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ArbG Ham­burg, Ur­teil vom 23.11.2016, 13 Ca 273/16

   
Schlagworte: Kündigung - Betriebsbedingt
   
Gericht: Arbeitsgericht Hamburg
Aktenzeichen: 13 Ca 273/16
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 23.11.2016
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

Ar­beits­ge­richt Ham­burg

Ur­teil

Im Na­men des Vol­kes

 

Geschäfts­zei­chen:
13 Ca 273/16

23. No­vem­ber 2016

S.
An­ge­stell­te
als Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

In dem Rechts­streit

D. K.

- Kläger -

Pro­zess­bev.:

ge­gen

H. E. C. GmbH

- Be­klag­te -

Pro­zess­bev.:

er­kennt das Ar­beits­ge­richt Ham­burg, 13. Kam­mer, auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 23. No­vem­ber 2016 durch den Rich­ter am Ar­beits­ge­richt Al­bers als Vor­sit­zen­den den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter B. die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin S. für Recht:

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Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

Die Kos­ten des Rechts­streits hat der Kläger zu tra­gen.

Der Streit­wert wird fest­ge­setzt auf € 87.062,94.


Al­bers B. S.

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Tat­be­stand

Mit der vor­lie­gen­den Kla­ge wen­det sich der Kläger ge­gen ei­ne von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne frist­gemäße Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zwi­schen den Par­tei­en und macht Vergütungs­ansprüche für den Zeit­raum von Au­gust bis Ok­to­ber 2016 gel­tend.

Die Be­klag­te hat am Spiel­be­trieb der Deut­schen Eis­ho­ckey­li­ga als höchs­te Spiel­klas­se in Deutsch­land teil­ge­nom­men.

Der Kläger ist bei der Be­klag­ten als pro­fes­sio­nel­ler Eis­ho­ckey­spie­ler für den DEL-Spiel­be­trieb der Be­klag­ten im Rah­men ei­nes An­stel­lungs­verhält­nis­ses auf Ba­sis der Ver­ein­ba­rung vom 21.2.2014 (Bl. 4 - 7 d.A.) mit ei­ner zu­letzt er­ziel­ten Vergütung in Höhe von € 15.467,24 brut­to mo­nat­lich tätig ge­we­sen. Die Ver­ein­ba­rung vom 21.02.2014 hat aus­zugs­wei­se fol­gen­den Wort­laut:

„Ver­trags­lauf­zeit:

DEL-Eis­ho­ckey-Sai­son 2014/2015 (1. Au­gust 2014 bis 30. April 2015) DEL-Eis­ho­ckey-Sai­son 2015/2016 (1. Au­gust 2015 bis 30.04.2016) DEL-Eis­ho­ckey-Sai­son 2016/2017 (1. Au­gust 2016 bis 30. April 2017) ...

Kündi­gung:

Der vor­lie­gen­de be­fris­te­te Ver­trag ist grundsätz­lich or­dent­lich nicht künd­bar. Der Club so­wie der Spie­ler sind aber je­weils zur Ausübung ei­nes Son­derkündi­gungs­rechts be­rech­tigt für den Fall, dass der Club kei­ne Li­zenz für den spiel­be­trieb in der DEL erhält oder ihm die­se nachträglich ent­zo­gen wird oder der Club den Spiel­be­trieb in der DEL zurück­zieht oder kei­ne Li­zenz für den spiel­be­trieb in der DEL be­an­tragt oder in ei­ner an­de­ren Li­ga als in der DEL ei­nen Spiel­be­trieb an­mel­det. Das Son­derkündi­gungs­recht ist schrift­lich aus­zuüben. Für die Kündi­gungs­frist des Son­derkündi­gungs­rech­tes gel­ten die ge­setz­li­chen Kündi­gungs­fris­ten.“

Stan­dart­ver­trag / Code of Con­duct:

Re­ge­lun­gen die­ser Ver­ein­ba­rung und die dar­in be­schrie­be­nen Kon­di­tio­nen wer­den je­weils vor Sai­son­be­ginn in ei­nen DEL Stan­dard Spie­ler-Ar­beits­ver­trag überführt. Der DEL Stand Spie­ler-Ar­beits­ver­trag ergänzt aber er­setzt nicht die­se Ver­ein­ba­rung.

