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LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 24.02.2016, 15 Sa 1953/15

   
Schlagworte: Massenentlassung, Betriebsrat: Konsultation, Konsultationsverfahren
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen: 15 Sa 1953/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 24.02.2016
   
Leitsätze: 1. Unwirksamkeitsgründe einer Kündigung sind unabhängig von einer Rüge des Arbeitnehmers auch von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn sie sich aus einem Vortrag des Arbeitgebers oder eingereichten Unterlagen ergeben. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsgericht zuvor einen Hinweis nach § 6 KSchG gegeben hat.

2. Verhandlungen in der Einigungsstelle gemäß § 111 S. 1 BetrVG sind keine Beratungen im Sinne von § 17 Abs. 2 S. 2 KSchG.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 01.10.2015, 57 Ca 3172/15
Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.09.2016, 2 AZR 276/16
   

Te­nor

I. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 01.10.2015 – 57 Ca 3172/15 – wird teil­wei­se ab­geändert:

1. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die frist­ge­rech­te Kündi­gung der Be­klag­ten vom 13.02.2015 nicht auf­gelöst wor­den ist.

2. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die frist­ge­rech­te Kündi­gung der Be­klag­ten vom 15.07.2015 nicht auf­gelöst wor­den ist.

II. Die Kos­ten des Rechts­streits hat die Be­klag­te zu tra­gen.

III. Die Re­vi­si­on wird für die Be­klag­te zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit zwei­er be­triebs­be­ding­ter Kündi­gun­gen vom 13. Fe­bru­ar 2015 und 15. Ju­li 2015 we­gen Be­triebs­still­le­gung so­wie hilfs­wei­se über die Zah­lung ei­nes Nach­teils­aus­gleichs.

1.

Die am …. 1954 ge­bo­re­ne Kläge­rin ist seit dem 1. Mai 2000 bei der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin als An­ge­stell­te im Be­reich Check-In auf dem Flug­ha­fen T. in Ber­lin in Teil­zeit (28 Wo­chen­stun­den) mit ei­nem Brut­to­mo­nats­ein­kom­men in Höhe von 2.300,- EUR beschäftigt. Sie ist mit ei­nem Grad von 40 % be­hin­dert und ei­nem schwer­be­hin­der­ten Men­schen gleich­ge­stellt.

Die Be­klag­te ist ein Un­ter­neh­men der W. Un­ter­neh­mens­grup­pe. Die W. er­bringt Dienst­leis­tun­gen in den Be­rei­chen Avia­ti­on, Fa­ci­li­ty und In­dus­trie. Die W. A. Ser­vice Hol­ding ist ein führen­der Spe­zia­list für Flug­ha­fen­dienst­leis­tun­gen. Kern­geschäft sind bo­den­na­he Ver­kehrs­dienst­leis­tun­gen für Flughäfen und Flug­ge­sell­schaf­ten, die das Un­ter­neh­men über­wie­gend mit ei­ge­nen Mit­ar­bei­tern er­bringt. Im Ein­zel­nen sind dies Air­port Ser­vice, Ground Ser­vice, Pas­sa­ge Ser­vice, Car­go Ser­vice und Air­port Per­so­nal Ser­vice.

Die Be­klag­te er­brach­te mit ins­ge­samt ca. 190 Ar­beit­neh­mern weit­ge­hend auf dem Flug­ha­fen Ber­lin-T. so­wie mit zu­letzt noch 14 Ar­beit­neh­mern auf dem im Bun­des­land Bran­den­burg ge­le­ge­nen Flug­ha­fen Ber­lin-Sch. ver­schie­de­ne Dienst­leis­tun­gen im Be­reich der Pas­sa­gier­ab­fer­ti­gung (Pas­sa­ge Ser­vice). Im Be­reich Check-In wa­ren ca. 123 Ar­beit­neh­mer tätig, im Be­reich Gepäcker­mitt­lung (Lost & Found) ca. 41 Ar­beit­neh­mer, da­von 14 auf dem Flug­ha­fen Sch., im Be­reich Da­ten­ba­sis (IT-sei­ti­ge Flug­vor­be­rei­tung) 7 Ar­beit­neh­mer und im Be­reich VIP-Ser­vice (Be­treu­ung der VIP-Lounge in T.) ca. 3 Ar­beit­neh­mer tätig. Wei­te­re Tätig­kei­ten ent­fal­te­te die Be­klag­te nicht. Ein­zi­ge Auf­trag­ge­be­rin der Be­klag­ten war die G. Ber­lin GmbH & Co. KG (GGB).

Die GGB wur­de im Jah­re 2008 durch die W. Grup­pe er­wor­ben. Im Jah­re 2011/2012 er­folg­ten ei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche und ei­ne recht­li­che Tren­nung der ver­schie­de­nen Geschäfts­be­rei­che der GGB in Pas­sa­ge bzw. Pas­sa­gier­ab­fer­ti­gung, Ram­pe bzw. Vor­feld, Ver­wal­tung und Werk­statt. Während die Ver­wal­tung bei der GGB ver­blieb, wur­de der Be­reich Werk­statt von der W. A. W. Ser­vice Ber­lin GmbH & Co. KG, der Be­reich Ram­pe bzw. Vor­feld von der AGSB A. G. Ser­vice Ber­lin GmbH & Co. KG und der Be­trieb Pas­sa­ge bzw. Pas­sa­gier­ab­fer­ti­gung von der Be­klag­ten fort­geführt.

Ob im Jah­re 2013 sämt­li­che Auf­träge von der GGB in die W. Contrac­ting GmbH & Co. KG trans­fe­riert wur­den oder ob die­ses nur zu ca. ei­nem Drit­tel ge­schah, ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig. Je­den­falls beschäftig­te die GGB spätes­tens En­de 2013 kei­ne Ar­beit­neh­mer mehr.

Am 30. Ju­ni 2014 en­de­te der Auf­trag der Pas­sa­gier­ab­fer­ti­gung am Flug­ha­fen Sch. für die Be­klag­te und wur­de zum 1. Ju­li 2014 von der GGB der PSS GmbH & Co. KG über­tra­gen. Ge­sell­schaf­ter der Kom­ple­mentär GmbH, der Pas­sa­ge Ser­vice Sch. GmbH (PSS), sind die GGB und ein Herr R. Sch., der nach dem un­be­strit­te­nen Vor­trag der Kläger­sei­te im Rah­men ei­nes Treu­hand­ver­tra­ges an Wei­sun­gen der W.-Kon­zern­lei­tung ge­bun­den ist.

Am 15. Sep­tem­ber 2014 wur­de die P. GmbH ge­gründet. Ge­gen­stand der Ge­sell­schaft ist un­ter an­de­rem die "Durchführung von Treu­hand­geschäften", Herr R.Sch. wur­de zu de­ren Geschäftsführer be­stellt. De­ren Geschäfts­adres­se be­fin­det sich in ei­nem Mehr­fa­mi­li­en­haus in der A… 9, 17489 G.. Un­ter die­ser An­schrift re­si­diert auch die Fir­ma P. S. T. GmbH (PST). Al­lein­ge­sell­schaf­ter der Fa. PST ist laut Han­dels­re­gis­ter die Fa. P. GmbH.

Die GGB ist die ein­zi­ge Kom­man­di­tis­tin der Be­klag­ten. Die Kom­man­dit­an­tei­le der GGB wer­den von ei­nem Un­ter­neh­men der W.-Grup­pe ge­hal­ten. Kom­ple­mentärin­nen der Be­klag­ten sind die A. P. Ser­vice Ber­lin Be­tei­li­gungs GmbH und die G. Ber­lin Be­tei­li­gungs GmbH. De­ren Ge­sell­schaf­ter sind mit Herrn B. A. ei­ner­seits und Herrn G. B. und Herrn Dr. M. Schä. an­de­rer­seits je­weils natürli­che Per­so­nen. Die Be­klag­te gehört des­halb recht­lich we­der zum Kon­zern der GGB noch zum W.-Kon­zern.

2.

Die GGB kündig­te mit Schrei­ben vom 9. Sep­tem­ber 2014 die pas­sa­ge­sei­ti­ge Ab­fer­ti­gung der Flüge der Deut­schen Luft­han­sa nach Frank­furt zum 24. Sep­tem­ber 2014 um 24:00 Uhr so­wie die Flüge der Swiss am Flug­ha­fen T. zum 30. Sep­tem­ber 2014 um 24:00 Uhr. In dem Kündi­gungs­schrei­ben ist als Kündi­gungs­grund aus­geführt, dass sich die GGB ent­schie­den ha­be, die in der Kündi­gung ge­nann­ten Su­b­un­ter­neh­mer­leis­tun­gen an ei­nen nicht zum Kon­zern gehören­den An­bie­ter zu ver­ge­ben. Die­ser wer­de kein Per­so­nal über­neh­men. Mit Schrei­ben vom 22. Sep­tem­ber 2014 kündig­te die GGB zum 7. Ok­to­ber 2014 um 24:00 Uhr die pas­sa­ge­sei­ti­ge Ab­fer­ti­gung der Aus­tri­an Air­lines, zum 3. No­vem­ber 2014 um 24:00 Uhr ei­ner­seits die pas­sa­ge­sei­ti­ge Ab­fer­ti­gung der Bri­tish Air­ways und an­de­rer­seits die pas­sa­ge­sei­ti­ge Ab­fer­ti­gung der Deut­schen Luft­han­sa so­wohl bezüglich Check-In und Boar­ding als auch bezüglich der Be­set­zung der First Class-Schal­ter und der Bag­ga­ge Drop-off-Schal­ter. Wei­ter wur­den in die­sem Schrei­ben die Tätig­kei­ten Lost & Found, Da­ten­ba­sis, Pas­co und VIP-Ser­vice zum 31. März 2015 gekündigt. Al­le Auf­träge würden zukünf­tig an kon­zern­frem­de An­bie­ter ver­ge­ben. Die­se würden kein Per­so­nal der Be­klag­ten über­neh­men.

Eben­falls un­ter dem 22. Sep­tem­ber 2014 fand im Um­lauf­ver­fah­ren ei­ne Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung der Be­klag­ten statt. In die­ser wur­de durch die GGB als al­lei­ni­ger stimm­be­rech­tig­ter Ge­sell­schaf­te­rin der Be­schluss ge­fasst, dass be­ab­sich­tigt sei, den Be­trieb der Be­klag­ten in T. und Sch. zum 31. März 2015 still­zu­le­gen und die dem Be­triebs­zweck die­nen­de Or­ga­ni­sa­ti­on zu die­sem Ter­min auf­zulösen. Hier­bei war die persönlich haf­ten­de Ge­sell­schaf­te­rin der Be­klag­ten, die A. P. Ser­vice Ber­lin Be­tei­li­gungs GmbH, nicht stimm­be­rech­tigt.

