 – bit­te ich zu prüfen, ob für ei­ne Mit­ar­bei­te­rin mei­nes Hau­ses zur Ab­wen­dung ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung in Ih­rem Haus oder ggf. in ei­ner Ih­nen nach­ge­ord­ne­ten Behörde am Stand­ort Ber­lin die Möglich­keit ei­ner dau­er­haf­ten Beschäfti­gung be­steht.
Der seit 1996 im B. beschäftig­ten und als schwer­be­hin­dert mit ei­nem Grad der Be­hin­de­rung von 50% an­er­kann­ten Mit­ar­bei­te­rin wur­de von Sei­ten ih­rer be­han­deln­den Ärz­te zur Sta­bi­li­sie­rung ih­res Ge­sund­heits­zu­stan­des drin­gend ge­ra­ten, die Beschäfti­gungs­dienst­stel­le zu wech­seln. Die Mit­ar­bei­te­rin be­fin­det sich z.Zt. im Er­ho­lungs­ur­laub.
Zu Ih­rer In­for­ma­ti­on füge ich ei­nen an­ony­mi­sier­ten Per­so­nal­bo­gen bei, der al­le we­sent­li­chen Da­ten enthält.“

We­gen des wei­te­ren In­halts des Schrei­bens und des In­halts des bei­gefügten Le­bens­lau­fes wird auf die An­la­ge B2, Bl. 242 bis 244 der Ak­te, Be­zug ge­nom­men.

Der Deut­sche B. veröffent­lich­te am 11. Ju­ni 2010 auf sei­ner Web­sei­te ei­ne Stel­len­aus­schrei­bung für ei­ne Stel­le als Zweit­sekretärin/Zweit­sekretär für das Büro ei­ner Vi­ze­präsi­den­tin/ei­nes Vi­ze­präsi­den­ten des Deut­schen B. Auf den In­halt der Aus­schrei­bung wird ver­wie­sen (An­la­ge K1, Bl. 5 bis 7 der Ak­te). Es han­del­te sich um die Stel­le der Zweit­sekretärin/des Zweit­sekretärs für das Büro der Vi­ze­präsi­den­tin des Deut­schen B. Frau P. P.. Un­ter dem 8. Ju­ni 2010 hat­te der Deut­sche B. die­se Stel­le bei der Agen­tur für Ar­beit M. ge­mel­det und um Prüfung und Be­nen­nung ge­eig­ne­ter Be­wer­ber/in­nen ge­be­ten (An­la­ge B1 Bl. 34 der Ak­te). Es war ein Ver­mitt­lungs­auf­trag (An­la­ge B1, Bl. 33 der Ak­te) ge­stellt wor­den.

Mit Schrei­ben vom 25. Ju­ni 2010 be­warb sich die Kläge­rin un­ter Beifügung ih­res Le­bens­lau­fes um die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le. Die Kläge­rin teil­te in dem Schrei­ben mit, sie sei be­last­bar und trotz Schwer­be­hin­de­rung mit ei­nem Grad der Be­hin­de­rung von 50 voll ein­satzfähig, bei den Ar­beits­zei­ten sei sie un­abhängig und fle­xi­bel.

Die Kläge­rin wur­de zu ei­nem Vor­stel­lungs­gespräch ein­ge­la­den, das am 20. Au­gust 2010 statt­fand. Sie er­schien zu die­sem Gespräch in Be­glei­tung von Frau R. vom

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In­te­gra­ti­ons­fach­dienst O. An dem Vor­stel­lungs­gespräch nah­men ne­ben der Kläge­rin und Frau R. ca. 10 wei­te­re Per­so­nen teil, ua. die Be­hin­der­ten­be­auf­trag­te des Deut­schen B. Frau L.. Mit Schrei­ben vom 1. Sep­tem­ber 2010 (Bl. 14 der Ak­te), auf des­sen In­halt Be­zug ge­nom­men wird, teil­te der Deut­sche B. der Kläge­rin mit, dass sich die Aus­wahl­kom­mis­si­on un­ter Be­tei­li­gung der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung der Ver­wal­tung des Deut­schen B. für ei­ne an­de­re Be­wer­be­rin/an­de­ren Be­wer­ber ent­schie­den ha­be.

Die Kläge­rin mach­te mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 25. Ok­to­ber 2010 ge­genüber dem Deut­schen B. ei­nen im­ma­te­ri­el­len Scha­dens­er­satz­an­spruch gel­tend. In dem Schrei­ben wird ua. aus­geführt, es stel­le ein In­diz für die Dis­kri­mi­nie­rung dar, dass in der Ab­sa­ge nicht dar­ge­legt wor­den sei, wes­halb die Be­wer­bung ab­ge­lehnt wor­den und ei­ne Ent­schei­dung für ei­nen an­de­ren Be­wer­ber er­folgt sei. Der Scha­dens­er­satz­an­spruch könne nur ab­ge­wandt wer­den, wenn es ge­richt­lich nach­prüfba­re Gründe ge­be, die Be­klag­te ha­be das Recht, aber auch die Pflicht zur vor­he­ri­gen Stel­lung­nah­me und Recht­fer­ti­gung, dies könne sie nur durch Über­las­sung der Ak­te und Be­wei­sen, dass die Schwer­be­hin­de­rung der Kläge­rin an­ge­mes­sen gewürdigt und war­um trotz­dem ein an­de­rer Be­wer­ber ge­nom­men wor­den sei. Der da­ma­li­ge An­walt der Kläge­rin gab dem Deut­schen B. Ge­le­gen­heit, sich bis zum 11. No­vem­ber 2010 zu erklären und die vollständi­ge Ak­te in Ko­pie zu über­sen­den. Im Übri­gen wird auf den In­halt des Schrei­bens Be­zug ge­nom­men (An­la­ge K5, Bl. 15 bis 16 der Ak­te). Der Deut­sche Bun­des­tag wies den An­spruch mit Schrei­ben vom 10. De­zem­ber 2010 (An­la­ge K6, Bl. 8 der Ak­te) zurück. In dem Schrei­ben heißt es, die Kläge­rin ha­be in dem Vor­stel­lungs­gespräch kei­nen über­zeu­gen­den Ein­druck hin­ter­las­sen. Fer­ner wur­de dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der An­teil der Schwer­be­hin­der­ten in der B.ver­wal­tung bei 8,7 Pro­zent lie­ge und da­her ei­ne Rechts­pflicht zur Be­gründung der Aus­wah­l­ent­schei­dung nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX nicht be­ste­he.

Ein­ge­stellt wur­de Frau M. N.. Auf den In­halt der Frau N. und der Kläge­rin er­teil­ten Schul- und Prüfungs­zeug­nis­se wird ver­wie­sen (An­la­gen B4 bis B10, Bl. 101 bis 113 der Ak­te).

Mit ih­rer am 16. De­zem­ber 2010 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen und der Be­klag­ten nicht vor dem 22. De­zem­ber 2010 zu­ge­stell­ten Kla­ge hat die Kläge­rin die Zah­lung ei­ner an­ge­mes­se­nen Entschädi­gung, min­des­tens in Höhe von 7.500,00 Eu­ro, be­gehrt.

Die Kläge­rin hat be­haup­tet, sie ha­be in dem Vor­stel­lungs­gespräch ei­nen gu­ten Ein­druck ge­macht, dies ha­be auch Frau R. bestätigt. Sie hat fer­ner mit Nicht­wis­sen be­strit­ten, dass der Schwer­be­hin­der­ver­tre­tung nach Ab­lauf der Aus­schrei­bungs­frist die