Im Zu­sam­men­hang mit der Ver­ein­ba­rung vom 21.2.2014 (Bl. 34 - 37 = 4 - 6 d.A.) ha­ben die Par­tei­en fol­gen­de Spie­ler-Ar­beits­verträge ab­ge­schlos­sen:

- Vom 31.7.2014 (Bl. 38 - 42 d.A.) be­fris­tet für den Zeit­raum vom 1.8.2014 bis zum 30.4.2015,

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- Vom 31.7.2015 (Bl. 43 - 47 d. A.) be­fris­tet für den Zeit­raum vom 1.8.2015 bis zum 30.4.2016,

Die Spie­ler­ar­beits­verträge ent­hal­ten un­ter § 9 (6) fol­gen­de Re­ge­lung:

„Bei Be­en­di­gung des Club-Li­zenz­ver­tra­ges zwi­schen club- und Li­ga­gesell­schaft gemäß Club-Li­zenz­ver­tra­ges i. V. m. dem Ge­sell­schafts­ver­trag der Li­ga­gesell­schaft kann der Club oder der Spie­ler den vor­lie­gen­den Ar­beits­ver­trag aus wich­ti­gem Grund kündi­gen.“

Die Al­lein­ge­sell­schaf­te­rin der Be­klag­ten, die A. E. G. Inc. hat am 17.5.2016 den Be­schluss ge­fasst, für die kom­men­de Sai­son und die fol­gen­den Spiel­zei­ten kei­ne Li­zenz bei der Deut­schen Eis­ho­ckey­li­ga (DEL) zu be­an­tra­gen und in Kon­se­quenz die­ser Ent­schei­dung den Geschäfts­be­trieb der Be­klag­ten ein­zu­stel­len – es wird in­so­weit auf den Ge­sell­schaf­ter­be­schluss vom 17.5.2016 (Bl. 16 d.A.) Be­zug ge­nom­men. Die Frist zur Be­an­tra­gung der Li­zenz zur Teil­nah­me am Spiel­be­trieb der DEL lief am 24.5.2016 um 24:00 Uhr ab. Zwar hat die Be­klag­te bis zu die­sem Zeit­punkt sich bemüht, ei­nen stra­te­gi­schen In­ves­tor zu fin­den, der sich mit ei­nem sub­stan­ti­el­len Ka­pi­tal­bei­trag an dem Un­ter­neh­men der Be­klag­ten be­tei­ligt und Geschäfts­an­tei­le an ihr er­wirbt, dies ist der Be­klag­ten aber nicht ge­lun­gen. Die Be­klag­te hat so­mit für die nun lau­fen­de Spiel­zeit der DEL ei­ne Li­zenz nicht be­an­tragt.

Mit Schrei­ben vom 25.5.2016 (Bl. 7 d.A.) hat die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en frist­gemäß zum 30.6.2016 gekündigt, wo­ge­gen der Kläger mit bei Ge­richt am 7.6.2016 ein­ge­gan­ge­ner Kla­ge Kündi­gungs­schutz­kla­ge er­ho­ben hat. Die Be­klag­te hat ne­ben dem Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en par­al­lel die Ar­beits­verhält­nis­se mit sämt­li­chen bei ihr beschäftig­ten Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mern gekündigt. Ein­zig ist noch der Geschäftsführer tätig, der al­lein ad­mi­nis­tra­ti­ve Ab­wick­lungs­ar­bei­ten be­treut. For­mal be­steht noch ein Ar­beits­verhält­nis mit ei­ner Ar­beit­neh­me­rin, die dem be­son­de­ren Kündi­gungs­schutz nach § 85 SGB IV un­ter­liegt, bis zum Ab­lauf des 30.11.2016 fort. Die Be­klag­te hat bezüglich des Miet­ver­tra­ges über die Büro- und Trai­ningsräume in der Volks­bank- Are­na, der ursprüng­lich noch bis zum 31.10.2018 lief, ei­ne Auf­he­bung zum 31.12.2016 ver­han­deln können. Wei­ter sind von der Be­klag­ten die Verträge mit wei­te­ren