Un­ter dem 20. Ja­nu­ar 2015 wur­de der bei der Be­klag­ten ge­bil­de­te Be­triebs­rat gemäß § 102 Be­trVG zur Kündi­gung von noch 188 beschäftig­ten Ar­beit­neh­mern an­gehört. In die­sem Anhörungs­schrei­ben ist u.a. aus­geführt:

"Mit Ge­sell­schaf­ter­be­schluss vom heu­ti­gen Tag ha­ben die Ge­sell­schaf­ter der APSB nach dem Schei­tern der Ver­hand­lun­gen über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich noch ein­mal for­mal die Still­le­gung des Geschäfts­be­triebs der APSB zum 31. März 2015 be­schlos­sen und die Geschäftsführung auf­ge­for­dert, al­le er­for­der­li­chen Maßnah­men zur Still­le­gung zum 31. März 2015 zu er­grei­fen.

Auf­grund der Sch­ließung des Be­triebs ent­fal­len sämt­li­che Ar­beitsplätze im Be­trieb spätes­tens zum 31. März 2015, so dass wir lei­der ge­zwun­gen sind al­le Ar­beits­verhält­nis­se zum nächst mögli­chen Ter­min zu kündi­gen.

[Es] be­ste­hen aus un­se­rer Sicht kei­ne Al­ter­na­ti­ven zur Sch­ließung, da wir kei­ne Möglich­keit se­hen, am Markt aus­rei­chen­de Auf­träge zur Fortführung der Ge­sell­schaft zu ge­win­nen. Die ge­nau­en Gründe für die Kündi­gung der Auf­träge und die Ent­schei­dung zur Sch­ließung des Geschäfts­be­triebs hat uns die G. Ber­lin GmbH & Co. KG nicht erläutert. Die Gründe dürf­ten je­doch in den ak­tu­el­len und per­spek­ti­visch ho­hen Ver­lus­ten der APSB und dem Um­stand lie­gen, dass sämt­li­che Ver­su­che die­se per­spek­ti­visch dau­er­haft zu re­du­zie­ren ge­schei­tert sind. Die Gründe für die Ver­lus­te lie­gen ins­be­son­de­re in den ho­hen Per­so­nal­kos­ten, aber auch in den Re­strik­tio­nen beim Ein­satz der Mit­ar­bei­ter, die sich aus der Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur Dienst­pla­nung er­ge­ben. Wie Ih­nen be­kannt ist, herrscht im Be­reich der Pas­sa­gier­dienst­leis­tun­gen ein er­heb­li­cher Kon­kur­renz­druck.

…"

Un­ter dem 27. Ja­nu­ar 2015 wi­der­sprach der Be­triebs­rat sämt­li­chen Kündi­gun­gen. Er wies dar­auf hin, dass es sich aus Sicht des Be­triebs­ra­tes um ei­ne ge­steu­er­te Ver­lust­si­tua­ti­on han­de­le. Es würden Ge­win­ne er­zielt, die aber im Rah­men der ge­sell­schafts­recht­li­chen Ver­schach­te­lun­gen durch Ver­ga­be von Un­ter- und Un­ter-Un­ter­aufträgen we­der bei der Be­klag­ten noch bei der GGB ent­ste­hen würden. Die markt­be­herr­schen­de Stel­lung der W. im Be­reich der Flug­zeug- und Pas­sa­gier­ab­fer­ti­gung am Flug­ha­fen T. ermögli­che, im Rah­men ih­res kom­ple­xen Netz­wer­kes von Leih­ar­beits- und Toch­ter­fir­men die Auf­träge der Flug­ge­sell­schaf­ten nach Be­lie­ben durch Un­ter- und Un­ter-Un­ter­aufträge dort­hin zu ver­la­gern, wo die­ses ge­ra­de als nütz­lich an­ge­se­hen wer­de. Der Be­triebs­rat se­he in all­dem ei­nen gro­ben Miss­brauch ge­sell­schafts­recht­li­cher Ge­stal­tungs­rech­te zum Zwe­cke der Um­ge­hung des gel­ten­den Kündi­gungs­schutz­rechts und Be­triebs­ver­fas­sungs­rechts.

Un­ter dem 4. Fe­bru­ar 2015 stimm­te das Lan­des­amt für G. und S. der be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung zu. Mit Schrei­ben vom 13. Fe­bru­ar 2015 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en zum 31. Ju­li 2015.

3.

Nach Ein­gang des Kündi­gungs­schrei­bens der GGB vom 9. Sep­tem­ber 2014 hat­te der Geschäftsführer der Be­klag­ten den Be­triebs­rat noch un­ter dem 9. Sep­tem­ber 2014 über den In­halt des Schrei­bens in­for­miert. We­gen der nach An­sicht der Be­klag­ten dar­aus re­sul­tie­ren­den per­so­nel­len Fol­gen for­der­te der Geschäftsführer der Be­klag­ten den Be­triebs­rat zu Be­ra­tun­gen be­tref­fend ei­ner Be­triebsände­rung bzw. ei­nes In­ter­es­sen­aus­gleichs so­wie ei­nes So­zi­al­plans auf. Zu­gleich wur­den ver­schie­de­ne Ver­hand­lungs­ter­mi­ne im Sep­tem­ber 2014 an­ge­bo­ten.

Nach Ein­gang des wei­te­ren Kündi­gungs­schrei­bens der GGB vom 22. Sep­tem­ber 2014 hat­te der Geschäftsführer der Be­klag­ten den Be­triebs­rat noch un­ter dem 22. Sep­tem­ber 2014 über den In­halt des Schrei­bens in­for­miert und noch­mals zu Ver­hand­lun­gen über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich und So­zi­al­plan auf­ge­for­dert.

Am 25. Sep­tem­ber 2014 und 7. Ok­to­ber 2014 ver­han­del­ten die Be­triebs­par­tei­en über den In­ter­es­sen­aus­gleich und in ers­ten Ansätzen über ei­nen So­zi­al­plan. Ei­ne Ei­ni­gung er­folg­te nicht. In ei­nem dar­auf von der Be­klag­ten ein­ge­lei­te­ten Ver­fah­ren vor dem Ar­beits­ge­richt Ber­lin zur Ein­set­zung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le ver­ein­bar­ten die Be­triebs­par­tei­en am 28. Ok­to­ber 2014 ei­ne Ei­ni­gungs­stel­le mit vier Bei­sit­zern je Sei­te mit dem Re­ge­lungs­ge­gen­stand "ge­plan­te Be­triebs­sch­ließung so­wie da­zu­gehöri­gem In­ter­es­sen­aus­gleich und So­zi­al­plan". Zu­gleich wur­de ver­ein­bart, dass zur ers­ten und zwei­ten Sit­zung der Ei­ni­gungs­stel­le die Bun­des­agen­tur für Ar­beit zur Teil­nah­me ein­ge­la­den wer­de. Zu­gleich wur­de ver­ein­bart, dass die Be­klag­te Anhörungs­ver­fah­ren beim Be­triebs­rat zu ge­ge­be­nen­falls be­ab­sich­tig­ten Kündi­gun­gen nicht vor Ja­nu­ar 2015 ein­lei­ten wer­de.

Die Ei­ni­gungs­stel­le tag­te in der Zeit vom 28. No­vem­ber 2014 bis 18. De­zem­ber 2014 vier­mal je­weils ab 9:00 Uhr. Die ers­ten drei Sit­zun­gen dau­er­ten je­weils bis 12:55 Uhr, 16:45 Uhr und 17:40 Uhr. An der Sit­zung der Ei­ni­gungs­stel­le am 18. De­zem­ber 2014 ab 9:00 Uhr nah­men als von der Be­klag­ten be­stell­te Bei­sit­zer/in­nen Frau Rechts­anwältin U. R., der Geschäftsführer der Be­klag­ten B. A., die Sach­be­ar­bei­te­rin Per­so­nal der Be­klag­ten A. P. so­wie Frau Rechts­anwältin Dr. Sch. teil. Aus­weis­lich des Pro­to­kolls über die Sit­zung der Ei­ni­gungs­stel­le erklärte Frau Dr. Sch. nach 15:30 Uhr auf wei­te­res In­for­ma­ti­ons­ver­lan­gen der vom Be­triebs­rat be­stell­ten Bei­sit­zer, dass der In­for­ma­ti­ons­an­spruch des Be­triebs­ra­tes erfüllt sei. Aus die­sem Grun­de erkläre die Un­ter­neh­mens­sei­te die In­ter­es­sen­aus­gleichs­ver­hand­lun­gen für ge­schei­tert. Der Vor­sit­zen­de der Ei­ni­gungs­stel­le ver­wies so­dann auf die Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 16. Au­gust 2011 im Ver­fah­ren 1 AZR 44/10.

4.

Mit Schrei­ben vom 2. Ja­nu­ar 2015 un­ter­rich­te­te der Geschäftsführer der Be­klag­ten den Be­triebs­rat "noch ein­mal for­mal gemäß § 17 Abs. 2 KSchG". Die­ses Schrei­ben lau­tet aus­zugs­wei­se:

"Ich hat­te Sie be­reits mit Schrei­ben vom 22. und 26. Sep­tem­ber 2014 über die be­ab­sich­tig­te Sch­ließung des kom­plet­ten Geschäfts­be­triebs zum 31. März 2015 und die Gründe hierfür in­for­miert.

Von der Be­triebs­sch­ließung ist die ge­sam­te Be­leg­schaft (ak­tu­ell 192 Ar­beit­neh­mer) be­trof­fen.

Zum Zeit­punkt der Be­schluss­fas­sung über die Be­triebs­sch­ließung durch die Ge­sell­schaf­ter En­de Sep­tem­ber 2014 wa­ren noch 223 Ar­beit­neh­mer re­gelmäßig beschäftigt.

5. Kri­te­ri­en für Ab­fin­dun­gen

Die Kri­te­ri­en zur Be­rech­nung mögli­cher Ab­fin­dungs­zah­lun­gen wer­den sich aus dem So­zi­al­plan er­ge­ben, der ak­tu­ell in der Ei­ni­gungs­stel­le ver­han­delt wird. Ak­tu­ell steht der APSB je­doch kein Bud­get für Ab­fin­dun­gen zur Verfügung.