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ein­ge­gan­ge­nen Be­wer­bungs­un­ter­la­gen der schwer­be­hin­der­ten Be­wer­ber zur Kennt­nis ge­bracht wor­den sei­en und dass die Be­klag­te die Schwer­be­hin­der­ten­quo­te ein­hal­te. Die Kläge­rin hat wei­ter im We­sent­li­chen vor­ge­tra­gen: Der Um­stand, dass die Be­klag­te in der Ab­sa­ge nicht dar­ge­legt ha­be, war­um die Be­wer­bung ab­ge­lehnt wor­den sei, sei ein In­diz für die Dis­kri­mi­nie­rung. Nach § 81 Abs. 1 SGB IX be­ste­he ei­ne Prüfpflicht. Die Be­haup­tung der Be­klag­ten zur Erfüllung der Schwer­be­hin­der­ten­quo­te müsse die­se durch ei­ne neu­tra­le Stel­le oder durch Vor­la­ge ei­ner Sta­tis­tik be­wei­sen. Ein In­diz für die Dis­kri­mi­nie­rung sei auch, dass die Auf­for­de­rung, den Grund mit­zu­tei­len und die Aus­wah­l­ent­schei­dungs­un­ter­la­gen ein­zu­se­hen, ab­ge­lehnt wor­den sei. Sie gehöre auch zum Über­hang­per­so­nal ei­ner Bun­des­behörde. Des­halb und we­gen ih­rer Schwer­be­hin­de­rung hätte sie be­vor­zugt ein­ge­stellt wer­den müssen, es sei denn die Be­klag­te könne nach­wei­sen, dass der an­de­re Be­wer­ber we­sent­lich bes­ser sei. Ein In­diz für die Dis­kri­mi­nie­rung sei auch die vor­he­ri­ge Aus­sor­tie­rung ih­rer Be­wer­bung. Das B. ha­be nämlich mit Schrei­ben vom 8. De­zem­ber 2009 den Straf­tat­be­stand des rufschädi­gen­den Ver­hal­tens erfüllt. Das Schrei­ben sei dem Deut­schen B. zu­ge­gan­gen, da die B.mit­ar­bei­te­rin den Rück­ruf ver­merkt ha­be. Es ge­be die Ver­mu­tung, dass die Krank­heit, al­so ih­re Be­hin­de­rung, der Ab­leh­nungs­grund ge­we­sen sei, und sie we­gen der vor­he­ri­gen Mit­tei­lung und der vor­he­ri­gen in­ter­nen Vor­aus­wahl gar kei­ne Chan­ce ge­habt ha­be. Ein wei­te­res In­diz sei die Fra­ge nach der Schwer­be­hin­de­rung und Krank­hei­ten im Be­wer­bungs­gespräch. In dem Vor­stel­lungs­gespräch sei sie nach der Schwer­be­hin­de­rung und des­sen Grund ge­fragt wor­den. Sie sei kon­kret nach ih­re Be­hin­de­rung ge­fragt wor­den, ob­wohl sie die Be­hin­de­rung be­reits in ih­rem Be­wer­bungs­schrei­ben erwähnt ge­habt ha­be. Das B. sei auch ver­pflich­tet ge­we­sen, ihr ei­nen Ar­beits­platz gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX frei­zu­ma­chen. Die von der Be­klag­ten be­vor­zug­te Be­wer­be­rin sei nicht qua­li­fi­zier­ter als sie. Die bei­den an­de­ren ein­ge­la­de­nen Be­wer­be­rin­nen sei­en we­sent­lich jünger als sie, die Be­klag­te könne jun­ge Be­wer­be­rin­nen be­vor­zu­gen, weil die­se nach dem TvÖD we­ni­ger Ge­halt be­kom­men Es dränge sich der Ver­dacht auf, dass Frau N. ein­ge­stellt wor­den sei, weil die Be­klag­te dafür ein Ver­mitt­lungs­geld be­kom­men ha­be, weil Frau N. ar­beits­los ge­we­sen sei. Sie sei älter als Frau N. und ha­be mehr Be­rufs­er­fah­run­gen. Der Be­klag­ten ob­lie­ge der Be­weis, dass die an­de­re Be­wer­be­rin/der an­de­re Be­wer­ber bes­ser oder sehr viel bes­ser ge­we­sen sei und es kei­ne gleich ge­eig­ne­ten schwer­be­hin­der­te Be­wer­be­rin ge­ge­ben ha­be.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung gemäß § 15 Abs. 2 AGG, de­ren Höhe in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird, min­des­tens aber 7.500,00 Eu­ro, nebst Zin­sen in

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Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechtshängig­keit zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat be­haup­tet, sie ha­be vor der Aus­schrei­bung der Stel­le ge­prüft, ob der Ar­beits­platz mit ei­nem schwer­be­hin­der­ten Men­schen be­setzt wer­den könne. Nach Ab­lauf der Be­wer­bungs­frist ha­be sie al­le ein­ge­gan­ge­nen Be­wer­bungs­un­ter­la­gen der­je­ni­gen Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber, die auf ih­re Schwer­be­hin­de­rung hin­ge­wie­sen hätten, der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung zur Kennt­nis ge­bracht. Die Ver­trau­ens­frau ha­be dann mit Schrei­ben vom 16. Ju­li 2010 der Ver­wal­tung mit­ge­teilt, wel­che schwer­be­hin­der­ten Per­so­nen das An­for­de­rungs­pro­fil erfüll­ten und ein­ge­la­den wer­den soll­ten. Die Kläge­rin ha­be bei dem Vor­stel­lungs­gespräch kei­nen gu­ten Ein­druck ge­macht. Nach dem Ein­druck der Aus­wahl­kom­mis­si­on sei die Kläge­rin deut­lich schlech­ter als die letzt­lich aus­gewähl­te Be­wer­be­rin. In dem re­le­van­ten Zeit­raum ha­be sie ins­ge­samt 2.765 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter beschäftigt, von de­nen 218 Per­so­nen als schwer­be­hin­dert an­er­kannt sei­en oder sol­chen gleich­ge­stellt sei­en. Der An­teil der beschäftig­ten Schwer­be­hin­der­ten ha­be da­her bei 8,7 Pro­zent ge­le­gen. Die Be­klag­te hat die An­sicht ver­tre­ten, sie sei nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, der Kläge­rin die Gründe für die Ab­leh­nung mit­zu­tei­len, weil sie ih­rer Pflicht zur Beschäfti­gung schwer­be­hin­der­ter Men­schen nach­ge­kom­men sei. Die Kläge­rin ha­be nicht zum Über­hang­per­so­nal gehört. Das B. gehöre nicht zum Per­so­nal­ab­bau­be­reich iSd. § 19 Haus­halts­ge­setz. Das Schrei­ben vom 8. De­zem­ber 2009 sei dem Deut­schen B. nicht zu­ge­gan­gen. Die Kläge­rin sei in dem Vor­stel­lungs­gespräch nicht nach dem Grund der Schwer­be­hin­de­rung ge­fragt wor­den. Schwer­be­hin­der­te Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­ber würden im Rah­men des Vor­stel­lungs­gesprächs durch die Ver­trau­ens­frau der schwer­be­hin­der­ten Men­schen le­dig­lich da­nach ge­fragt, ob im Hin­blick auf die of­fen­ge­leg­te Schwer­be­hin­de­rung spe­zi­el­le Hilfs­mit­tel bei der Erfüllung des Ar­beits­plat­zes er­for­der­lich sei­en. Der B.ver­wal­tung sei­en im Vor­feld der Per­so­nal­aus­wahl auch we­der die Fehl­zei­ten der Kläge­rin noch sons­ti­ge Be­las­tun­gen aus dem be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis of­fen­ge­legt wor­den.

Im Schrift­satz vom 25. Fe­bru­ar 2011 hat die Be­klag­te vor­sorg­lich zu den Gründen der von ihr ge­trof­fe­nen Aus­wah­l­ent­schei­dung vor­ge­tra­gen. Sie hat vor­ge­tra­gen, die Per­so­nal­aus­wah­l­ent­schei­dung sei nach Maßga­be der Eig­nung, Befähi­gung und fach­li­chen Leis­tun­gen der zum Be­wer­bungs­gespräch er­schie­ne­nen vier Be­wer­be­rin­nen ge­trof­fen wor­den. Die Eig­nung im en­ge­ren Sin­ne sei auf der Grund­la­ge der Schul­ab­schluss- so­wie der

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Be­rufs­ab­schluss­zeug­nis­se und den Ein­drücken aus dem Vor­stel­lungs­gespräch er­mit­telt wor­den. Zur Er­mitt­lung der Befähi­gung sei­en die be­ruf­li­chen Er­fah­run­gen so­wie das durch be­ruf­li­che Wei­ter­bil­dun­gen ge­won­ne­ne fach­li­che Wis­sen und die Ein­drücke aus dem Vor­stel­lungs­gespräch her­an­ge­zo­gen wor­den. Im Rah­men

des Vor­stel­lungs­gespräches sei­en sechs The­men­kom­ple­xe für die Er­mitt­lung der Eig­nung, Befähi­gung und fach­li­chen Leis­tung zu­grun­de ge­legt wor­den. We­gen der wei­te­ren dies­bezügli­chen Ausführun­gen wird auf den Schrift­satz vom 25. Fe­bru­ar 2011, Sei­ten 7 bis 12, Bl. 89 bis 94 der Ak­te, Be­zug ge­nom­men.

Das Ar­beits­ge­richt hat durch Ur­teil vom 19. Mai 2011 die Kla­ge ab­ge­wie­sen und zur Be­gründung im We­sent­li­chen aus­geführt: Ein Entschädi­gungs­an­spruch nach § 15 AGG be­ste­he nicht. Es würden kei­ne In­di­zi­en für ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des vor­lie­gen. Die Be­klag­te sei nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, die Ab­sa­ge­ent­schei­dung ge­genüber der Kläge­rin zu be­gründen. Die Ver­pflich­tung nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX be­ste­he nur, wenn der Ar­beit­ge­ber sei­ne sich aus § 71 SGB IX er­ge­ben­de Beschäfti­gungs­pflicht nicht erfülle. Es sei da­von aus­zu­ge­hen, dass die Be­klag­te ih­re Beschäfti­gungs­pflicht erfülle. Aus der von der Kläge­rin selbst ein­ge­reich­ten Auf­stel­lung aus dem Jahr 2003 (Bl. 138 der Ak­te) er­ge­be sich nämlich, dass die Quo­te be­reits im Jahr 2002 er­reicht wor­den sei und im Jahr 2003 auf 5,4% ge­stei­gert wor­den sei. Dem Vor­trag der Be­klag­ten in der münd­li­chen Ver­hand­lung, man ha­be die Quo­te in den ver­gan­ge­nen Jah­ren re­gelmäßig ge­stei­gert, sei die Kläge­rin nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten. Es stel­le kein In­diz für ei­ne Be­nach­tei­li­gung dar, dass die aus­gewähl­te Be­wer­be­rin jünger als die Kläge­rin sei. Nach Über­zeu­gung der Kam­mer sei die Kläge­rin auch im Vor­stel­lungs­gespräch nicht nach dem Grund der Be­hin­de­rung ge­fragt wor­den. Auf aus­drück­li­che Nach­fra­ge in der münd­li­chen Ver­hand­lung am 19. Mai 2011 ha­be die Kläge­rin viel­mehr aus­geführt, man ha­be sie nach der Er­for­der­lich­keit von Hilfs­mit­teln ge­fragt und da­nach, ob sie die Tätig­keit der aus­ge­schrie­be­nen Stel­le ausführen könne und bei­spiels­wei­se in der La­ge sei, Über­stun­den zu leis­ten. Ei­ne sol­che Fra­ge ha­be mit Dis­kri­mi­nie­rung aber nichts zu tun. Da kei­ne Be­wei­ser­leich­te­rung ein­grei­fe, sei die Kläge­rin ver­pflich­tet ge­we­sen, die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Entschädi­gungs­an­spruchs im vol­len Um­fang dar­zu­le­gen. Dies ha­be sie nicht ge­tan.