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Dienst­leis­tern, so z.B. dem me­di­zi­ni­schen Be­treu­ungs­team En­de Mai 2016 gekündigt wor­den.

In­fol­ge der Ein­stel­lung des Spiel­be­triebs und des Ver­strei­chen­las­sens der Frist zum 24.5.2016 hat die DEL mit Schrei­ben vom 31.5.2016 (Bl. 61/62 d. A.) den Li­zenz­ver­trag mit der Be­klag­ten am 31.3.2016 frist­los gekündigt.

Der Kläger hat noch kein neu­es Ar­beits­verhält­nis mit ei­nem an­de­ren Club be­gründen können. Für den Zeit­raum von Au­gust bis Ok­to­ber 2016 hat der Kläger für 90 Ta­ge Ar­beits­lo­sen­geld a € 63,85 = € 5.746,50 be­zo­gen.

Der Kläger ist der An­sicht, dass die von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne frist­gemäße Kündi­gung rechts­un­wirk­sam sei. Die vor­lie­gen­de Kündi­gungs­re­ge­lung in der Ver­ein­ba­rung vom 21.2.2014 ver­s­toße ge­gen das Trans­pa­renz­ge­bot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und stel­le darüber hin­aus ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Klägers dar - es wird in­so­weit auf den Schrift­satz des Klägers vom 2.11.2016, S. 3 - 5 (Bl. 30 - 32 d.A.) Be­zug ge­nom­men. Fer­ner ma­che der Kläger rückständi­ge Vergütung für die Mo­na­te Au­gust bis Ok­to­ber 2016 in Höhe von € 15.467,24 brut­to mo­nat­lich gel­tend. Die Be­klag­te würde sich mit der Zah­lung der Vergütung für die Mo­na­te Au­gust 2016 bis Ok­to­ber 2016 in Zah­lungs­ver­zug be­fin­den, so­dass des­halb Kla­ge ge­bo­ten sei - es wird in­so­weit auf den Schrift­satz des Klägers vom 02.11.2016, S. 6 (Bl. 33 d.A.) Be­zug ge­nom­men.

Der Kläger be­an­tragt,

1) es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis des Klägers bei der Be­klag­ten nicht durch Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25.5.2016 zum 30.6.2016 ge­en­det hat;

2) es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht durch an­de­re Be­en­di­gungs­tat­bestände en­det;

3) die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger € 46.401,72 brut­to abzüglich an Ar­beits­lo­sen­geld er­hal­te­ner € 5.746,50 net­to nebst 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 1.11.2016 zu zah­len.