Im Rah­men der Ver­hand­lun­gen und ins­be­son­de­re im Rah­men der Ei­ni­gungs­stel­le ha­ben wir ja be­reits über die Möglich­kei­ten zur Ver­mei­dung von Ent­las­sun­gen mit Ih­nen be­ra­ten, ins­be­son­de­re die Möglich­keit der Er­rich­tung ei­ner Trans­fer­ge­sell­schaft. An die­ser Stel­le noch ein­mal vie­len Dank, dass der Be­triebs­rat ei­ne In­for­ma­ti­on durch die Trans­fer­ge­sell­schaft "Weit­blick" für die nächs­ten Ei­ni­gungs­stel­len­sit­zung am 13. Ja­nu­ar 2015 möglich ge­macht hat. Wir freu­en uns, die Be­ra­tun­gen über die Ver­mei­dung von Ent­las­sun­gen an die­ser Stel­le fort­set­zen zu können. Ger­ne ste­he ich natürlich auch für Be­ra­tun­gen außer­halb der Ei­ni­gungs­stel­le zur Verfügung."

Hier­auf re­agier­te der Be­triebs­rat mit Schrei­ben vom 14. Ja­nu­ar 2015. Er ver­wies dar­auf, dass die Fol­gen für die Be­leg­schaft noch in der Ei­ni­gungs­stel­le be­ra­ten würden und des­halb dar­um ge­be­ten wer­de, von der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge zunächst ab­zu­se­hen. Außer­dem ver­wies der Be­triebs­rat auf ein im An­hang bei­gefügtes Schrei­ben sei­nes Rechts­ver­tre­ters Rechts­an­walt K. vom 15. De­zem­ber 2014 an den Ei­ni­gungs­stel­len­vor­sit­zen­den, wel­ches dem Schrei­ben bei­gefügt war. In die­sem drei­sei­ti­gen Schrei­ben ver­wies Rechts­an­walt K. u.a. dar­auf, dass und war­um die bis­he­ri­ge In­for­ma­ti­ons­la­ge für den Be­ginn von Ver­hand­lun­gen über den Ver­such der Verständi­gung über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich nicht aus­rei­che. Ins­be­son­de­re sei­en dem Be­triebs­rat bis­her be­triebs­wirt­schaft­lich nach­voll­zieh­ba­re Gründe für die Be­triebsände­rung nicht mit­ge­teilt wor­den. Da das hie­si­ge Un­ter­neh­men kei­ne wirt­schaft­li­che Selbständig­keit be­sit­ze, sei da­von aus­zu­ge­hen, dass der In­ha­ber des W.-Kon­zerns, Herr C. W. auch die wirt­schaft­li­chen Ent­schei­dun­gen für die APSB tref­fe. In­so­fern kom­me es auch auf In­for­ma­tio­nen über die höhe­re Kon­zern­ebe­ne an. Aus­zugs­wei­se lau­tet das Schrei­ben wie folgt:

" (…) Bis­her hat die Ar­beit­ge­ber­sei­te we­der mit un­se­rer Sei­te über das "Ob" ("Al­ter­na­ti­ven zur ge­plan­ten Be­triebsände­rung" (…)) noch das "Wie" (…) be­ra­ten, erst recht nicht mit dem "ernst­haf­ten Wil­len zur Ei­ni­gung", noch konn­te die Be­triebs­rats­sei­te kon­kre­te Al­ter­na­ti­ven oder Mo­di­fi­ka­tio­nen vor­schla­gen.

Grund­la­ge hierfür wäre die schon im ers­ten An­schrei­ben erwähn­te, von uns ver­miss­te Dar­le­gung der kon­kre­ten Gründe für die jet­zi­gen Pla­nun­gen, nach­voll­zieh­bar un­ter­legt mit den in sol­chen Fällen übli­chen be­triebs­wirt­schaft­li­chen Be­rech­nun­gen und Zah­len. Nur auf die­ser Ba­sis könn­te un­se­re Sei­te sich mit die­sen ar­beit­ge­ber­sei­ti­gen Über­le­gun­gen aus­ein­an­der­set­zen und ver­su­chen, Al­ter­na­ti­ven zu der ge­plan­ten Be­triebsände­rung selbst oder Mo­di­fi­ka­tio­nen zu ent­wi­ckeln und hierüber ei­ne Verständi­gung mit der Ar­beit­ge­ber­sei­te her­bei­zuführen. (…)

Ge­mes­sen an die­sen An­for­de­run­gen ist die In­for­ma­ti­ons­la­ge äußerst dürf­tig. Sie be­steht le­dig­lich aus der Vor­la­ge der Ver­tragskündi­gun­gen durch die Mut­ter­ge­sell­schaft und pau­scha­len Hin­wei­sen des Geschäftsführers Herrn A. über nicht kon­kur­renzfähi­ge Per­so­nal­kos­ten. (...)

Die Ent­schei­dung über die Kündi­gung der Verträge wur­de von der Lei­tung die­ses Kon­zerns bzw. der Lei­tung der ein­schlägi­gen Spar­te, zu der die Er­brin­gung von Bo­den­ver­kehrs­dienst­leis­tun­gen gehören, ge­trof­fen. Das hie­si­ge Un­ter­neh­men be­sitzt außer der for­ma­len ju­ris­ti­schen kei­ne ei­ge­ne wirt­schaft­li­che Selbstständig­keit. Herr Al­vens­le­ben war ge­genüber der GGB ver­pflich­tet, de­ren Auf­trags­an­ge­bo­te oh­ne Rück­sicht dar­auf an­zu­neh­men, ob die Vergütung für die APSB auskömmlich ist. Ei­ge­ne Verträge durf­te er nicht ak­qui­rie­ren. Für den Pro­duk­ti­ons­be­reich ver­wen­det man in der­ar­ti­gen Fällen den – nicht ju­ris­ti­schen – Be­griff der "verlänger­ten Werk­bank". Auch die GGB ist of­fen­sicht­lich oh­ne ei­ne wei­te­re Kon­zern­an­bin­dung wirt­schaft­lich nicht le­bensfähig und (…) auch nur Un­ter­auf­trag­neh­me­rin. Sie erhält je nach den un­ter­neh­me­ri­schen Über­le­gun­gen, die im W.-Kon­zern für ih­re Spar­te ge­trof­fen wer­den, die Wei­sung, Verträge mit der APSB auf­zukündi­gen. Zu­dem wird ihr ab und an un­ter tak­ti­schen Erwägun­gen – je nach dem Stand von Ei­ni­gungs­stel­len­ver­fah­ren – Geld zur Verfügung ge­stellt, das sie kurz­fris­tig der APSB zur Verfügung stel­len darf und soll. (…)

Zu all­dem gab es bis­her in der vor­he­ri­gen Ei­ni­gungs­stel­le – ge­nau­so wie in der hie­si­gen – kei­ner­lei Auskünf­te. Der Geschäftsführer der abhängi­gen Ge­sell­schaft APSB kann sich hin­sicht­lich der Pla­nun­gen auf den nächs­ten Un­ter­neh­mens- und Kon­zern­ebe­nen je­den­falls nicht hin­ter sei­ner re­la­ti­ven Un­kennt­nis "ver­ste­cken". Ei­ne um­fas­sen­de In­for­ma­ti­on ist nur ge­ge­ben, wenn auch die auf höhe­rer Kon­zern­ebe­ne vor­han­de­nen Pla­nun­gen dem Be­triebs­rat bzw. der Ei­ni­gungs­stel­le mit­ge­teilt und erläutert wer­den (…)"

Mit Schrei­ben vom 28. Ja­nu­ar 2015 zeig­te die Be­klag­te bei der Ar­beits­agen­tur in C. die ge­plan­te Mas­sen­ent­las­sung an. Mit Schrei­ben vom glei­chen Tag er­folgt die An­zei­ge auch bei der Agen­tur für Ar­beit Ber­lin N.. In die­sen na­he­zu wort­glei­chen Schrei­ben führ­te der Geschäftsführer der Be­klag­ten u.a. zur Be­tei­li­gung des Be­triebs­ra­tes aus:

Mit dem bei der APSB ge­bil­de­ten Be­triebs­rat wur­den In­ter­es­sen­aus­gleichs- und So­zi­al­plan­ver­hand­lun­gen geführt. Wei­ter­hin wur­de der Be­triebs­rat noch ein­mal ge­son­dert mit dem bei­gefügten Schrei­ben vom 2. Ja­nu­ar 2015 gemäß § 17 Abs. 2 KSchG un­ter­rich­tet. …

Ei­ne ge­son­der­te Stel­lung­nah­me hat der Be­triebs­rat nicht ab­ge­ge­ben. Im Rah­men der So­zi­al­plan­ver­hand­lun­gen wur­de je­doch mit dem Be­triebs­rat am 13., 16. und 21. Ja­nu­ar 2015 über die Ein­rich­tung ei­ner Trans­fer­ge­sell­schaft i.S.d. § 111 SGB III ver­han­delt. Das Ei­ni­gungs­stel­len­ver­fah­ren wur­de am 21. Ja­nu­ar 2015 be­en­det (sie­he Pro­to­koll). Wei­te­re ge­son­der­te Be­ra­tun­gen hat der Be­triebs­rat nicht ver­langt.

5.

Nach­dem ei­ni­ge Kam­mern des Ar­beits­ge­richts Ber­lin ei­ne Ver­let­zung der Mas­sen­ent­las­sungs­vor­schrif­ten des § 17 KSchG fest­ge­stellt hat­ten, hat sich die Be­klag­te ent­schlos­sen, rein vor­sorg­lich die­ses Ver­fah­ren zu wie­der­ho­len.

Un­ter dem 10. Ju­ni 2015 (Anl. B M 1 = Bl. 301 der Ak­te) hörte die Be­klag­te dem Be­triebs­rat er­neut an. Am 24. Ju­ni 2015 ver­han­del­ten die Be­triebs­par­tei­en zwi­schen 12:50 Uhr und 18:50 Uhr. Mit E-Mail vom 24. Ju­ni 2015 (An­la­ge B M 10 = Bl. 330 der Ak­te) for­der­te die Be­klag­te dem Be­triebs­rat auf, bis zum nächs­ten Tag 18:00 Uhr ei­ne Stel­lung­nah­me ab­zu­ge­ben. Der Be­triebs­rat er­wi­der­te hier­auf mit Schrei­ben vom 25. Ju­ni 2015, wo­nach er in sei­ner nächs­ten Sit­zung am Diens­tag (30. Ju­ni) ei­ne Stel­lung­nah­me ab­ge­ben wer­de. Un­ter dem 26. Ju­ni 2015 (An­la­ge B M 13 = Bl. 333 der Ak­te) er­stat­te­te die Be­klag­te bei der Agen­tur für Ar­beit C. ei­ne Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge be­zo­gen auf noch ver­blie­be­ne 129 Ar­beit­neh­mer. Ein gleich­lau­ten­des Schrei­ben wur­de am sel­ben Tag bei der Agen­tur für Ar­beit Ber­lin Nord ein­ge­reicht.