Im Übri­gen wird auf die Ent­schei­dungs­gründe des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ver­wie­sen, Bl. 149 bis 153 der Ak­te.

Ge­gen das der Kläge­rin am 20. Ju­ni 2011 zu­ge­stell­te Ur­teil hat die­se mit beim Lan­des­ar­beits­ge­richt am 19. Ju­li 2011 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit beim Lan­des­ar­beits­ge­richt am 19. Au­gust 2011 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.

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Die Kläge­rin trägt zur Be­gründung der Be­ru­fung im We­sent­li­chen vor: Das Ar­beits­ge­richt sei feh­ler­haft da­von aus­ge­gan­gen, dass die Be­klag­te ih­rer Pflicht zur Beschäfti­gung be­hin­der­ter Men­schen im vol­len Um­fang nach­kom­me. Dies sei durch das Ar­beits­ge­richt nicht er­mit­telt wor­den. Die ver­wen­de­te Sta­tis­tik be­zie­he sich auf den 31. Ok­to­ber 2003, neue­re Sta­tis­ti­ken sei­en nicht er­mit­telt wor­den, ob­wohl sol­che exis­tie­ren. – Die Kläge­rin reicht in­so­weit Auszüge aus dem Be­richt über die Beschäfti­gung schwer­be­hin­der­ter Men­schen im öffent­li­chen Dienst des Bun­des vom 22. März 2006 ein (An­la­ge B1, Bl. 173 bis 207 der Ak­te). – Der Be­klag­ten­ver­tre­ter ha­be im Ter­min die Be­haup­tung auf­ge­stellt, es ge­be ei­nen ganz ak­tu­el­len Be­richt über die Beschäfti­gung schwer­be­hin­der­ter Men­schen im B.. Es wäre die Pflicht der Be­klag­ten aus § 81 SGB IX ge­we­sen, die­sen Be­richt vor­zu­le­gen, da die Be­klag­te ih­re Beschäfti­gungs­quo­te nach­wei­sen müsse. Das Ge­richt hätte aus­ge­hend von sei­ner Auf­fas­sung zu § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX Be­weis er­he­ben müssen. Das Ge­richt ha­be ih­re über­zeu­gen­de Dar­stel­lung, dass auch ge­zielt nach ih­ren Er­kran­kun­gen und der Be­hin­de­rung ge­fragt wor­den sei, nicht be­ach­tet. Mit der Fra­ge im Vor­stel­lungs­gespräch, ob sie spe­zi­el­le Hilfs­mit­tel bei der Ausübung der an­ge­streb­ten Tätig­keit benöti­ge, ob sie in der La­ge sei, Über­stun­den zu leis­ten, sei sie im Er­geb­nis aus­ge­forscht wor­den. Hier­durch sei ver­sucht wor­den, den Grund der Be­hin­de­rung zu er­for­schen. Be­reits vor dem Vor­stel­lungs­gespräch ha­be ein ver­ba­ler An­griff durch die Be­hin­der­ten­be­auf­trag­te Frau L. statt­ge­fun­den, die Frau R. im ag­gres­si­ven Ton ge­fragt ha­be, wer sie sei, was sie wol­le und er­mahnt ha­be, dass Frau R. sich nicht zur Teil­nah­me ge­mel­det ha­be. Die Kläge­rin meint, sie ha­be In­di­zi­en, die ei­ne Be­nach­tei­li­gung ver­mu­ten las­sen, dar­ge­legt und be­wie­sen. Sie sei of­fen­sicht­lich we­gen ih­res Al­ters und ih­rer Be­hin­de­rung be­nach­tei­ligt wor­den. Um be­ur­tei­len zu können, ob der Be­ur­tei­lungs­spiel­raum nach Art. 33 Abs. 2 GG ge­wahrt sei, müss­ten die Gründe, die zur Ab­leh­nung führ­ten, von der Behörde mit­ge­teilt wer­den oder we­nigs­tens müsse Ak­ten­ein­sicht gewährt wer­den. Bei­des sei nicht ge­sche­hen. In­di­zi­en für die Dis­kri­mi­nie­rung sei­en auch: Es sei ei­ne jünge­re Be­wer­be­rin vor­ge­zo­gen wor­den, die zur­zeit we­der aus dem Öffent­li­chen Dienst ge­kom­men sei, da die­se ge­rin­ge­re Bezüge er­hal­te und hin­sicht­lich der Kündi­gungs­zeit und an­de­rer Kri­te­ri­en fle­xi­bler zu hand­ha­ben sei, ob­wohl älte­re Be­wer­be­rin­nen we­sent­lich bes­se­re Be­rufs­er­fah­run­gen ha­ben. Die Be­klag­te ha­be nur auf die No­ten der Be­wer­ber ab­ge­stellt, da­ne­ben sei aber auch die Be­rufs­er­fah­rung zu berück­sich­ti­gen. Die Be­klag­te ha­be ge­gen das Prin­zip der Bes­ten­aus­le­se ver­s­toßen.

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Die Kläge­rin und Be­ru­fungs­be­klag­te be­an­tragt,

un­ter Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 19. Mai 2011 – 59 Ca 19231/10 – die Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin und Be­ru­fungskläge­rin ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung gemäß § 15 Abs. 2 AGG, de­ren Höhe in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird, min­des­tens aber in Höhe von 7.500,00 Eu­ro, nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 25. Ok­to­ber 2010 zu zah­len.


Die Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ver­tei­digt un­ter Wie­der­ho­lung ih­res Vor­brin­gens das erst­in­stanz­li­che Ur­teil. Sie meint fer­ner, durch die von der Kläge­rin vor­leg­ten Sta­tis­ti­ken wer­de ihr Vor­trag zur Erfüllung der Beschäfti­gungs­quo­te ge­ra­de un­terstützt. Die Aus­wah­l­ent­schei­dung sei al­lein un­ter Be­ach­tung der Kri­te­ri­en Eig­nung, Befähi­gung und fach­li­cher Leis­tung er­folgt. Frau N. sei nach die­sen Kri­te­ri­en bes­ser als die Kläge­rin für die Stel­le qua­li­fi­ziert ge­we­sen.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie auf den Tat­be­stand der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung und die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten bei­der In­stan­zen Be­zug ge­nom­men.

 

Ent­schei­dungs­gründe

A. Die Be­ru­fung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b ArbGG statt­haft und gemäß §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519 Abs. 1 und Abs. 2, 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO frist- und form­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den.

B. Die Be­ru­fung ist nicht be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Der Kläge­rin steht kein An­spruch auf Zah­lung ei­ner Entschädi­gung zu.

I. Die Kla­ge ist zulässig.

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1. Der auf Zah­lung ei­ner Entschädi­gung ge­rich­te­te Kla­ge­an­trag ist hin­rei­chend be­stimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass die Kläge­rin die Höhe der von ihr be­gehr­ten Entschädi­gung in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt hat. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung in Geld ver­langt wer­den. Dem Ge­richt wird da­mit hin­sicht­lich der Höhe der Entschädi­gung ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum ein­geräumt. Steht dem Ge­richt ein sol­cher hin­sicht­lich der Entschädi­gungshöhe zu bzw. hängt die Be­stim­mung ei­nes Be­tra­ges vom bil­li­gen Er­mes­sen des Ge­richts ab, ist ein un­be­zif­fer­ter Zah­lungs­an­trag zulässig. Die Kläge­rin muss al­ler­dings Tat­sa­chen, die das Ge­richt bei der Be­stim­mung des Be­tra­ges her­an­zie­hen soll, be­nen­nen und die Größen­ord­nung der gel­tend ge­mach­ten For­de­rung an­ge­ben (vgl. BAG 28. April 2011 – 8 AZR 515/10 – Rn. 17, NJW 2011, 2458; 22. Ok­to­ber 2009 - 8 AZR 642/08 - AP AGG § 15 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 4).

2. Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind erfüllt. Die Kläge­rin hat ei­nen Sach­ver­halt dar­ge­legt, der dem Ge­richt die Fest­set­zung der Höhe ei­ner Entschädi­gung ermöglicht, und An­ga­ben zur Größen­ord­nung die­ser Entschädi­gung getätigt, in dem sie ei­nen Min­dest­be­trag von 7.500,00 Eu­ro for­dert.
II. Die Kla­ge ist un­be­gründet. Die Kläge­rin hat kei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­ner Entschädi­gung aus § 15 Abs. 2 AGG bzw. aus § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX.

1. Die Kläge­rin hat al­ler­dings ei­nen Entschädi­gungs­an­spruch nach § 15 Abs. 2 AGG in­ner­halb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG schrift­lich, nämlich mit Schrei­ben vom 25. Ok­to­ber 2010, ge­genüber der Be­klag­ten gel­tend ge­macht und die Kla­ge­frist des § 61b Abs. 1 ArbGG ein­ge­hal­ten.

2. Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Entschädi­gungs­an­spruch lie­gen aber nicht vor.

a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann der oder die Beschäftig­te we­gen ei­nes Scha­dens, der nicht Vermögens­scha­den ist, ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung in Geld ver­lan­gen. Der Entschädi­gungs­an­spruch setzt ei­nen Ver­s­toß ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot gemäß § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG vor­aus. Dies stellt § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zwar nicht aus­drück­lich klar, er­gibt sich aber aus dem Ge­samt­zu­sam­men­hang der Be­stim­mun­gen in § 15 AGG. Gemäß § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftig­te nicht we­gen ei­nes der in § 1 AGG ge­nann­ten Merk­ma­le be­nach­tei­ligt wer­den (BAG 28. April 2011 – 8 AZR 515/10 – Rn. 21, NJW 2011, 2458; 17. De­zem­ber 2009 – 8 AZR 670/08 – Rn. 14, NZA 2010, 383; 22. Ja­nu­ar 2009 - 8 AZR 906/07 - mwN, EzA § 15 AGG Nr. 1). Nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der ab 18. Au­gust 2006 gel­ten­den Fas­sung dürfen Ar­beit­ge­ber

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schwer­be­hin­der­te Beschäftig­te nicht we­gen ih­rer Be­hin­de­rung be­nach­tei­li­gen. Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX gel­ten hier­zu die Re­ge­lun­gen des eben­falls am 18. Au­gust 2006 in Kraft ge­tre­te­nen AGG. Ein Ver­s­toß ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot des § 81 Abs. 2 SGB IX be­gründet nach § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 SGB IX ei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­ner an­ge­mes­se­nen Entschädi­gung in Geld we­gen ei­nes Scha­dens, der nicht Vermögens­scha­den ist (BAG 19. Au­gust 2010 – 8 AZR 370/09 – Rn. 21, NZA 2011, 200).

b) Die Be­klag­te hat we­der ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot gemäß § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG noch ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot gemäß § 81 Abs. 2 SGB IX ver­s­toßen.

aa) Die Kläge­rin ist Beschäftig­te iSd. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG, weil sie Ar­beit­neh­me­rin der Be­klag­ten ist und sich im Übri­gen auf ei­ne von der Be­klag­ten aus­ge­schrie­be­ne Stel­le be­wor­ben hat. Die Be­klag­te ist Ar­beit­ge­be­rin ISv. § 6 Abs. 2 AGG.

bb) Die Kläge­rin be­ruft sich auf ei­ne un­mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung aus Gründen ih­rer Schwer­be­hin­de­rung und ih­res Al­ters. Sie hat al­ler­dings kei­ne In­di­zi­en vor­ge­tra­gen, die ver­mu­ten las­sen, dass die Be­klag­te ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot nach § 7 Abs. 1 AGG bzw. § 81 Abs. 2 SGB IX ver­s­toßen hat.

(1) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt ei­ne un­mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung vor, wenn ei­ne Per­son we­gen ei­nes in § 1 ge­nann­ten Grun­des ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung erfährt, als ei­ne an­de­re Per­son in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on erfährt, er­fah­ren hat oder er­fah­ren würde.

(2) Zu­guns­ten der Kläge­rin wird da­von aus­ge­gan­gen, dass sie ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung er­fah­ren hat als ei­ne an­de­re Per­son in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on, weil ih­re Be­wer­bung an­ders als die von Frau M. N. ab­ge­lehnt wur­de.

(3) Die Kläge­rin hat aber nicht in aus­rei­chen­der Wei­se dar­ge­legt, dass sie die we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung we­gen ei­nes der in § 1 AGG ge­nann­ten Gründe oder we­gen ih­rer Schwer­be­hin­de­rung er­fah­ren hat.

(a) Der in § 3 Abs. 1 AGG bzw. § 3 Abs. 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 SGB IX ge­for­der­te Kau­sal­zu­sam­men­hang zwi­schen dem Nach­teil und dem Dis­kri­mi­nie­rungs­merk­mal ist ge­ge­ben, wenn die Un­gleich­be­hand­lung an ei­nen der in § 1 AGG ge­nann­ten oder meh­re­rer der in § 1 AGG ge­nann­ten Gründe oder an die Schwer­be­hin­de­rung an­knüpft oder durch sie mo­ti­viert ist. Aus­rei­chend ist, dass das Dis­kri­mi­nie­rungs­merk­mal Be­stand­teil ei­nes

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Mo­tivbündels ist, das die Ent­schei­dung be­ein­flusst hat. Auf ein schuld­haf­tes Han­deln oder gar ei­ne Be­nach­tei­li­gungs­ab­sicht kommt es nicht an (vgl. BAG 19. Au­gust 2010 – 8 AZR 530/09 – Rn. 54, NZA 2010, 1412; 22. Ja­nu­ar 2009 - 8 AZR 906/07 - AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

(b) Nach der all­ge­mei­nen Dar­le­gungs- und Be­weis­last­re­gel muss grundsätz­lich der­je­ni­ge, der ei­nen An­spruch gel­tend macht, die an­spruchs­be­gründen­den Tat­sa­chen dar­le­gen und be­wei­sen (BAG 17. Au­gust 2010 – 9 AZR 839/08 – Rn. 32, NZA 2011, 153). Zu den an­spruchs­be­gründen­den Tat­sa­chen gehört auch die Kau­sa­lität zwi­schen dem Nach­teil und ei­nem der in § 1 AGG ge­nann­ten Gründe bzw. zwi­schen dem Nach­teil und der Schwer­be­hin­de­rung. Hin­sicht­lich der Kau­sa­lität zwi­schen Nach­teil und dem verpönten Merk­mal ist in § 22 AGG ei­ne Be­weis­last­re­ge­lung ge­trof­fen, die sich auch auf die Dar­le­gungs­last aus­wirkt. Der Beschäftig­te genügt da­nach sei­ner Dar­le­gungs­last, wenn er In­di­zi­en vorträgt, die sei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen ei­nes ver­bo­te­nen Merk­mals ver­mu­ten las­sen. Dies ist der Fall, wenn die vor­ge­tra­ge­nen Tat­sa­chen aus ob­jek­ti­ver Sicht mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit dar­auf schließen las­sen, dass die Be­nach­tei­li­gung we­gen die­ses Merk­mals er­folgt ist. Durch die Ver­wen­dung der Wörter „In­di­zi­en“ und „ver­mu­ten“ bringt das Ge­setz zum Aus­druck, dass es hin­sicht­lich der Kau­sa­lität zwi­schen ei­nem der in § 1 AGG ge­nann­ten Gründe und ei­ner ungüns­ti­ge­ren Be­hand­lung genügt, Hilfs­tat­sa­chen vor­zu­tra­gen, die zwar nicht zwin­gend den Schluss auf die Kau­sa­lität zu­las­sen, die aber die An­nah­me recht­fer­ti­gen, dass die Kau­sa­lität ge­ge­ben ist (BAG 19. Au­gust 2010 – 8 AZR 530/09 – Rn. 55, NZA 2010, 1412; 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - NZA 2010, 1006). Die Würdi­gung, ob der An­spruchs­stel­ler der durch § 22 AGG mo­di­fi­zier­ten Dar­le­gungs­last genügt hat, un­ter­liegt der frei­en Über­zeu­gung des Tat­sa­chen­ge­richts nach § 286 Abs. 1 ZPO wie dies hin­sicht­lich der Er­brin­gung des „Voll­be­wei­ses“ durch die dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­ge Par­tei der Fall ist (BAG 17. De­zem­ber 2009 – 8 AZR 670/08 – Rn. 20, NZA 2010, 383; zu § 611a BGB aF: BAG24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Wer­den von dem Ar­beit­neh­mer, der ei­ne Be­nach­tei­li­gung gel­tend macht, Hilfs­tat­sa­chen vor­ge­tra­gen, die je­weils für sich al­lein be­trach­tet nicht aus­rei­chen, um die Ver­mu­tungs­wir­kung des § 22 AGG her­bei­zuführen, ist vom Tat­sa­chen­ge­richt ei­ne Ge­samt­be­trach­tung vor­zu­neh­men, ob die­se Hilfs­tat­sa­chen zur Be­gründung der Ver­mu­tungs­wir­kung ge­eig­net sind (BAG 22. Ju­li 2010 – 8 AZR 1012/08 – Rn. 83, DB 2011, 177; vgl. zu § 611a BGB aF: BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6). Liegt ei­ne Ver­mu­tung für die Be­nach­tei­li­gung vor, trägt nach § 22 AGG die an­de­re Par­tei die Be­weis­last dafür, dass kein Ver­s­toß ge­gen die Be­stim­mun­gen zum Schutz vor Be­nach­tei­li­gung vor­ge­le­gen hat (BAG 19. Au­gust 2010 – 8

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AZR 530/09 – Rn. 55, NZA 2010, 1412; 17. De­zem­ber 2009 - 8 AZR 670/08 - EzA AGG § 15 Nr. 6).

(c) Die Kläge­rin hat kei­ne Hilfs­tat­sa­chen vor­ge­tra­gen, die für sich be­trach­tet oder je­den­falls auf­grund ei­ner Ge­samt­be­trach­tung die Ver­mu­tungs­wir­kung des § 22 AGG her­beiführen.

(aa) Aus § 22 AGG er­gibt sich, dass es nicht aus­rei­chend für ein schlüssi­ges Kla­ge­vor­brin­gen ist, wenn die­je­ni­ge Per­son, die sich auf ei­ne Be­nach­tei­li­gung be­ruft, im Pro­zess le­dig­lich vorträgt, sie ha­be sich be­wor­ben, sei un­berück­sich­tigt ge­blie­ben, erfülle das in der Aus­schrei­bung ge­for­der­te An­for­de­rungs­pro­fil und ha­be we­gen der Schwer­be­hin­de­rung bzw. we­gen ei­nes der in § 1 AGG ge­nann­ten Merk­ma­le ei­ne ungüns­ti­ge­re Be­hand­lung als ei­ne an­de­re Per­son er­fah­ren (vgl. auch BAG 20. Mai 2010 – 8 AZR 287/08 (A) – Rn. 16, 18, NZA 2010, 1006). Da­her genügt der Vor­trag der Kläge­rin, sie erfülle die An­for­de­run­gen für die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le und sie sei we­gen ih­rer Schwer­be­hin­de­rung bzw. ih­res Al­ters nicht berück­sich­tigt wor­den, nicht.