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Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ist der An­sicht, dass die Kündi­gung un­ter Be­zug­nah­me auf das Son­derkündi­gungs­recht, das in der Ver­ein­ba­rung vom 21.2.2014 so­wie in den Spie­ler­ar­beits­verträgen ge­re­gelt sei, rechts­wirk­sam sei. Die Par­tei­en hätten ei­nen be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ab­ge­schlos­sen und im Rah­men be­fris­te­ter Ar­beits­verträge sei, ne­ben der stets nicht aus­zu­sch­ließen­den außer­or­dent­li­chen Kündi­gung, die Kündi­gung zulässig, wenn die Par­tei­en ein ent­spre­chen­des Kündi­gungs­recht ver­ein­bart hätten, was § 15 Abs. 3 Tz­B­fG aus­drück­lich vor­se­he. Ei­ner der Umstände, der zur Kündi­gung be­rech­ti­ge, lie­ge vor, wenn die Be­klag­te für die nächs­te Spiel­zeit kei­ne Li­zenz be­an­tra­ge oder er­hal­te. Die­ser Fall sei hier ge­ge­ben. Das ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­te Son­derkündi­gungs­recht würde kei­ne über­ra­schen­de Klau­sel im Sin­ne des § 305 c BGB dar­stel­len und berück­sich­ti­ge die In­ter­es­sen der Par­tei­en in an­ge­mes­se­ner Wei­se. § 307 BGB würde nicht grei­fen. Die Kündi­gung er­fol­ge auch nicht zur Un­zeit. Es wird in­so­weit auf den Schrift­satz der Be­klag­ten vom 15.11.2016, S. 4 ff. (Bl. 55 ff. d.A.) Be­zug ge­nom­men. Es würde sich vor­lie­gend um ei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung in­fol­ge ei­ner Ent­schei­dung der Ge­sell­schaf­te­rin der Be­klag­ten han­deln, ih­ren Be­trieb ein­zu­stel­len. Die Ge­sell­schaf­te­rin hätte die­se Ent­schei­dung ge­trof­fen, weil die Auf­recht­er­hal­tung des Spiel­be­trie­bes wirt­schaft­lich nicht mehr tragfähig wäre. Ent­schei­det der Ar­beit­ge­ber, sei­nen Be­trieb still­zu­le­gen oder auf­zu­ge­ben, stel­le die­ses eben ei­ne un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung dar, die ei­ner­seits durch das Ar­beits­ge­richt nicht auf ih­re Zweckmäßig­keit zu über­prüfen sei und an­de­rer­seits ei­ne dar­auf be­ru­hen­de or­dent­li­che Kündi­gung als drin­gen­des be­trieb­li­ches Er­for­der­nis im Sin­ne des § 1 Abs. 2 KSchG so­zi­al recht­fer­ti­ge. Die Kündi­gung sei er­folgt, nach­dem die Frist zur Be­an­tra­gung der Li­zenz für die kom­men­de Spiel­zeit am 24.5.2016 ab­ge­lau­fen wäre, der Ge­sell­schaf­ter­be­schluss vom 17.5.2016 ha­be da­her dem dann lei­der ein­ge­tre­te­nen Fall vor­ge­baut, dass bis zum Ab­lauf des 24.5.2016 kein stra­te­gi­scher In­ves­tor ge­fun­den wor­den sei.

Gemäß § 313 Abs. 2 Zi­vil­pro­zess­ord­nung (ZPO) i.V.m. § 46 Abs. 2 Ar­beits­ge­richts­ge­setz (ArbGG) wird we­gen des Vor­brin­gens der Par­tei­en im Ein­zel­nen auf den In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen, die

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Ge­gen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung wa­ren, so­wie den In­halt der Sit­zungs­nie­der­schrif­ten Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

1) Die Kla­ge hat kei­nen Er­folg.

Die Kla­ge ist, so­weit sie zulässig ist, nicht be­gründet. Das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en hat auf­grund der frist­gemäßen Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25.5.2016 zum 30.6.2016 ge­en­det - Klag­an­trag zu 1). Dem­ent­spre­chend hat der Kläger auch kei­nen An­spruch auf Vergütung für den Zeit­raum von Au­gust bis Ok­to­ber 2016, al­so nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses.

Gemäß § 313 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG be­ruht das Ur­teil, kurz zu­sam­men­ge­fasst, auf fol­gen­den Erwägun­gen.

2) Die Kla­ge stellt sich hin­sicht­lich des Klag­an­trags zu 2) als un­zulässig dar.

Bei dem Klag­an­trag zu 3) han­delt es sich um ei­ne all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge. Ei­ne der­ar­ti­ge all­ge­mei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge be­darf ei­nes be­son­de­ren Fest­stel­lungs­in­ter­es­ses, das nicht au­to­ma­tisch aus der Rechts­fol­ge der §§ 4 und 7 KSchG folgt. Für das Fest­stel­lungs­in­ter­es­se muss für ei­nen sol­chen An­trag vor­ge­tra­gen wer­den, dass mögli­cher­wei­se wei­te­re Be­en­di­gungs­tat­bestände in Fra­ge kom­men können.