Mit Schrei­ben vom 12. Ju­ni 2015 (An­la­ge B M 15) hörte die Be­klag­te den Be­triebs­rat gemäß § 102 Be­trVG an. Der Be­triebs­rat hat den Kündi­gun­gen mit Schrei­ben vom 19. Ju­ni 2015 wi­der­spro­chen (An­la­ge B M 16). Un­ter dem 9. Ju­li 2015 (An­la­ge B M 17) hat das Lan­des­amt für Ge­sund­heit und So­zia­les der be­ab­sich­tig­ten Kündi­gung zu­ge­stimmt.

6.

Ge­gen bei­de Kündi­gun­gen hat die Kläge­rin recht­zei­tig Kla­ge beim Ar­beits­ge­richt er­ho­ben. Sie hat die An­sicht ver­tre­ten, dass es bei den Kündi­gun­gen ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses an ei­nem be­triebs­be­ding­ten Grund im Sin­ne des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes feh­le. Die Kündi­gun­gen sei­en rechts­miss­bräuch­lich. Die Be­klag­te sei im Rah­men des W.-Kon­zerns tätig ge­wor­den. Die Auf­träge sei­en nur in­ner­halb des Kon­zerns ver­la­gert wor­den. Die be­haup­te­te Be­triebs­still­le­gung stel­le nur ei­nen von lan­ger Hand ge­plan­ten Ver­such dar, sich der Alt­be­leg­schaft zu ent­le­di­gen.

Der W.-Kon­zern sei durch die Über­nah­me der GGB in die so­ge­nann­te Avia­ti­on-Spar­te ein­ge­stie­gen. Dort sei­en ca. 80% al­ler Vor­feld- und Pas­sa­ge­dienst­leis­tun­gen der Flughäfen T. und Sch. durch­geführt wor­den. Die maßgeb­li­chen Ent­schei­dun­gen würden nun von der W. C. GmbH & Co KG ge­trof­fen.

Die hie­si­ge Be­klag­te ha­be kei­ner­lei ei­ge­ne Geschäftstätig­keit ent­fal­ten dürfen. Es sei nie ei­ne markt­ge­rech­te Vergütung zu er­zie­len ge­wie­sen.

Die ge­sell­schafts­recht­li­chen Verände­run­gen hätten nur da­zu ge­dient, sich dem Kündi­gungs­schutz zu ent­zie­hen. We­gen des da­mit ein­her­ge­hen­den Rechts­miss­brauchs müsse der Kündi­gungs­schutz hier kon­zern­weit gel­ten. Denn die un­ter­neh­me­ri­sche Frei­heit gel­te nicht schran­ken­los. Im Ein­zel­nen wird auf die dies­bezügli­chen Ausführun­gen der Kläge­rin im erst­in­stanz­li­chen Schrift­satz vom 7. Mai 2015 ver­wie­sen.

Es han­de­le sich um ei­nen ver­deck­ten Be­triebsüber­gang.

Es lie­ge auch ein Ver­s­toß ge­gen § 17 KSchG vor. Dem Be­triebs­rat sei­en die tatsächli­chen Gründe für die Still­le­gung des Be­trie­bes nicht mit­ge­teilt wor­den. Ihm sei­en nur Ver­mu­tun­gen mit­ge­teilt wor­den. Auch hätte der Bun­des­agen­tur für Ar­beit das Schrei­ben des Be­triebs­rats vom 14. Ja­nu­ar 2015 mit­ge­teilt wer­den müssen. Die Stel­lung­nah­me des Be­triebs­ra­tes sei Be­stand­teil der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge und die An­zei­ge oh­ne ei­ne sol­che Beifügung un­wirk­sam.

Die Anhörung des Be­triebs­rats nach § 102 Be­trVG sei eben­falls un­wirk­sam. Für den Be­triebs­rat sei un­klar ge­we­sen, zu wann das Ar­beits­verhält­nis hätte be­en­det wer­den sol­len. Die Mit­tei­lung der Kündi­gungs­fris­ten rei­che hierfür nicht aus. Auch sei­en dem Be­triebs­rat kei­ne Gründe für die kon­zern­in­ter­ne Be­en­di­gung der Auf­trags­ver­ga­be mit­ge­teilt wor­den. Fer­ner sei das In­te­gra­ti­ons­amt un­zu­rei­chend in­for­miert wor­den. Der Geschäftsführer ha­be un­zu­tref­fend an­ge­ge­ben, dass die GGB ihm die Gründe für die Auf­tragskündi­gung nicht mit­ge­teilt ha­be.

Die Be­klag­te ha­be mit dem Be­triebs­rat auch nicht ernst­haft über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich ver­han­delt. Als die Be­klag­te am 18. De­zem­ber 2014 die In­ter­es­sen­aus­gleichs­ver­hand­lun­gen für ge­schei­tert erklärt ha­be, hätten die Ver­hand­lun­gen ei­gent­lich noch gar nicht be­gon­nen ge­habt. Ei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit den be­triebs­wirt­schaft­li­chen Hin­ter­gründen der Be­triebsände­rung sei man­gels kon­kre­ter In­for­ma­tio­nen noch gar nicht möglich ge­we­sen.

So hätte die Be­klag­te of­fen le­gen müssen, bei wel­cher Per­so­nal­kos­ten­struk­tur ei­ne wei­te­re Be­auf­tra­gung mit Pas­sa­gier­dienst­leis­tun­gen in Be­tracht ge­kom­men wäre. Da der Geschäftsführer der Be­klag­ten außer­halb der Ei­ni­gungs­stel­le an ei­nen großen Teil der Ar­beit­neh­mer her­an­ge­tre­ten sei, ob sie be­reit sei­en, zu ge­rin­ge­ren Vergütun­gen in ei­ner an­de­ren W.-Fir­ma wei­ter­zu­ar­bei­ten, hätte das bei ent­spre­chen­der Un­ter­rich­tung auch un­ter dem Dach der Be­klag­ten ver­han­delt wer­den können. Des­we­gen könne er mit Er­folg Nach­teils­aus­gleichs­ansprüche gemäß § 113 Be­trVG gel­tend ma­chen. Das glei­che gel­te aber auch des­halb, weil trotz ent­spre­chen­dem Bemühen des Be­triebs­ra­tes die Agen­tur für Ar­beit zu den Ver­hand­lun­gen nicht hin­zu­ge­zo­gen wor­den sei. De­ren Hin­zu­zie­hung sei we­gen des eben­falls be­ste­hen­den Bemühens der Ver­mei­dung von Ent­las­sun­gen je­doch Teil der Ver­hand­lun­gen zum In­ter­es­sen­aus­gleich.

Die­se Erwägun­gen kämen auch bei der 2. Kündi­gung zum Tra­gen. Da sich der Sitz des Be­trie­bes nicht am Flug­ha­fen in Sch., son­dern in Ber­lin be­fin­de, sei die An­zei­ge zur Mas­sen­ent­las­sung feh­ler­haft, da ein feh­ler­haf­ter Sach­ver­halt vor­ge­tra­gen wor­den sei. Schon dies führe zur Un­wirk­sam­keit der bei­den Kündi­gun­gen. Auch im 2. Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren hätte es an kon­kre­ten In­for­ma­tio­nen über Aus­maß und Ur­sa­chen ei­ner an­geb­li­chen fi­nan­zi­el­len Schief­la­ge der Be­klag­ten ge­fehlt. Nur bei Kennt­nis al­ler Da­ten hätten Al­ter­na­ti­ven zur Sch­ließung und da­mit zur Ent­las­sung der Beschäftig­ten ent­wi­ckelt und mit der Be­leg­schaft dis­ku­tiert wer­den können. Hin­sicht­lich des 2. Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­rens hätte die Be­klag­te die für den 30.06.2015 an­gekündig­te endgülti­ge Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats ab­war­ten müssen.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die frist­ge­rech­te Kündi­gung der Be­klag­ten vom 13. Fe­bru­ar 2015 nicht auf­gelöst wer­den wird;

2. hilfs­wei­se fest­zu­stel­len dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die frist­ge­rech­te Kündi­gung der Be­klag­ten vom 13.02.2015 nicht zum 31.07.2015, son­dern erst zum 31.08.2015 be­en­det wer­den wird;

3. fest­zu­stel­len dass das Ar­beits­fel­des der Par­tei­en auch durch die wei­te­re, "vor­sorg­lich er­neut aus be­triebs­be­ding­ten Gründen" aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung der Be­klag­ten vom 15.07.2015 nicht auf­gelöst wer­den wird und

4. hilfs­wei­se zu den Fest­stel­lungs­anträgen die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie als Scha­dens­er­satz nach den §§ 113 Abs. 3 Be­trVG, 9, 10 KSchG ei­nen Be­trag zu zah­len, des­sen Höhe in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen und

hilfs­wei­se für den Fall, dass die Be­klag­te zur Zah­lung ei­nes Nach­teils­aus­gleichs gemäß § 113 Abs. 3 Be­trVG, 9, 10 KSchG ver­ur­teilt wird, die vorläufi­ge Voll­streck­bar­keit des Ur­teils aus­zu­sch­ließen.

Die Be­klag­te hat be­haup­tet, die Kündi­gun­gen sei­en we­gen der Be­triebs­sch­ließung ge­recht­fer­tigt ge­we­sen. Die ge­nau­en Gründe für die Kündi­gung der Auf­träge und die Ent­schei­dung zur Sch­ließung des Geschäfts­be­trie­bes hätte die GGB ihr nicht erläutert. Sie ver­wei­se je­doch auf ho­he Per­so­nal­kos­ten und auf an­ge­fal­le­ne De­fi­zi­te. Die GGB ha­be im Jah­re 2011 ei­nen Fehl­be­trag von 5,9 Mio. EUR, im Jah­re 2012 von 1,7 Mio. EUR und im Jah­re 2013 von 1,3 Mio. EUR er­wirt­schaf­tet. Die GGB ha­be nur be­ste­hen können, weil sie an ei­nem so­ge­nann­ten Cash Poo­ling Ver­fah­ren teil­ge­nom­men ha­be, das die Li­qui­dität ge­si­chert ha­be. En­de 2014 sei dort ein Sal­do von 7,9 Mio. EUR auf­ge­lau­fen ge­we­sen. Auch bei der W. C. GmbH & Co. KG, die ei­nen Teil der Verträge mit den Flug­ge­sell­schaf­ten hal­te, fin­de die ins Blaue hin­ein auf­ge­stell­te Be­haup­tung der "Ge­winn­abschöpfung" nicht statt. Bei ei­nem Um­satz­vo­lu­men von 73.047.248,00 EUR sei im Jah­re 2013 ein Ge­winn von 43.874,00 EUR er­zielt wor­den. Im Jah­re 2014 ha­be der Er­trag 127.388 EUR bei ei­nem Um­satz von 91.084.770,00 EUR be­tra­gen. 85.694.296,00 EUR Um­satz und 126.333 EUR Er­trag sei­en auf die zur Nie­der­las­sung Ber­lin gehören­den Verträge mit Flug­ge­sell­schaf­ten am Stand­ort Ber­lin ent­fal­len.