(bb) Als Ver­mu­tungs­tat­sa­chen für ei­nen Zu­sam­men­hang mit der Be­hin­de­rung kom­men Pflicht­ver­let­zun­gen in Be­tracht, die der Ar­beit­ge­ber be­geht, in­dem er Vor­schrif­ten nicht be­folgt, die zur Förde­rung der Chan­cen schwer­be­hin­der­ter Men­schen ge­schaf­fen wur­den (Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 81 Rn. 50; vgl. auch BAG 28. April 2011 – 8 AZR 515/10 – Rn. 43 mwN, NJW 2011, 2458, wo­nach Verstöße ge­gen aus­sch­ließlich zu­guns­ten be­hin­der­ter Ar­beit­neh­mer be­ste­hen­de Ver­pflich­tun­gen ein In­diz iSd. § 22 AGG für ei­ne un­zulässi­ge Be­nach­tei­li­gung Be­hin­der­ter dar­stel­len können).

(aaa) Dem Vor­trag der Kläge­rin lässt sich nicht ent­neh­men, dass die Be­klag­te ih­re Pflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX, frei wer­den­de Stel­len frühzei­tig zu mel­den und mit der Agen­tur für Ar­beit we­gen der Ver­mitt­lung ar­beits­lo­ser und ar­beit­su­chen­der schwer­be­hin­der­ter Men­schen Ver­bin­dung auf­zu­neh­men, und ih­re Pflicht nach § 82 SGB IX, die schwer­be­hin­der­ten Be­wer­ber zu ei­nem Vor­stel­lungs­gespräch zu la­den, ver­letzt hat (vgl. zur Ver­mu­tungs­wir­kung bei ent­spre­chen­den Pflicht­ver­let­zun­gen BAG 12. Sep­tem­ber 2006 – 9 AZR 807/05 – Ju­ris-Rn. 22f, BA­GE 119; 262, vgl. auch BAG 18. No­vem­ber 2008 – 9 AZR 643/07 – Rn. 48, NZA 2009, 728). Aus den von der Be­klag­ten ein­ge­reich­ten Un­ter­la­gen er­gibt sich, dass die­se die freie Stel­le der Agen­tur für Ar­beit ge­mel­det hat­te und um ei­nen Ver­mitt­lungs­vor­schlag ge­be­ten hat. Die Be­klag­te wand­te sich an die Agen­tur für Ar­beit, be­vor sie die Stel­le auch auf ih­rer Web­site aus­schrieb. Die Be­klag­te ist fer­ner der

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Ver­pflich­tung aus § 82 Satz 2 SGB IX nach­ge­kom­men, in­dem sie die Kläge­rin un­strei­tig zu ei­nem Vor­stel­lungs­gespräch ein­lud und die­ses auch durchführ­te.

(bbb) Die Kläge­rin hat sel­ber nicht sub­stan­ti­iert ei­ne Ver­let­zung der Prüfpflicht aus § 81 Abs. 1 Satz 1, Satz 6 SGB IX dar­ge­legt. Die Be­klag­te hat viel­mehr vor­ge­tra­gen, dass sie vor der Be­set­zung der Stel­le ge­prüft ha­be, ob die freie Stel­le mit schwer­be­hin­der­ten Men­schen be­setzt wer­den könne und auch die Agen­tur für Ar­beit in­so­weit ein­ge­schal­tet ha­be. Die­sem Vor­trag ist die Kläge­rin nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten, so dass der Vor­trag nach § 138 Abs. 3 ZPO zu­ge­stan­den ist.

(ccc) Die Kläge­rin hat des Wei­te­ren kei­ne An­halts­punk­te dafür vor­ge­tra­gen, dass die Be­klag­te die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung nicht über die Ver­mitt­lungs­vor­schläge und vor­lie­gen­den Be­wer­bun­gen von schwer­be­hin­der­ten Men­schen ent­spre­chend der Be­stim­mung nach § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX un­ter­rich­tet hat. Sie hat le­dig­lich den dies­bezügli­chen Vor­trag der Be­klag­ten mit Nicht­wis­sen be­strit­ten. Dies genügt nicht. Viel­mehr muss die Kläge­rin die Hilfs­tat­sa­chen, aus de­nen sich die Ver­mu­tungs­wir­kung er­ge­ben soll, po­si­tiv vor­tra­gen. Dies gilt ins­be­son­de­re auf­grund des Um­stan­des, dass die Kläge­rin tatsächlich zu ei­nem Vor­stel­lungs­gespräch ein­ge­la­den wor­den war, an dem auch die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung des Deut­schen B. teil­ge­nom­men hat. Für die Kläge­rin hat­te dem­nach die Möglich­keit be­stan­den, In­for­ma­tio­nen darüber ein­zu­ho­len, ob die sich aus § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX er­ge­ben­den Pflich­ten ein­ge­hal­ten wor­den sind.

(ddd) Die Kläge­rin hat auch nicht gel­tend ge­macht, die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung sei mit der Ent­schei­dung, nicht die Kläge­rin für die zu be­set­zen­de Stel­le aus­zuwählen, nicht ein­ver­stan­den ge­we­sen. Da­her ist ei­ne Ver­let­zung der sich aus § 81 Abs. 1 Satz 7 und 8 SGB IX er­ge­ben­den Ver­pflich­tun­gen nicht er­kenn­bar.

(cc) Der Um­stand, dass die Be­klag­te, ver­tre­ten durch den Deut­schen B., der Kläge­rin die Gründe über die ge­trof­fe­ne Ent­schei­dung, nämlich nicht die Kläge­rin, son­dern Frau N. ein­zu­stel­len, nicht un­verzüglich mit­teil­te, be­gründet nicht die Ver­mu­tungs­wir­kung des § 22 AGG. Die­ser Um­stand ist auch im Rah­men ei­ner Ge­samt­be­trach­tung nicht ge­eig­net ei­ne Ver­mu­tungs­wir­kung zu be­gründen, weil sich aus der feh­len­den un­verzügli­chen Un­ter­rich­tung über­haupt kei­ne An­halt­punk­te dafür er­ge­ben, dass die Schwer­be­hin­de­rung der Kläge­rin auch ein Grund für die Nicht­berück­sich­ti­gung ih­rer Be­wer­bung ge­we­sen ist.

(aaa) Nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX hat der Ar­beit­ge­ber al­le Be­tei­lig­ten über die ge­trof­fe­ne Ent­schei­dung un­ter Dar­le­gung der Gründe un­verzüglich zu un­ter­rich­ten. Zu den

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Be­tei­lig­ten zählt auch der be­trof­fe­ne Be­wer­ber (BAG 18. No­vem­ber 2008 – 9 AZR 643/07 – Rn. 50, NZA 2009, 728). Es be­darf vor­lie­gend kei­ner Ent­schei­dung, ob sich die­se Re­ge­lung nur auf den Tat­be­stand des § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX be­zieht und da­mit nur die Fälle be­trifft, in de­nen der Ar­beit­ge­ber sei­ne Beschäfti­gungs­pflicht nicht erfüllt (so BAG 15. Fe­bru­ar 2005 – 9 AZR 635/03 – Ju­ris-Rn. 39, BA­GE 113, 361; LAG Hes­sen 28. Au­gust 2009 – 19/3 Sa 340/08 – Ju­ris-Rn. 53, DÖD 2010, 79; zwei­felnd BAG 18. No­vem­ber 2008 – 9 AZR 643/07 – Rn. 59, NZA 2009, 728; aA zB Düwell in Dau/Düwell/Jous­sen SGB IX 3. Aufl. § 81 Rn. 104; Gut­zeit in Be­ckOK SGB IX Stand 1. Sep­tem­ber 2011 § 81 Rn. 7). Da­hin­ge­stellt blei­ben kann auch, ob ei­ne Ver­let­zung der sich aus § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX er­ge­ben­den Pflicht über­haupt ge­eig­net ist, ei­ne In­dizwir­kung iSd. § 22 AGG zu be­gründen (so LAG Hes­sen 7. No­vem­ber 2005 – 7 Sa 473/05 – Ju­ris-Rn. 16, NZA-RR 2006, 312; zwei­felnd LAG Meck­len­burg-Vor­pom­mern 8. Sep­tem­ber 2009 – 5 Sa 125/09 – Ju­ris-Rn. 46).

(bbb) In dem die Be­klag­te in dem Schrei­ben vom 1. Sep­tem­ber 2010 die Gründe für ih­re Ent­schei­dung nicht näher dar­leg­te, hat sie je­den­falls un­abhängig vom Um­fang der sich aus § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX er­ge­ben­den Ver­pflich­tung ob­jek­tiv kei­ner­lei An­schein dafür ge­setzt, dass die Schwer­be­hin­de­rung der Kläge­rin bei der Ent­schei­dungs­fin­dung auch zum Nach­teil der Kläge­rin mit­berück­sich­tigt wur­de. An­ge­sichts der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 15. Fe­bru­ar 2005 – 9 AZR 635/03 -, die bis­lang nicht aus­drück­lich auf­ge­ge­ben wor­den ist, kann für den Be­wer­ber auf­grund der un­ter­blie­be­nen un­verzügli­chen Un­ter­rich­tung über die Gründe für die ge­trof­fe­ne Ent­schei­dung ein An­schein, dass sei­ne Chan­cen im Be­wer­bungs­ver­fah­ren ge­schmälert wur­den oder die Aus­kunft des­halb un­ter­blieb, weil die Schwer­be­hin­de­rung je­den­falls auch zu sei­nem Nach­teil berück­sich­tigt wur­de, über­haupt nur dann ent­ste­hen, wenn der Ar­beit­ge­ber die Beschäfti­gungs­quo­te des § 71 SGB IX nicht erfüll­te (vgl. auch LAG Hes­sen 28. Au­gust 2009 – 19/3 Sa 340/08 – Ju­ris-Rn. 55, DÖD 2010, 79). Erfüllt der Ar­beit­ge­ber nämlich die Beschäfti­gungs­quo­te nach § 71 SGB IX bzw. nach § 159 SGB IX, muss der Be­wer­ber da­von aus­ge­hen, dass die Un­ter­rich­tung al­lein des­halb un­ter­blieb, weil sich der Ar­beit­ge­ber un­ter An­wen­dung der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts nicht ver­pflich­tet hält, ent­spre­chen­de In­for­ma­tio­nen zu ge­ben.