Dem Kläger fehlt ein recht­lich schutzwürdi­ges In­ter­es­se an die­ser Fest­stel­lung. Der Kläger hat nicht dar­ge­legt, dass das Ar­beits­verhält­nis durch an­de­re Be­en­di­gungs­tat­bestände als die mit dem Klag­an­trag zu 1) an­ge­grif­fe­ne or­dent­li­che Be­en­di­gungskündi­gung der Be­klag­ten be­en­det wor­den sein könn­te.

3) Das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en hat auf­grund der frist­gemäßen Kündi­gung der Be­klag­ten vom 25.5.2016 zum 30.6.2016 ge­en­det.

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3.1) Zwar ha­ben die Par­tei­en ei­nen auf 3 Jah­re be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag un­ter dem Da­tum des 21.2.2014 ab­ge­schlos­sen und die­sen mit Spie­ler-Ar­beits­verträgen, die auf ein Jahr be­fris­tet wa­ren, be­glei­tet, so dass gemäß § 15 Abs. 3 Tz­B­fG das Ar­beits­verhält­nis nur dann ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung un­ter­liegt, wenn dies ein­zel­ver­trag­lich oder im an­wend­ba­ren Ta­rif­ver­trag ver­ein­bart ist. Dies ist vor­lie­gend auf­grund der fol­gen­den Re­ge­lung im Ar­beits­ver­trag vom 21.2.2014

„Der Club so­wie der Spie­ler sind aber je­weils zur Ausübung ei­nes Son­derkündi­gungs­rechts be­rech­tigt für den Fall, dass der Club kei­ne Li­zenz für den Spiel­be­trieb in der DEL erhält oder ihm die­se nachträglich ent­zo­gen wird oder der Club den Spiel­be­trieb in der DEL zurück­zieht oder kei­ne Li­zenz für den Spiel­be­trieb in der DEL be­an­tragt oder in ei­ner an­de­ren Li­ga als in der DEL ei­nen Spiel­be­trieb an­mel­det. Das Son­derkündi­gungs­recht ist schrift­lich aus­zuüben. Für die Kündi­gungs­frist des Son­derkündi­gungs­rech­tes gel­ten die ge­setz­li­chen Kündi­gungs­fris­ten.“

so­wie der Re­ge­lung un­ter § 9 (6) der Spie­ler-Ar­beits­verträge

„Bei Be­en­di­gung des Club-Li­zenz­ver­tra­ges zwi­schen club- und Li­ga­gesell­schaft gemäß Club-Li­zenz­ver­tra­ges i. V. m. dem Ge­sell­schafts­ver­trag der Li­ga­gesell­schaft kann der Club oder der Spie­ler den vor­lie­gen­den Ar­beits­ver­trag aus wich­ti­gem Grund kündi­gen.“

der Fall.

3.2) Die un­ter Zif­fer 3.1) auf­geführ­ten Re­ge­lun­gen aus den zwi­schen den Par­tei­en ab­ge­schlos­se­nen Verträgen hal­ten auch ei­ner Prüfung nach den §§ 305, 307 BGB stand und stel­len sich nicht als un­wirk­sam dar.