Der Be­trieb sei tatsächlich still­ge­legt wor­den, was sich auch aus der Frei­stel­lung der Ar­beit­neh­mer vor Aus­spruch der Kündi­gung und der Kündi­gung der Geschäftsräume er­ge­be. Ein Be­triebsüber­gang ha­be nicht statt­ge­fun­den, wo­bei die Be­klag­te näher dar­legt hat, durch wel­che sechs Ge­sell­schaf­ten künf­tig die Pas­sa­gier­ab­fer­ti­gung für wel­che Flug­ge­sell­schaf­ten vor­ge­nom­men würde.

  • Die Auf­träge zur Ab­fer­ti­gung der Flüge der Aus­tri­an Air­ways und Swiss sei­en eben­so wie die Ab­fer­ti­gung der Flüge der Luft­han­sa nach Frank­furt/Main an die Fir­ma P. S. T. GmbH (PST) ver­ge­ben wor­den. An der Fa. PST sei­en nach Kennt­nis der Be­klag­ten we­der die GGB noch ei­ne an­de­re Ge­sell­schaft der W. Grup­pe be­tei­ligt. Al­lein­ge­sell­schaf­ter der Fa. PST sei laut Han­dels­re­gis­ter die Fa. P. GmbH, de­ren Al­lein­ge­sell­schaf­ter Herr R. Sch. sei.
  • Die Ab­fer­ti­gung der Luft­han­saflüge nach Düssel­dorf und München sei­en an die Fa. A. P. Ser­vice GmbH & Co. KG ver­ge­ben wor­den. Auch an die­ser Fir­ma sei­en nach Kennt­nis der Be­klag­ten we­der die GGB noch ein Un­ter­neh­men der W. Grup­pe be­tei­ligt. Die Ge­sell­schafts­an­tei­le an die­ser Fa. so­wie de­ren Kom­ple­mentärin würden di­rekt oder in­di­rekt von der Fa­mi­lie L. ge­hal­ten, die ins­be­son­de­re auch am Flug­ha­fen Stutt­gart Dienst­leis­tun­gen er­brin­ge.
  • Die Auf­träge zur Ab­fer­ti­gung der Flüge der Bri­tish Air­ways (in­klu­si­ve Bag­ga­ge Drop-off) sei­en an die Fir­ma A. C. Ser­vice Ber­lin GmbH & Co KG (ACSB), de­ren An­tei­le die GGB hal­te, ver­ge­ben wor­den.
  • Der Auf­trag zur Be­treu­ung des Luft­han­sa Bag­ga­ge Drop-Off Schal­ters (Gepäck­ab­ga­be­schal­ter) sei an die Fir­ma W. P. Ser­vice Ber­lin-Bran­den­burg GmbH & Co. KG ver­ge­ben wor­den.
  • Der Auf­trag bezüglich der Luft­han­saflüge nach Tel Aviv sei an­ge­sichts der Ein­stel­lung die­ser Stre­cke nicht neu ver­ge­ben.

Die Be­klag­te ha­be den Be­triebs­rat ord­nungs­gemäß am 2. Ja­nu­ar 2015 über die ge­plan­te Mas­sen­ent­las­sung un­ter­rich­tet und zu Kon­sul­ta­tio­nen hierüber im Rah­men der Ei­ni­gungs­stel­len­ver­hand­lun­gen oder da­ne­ben auf­ge­for­dert. Das Schrei­ben des Be­triebs­rats vom 14. Ja­nu­ar 2015 ha­be der Bun­des­agen­tur ent­spre­chend der Recht­spre­chung des BAG nicht mit­ge­teilt wer­den müssen, da es sich nicht um ei­ne ab­sch­ließen­de Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats ge­han­delt ha­be. So­weit der Be­triebs­rat auf das Schrei­ben des Rechts­an­walts K. vom 15. De­zem­ber 2014 Be­zug ge­nom­men ha­be, sei die­se Sicht­wei­se über­holt, da der Ver­such des In­ter­es­sen­aus­gleichs zwi­schen­zeit­lich für ge­schei­tert erklärt wor­den sei. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 17 Abs. 3 S. 3 KSchG ha­be die Be­klag­te ein­ge­hal­ten.

Je­den­falls das 2. Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren sei mit dem Be­triebs­rat ord­nungs­gemäß durch­geführt wor­den.

7.

Mit Ur­teil vom 1. Ok­to­ber 2015 hat das Ar­beits­ge­richt Ber­lin die Kla­ge ins­ge­samt ab­ge­wie­sen. Schon die Kündi­gung vom 13. Fe­bru­ar 2015 ha­be das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en wirk­sam zum 31. Ju­li 2015 be­en­det, da der Be­trieb der Be­klag­ten zum 31. März 2015 still­ge­legt wor­den sei. Mit der Kündi­gung der noch vor­han­de­nen Auf­träge durch die GGB sei­ne Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten für sämt­li­che Ar­beit­neh­mer ent­fal­len. Die Be­klag­te ha­be die Be­triebs­still­le­gung auch tatsächlich um­ge­setzt. Die­se Ent­schei­dung sei nicht rechts­miss­bräuch­lich. Für die­se Be­ur­tei­lung sei auf den Ver­trags­ar­beit­ge­ber ab­zu­stel­len. Es sei recht­lich nicht zu be­an­stan­den, dass der ein­zi­ge Auf­trag­ge­ber der Be­klag­ten, der zu­gleich Ge­sell­schaf­ter sei, ih­rem Su­b­un­ter­neh­mer sämt­li­che Auf­träge kündi­ge und da­durch die Be­triebs­still­le­gung der Be­klag­ten er­zwin­ge. Die Kündi­gung sei auch nicht gemäß § 17 KSchG un­wirk­sam. Die Be­klag­te ha­be die Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge bei der zuständi­gen Agen­tur für Ar­beit ein­ge­reicht. Der Sitz der Be­klag­ten be­fin­de sich nach Ih­ren An­ga­ben je­den­falls bis zur Still­le­gung in Sch.. In­so­fern sei die Agen­tur für Ar­beit in Cott­bus zuständig. Die Be­klag­te ha­be mit Schrei­ben vom 2. Ja­nu­ar 2015 auch die er­for­der­li­chen In­for­ma­tio­nen an den Be­triebs­rat er­teilt. Die Äußerung des Be­triebs­rats vom 14. Ja­nu­ar 2015 sei kei­ne ab­sch­ließen­de Stel­lung­nah­me und hätte da­her der Bun­des­agen­tur für Ar­beit nicht mit­ge­teilt wer­den müssen. Die Be­triebs­rats­anhörung sei gemäß § 102 Be­trVG wirk­sam er­folgt. Die Kläge­rin könne auch nicht mit Er­folg ver­lan­gen, dass das Ar­beits­verhält­nis ei­nem Mo­nat länger be­stan­den hätte. In­so­fern sei auch der Hilfs­an­trag ab­zu­wei­sen. Auf die Wirk­sam­keit der 2. Kündi­gung kom­me es nicht an. Ein An­spruch auf Nach­teils­aus­gleich be­ste­he für die Kläge­rin nicht.

8.

Ge­gen die­ses dem Kläger­ver­tre­ter am 23. Ok­to­ber 2015 zu­ge­stell­te Ur­teil leg­te die­ser für die Kläge­rin am 10. No­vem­ber 2015 Be­ru­fung ein und be­gründe­ten die­se un­ter dem 18. De­zem­ber 2015.

Die Kläge­rin ist der An­sicht, schon das Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren sei nicht ord­nungs­gemäß durch­geführt wor­den. Es hätten die Gründe mit­ge­teilt wer­den müssen, die das tatsächlich ver­ant­wort­li­che Un­ter­neh­men im Rah­men des Un­ter­neh­mens­ver­bun­des da­zu be­wegt hätten, die Auf­träge von der Be­klag­ten ab­zu­zie­hen. Die­se stra­te­gi­schen Über­le­gun­gen hätten of­fen ge­legt wer­den müssen. An­dern­falls hätte der Be­triebs­rat kei­ne Al­ter­na­ti­ven zu der be­ab­sich­tig­ten Be­triebs­sch­ließung ent­wi­ckeln können. Noch im Un­ter­rich­tungs­schrei­ben vom 27. April 2012 zum Be­triebsüber­gang sei die Ar­beit­ge­ber­sei­te selbst da­von aus­ge­gan­gen, dass ein Kon­zern vor­lie­ge. Das Ver­fah­ren sei auch ver­spätet ein­ge­lei­tet wor­den. Es hätte schon zu ei­nem Zeit­punkt ein­ge­lei­tet wer­den müssen, be­vor al­le Auf­träge für die Be­klag­te gekündigt wor­den wa­ren. Es hätten auch kei­ne er­geb­nis­of­fe­nen Be­ra­tun­gen statt­ge­fun­den. So­weit in der Ei­ni­gungs­stel­len­sit­zung vom 18. De­zem­ber 2014 durch die Ar­beit­ge­ber­sei­te das Schei­tern der Ver­hand­lun­gen zu ei­nem In­ter­es­sen­aus­gleich erklärt wor­den war, hätte nun­mehr die­se Erklärung zurück­ge­zo­gen wer­den müssen. Die An­zei­ge bei der Bun­des­agen­tur für Ar­beit sei nicht ord­nungs­gemäß er­folgt. Un­strei­tig wa­ren die Per­so­nal­ab­tei­lung und die Steu­er­ein­heit nach der Ab­spal­tung von Schöne­berg nach Ber­lin ver­legt wor­den. Die­se Sitz­ver­le­gung hätte die Be­klag­te nach der Ver­ord­nung über die Er­fas­sung und Über­mitt­lung von Da­ten für die Träger der So­zi­al­ver­si­che­rung (DEÜV) mit­tei­len müssen. In­so­fern ha­be sich die Ar­beits­agen­tur C. in nach­voll­zieh­ba­rer Wei­se dar­auf ver­las­sen, dass die ge­mel­de­ten Da­ten zum Be­triebs­sitz zu­tref­fend sei­en. Je­den­falls hätte auch bei der ers­ten Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge das Schrei­ben des Be­triebs­rats vom 14. Ja­nu­ar 2015 bei­gefügt wer­den müssen. Hin­sicht­lich des 2. Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­rens sei fest­zu­stel­len, dass Be­ra­tun­gen zwar auch vor der vollständi­gen Un­ter­rich­tung be­gin­nen, aber erst da­nach ab­ge­schlos­sen wer­den könn­ten. Auch nach der letz­ten Mit­tei­lung des Geschäftsführers hätten noch Be­ra­tun­gen statt­fin­den müssen. So hätte die Be­klag­te ei­ne ab­sch­ließen­de Mit­tei­lung nach ent­spre­chen­der Rück­spra­che mit der Geschäftsführe­rin der Mut­ter­ge­sell­schaft an­gekündigt. Sie blei­be bei der Rechts­an­sicht, dass die Kündi­gun­gen auch rechts­miss­bräuch­lich sei­en. Man­gels ei­nes Ver­suchs zu ei­nem In­ter­es­sen­aus­gleich auch un­ter Ver­mitt­lung der Bun­des­agen­tur für Ar­beit stünden ihr Scha­dens­er­satz­ansprüche nach § 113 Be­trVG zu.