(ccc) Die Kläge­rin hat nicht sub­stan­ti­iert dar­ge­legt, dass die Be­klag­te die sich aus § 71 SGB IX bzw. § 159 SGB IX er­ge­ben­de Beschäfti­gungs­quo­te nicht erfüll­te oder da­von aus­ge­hen muss­te, dass sie die Quo­te nicht erfüllt. Die Be­klag­te hat un­ter Be­weis­an­tritt vor­ge­tra­gen, dass sie im re­le­van­ten Zeit­raum ins­ge­samt 2.765 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter beschäftig­te, von de­nen 218 Per­so­nen als schwer­be­hin­dert an­er­kannt oder sol­chen Per­so­nen gleich­ge­stellt sind. Die Be­klag­te ist nicht ver­pflich­tet, die Erfüllung der

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Beschäfti­gungs­quo­te nach­zu­wei­sen oder ak­tu­el­le Sta­tis­ti­ken vor­zu­le­gen. Es ist im Übri­gen nicht er­kenn­bar, wes­halb ei­ne von der Be­klag­ten selbst auf­ge­stell­te Sta­tis­tik aus­sa­ge­kräfti­ger sein soll als der hier im Pro­zess sei­tens der Be­klag­ten er­folg­te Vor­trag zu den ak­tu­el­len Zah­len. Es ob­liegt viel­mehr der Kläge­rin, die In­di­ztat­sa­chen für ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen ih­rer Schwer­be­hin­de­rung vor­zu­tra­gen. Hier­zu gehört auch die Nich­terfüllung der Beschäfti­gungs­quo­te, wenn die Kläge­rin aus der Ver­let­zung des § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX ei­ne Ver­mu­tungs­wir­kung her­lei­ten möch­te. Nicht aus­rei­chend ist da­her ein ein­fa­ches Be­strei­ten der von der Be­klag­ten dar­ge­leg­ten Zah­len. Die Kläge­rin hat kei­ner­lei In­di­zi­en dafür vor­ge­tra­gen, wes­halb die von der Be­klag­ten an­ge­ge­be­nen Zah­len un­zu­tref­fend sein sol­len, zu­mal sich auch aus den von der Kläge­rin ein­ge­reich­ten Sta­tis­ti­ken er­gibt, dass in der Ver­wal­tung des Deut­schen B. in den Jah­ren 2003 und 2006 die gemäß § 71 SGB IX ge­for­der­te Quo­te er­reicht wur­de. Die Kläge­rin trägt nicht vor, wes­halb sie da­von aus­geht, dass die­se Quo­te im Som­mer 2010 nicht mehr er­reicht wur­de. Die Kläge­rin hat noch nicht ein­mal an­ge­ge­ben, von wel­cher Quo­te ih­rer An­sicht nach aus­zu­ge­hen ist.

(dd) Auch die mit Schrei­ben vom 10. De­zem­ber 2010 er­folg­te Ab­leh­nung der Be­klag­ten, die Aus­wah­l­ent­schei­dung zu be­gründen, be­gründet kei­ner­lei An­schein für ei­ne Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin we­gen ih­rer Schwer­be­hin­de­rung bzw. we­gen ih­res Al­ters.

(aaa) Die Be­klag­te wies die Kläge­rin un­ter Zi­tie­rung von Li­te­ra­tur­stel­len in dem Schrei­ben dar­auf hin, dass sie nicht ver­pflich­tet sei, die Aus­wah­l­ent­schei­dung zu be­gründen. Auch der Um­stand, dass die Be­klag­te nicht be­reit war, der Kläge­rin auf die schrift­li­che Auf­for­de­rung vom 25. Ok­to­ber 2010 die „Ak­te in Ko­pie“ zu über­las­sen, lässt in kei­ner Wei­se dar­auf schließen, dass die Schwer­be­hin­de­rung der Kläge­rin oder ein in § 1 AGG ge­nann­ter Grund bei der Aus­wah­l­ent­schei­dung nach­tei­lig mit­berück­sich­tigt wur­de. Die Be­klag­te war nicht ver­pflich­tet, der Kläge­rin außer­halb ei­nes ge­richt­li­chen Ver­fah­rens Un­ter­la­gen, die das Be­wer­bungs­ver­fah­ren und die Aus­wah­l­ent­schei­dung be­tra­fen, in Ko­pie zu über­las­sen. Ei­ne An­spruchs­grund­la­ge für die Über­las­sung sol­cher Ko­pi­en be­steht nicht. Auch aus Art. 9 und Art. 10 der Richt­li­nie des Ra­tes 2000/78/EG zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Beschäfti­gung und Be­ruf folgt nicht, dass dem Be­wer­ber außer­ge­richt­lich ein An­spruch auf Über­las­sung von Ko­pi­en ei­ner Ak­te, in der Be­wer­bungs­vorgänge oder die Aus­wah­l­ent­schei­dung do­ku­men­tiert sind, gewährt wer­den muss (vgl. auch EuGH 21. Ju­li 2011 – C-104/10 – RIW 2011, 796, wo­nach Art. 4 der Richt­li­nie 76/207 oder Art. 1 Nr. 3 der Richt­li­nie 2002/73 da­hin aus­zu­le­gen sind, dass sie ei­nem Be­wer­ber für ei­ne Be­rufs­aus­bil­dung kei­nen An­spruch auf Ein­sicht­nah­me in im Be­sitz des Ver­an­stal­ters die­ser Aus­bil­dung be­find­li­che In­for­ma­tio­nen über die Qua­li­fi­ka­tio­nen der an­de­ren Be­wer­ber um die­se Aus­bil­dung ver­lei­hen, wenn die­ser Be­wer­ber meint, kei­nen

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Zu­gang zu die­ser Aus­bil­dung nach den glei­chen Kri­te­ri­en wie die an­de­ren Be­wer­ber ge­habt zu ha­ben und im Sin­ne von Art. 4 auf­grund des Ge­schlechts dis­kri­mi­niert wor­den zu sein, oder wenn die­ser Be­wer­ber rügt, im Sin­ne von Art. 1 Nr. 3 auf­grund des Ge­schlechts in Be­zug auf den Zu­gang zu die­ser Be­rufs­aus­bil­dung dis­kri­mi­niert wor­den zu sein).

(bbb) Die Be­klag­te hat im Übri­gen der Kläge­rin während des Rechts­streits, nämlich mit Schrift­satz vom 25. Fe­bru­ar 2011, die Gründe für ih­re Aus­wah­l­ent­schei­dung mit­ge­teilt, und zwar un­ter Vor­la­ge der aus Sicht der Be­klag­ten maßgeb­li­chen Do­ku­men­te. Auf die­se Wei­se hat sie der Kläge­rin ermöglicht, im Pro­zess zu über­prüfen, ob bei der Aus­wah­l­ent­schei­dung auch ih­re Schwer­be­hin­de­rung bzw. ihr Al­ter berück­sich­tigt wur­den. Da­her be­darf es hier auch kei­ner Ent­schei­dung, ob und wel­che Aus­wir­kun­gen ei­ne Ver­wei­ge­rung von In­for­ma­tio­nen durch die Be­klag­te auf die Dar­le­gungs­last der Kläge­rin gemäß § 22 AGG hat (vgl. hier­zu auch die Vor­la­ge des Bun­des­ar­beits­ge­richts an den Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on vom 20. Mai 2010 – 8 AZR 287/08 (A) – NZA 2010, 1006; vgl. auch EuGH 21. Ju­li 2011 – C-104/10 – Rn. 39, RIW 2011, 796). Die von der Be­klag­ten vor­ge­brach­te Be­gründung der Aus­wah­l­ent­schei­dung gibt eben­falls kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass die Schwer­be­hin­de­rung der Kläge­rin oder ein sons­ti­ger in § 1 AGG ge­nann­ter Grund im Be­wer­bungs­ver­fah­ren je­den­falls mit­berück­sich­tigt wur­de.

(ee) Dem Vor­brin­gen der Kläge­rin las­sen sich auch im Zu­sam­men­hang mit dem Vor­stel­lungs­gespräch am 20. Au­gust 2010 kei­ne In­di­ztat­sa­chen für die Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin we­gen ih­rer Schwer­be­hin­de­rung oder ih­res Al­ters ent­neh­men.