3.2.1) Die Re­ge­lung in dem Ar­beits­ver­trag vom 21.2.2014 stellt sich auch nicht auf­grund des­sen, dass der Re­ge­lungs­kom­plex un­ter der Über­schrift „Kündi­gung“ wie folgt be­ginnt:

„Der vor­lie­gen­de be­fris­te­te Ver­trag ist grundsätz­lich or­dent­lich nicht künd­bar“ und dann erst im zwei­ten Satz das Son­derkündi­gungs­recht ge­re­gelt wird, als wi­dersprüchlich dar. In­so­weit kann von ei­nem un­kla­ren Ne­ben­ein­an­der im ers­ten und zwei­ten Satz des Re­ge­lungs­kom­ple­xes „Kündi­gung“ nicht aus­ge­gan­gen

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wer­den. Zum ei­nen be­deu­tet „grundsätz­lich“

„ei­gent­lich, im Grun­de, im Prin­zip, mit dem Vor­be­halt be­stimm­ter Aus­nah­men; im All­ge­mei­nen, in der Re­gel“

(Wörter­buch Du­den-On­line), was vor­lie­gend die Ver­wen­dung des Wor­tes

„grundsätz­lich“ bei dem Re­ge­lungs­kom­plex „Kündi­gung“ er­fasst. Im Prin­zip ist der Ar­beits­ver­trag or­dent­lich nicht künd­bar mit dem Vor­be­halt der Aus­nah­me, die im zwei­ten Satz mit dem Son­derkündi­gungs­recht ge­re­gelt ist. Zum an­de­ren kor­re­spon­diert zu die­sem Re­ge­lungs­kom­plex die ana­lo­ge Re­ge­lung un­ter § 9 (6) der Spie­ler-Ar­beits­verträge.

Die Re­ge­lun­gen in dem zwei­ten Satz des Re­ge­lungs­kom­ple­xes un­ter der Über­schrift „Kündi­gung“ des Ar­beits­ver­tra­ges vom 21.2.2014 so­wie in § 9 (6) der Spie­ler-Ar­beits­verträge stel­len sich un­abhängig von der von der Be­klag­ten gel­tend ge­mach­ten und von dem Kläger nicht be­strit­te­nen Üblich­keit im Pro­fi-Spie­ler-be­reich der DEL auch nicht als über­ra­schen­de Klau­seln dar. Die Ab­re­de des Son­derkündi­gungs­rechts im Ar­beits­ver­trag vom 21.2.2014 wur­de nicht un­ter ei­ner un­rich­ti­gen oder miss­verständ­li­chen, son­dern un­ter der vom Schrift­bild her her­vor­ge­ho­be­nen Über­schrift „Kündi­gung“ ge­trof­fen so­wie in den Spie­ler-Ar­beits­verträgen un­ter dem Pa­ra­gra­phen mit der Über­schrift „Ver­trags­be­ginn und Ver­trags­en­de“. Darüber hin­aus sind ver­trag­li­che Ab­re­den über die Künd­bar­keit ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses in § 15 Abs. 3 Tz­B­fG aus­drück­lich vor­ge­se­hen und schon des­halb nicht un­gewöhn­lich im Sin­ne von § 305c Abs. 1 BGB (BAG 4.8.2011 - 6 AZR 436/10 -, NZA 2012, 112). Im Übri­gen liegt auch an­ge­sichts der Üblich­keit ei­ner der­ar­ti­gen Re­ge­lung im Pro­fi-Spie­ler­be­reich der DEL kei­ne über­ra­schen­de Klau­sel im Sin­ne von § 305c Abs. 1 BGB vor.

3.2.2) Die Re­ge­lun­gen in dem zwei­ten Satz des Re­ge­lungs­kom­ple­xes un­ter der Über­schrift „Kündi­gung“ des Ar­beits­ver­tra­ges vom 21.2.2014 so­wie in § 9 (6) der Spie­ler-Ar­beits­verträge be­nach­tei­li­gen den Kläger auch nicht un­an­ge­mes­sen.