Die Kläge­rin be­an­tragt un­ter teil­wei­ser Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 01.10.2015 – 57 Ca 3172/15 –

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die frist­ge­rech­te Kündi­gung der Be­klag­ten vom 13. Fe­bru­ar 2015 nicht auf­gelöst wor­den ist;

2. hilfs­wei­se für den Fall der Ab­wei­sung des An­tra­ges zu 1) die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie als Scha­dens­er­satz gemäß §§ 113 Abs. 3 Be­trVG, 9, 10 KSchG ei­nen Be­trag zu zah­len, der in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird;

3. fest­zu­stel­len dass das Ar­beits­fel­des der Par­tei­en auch durch die wei­te­re "vor­sorg­lich er­neut aus be­triebs­be­ding­ten Gründen" aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung der Be­klag­ten vom 15.07.2015 nicht auf­gelöst wer­den wird;

und

hilfs­wei­se bei Ob­sie­gen mit dem Kla­ge­an­trag zu 1) und Un­ter­lie­gen mit dem An­trag zu 3) die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie als Scha­dens­er­satz gemäß §§ 113 Abs. 3 Be­trVG, 9, 10 KSchG ein Be­trag zu zah­len, der in das Er­mes­sen des Ge­richts ge­stellt wird.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie hält das erst­in­stanz­li­che Ur­teil für zu­tref­fend. Sie ver­weist dar­auf, dass der Sitz des Be­trie­bes wei­ter­hin in Sch. re­gis­triert ge­we­sen sei und dort auch noch Ar­beit­neh­mer tätig ge­we­sen sei­en. Dem Be­triebs­rat sei­en auch aus­rei­chend die Gründe für die Be­triebs­still­le­gung mit­ge­teilt wor­den, nämlich der Auf­trags­ver­lust. Hin­ter­gründe hätten nicht mit­ge­teilt wer­den müssen. Man ha­be auch in der Ei­ni­gungs­stel­le das Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren durchführen können. Dort hätten die Ar­beit­ge­be­rin und der Be­triebs­rat zu­sam­men ge­ses­sen. Auch aus § 76 Abs. 1 S. 1 las­se sich her­lei­ten, dass die Ei­ni­gungs­stel­le ein Gre­mi­um zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat sei. § 17 Abs. 3 a KSchG sei nicht her­an­zu­zie­hen. Dies schei­te­re schon dar­an, dass die Ent­schei­dung über Ent­las­sun­gen von der hie­si­gen Be­klag­ten ge­trof­fen wor­den sei. Da­her sei der An­wen­dungs­be­reich die­ser Norm nicht eröff­net. Auch hin­sicht­lich der 2. Kündi­gung ha­be man er­geb­nis­of­fen ein Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren durch­geführt. Der Be­triebs­rat ha­be hier nur ei­ne Hin­hal­te­tak­tik be­trie­ben.

We­gen des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en im Be­ru­fungs­ver­fah­ren wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze ver­wie­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung der Be­klag­ten ist form- und frist­ge­recht im Sin­ne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zi­vil­pro­zess­ord­nung (ZPO) ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Sie ist da­her zulässig.

II.

Die Be­ru­fung hat auch in der Sa­che Er­folg. Zu Un­recht hat das Ar­beits­ge­richt Ber­lin die Kla­ge ins­ge­samt ab­ge­wie­sen. Die Kündi­gun­gen vom 13.02.2015 und 15.07.2015 sind viel­mehr un­wirk­sam. In­so­fern war die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung ab­zuändern.

1. Die Kündi­gung vom 13.02.2015 ist schon des­we­gen un­wirk­sam, weil das Be­ra­tungs­ver­fah­ren nach § 17 Abs. 2 S. 2 KSchG man­gel­haft durch­geführt wor­den ist. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KSchG sind erfüllt.

1.1 Nach § 17 Abs. 2 S. 2 KSchG ha­ben Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat ins­be­son­de­re die Möglich­keit zu be­ra­ten, Ent­las­sun­gen zu ver­mei­den oder ein­zu­schränken und ih­re Fol­gen zu mil­dern. Wird kein Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren im Sin­ne die­ser Norm durch­geführt, ist ei­ne im Rah­men ei­ner Mas­sen­ent­las­sung aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung we­gen des Ver­s­toßes ge­gen ein ge­setz­li­ches Ver­bot im Sin­ne von § 134 BGB rechts­un­wirk­sam (BAG 21.03.2013 - 2 AZR 60/12 - NZA 2013, 966 Rn. 19). Un­wirk­sam­keits­gründe sind un­abhängig von ei­ner Rüge des Ar­beit­neh­mers auch von Amts we­gen zu berück­sich­ti­gen, wenn sie sich aus ei­nem Vor­trag des Ar­beit­ge­bers oder ein­ge­reich­ten Un­ter­la­gen er­ge­ben (BAG 13.12.2012 - 6 AZR 5/12 - Rn. 43). Dies gilt auch dann, wenn das Ar­beits­ge­richt zu­vor ei­nen Hin­weis nach § 6 KSchG ge­ge­ben hat (BAG 18.01.2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 26). Der Ar­beit­ge­ber ist ver­pflich­tet, mit dem Be­triebs­rat über die Ent­las­sun­gen bzw. die Möglich­kei­ten ih­rer Ver­mei­dung oder Ein­schränkung und über die Fol­gen der Ent­las­sun­gen ernst­lich zu ver­han­deln, ihm dies zu­min­dest an­zu­bie­ten (BAG 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - NZA 2015,881 Rn. 15).

Ver­hand­lun­gen sind mit dem Be­triebs­rat als Gre­mi­um durch­zuführen, denn die­ser han­delt als Kol­le­gi­al­or­gan (BAG 26.02.2015-2 AZR 955/13-NZA 2015, 881 Rn. 21). So­weit die ge­genüber dem Be­triebs­rat be­ste­hen­den Pflich­ten aus § 111 Be­trVG mit de­nen aus § 17 KSchG oder § 102 Be­trVG übe­rein­stim­men, kann der Ar­beit­ge­ber sie gleich­zei­tig erfüllen. Dass und wel­che Ver­fah­ren gleich­zei­tig durch­geführt wer­den sol­len, muss hier­bei je­doch hin­rei­chend klar­ge­stellt wer­den (BAG 20.09.2012 - 6 AZR 155/11-NZA 2013,32 Rn. 47; BAG 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - NZA 2015,881 Rn. 17). Strei­tig ist, ob der Ar­beit­ge­ber Kon­sul­ta­tio­nen auch im Rah­men der Ei­ni­gungs­stel­le durchführen muss (be­ja­hend ArbG Ber­lin Be­schluss 21.02.2006 - 79 Ca 22.399/05-NZA 2006,739; Wol­ter AuR 2005, 135,139; of­fen ge­las­sen KDZ-Dei­nert, 9.Aufl., § 17 KSchG Rn 48). Das BAG lehnt dies ab und sieht in der Ei­ni­gungs­stel­le ei­nen "un­par­tei­ischen Drit­ten" (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 693/06 - NZA 2007, 1296 Rn. 44). Die Li­te­ra­tur ist dem über­wie­gend ge­folgt un­ter an­de­rem mit dem Hin­weis, das Ei­ni­gungs­stel­len­ver­fah­ren er­set­ze die ge­schei­ter­ten Ver­hand­lun­gen zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat (KR-Wei­gand, 10.Aufl., § 17 KSchG Rn. 62).

1.2 Bei An­wen­dung die­ser Kri­te­ri­en fand ei­ne Be­ra­tung mit dem Be­triebs­rat nicht statt. Der Ver­lauf der Ver­hand­lun­gen er­gibt sich schon aus dem erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gen der Be­klag­ten und den dort ein­ge­reich­ten Un­ter­la­gen.

a) Vor dem In­for­ma­ti­ons­schrei­ben vom 02.01.2015 fan­den kei­ner­lei Ver­hand­lun­gen nach § 17 KSchG statt. Hier­von ge­hen die Par­tei­en zu Recht aus. Aus­weis­lich des Schrei­bens der Be­klag­ten vom 22.09.2014 soll­te über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich und ei­nen So­zi­al­plan ver­han­delt wer­den. Gemäß dem bei­gefügten Ent­wurf über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich (§ 3 Abs. 2) soll­ten die wei­te­ren Be­tei­li­gungs­rech­te des Be­triebs­rats viel­mehr aus­drück­lich un­berührt blei­ben. Ei­ne Ver­bin­dung der Ver­hand­lun­gen nach § 111 Be­trVG mit de­nen nach § 17 KSchG ist durch die Be­klag­te nicht er­folgt.

b) Ver­hand­lun­gen in der Ei­ni­gungs­stel­le gemäß § 111 S. 1 Be­trVG sind kei­ne Be­ra­tun­gen im Sin­ne von § 17 Abs. 2 S. 2 KSchG.

So­weit die Be­klag­te meint, dass zwar mit der Recht­spre­chung des BAG nicht zu ver­lan­gen sei, dass Be­ra­tun­gen mit dem Be­triebs­rat auch in der Ei­ni­gungs­stel­le geführt wer­den müss­ten, aber un­abhängig hier­von sei dies je­den­falls zulässig, kann dem nicht ge­folgt wer­den. Bei­de Fra­gen sind un­trenn­bar mit­ein­an­der ver­bun­den. Wenn Ver­hand­lun­gen in der Ei­ni­gungs­stel­le zu ei­nem In­ter­es­sen­aus­gleich und So­zi­al­plan als Be­ra­tun­gen mit dem Be­triebs­rat zur Ver­mei­dung von Mas­sen­ent­las­sun­gen ein­ge­stuft wer­den können, dann können die not­wen­di­gen Be­ra­tun­gen nach § 17 KSchG auch nur be­en­det sein, wenn die­se - nach deut­schem Recht vor­ge­schrie­be­nen - We­ge auch ein­ge­hal­ten wer­den. Die Ei­ni­gungs­stel­len­sit­zun­gen bis zum Zeit­punkt der Ab­stim­mun­gen über ver­schie­de­ne Entwürfe wären dann Teil der Be­ra­tun­gen zwi­schen Be­triebs­rat und Ar­beit­ge­ber. Dem ist das BAG aber zu Recht nicht ge­folgt. Zu­tref­fend geht das BAG da­von aus, dass die Ei­ni­gungs­stel­le ein "un­par­tei­ischer Drit­ter" ist. Die von den Be­triebs­par­tei­en be­nann­ten Bei­sit­zer sind nicht iden­tisch mit den Be­triebs­par­tei­en. Im Ex­trem­fall sind Be­triebs­rats­mit­glie­der nicht ein­mal in der Ei­ni­gungs­stel­le ver­tre­ten. Die Bei­sit­zer sind auch an Wei­sun­gen nicht ge­bun­den. Das Ei­ni­gungs­stel­len­ver­fah­ren setzt viel­mehr ge­schei­ter­te Ver­hand­lun­gen zwi­schen Be­triebs­rat und Ar­beit­ge­ber vor­aus.