(aaa) Al­lein der Um­stand, dass die Schwer­be­hin­de­rung in dem Vor­stel­lungs­gespräch an­ge­spro­chen wor­den ist und die Kläge­rin von der Ver­trau­ens­frau für Schwer­be­hin­der­te Frau L. ge­fragt wur­de, ob sie spe­zi­el­le Hilfs­mit­tel bei der Ausübung der an­ge­streb­ten Tätig­keit benöti­ge und ob sie in der La­ge sei, Über­stun­den zu leis­ten, lässt kei­ner­lei Rück­schluss dar­auf zu, dass die Schwer­be­hin­de­rung der Kläge­rin im Be­wer­bungs­ver­fah­ren in ir­gend­ei­ner Wei­se nach­tei­lig berück­sich­tigt wur­de. Die Fra­ge nach dem Vor­lie­gen ei­ner Schwer­be­hin­de­rung stellt für sich ge­se­hen nicht be­reits ei­ne In­di­ztat­sa­che für ei­ne Be­nach­tei­li­gung dar. Die Fra­ge kann nämlich zB auch aus dem Grund ge­stellt wer­den, weil man be­vor­zugt Schwer­be­hin­der­te ein­stel­len möch­te (vgl. BAG 7. Ju­li 2011 – 2 AZR 396/10 – Rn. 43). Auch die Fra­ge, ob die Kläge­rin Hilfs­mit­tel benöti­gen würde oder ob sie in der La­ge sei, Über­stun­den zu leis­ten, kann al­lein aus dem Grund ge­stellt wor­den sein, um bei ih­rer Ein­stel­lung von vorn­her­ein Rück­sicht auf ih­re spe­zi­fi­schen Bedürf­nis­se neh­men zu können bzw. um zu prüfen, ob der Be­wer­ber über­haupt in der La­ge ist, die Ar­beit zu er­brin­gen. Der Um­stand, dass die Kläge­rin be­reits in ih­rem Be­wer­bungs­schrei­ben auf ih­re be­ste­hen­de

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Schwer­be­hin­de­rung und ih­re Be­last­bar­keit hin­ge­wie­sen hat, lässt in­so­weit kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung zu. Denn zum ei­nen kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass der In­halt des Be­wer­bungs­schrei­bens dem Fra­ge­stel­ler nicht mehr vollständig präsent war. Zum an­de­ren ist es völlig üblich, auch die be­reits in den Be­wer­bungs­un­ter­la­gen mit­ge­teil­ten In­for­ma­tio­nen noch ein­mal in dem Vor­stel­lungs­gespräch an­zu­spre­chen, um auf die­se Wei­se ei­nen persönli­chen Ein­druck zu be­kom­men und even­tu­el­le Miss­verständ­nis­se aus­zuräum­en.

(bbb) Die Kläge­rin hat auch nicht sub­stan­ti­iert vor­ge­tra­gen, dass in dem Vor­stel­lungs­gespräch tatsächlich nach dem Grund ih­rer Be­hin­de­rung ge­fragt wur­de. Die Kläge­rin legt nicht dar, wel­che Per­son ei­ne sol­che Fra­ge in wel­chem Zu­sam­men­hang ge­stellt ha­ben soll. Wie sich aus ih­rem Schrift­satz vom 18. Au­gust 2011, Sei­te 5 (Bl. 171 der Ak­te) er­gibt, schließt die Kläge­rin viel­mehr aus dem Um­stand, dass sie ge­fragt wur­de, ob sie spe­zi­el­le Hilfs­mit­tel bei der Ausübung der an­ge­streb­ten Tätig­keit benöti­ge und ob sie in der La­ge sei, Über­stun­den zu leis­ten, dass sie im Er­geb­nis aus­ge­forscht und hier­durch ver­sucht wor­den sei, den Grund der Be­hin­de­rung zu er­fra­gen. Wie sich aus den obi­gen Ausführun­gen aber er­gibt, be­wir­ken die­se Fra­gen kei­ne In­dizwir­kung für ei­ne Be­nach­tei­li­gung.

(ccc) Die Kläge­rin hat auch die Art und Wei­se der Fra­ge­stel­lung, die ih­re Be­hin­de­rung bzw. Krank­heit be­tref­fen, nicht näher dar­ge­stellt. Sie hat we­der kon­kre­ti­siert, in wel­chem Zu­sam­men­hang die­se Fra­gen an sie ge­rich­tet wor­den sein sol­len noch hat sie ge­schil­dert, wie oft ihr die­se Fra­gen ge­stellt wor­den sein sol­len. Die Kläge­rin hat auch ih­re Ant­wor­ten auf die­se Fra­gen nicht ge­schil­dert. Da­her gibt es auch in­so­weit kei­ne An­zei­chen dafür, dass sich ih­re Schwer­be­hin­de­rung nach­tei­lig auf das Be­wer­bungs­ver­fah­ren oder die Aus­wah­l­ent­schei­dung aus­wirk­te.

(ddd) Die nach dem Vor­trag der Kläge­rin von Frau L. an Frau R. vor Be­ginn des Vor­stel­lungs­gespräches ge­rich­te­ten Fra­gen bzw. die getätig­te Äußerung las­sen eben­falls in kei­ner Wei­se auf ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung der Kläge­rin we­gen ih­rer Schwer­be­hin­de­rung schließen. Die Fra­gen sind verständ­lich, da ein Be­wer­ber nor­ma­ler­wei­se al­lein zu ei­nem Vor­stel­lungs­gespräch er­scheint. Der Hin­weis, dass sich Frau R. of­fen­bar nicht zur Teil­nah­me an­ge­mel­det hat­te, ist of­fen­bar rich­tig, an­de­res be­haup­tet auch die Kläge­rin nicht. Aus dem Vor­trag der Kläge­rin er­gibt sich im Übri­gen, dass Frau R. an dem Gespräch teil­neh­men konn­te. Die Kläge­rin hat auch nicht dar­ge­legt, dass die­ses An­sin­nen von der Be­klag­ten in Fra­ge ge­stellt wor­den war. Al­lein ein ag­gres­si­ver Ton der Ver­trau­ens­frau spricht nicht dafür, dass die Schwer­be­hin­de­rung bei dem Vor­stel­lungs­gespräch nach­tei­lig ge­wer­tet wur­de.

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(eee) Die An­zahl der an dem Vor­stel­lungs­gespräch teil­neh­men­den Per­so­nen lässt kei­nen Zu­sam­men­hang mit ei­nem Dis­kri­mi­nie­rungs­merk­mal er­ken­nen. Die Kläge­rin hat auch nicht be­haup­tet, dass an Vor­stel­lungs­gesprächen, die mit den an­de­ren Be­wer­be­rin­nen durch­geführt wur­den, we­ni­ger Per­so­nen sei­tens der Be­klag­ten teil­nah­men. Da die Kläge­rin zu­vor nicht in der Ver­wal­tung des Deut­schen B. beschäftigt war, kann aus dem Um­stand, dass ein Vor­stel­lungs­gespräch un­ter Be­tei­li­gung der dort für die Ent­schei­dungs­fin­dung maßge­ben­den Per­so­nen statt­fand, in kei­ner Wei­se auf ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung der Kläge­rin ge­schlos­sen wer­den.

(ff) Die Kläge­rin hat nicht dar­ge­legt, dass die Be­klag­te bei der Aus­wah­l­ent­schei­dung Art. 33 Abs. 2 GG ver­letzt hat. Auch nach ih­rem Vor­trag ist nicht er­kenn­bar, dass sie auf­grund ih­rer Eig­nung, Befähi­gung und fach­li­chen Leis­tung bes­ser oder je­den­falls gleich gut für die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le in Be­tracht kam wie Frau N.. Ei­ne länge­re Be­rufs­er­fah­rung recht­fer­tigt in kei­ner Wei­se die An­nah­me, der Be­wer­ber sei bes­ser ge­eig­net oder bes­ser befähigt als ei­ne Per­son mit kürze­rer Be­rufs­er­fah­rung. Die Dau­er der Be­rufstätig­keit sagt nämlich we­der et­was über die Qua­lität der er­brach­ten Leis­tung noch über die kon­kre­te Eig­nung oder die tatsächlich er­wor­be­nen Befähi­gun­gen et­was aus. Zu ih­ren dienst­li­chen Be­ur­tei­lun­gen im Ar­beits­verhält­nis mit der Be­klag­ten trägt die Kläge­rin nicht kon­kret vor. Im Übri­gen be­gründet al­lein die Nicht­be­ach­tung der nach Art. 33 Abs. 2 GG maßgeb­li­chen Kri­te­ri­en kein In­diz für ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen der Schwer­be­hin­de­rung oder ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des. Denn die un­ter Miss­ach­tung des Art. 33 Abs. 2 GG ge­trof­fe­ne Ein­stel­lungs­ent­schei­dung kann auch auf Erwägun­gen be­ru­hen, die mit den in § 1 AGG ge­nann­ten Gründen oder mit ei­ner be­ste­hen­den Schwer­be­hin­de­rung in kei­ner­lei Zu­sam­men­hang ste­hen, nämlich zB auf persönli­chen Kon­tak­ten bzw. ei­ner zwi­schen dem Be­wer­ber und der für die Aus­wah­l­ent­schei­dung ver­ant­wort­li­chen Per­son be­ste­hen­den Freund­schaft. Der Vor­trag der Kläge­rin, es be­ste­he der Ver­dacht, dass es be­reits vor der Be­wer­bung von Frau N. ei­ne Ver­bin­dung zwi­schen Frau N. und der Vi­ze­präsi­den­tin des Deut­schen B., Frau P. P., ge­ge­ben ha­be und sie ver­mut­lich nur zum Schein zu dem Vor­stel­lungs­gespräch ein­ge­la­den wor­den sei, spricht ge­ra­de dafür, dass ih­re Schwer­be­hin­de­rung und/oder ihr Al­ter nicht mit­ursächlich für die Ent­schei­dung war, Frau N. und nicht die Kläge­rin ein­zu­stel­len.