Un­an­ge­mes­sen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB ist je­de Be­ein­träch­ti­gung ei­nes recht­lich an­er­kann­ten In­ter­es­ses des Ar­beit­neh­mers, die nicht durch be­gründe­te und bil­li­gens­wer­te In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers ge­recht­fer­tigt ist oder durch gleich­wer­ti­ge Vor­tei­le aus­ge­gli­chen wird. Die Fest­stel­lung ei­ner un­an­ge­mes­se­nen

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Be­nach­tei­li­gung setzt ei­ne wech­sel­sei­ti­ge Berück­sich­ti­gung und Be­wer­tung recht­lich an­zu­er­ken­nen­der In­ter­es­sen der Ver­trags­part­ner vor­aus. Da­bei be­darf es ei­ner um­fas­sen­den Würdi­gung der bei­der­sei­ti­gen Po­si­tio­nen un­ter Berück­sich­ti­gung des Grund­sat­zes von Treu und Glau­ben. Bei der Be­ur­tei­lung der Un­an­ge­mes­sen­heit ist ein ge­ne­rel­ler, ty­pi­sie­ren­der, vom Ein­zel­fall los­gelöster Maßstab an­zu­le­gen. Ab­zuwägen sind die In­ter­es­sen des Ver­wen­ders ge­genüber den In­ter­es­sen der ty­pi­scher­wei­se be­tei­lig­ten Ver­trags­part­ner. Im Rah­men der In­halts­kon­trol­le sind Art und Ge­gen­stand, Zweck und be­son­de­re Ei­gen­art des je­wei­li­gen Geschäfts zu berück­sich­ti­gen. Zu prüfen ist, ob der Klau­sel­in­halt bei der in Re­de ste­hen­den Art des Rechts­geschäfts ge­ne­rell und un­ter Berück­sich­ti­gung der ty­pi­schen In­ter­es­sen der be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­se ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Ver­trags­part­ners er­gibt (BAG 21.4.2016 - 8 AZR 474/14 -, NZA 2016, 1409).

Die Re­ge­lun­gen ent­hal­ten ein Son­derkündi­gungs­recht für den Fall der Be­triebs­stil­le­gung bzw. ge­ge­be­nen­falls ei­ner Teil­be­triebs­still­le­gung oder Still­le­gung ei­ner Be­triebs­ab­tei­lung, so­mit ei­nen Grund, der im Rah­men der durch Ar­ti­kel 12 Abs. 1 GG geschütz­ten un­ter­neh­me­ri­schen Frei­heit der Be­klag­ten liegt. Der Un­ter­neh­mer, der das wirt­schaft­li­che Ri­si­ko trägt, kann sich un­ter­neh­mens­po­li­tisch frei ent­schei­den, ein Un­ter­neh­men zu be­trei­ben oder dies zu un­ter­las­sen. Da­bei sind die Gründe, die den Un­ter­neh­mer zur Still­le­gung ver­an­lasst ha­ben, un­er­heb­lich (ErfK/ Oet­ker, 16. Aufl. 2016, Rz. 4, 239 zu § 1 KSchG). Ein für die­sen Fall vor­ge­se­he­nes und ver­ein­bar­tes Son­derkündi­gungs­recht stellt kei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Klägers dar und die Be­klag­te ist bei der Ausübung ei­nes auf ei­ne Be­triebs­still­le­gung be­zo­ge­nen Son­derkündi­gungs­rechts im Rah­men ih­rer un­ter­neh­me­ri­schen Frei­heit nicht ein­ge­schränkt hin­sicht­lich des Zeit­punk­tes des Kündi­gungs­aus­spruchs i.V.m. der un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dung, kei­ne Li­zenz für die kom­men­de Spiel­zeit und die fol­gen­den Spiel­zei­ten bei der DEL zu be­an­tra­gen und in Kon­se­quenz dar­aus, den Spiel­be­trieb ein­zu­stel­len. Die Ver­ein­ba­rung ei­nes der­ar­ti­gen Son­derkündi­gungs­rechts weicht nicht von ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen ab. In­so­weit sind die In­ter­es­sen des Klägers ge­genüber die­ser grund­recht­lich geschütz­ten Po­si­ti­on der Be­klag­ten durch § 1 Abs. 2, 3 KSchG im Rah­men der Prüfung der Rechts­wirk­sam­keit ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung geschützt.