Da­her stel­len die 3 Ei­ni­gungs­stel­len­sit­zung im Ja­nu­ar 2015 kei­ne Be­ra­tun­gen mit dem Be­triebs­rat im Sin­ne von § 17 KSchG dar. An­de­re Be­ra­tun­gen ha­ben je­doch un­strei­tig nicht statt­ge­fun­den.

Un­er­heb­lich ist, ob wei­te­re Be­triebs­rats­mit­glie­der oder der ge­sam­te Be­triebs­rat zu den Ei­ni­gungs­stel­len­sit­zun­gen hätte hin­zu­kom­men können. Da­zu wur­de der Be­triebs­rat durch die Be­klag­te nicht auf­ge­for­dert. Die Her­stel­lung von Öffent­lich­keit verändert den Cha­rak­ter ei­ner Ei­ni­gungs­stel­len­ver­hand­lung auch nicht.

c) Selbst wenn man dies an­ders be­ur­tei­len woll­te, könn­ten die 3 Ei­ni­gungs­stel­len­sit­zun­gen im Ja­nu­ar 2015 nicht als aus­rei­chen­de Be­ra­tung ge­wer­tet wer­den.

Nach­dem die Ar­beit­ge­be­rin­nen in der 4. Sit­zung der Ei­ni­gungs­stel­le am 18.12.2014 die Ver­hand­lun­gen über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich für ge­schei­tert erklärt hat­te, konn­te Ge­gen­stand der Ei­ni­gungs­stel­len­sit­zung nur noch die Ab­mil­de­rung der Fol­gen sein, nicht aber die Ver­mei­dung von Ent­las­sun­gen. Da­mit konn­ten voll­umfäng­li­che Be­ra­tun­gen dort nicht mehr statt­fin­den.

d) Die Be­klag­te hat die Ver­pflich­tung zu ernst­li­chen Ver­hand­lung auch nicht da­durch erfüllt, dass sie dem Be­triebs­rat voll­umfäng­li­che Ver­hand­lun­gen außer­halb der Ei­ni­gungs­stel­le zu­min­dest an­ge­bo­ten hätte. Das ein­zi­ge hierfür in Be­tracht kom­men­de Schrei­ben vom 02.01.2015 konn­te der Be­triebs­rat nicht als um­fas­sen­des Ver­hand­lungs­an­ge­bot auch zur Ver­mei­dung von Ent­las­sun­gen auf­fas­sen.

Schon aus­weis­lich des Be­treffs und des Ein­lei­tungs­sat­zes ging es der Be­klag­ten nur um die In­for­mie­rung und noch­ma­li­ge "for­ma­le" Un­ter­rich­tung nach § 17 Abs. 2 KSchG. Der Be­triebs­rat wird nicht ein­mal auf­ge­for­dert, ei­ne ab­sch­ließen­de Stel­lung­nah­me zu den be­ab­sich­tig­ten Mas­sen­ent­las­sun­gen ab­zu­ge­ben (ver­glei­che BAG 26.02.2015-2 AZR 955/13 - NZA 2015,881 Rn. 29). Die Ein­lei­tung spricht an kei­ner Stel­le an, dass nun­mehr über die Un­ter­rich­tung hin­aus wei­te­re Ver­hand­lun­gen ein­ge­lei­tet wer­den soll­ten. Die nach­fol­gen­de Num­me­rie­rung lehnt sich dann an die Aufzählung in § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG an, wo­bei die dor­ti­gen Zif­fern 2 und 3 hier un­ter der Num­mer 2 zu­sam­men­ge­fasst wer­den.

Ent­spre­chend der Über­schrift zu Zif­fer 5 geht es nach­fol­gend um "Kri­te­ri­en für Ab­fin­dun­gen", al­so um die Fol­gen­mil­de­rung. Im 2. Ab­satz un­ter Z. 5 wird dann auf die schon er­folg­ten Ver­hand­lun­gen in der Ei­ni­gungs­stel­le Be­zug ge­nom­men. Künf­ti­ge Ver­hand­lun­gen wer­den nur in­so­weit an­ge­spro­chen, wie es um die Ermögli­chung von In­for­ma­tio­nen durch ei­ne Trans­fer­ge­sell­schaft geht, wo­bei dem Be­triebs­rat Dank aus­ge­spro­chen wird. Dies lässt sich je­doch wie­der­um nur den Maßnah­men zur Fol­gen­mil­de­rung zu­rech­nen. Der nach­fol­gen­de Satz, man freue sich, die Be­ra­tung über die Ver­mei­dung von Ent­las­sun­gen "an die­ser Stel­le" fort­set­zen zu können, be­trifft die Ei­ni­gungs­stel­le. In­halt­lich ist er je­doch in dop­pel­tem Sin­ne feh­ler­haft. Un­ter "Ver­mei­dung von Ent­las­sun­gen" ver­steht die Be­klag­te ent­spre­chend der Sätze da­vor "ins­be­son­de­re die Er­rich­tung ei­ner Trans­fer­ge­sell­schaft". Der­ar­ti­ge Re­ge­lun­gen ei­nes So­zi­al­plans gehören je­doch zur Fol­gen­mil­de­rung. Die Ver­mei­dung von Ent­las­sun­gen konn­te zu die­sem Zeit­punkt in der Ei­ni­gungs­stel­le aber auch gar nicht mehr be­ra­ten wer­den. Sie wäre nur möglich, wenn der Be­trieb nicht hätte ge­schlos­sen wer­den sol­len. Die Ver­hand­lun­gen des In­ter­es­sen­aus­gleichs über die Be­triebs­sch­ließung wa­ren durch die Ar­beit­ge­ber­ver­tre­ter zu­vor je­doch schon am 18.12.2014 für ge­schei­tert erklärt wor­den. Da­mit ver­blieb für sol­che Ver­hand­lun­gen in der Ei­ni­gungs­stel­le kein Raum mehr. Auch der letz­te Satz, wo­nach der Geschäftsführer "ger­ne" und "natürlich auch für Be­ra­tun­gen außer­halb der Ei­ni­gungs­stel­le zur Verfügung" ste­he, kann nur im Kon­text der vor­an­ge­gan­ge­nen Sätze und des ge­sam­ten Schrei­bens ge­deu­tet wer­den. Da­mit wird zum Aus­druck ge­bracht, dass die Ver­hand­lun­gen zwar im We­sent­li­chen in der Ei­ni­gungs­stel­le statt­fin­den, man je­doch bei ei­nem ent­spre­chen­den Wunsch des Be­triebs­rats auch außer­halb ver­han­deln könne. Ei­ne the­ma­ti­sche Aus­wei­tung fin­det durch die­sen Satz nicht statt. An­ge­sichts des erklärten Schei­terns über die In­ter­es­sen­aus­gleichs­ver­hand­lun­gen hätte es hierfür be­son­de­rer Hin­wei­se be­durft, wo­nach die Be­klag­te nun­mehr be­reit sein soll­te, auch die Be­triebs­sch­ließung selbst zur Dis­po­si­ti­on zu stel­len. Sol­che Hin­wei­se feh­len.

Die­ses Aus­le­gungs­er­geb­nis ent­spricht auch der ursprüng­li­chen Sicht­wei­se der Be­klag­ten im erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­ren. In der Kla­ge­er­wi­de­rung un­ter B III hat die Be­klag­te im Hin­blick auf das Mas­sen­ent­las­sungs­ver­fah­ren und das Schrei­ben vom 02.01.2015 aus­geführt, dass sie den Be­triebs­rat ord­nungs­gemäß un­ter­rich­tet und "zu Kon­sul­ta­tio­nen hierüber im Rah­men der wei­te­ren Ei­ni­gungs­stel­len­sit­zun­gen auf­ge­for­dert" ha­be. Die Be­klag­te deu­tet nicht an­satz­wei­se ei­ne wei­ter­ge­hen­de Auf­for­de­rung an den Be­triebs­rat zu Be­ra­tun­gen außer­halb der Ei­ni­gungs­stel­le an. Schon gar nicht wird dar­auf ein­ge­gan­gen, dass sich seit dem 18.12.2014 das The­ma der Ei­ni­gungs­stel­le auf den So­zi­al­plan ver­engt hat­te, nun­mehr aber er­geb­nis­of­fen über die Ver­mei­dung von Ent­las­sun­gen dort (noch­mals) hätte ver­han­delt wer­den sol­len.

e) Der Be­triebs­rat hat auf die Durchführung des Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­rens auch nicht ver­zich­tet. Ein sol­cher Ver­zicht er­gibt sich nicht aus der ein­zi­gen Stel­lung­nah­me vom 14.1.2015. Dem ers­ten Satz lässt sich al­len­falls ei­ne Be­schrei­bung des mo­men­ta­nen Zu­stands ent­neh­men, wo­nach die Ei­ni­gungs­stel­le noch berät und des­we­gen (z.B. weil die Kri­te­ri­en für Ab­fin­dun­gen noch nicht fest­ste­hen) ei­ne Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge durch die Be­klag­te noch nicht er­stat­tet wer­den soll­te. Der Hin­weis auf das Schrei­ben von Rechts­an­walt K. ist so zu ver­ste­hen, dass nach An­sicht des Be­triebs­rats als re­le­vant ein­ge­stuf­te In­for­ma­tio­nen im­mer noch nicht ge­lie­fert wor­den sind. An kei­ner Stel­le die­ses kur­zen Schrei­bens wird er­kenn­bar, dass der Be­triebs­rat meint, ihm selbst stünden Rech­te zu, auf de­ren Ausübung er aber nicht be­ste­hen wol­le.

2.