(gg) Wie be­reits aus­geführt, reicht es für die Ver­mu­tungs­wir­kung nicht aus, wenn die Kläge­rin vorträgt, sie sei für die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le ge­eig­net ge­we­sen und Frau N. sei ein­ge­stellt wor­den, weil sie jünger als die Kläge­rin und nicht be­hin­dert sei. Es gibt auch kei­ner­lei An­halts­punk­te dafür, dass der erhöhte Kündi­gungs­schutz für Be­hin­der­te oder das Al­ter der Kläge­rin in ir­gend­ei­ner Wei­se bei der Aus­wah­l­ent­schei­dung von Be­deu­tung

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ge­we­sen sind. Ge­nau­so we­nig gibt es ir­gend­ein An­zei­chen dafür, dass bei der Ent­schei­dung, mit wel­cher Per­son die Stel­le zu be­set­zen ist, das Al­ter der Be­wer­be­rin­nen ei­ne Rol­le ge­spielt hat. Zum ei­nen kann al­lein aus dem Um­stand, dass die Be­klag­te die Vor­schrif­ten des Ta­rif­rechts an­wen­den möch­te, und dass mögli­cher­wei­se Frau N. nach den Be­stim­mun­gen des TVöD ein ge­rin­ge­res Ent­gelt als die Kläge­rin auf­grund ih­res Be­sitz­stan­des be­an­spru­chen kann, und dass für ein mit Frau N. be­gründe­tes Ar­beits­verhält­nis ge­ge­be­nen­falls nach den ta­rif­li­chen Vor­schrif­ten kürze­re Kündi­gungs­fris­ten gel­ten, ge­schlos­sen wer­den, dass es für die Ver­wal­tung des Deut­schen B. über­haupt dar­auf an­kam, wel­che kon­kre­ten Beträge als Ge­halt zu zah­len sind bzw. wel­che Kündi­gungs­fris­ten gel­ten. Zum an­de­ren kann aus ei­ner be­ab­sich­tig­ten An­wen­dung von ta­rif­li­chen Vor­schrif­ten, die im Übri­gen hin­sicht­lich der Ent­gelts und der Kündi­gungs­fris­ten nicht mehr nach dem Le­bens­al­ter dif­fe­ren­zie­ren und auch hin­sicht­lich der Über­lei­tungs­vor­schrif­ten nicht ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot ver­s­toßen (vgl. auch EuGH 8. Sep­tem­ber 2011 – C-297/10 –), nicht auf ei­ne Be­nach­tei­li­gung ei­nes Be­wer­bers ge­schlos­sen wer­den.

(hh) Nicht an­satz­wei­se ist er­kenn­bar, dass das B. ne­ga­tiv auf das Be­wer­bungs­ver­fah­ren Ein­fluss ge­nom­men hat. So­weit die Kläge­rin wie­der­holt auf das Schrei­ben vom 8. De­zem­ber 2009 ver­weist, kann of­fen blei­ben, ob die­ses Schrei­ben bei der Ver­wal­tung des Deut­schen B. ein­ge­gan­gen ist. Denn selbst wenn dies der Fall war, kann dar­aus nicht ge­schlos­sen wer­den, dass der In­halt die­ses Schrei­bens Ein­fluss auf das Be­wer­bungs­ver­fah­ren be­zo­gen auf die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le ei­nes Zweit­sekretärs/ei­ner Zweit­sekretärin beim Deut­schen B. hat­te. Denn in dem Schrei­ben ist der Na­me der Kläge­rin nicht erwähnt. Dem Schrei­ben war auch le­dig­lich ein an­ony­mi­sier­ter Per­so­nal­bo­gen bei­gefügt. Es gibt kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass ei­ne in der Ver­wal­tung des Deut­schen B. beschäftig­te Per­son, die in die Aus­wah­l­ent­schei­dung über die im Ju­ni 2010 aus­ge­schrie­be­ne Stel­le ein­be­zo­gen war, er­kannt hat­te, dass die mit Schrei­ben vom 8. De­zem­ber 2009 er­folg­te An­fra­ge, mit der im Übri­gen das B. of­fen­sicht­lich sei­ner Ver­pflich­tung aus dem be­trieb­li­chen Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment nach­kom­men woll­te, ge­ra­de die Kläge­rin be­traf. Auch an­sons­ten hat die Kläge­rin kei­ner­lei Tat­sa­chen vor­ge­tra­gen, die dar­auf schließen las­sen, dass vor Be­ginn die­ses Rechts­strei­tes sei­tens des B. auf die Ver­wal­tung des Deut­schen B. ein­ge­wirkt wur­de, um ei­ne Ein­stel­lung der Kläge­rin we­gen ih­rer Be­hin­de­rung oder ih­res Al­ters zu ver­hin­dern.

(ii) Aus dem Vor­trag der Kläge­rin er­gibt sich nicht, dass sie sich im Per­so­nalüber­hang be­fun­den hat. Dafür würde nicht genügen, wenn ih­re Stel­le beim B. wie­der be­setzt wor­den ist, weil sie krank­heits­be­dingt nicht mehr in der La­ge ist, ih­re Ar­beit beim B. zu leis­ten. Im Übri­gen würde ei­ne Ver­let­zung des § 19 HG 2011, wo­nach freie Plan­stel­len und Stel­len in

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ers­ter Li­nie mit Be­diens­te­ten zu be­set­zen sind, die we­gen Auf­ga­benrück­gangs oder we­gen der Auflösung der Behörde ent­behr­lich ge­wor­den sind, kei­ner­lei In­dizwir­kung für ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen der Schwer­be­hin­de­rung der Kläge­rin bzw. we­gen ih­res Al­ters auslösen. Denn die­se Vor­schrift ver­folgt nicht den Zweck, un­zulässi­ge Be­nach­tei­li­gun­gen Be­hin­der­ter oder älte­rer Per­so­nen zu ver­mei­den, son­dern möch­te ver­mei­den, dass der Haus­halt durch Neu­ein­stel­lun­gen be­las­tet wird, ob­wohl ge­eig­ne­te Fach­per­so­nal be­reits vor­han­den ist.

(jj) Ei­ne Ver­let­zung der Ver­pflich­tung aus § 84 Abs. 1 SGB IX hat die Kläge­rin nicht sub­stan­ti­iert vor­ge­tra­gen. Sie hat des Wei­te­ren ei­nen Zu­sam­men­hang zwi­schen ei­ner Ver­let­zung ei­ner sol­chen Pflicht und der Ab­leh­nung ih­rer Be­wer­bung durch die Ver­wal­tung des Deut­schen B. nicht dar­ge­legt. Ein Ver­s­toß ge­gen § 84 Abs. 2 SGB IX be­gründet kein In­diz iSd. § 22 AGG für ei­ne un­zulässi­ge Be­nach­tei­li­gung Be­hin­der­ter (vgl. BAG 28. April 2011 – 8 AZR 515/10 – Rn. 43, NJW 2011, 2458).

(kk) Auch bei ei­ner Ge­samt­be­trach­tung des kläge­ri­schen Vor­tra­ges er­gibt sich nicht das Vor­lie­gen ei­ner über­wie­gen­den Wahr­schein­lich­keit für ei­ne Be­nach­tei­li­gung der Kläge­rin we­gen ih­rer Be­hin­de­rung und/oder ih­res Al­ters. Es gibt nämlich kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass ein Dis­kri­mi­nie­rungs­merk­mal mit­ursächlich für die Ent­schei­dung war, die Be­wer­bung der Kläge­rin ab­zu­leh­nen.

cc) Ei­ne mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung macht die Kläge­rin nicht gel­tend.
III. Es kann da­hin­ste­hen, ob das erst­in­stanz­li­che Ur­teil an Ver­fah­rensmängeln lei­det, zu sol­chen würde ua. gehören, dass die an­ge­grif­fe­ne Ent­schei­dung durch ein nicht ord­nungs­gemäß be­setz­tes Ge­richt er­gan­gen ist oder dass das recht­li­che Gehör ver­letzt wur­de. Nach § 68 Abs. 1 ArbGG ist ei­ne Zurück­wei­sung we­gen ei­nes Ver­fah­rens­man­gels nämlich un­zulässig. Selbst bei feh­len­den Ent­schei­dungs­gründen kommt ei­ne Zurück­wei­sung nicht in Be­tracht, son­dern das Be­ru­fungs­ge­richt hat in die­sem Fal­le die vollständi­ge Sach­aufklärung vor­zu­neh­men (vgl. BAG vom 24. April 1996 – 5 AZN 970/95 – Ju­ris-Rn. 4, NZA 1997, 176; LAG Ber­lin-Bran­den­burg 15. März 2011 – 12 Sa 2395/10-). Ei­ne Abände­rung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils ist nur möglich, wenn der Kläge­rin tatsächlich ein Entschädi­gungs­an­spruch zu­ste­hen würde. Dies ist aber nicht der Fall, wie sich aus den vor­ste­hen­den Ausführun­gen er­gibt.

C Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

D. Die Re­vi­si­on wur­de gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu­ge­las­sen.

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Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der Kläge­rin bei dem

Bun­des­ar­beits­ge­richt,
Hu­go-Preuß-Platz 1, 99084 Er­furt
(Post­adres­se: 99113 Er­furt),

Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­den.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb

ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

schrift­lich beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­legt wer­den.

Sie ist gleich­zei­tig oder in­ner­halb

ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten

schrift­lich zu be­gründen.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­setz­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss die Be­zeich­nung des Ur­teils, ge­gen das die Re­vi­si­on ge­rich­tet wird und die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­ses Ur­teil Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­de.

Die Re­vi­si­ons­schrift und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als sol­che sind außer Rechts­anwälten nur fol­gen­de Stel­len zu­ge­las­sen, die zu­dem durch Per­so­nen mit Befähi­gung zum Rich­ter­amt han­deln müssen:

  • Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
  • ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der vor­ge­nann­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt, und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

Der Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments i. S. d. § 46 c ArbGG genügt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts un­ter www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de.


Für die Be­klag­te ist kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Hin­weis der Geschäfts­stel­le
Das Bun­des­ar­beits­ge­richt bit­tet, sämt­li­che Schriftsätze in sie­ben­fa­cher Aus­fer­ti­gung ein­zu­rei­chen.

 

S.  

S.  

M.

 

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