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Fer­ner ist auf­grund des­sen, dass die un­ter Zif­fer 3.1) auf­geführ­ten Re­ge­lun­gen des Son­derkündi­gungs­rechts aus den zwi­schen den Par­tei­en ab­ge­schlos­se­nen Verträgen nicht nur der Be­klag­ten, son­dern auch dem Kläger zu­ste­hen, gewähr­leis­tet, dass auch der Kläger kurz­fris­tig re­agie­ren und von sich aus die Be­klag­te ver­las­sen kann, um sich ei­nen an­de­ren Ver­ein zu su­chen, wenn hin­rei­chen­de tatsächli­che An­halts­punk­te für ei­ne der das Son­derkündi­gungs­recht be­gründen­den Fall­kon­stel­la­tio­nen vor­lie­gen, die letzt­lich al­le dar­auf hin­aus­lau­fen, dass die Be­klag­te den Spiel­be­trieb in der DEL ein­stellt.

3.3) Die von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne frist­gemäße be­triebs­be­ding­te Kündi­gung ist gemäß § 1 Abs. 2, 3 KSchG so­zi­al ge­recht­fer­tigt.

3.3.1) Der Kläger hat mit sei­ner bei Ge­richt am 7.6.2016 ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge die Klag­frist gemäß § 4 KSchG so­wie § 17 Tz­B­fG hin­sicht­lich der Kündi­gung vom 25.5.2016 ge­wahrt.

3.3.2) Die von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung ist gemäß § 1 Abs. 2, 3 KSchG so­zi­al ge­recht­fer­tigt.

Ei­ne Be­triebs­still­le­gung, wie von der Be­klag­ten gel­tend ge­macht, setzt den ernst­li­chen und endgülti­gen Ent­schluss des Un­ter­neh­mers vor­aus, die Be­triebs-und Pro­duk­ti­ons­ge­mein­schaft zwi­schen Ar­beit­ge­be­rin und Ar­beit­neh­mer für ei­nen sei­ner Dau­er nach un­be­stimm­ten, wirt­schaft­lich nicht un­er­heb­li­chem Zeit­raum auf­zu­ge­ben. Das ist vor­lie­gend auf­grund des­sen, dass die Be­klag­te kei­ne Li­zenz für die kom­men­de Spiel­zeit be­an­tragt hat, den Spiel­be­trieb ein­ge­stellt hat und al­le mit der Be­klag­ten be­ste­hen­den Ar­beits­verträge so­wie sons­ti­gen Verträge, u.a. die Verträge bezüglich der Be­triebsräum­lich­kei­ten und Be­triebsstätten der Be­klag­ten, ge­ge­ben. Ei­ne der­ar­ti­ge Be­triebs­still­le­gung stellt ein be­trieb­li­ches Er­for­der­nis i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG dar. Auf­grund die­ser vollständi­gen Still­le­gung des Be­triebs der Be­klag­ten stellt sich das von der Be­klag­ten gel­tend ge­mach­te be­trieb­li­che Er­for­der­nis auch als dring­lich dar und ist ei­ne So­zi­al­aus­wahl nach § 1 Abs. 3 KSchG nicht vor­zu­neh­men.

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3.3.3) Auch hat die Be­klag­te die gemäß § 622 Abs. 2 BGB maßgeb­li­che Kündi­gungs­frist von ei­nem Mo­nat zum Mo­nats­en­de mit ih­rer Kündi­gung vom 25.5.2016 zum 30.6.2016 ge­wahrt, da das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen den Par­tei­en seit dem 21.2.2014 be­stan­den hat.

4) Gemäß § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG hat der Kläger als un­ter­le­ge­ne Par­tei die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen. Die Ent­schei­dung über den gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Ur­teil fest­zu­set­zen­den Streit­wert be­ruht auf § 42 Abs. 2, § 48 Abs. 1 GKG. Die Be­ru­fung war gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG nicht ge­son­dert zu­zu­las­sen.

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