Die Kündi­gung vom 13.2.2015 ist auch des­we­gen un­wirk­sam, weil dem Be­triebs­rat die Gründe der ge­plan­ten Mas­sen­ent­las­sung nicht in aus­rei­chen­dem Um­fang mit­ge­teilt wur­den. Die Be­klag­te hat dem bei ihr ge­bil­de­ten Be­triebs­rat nicht die "zweck­dien­li­chen" Auskünf­te hin­sicht­lich der Gründe für die ge­plan­ten Ent­las­sun­gen mit­ge­teilt (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KSchG). In­so­fern wird auf die zu­tref­fen­den Erwägun­gen des LAG Ber­lin – Bran­den­burg vom 26.11.2015 – 10 Sa 1700/15 Be­zug ge­nom­men. Dort wird aus­geführt:

"1.1

Nach § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG hat der Ar­beit­ge­ber dem Be­triebs­rat recht­zei­tig die zweck­dien­li­chen Auskünf­te zu er­tei­len. Nach der fol­gen­den Num­mer 1 gehören da­zu auch die Gründe für die ge­plan­ten Ent­las­sun­gen. Der Zweck der Un­ter­rich­tung be­steht in ers­ter Li­nie dar­in, dass dem Be­triebs­rat die (ernst­haf­te) Möglich­keit zu ge­ben ist, "kon­struk­ti­ve Vor­schläge un­ter­brei­ten" zu können und mit der Be­klag­ten zu be­ra­ten, wie Ent­las­sun­gen ver­mie­den oder ein­ge­schränkt wer­den können [vgl. Art. 2 Abs. 3 der Richt­li­nie 98/59/EG zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glieds­staa­ten über Mas­sen­ent­las­sun­gen (RL 98/59/EG)]. Sie sind ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten ge­ra­de nicht auf die "für sie" maßgeb­li­chen Gründe be­schränkt. Der Be­triebs­rat soll ge­ra­de in die La­ge ver­setzt wer­den, ernst­haf­te Al­ter­na­ti­ven zu ent­wi­ckeln.

Sämt­li­che dies­bezügli­che In­for­ma­tio­nen hat die Be­klag­te dem bei ihr ge­bil­de­ten Be­triebs­rat schrift­lich zu über­mit­teln. Das kann zwar je nach Kennt­nis­stand suk­zes­si­ve er­fol­gen [EuGH, Ur­teil vom 10. Sep­tem­ber 2009 – C 44/08 (Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to)], aber nur ein so in­for­mier­ter Be­triebs­rat kann dann qua­li­fi­zier­te Al­ter­na­ti­ven für ei­ne vollständi­ge oder teil­wei­se Wei­ter­beschäfti­gung der von Ent­las­sung be­droh­ten Beschäftig­ten ent­wi­ckeln. Des­halb gehören zu den Gründen auch die Hin­ter-Gründe der zu Mas­sen­ent­las­sun­gen führen­den Über­le­gun­gen.

Dass es sich nicht nur um ei­ne oberflächli­che, son­dern in die Tie­fe ge­hen­de In­for­ma­ti­ons­pflicht han­delt, zeigt sich zum ei­nen an der le­dig­lich bei­spiel­haf­ten ("ins­be­son­de­re") Aufzählung in § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die die stan­dardmäßigen In­for­ma­tio­nen für ei­nen Stan­dard­fall be­inhal­ten, je­doch nicht be­son­de­re In­for­ma­tio­nen für ei­nen vom Stan­dard ab­wei­chen­den Fall. Zum an­de­ren zeigt sich die Not­wen­dig­keit der in die Tie­fe ge­hen­den In­for­ma­ti­on an dem Be­griff "zweck­dien­lich". Denn da­mit sind sämt­li­che In­for­ma­tio­nen zu ge­ben, die dem Zweck des Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­rens die­nen. Zweck­dien­lich be­deu­tet z.B. nach den An­ga­ben im Du­den "brauch­bar", "förder­lich", "ge­eig­net" oder "nütz­lich".

Der Sinn und Zweck so­wie die Ef­fi­zi­enz der Kon­sul­ta­tio­nen mit dem Be­triebs­rat set­zen vor­aus, dass in den Kon­sul­ta­tio­nen die Kri­te­ri­en fest­ste­hen, al­so die tatsächli­chen Gründe, die im Zu­ge die­ser Kon­sul­ta­tio­nen zu berück­sich­ti­gen sind. Denn es ist nicht möglich, Kon­sul­ta­tio­nen in an­ge­mes­se­ner Wei­se und im Ein­klang mit ih­ren Zie­len durch­zuführen, wenn es an ein­schlägi­gen Gründen für die be­ab­sich­tig­te Mas­sen­ent­las­sung fehlt. Die­se Zie­le be­ste­hen gemäß dem Wort­laut von Art. 2 Abs. 2 RL 98/59/EG ne­ben der Mil­de­rung der Fol­gen der Mas­sen­ent­las­sung vor al­lem dar­in, Mas­sen­ent­las­sun­gen zu ver­mei­den oder zu­min­dest zu be­schränken [vgl. EuGH, Ur­teil vom 27. Ja­nu­ar 2005 – C 188/03 (Junk)]. Ist ei­ne un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung, von der an­ge­nom­men wird, dass sie zu Mas­sen­ent­las­sun­gen führen wird, be­ab­sich­tigt und sind die ein­schlägi­gen Gründe für die Kon­sul­ta­tio­nen nicht be­kannt, so können die­se Zie­le nicht er­reicht wer­den [EuGH, Ur­teil vom 10. Sep­tem­ber 2009 – C 44/08 (Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to)].

1.2

Nach Art. 2 Abs. 4 UA 1 RL 98/59/EG tref­fen die In­for­ma­ti­ons-, Kon­sul­ta­ti­ons- und Mel­de­pflich­ten eben­so wie im Rah­men des § 17 KSchG al­lein die Be­klag­te als die ju­ris­ti­sche Per­son, mit der die Ar­beit­neh­mer, die ent­las­sen wer­den könn­ten, in ei­nem Beschäfti­gungs­verhält­nis ste­hen [EuGH, Ur­teil vom 10. Sep­tem­ber 2009 – C 44/08 (Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to)]. Die In­for­ma­ti­ons-, Kon­sul­ta­ti­ons- und Mel­de­pflich­ten gel­ten aber auch dann, wenn die Ent­schei­dung über die Mas­sen­ent­las­sun­gen nicht von dem Ver­trags-Ar­beit­ge­ber, son­dern von ei­nem den Ar­beit­ge­ber be­herr­schen­den Un­ter­neh­men ge­trof­fen wur­de. Auch wenn im Schrift­tum viel­fach aus­geführt wird, dass hin­sicht­lich des Be­griffs des herr­schen­den Un­ter­neh­mens auf §§ 17, 18 AktG ab­zu­stel­len sei (vgl. et­wa Er­fur­ter Kom­men­tar/Kiel § 17 KSchG Rn. 38 KR-Wei­gand § 17 KSchG Rn. 98b), wird der Kon­zern­be­griff in der RL 98/59/EG nicht un­mit­tel­bar ver­wen­det. Es fin­det sich der Be­griff "be­herr­schen­des Un­ter­neh­men", § 17 Ab­satz 3a Satz 1 KSchG über­nimmt die­sen Be­griff "eins zu eins” in das deut­sche Recht. Der Be­griff ist uni­ons­recht­lich au­to­nom aus­zu­le­gen. Ein Rück­griff auf die Vor­schrif­ten der §§ 17, 18 AktG ist nicht möglich (vgl. Forst, NZA 2010, 144, 147). Im Se­kundärrecht der Uni­on exis­tiert kein ein­heit­li­cher "Kon­zern"be­griff. In ver­schie­de­nen Richt­li­ni­en ist er je­weils nur für den An­wen­dungs­be­reich der je­wei­li­gen Richt­li­nie de­fi­niert (Über­blick bei Forst, ZESAR 2010, 154, 155 ff.). die Aus­le­gung des Be­griffs des "be­herr­schen­den Un­ter­neh­mens" in der RL 98/59/EG ist aus ih­rer spe­zi­fi­schen Ziel­rich­tung ab­zu­lei­ten [Ch. We­ber in Schlach­ter/Hei­nig (Hrsg.) Eu­ropäisches Ar­beits- und So­zi­al­recht (En­zEuR Bd. 7) § 9 Rn. 79]. Da­nach ist als be­herr­schen­des Un­ter­neh­men im Sin­ne des Art. 2 Abs. 4 RL 98/59/EG das Un­ter­neh­men an­zu­se­hen, das die Be­klag­te da­zu zwin­gen kann, bei sich Mas­sen­ent­las­sun­gen durch­zuführen (Forst, NZA 2010, 144, 147). Denn nach dem Erwägungs­grund 11 der RL 98/59/EG, der wie Erwägungs­gründe ge­ne­rell als Aus­le­gungs­hil­fe her­an­zu­zie­hen ist (vgl. Man­kow­ski, IHR 2015, 189, 193), soll si­cher­ge­stellt sein, dass die In­for­ma­ti­ons-, Kon­sul­ta­ti­ons- und Mel­de­pflich­ten des Ar­beit­ge­bers un­abhängig da­von gel­ten, ob die Ent­schei­dung über die Mas­sen­ent­las­sun­gen von dem Ar­beit­ge­ber oder von ei­nem den Ar­beit­ge­ber be­herr­schen­den Un­ter­neh­men ge­trof­fen wird. Auch wenn das so ge­fun­de­ne Er­geb­nis meist mit dem Abhängig­keits­be­griff von § 6 EBRG, Ar­ti­kel 3 der RL 2009/38/EG und auch §§ 17, 18 AktG übe­rein­stim­men, ist das nicht zwin­gend.

1.3

Es ist of­fen­sicht­lich, dass die Be­klag­te von ei­nem an­de­ren Un­ter­neh­men be­herrscht wird.

1.3.1

Die GGB hat­te der Be­klag­ten un­ter dem 9. Sep­tem­ber 2014 mit­ge­teilt, dass sie sich ent­schie­den ha­be, die Su­b­un­ter­neh­mer­leis­tun­gen zur pas­sa­ge­sei­ti­gen Ab­fer­ti­gung meh­re­rer Flüge in Ber­lin-T. "an­der­wei­tig zu ver­ge­ben". Ei­ne Be­gründung fand sich in dem Schrei­ben nicht. Es wur­de wei­ter mit­ge­teilt, dass die Neu­ver­ga­be an ei­nen "nicht zum Kon­zern gehören­den Ar­beit­ge­ber" er­fol­gen wer­de. In dem Kündi­gungs­schrei­ben vom 22. Sep­tem­ber 2014 teil­te die GGB, die kei­ne ei­ge­nen Ar­beit­neh­mer, son­dern nur ei­ne Geschäftsführe­rin beschäftigt, der Be­klag­ten mit, dass "nach er­neu­ten in­ter­nen Über­le­gun­gen" ent­schie­den wor­den sei, den Sys­tem­wech­sel der Deut­schen Luft­han­sa so­wie der Aus­tri­an Air­lines nicht mehr mit der Be­klag­ten zu voll­zie­hen und die pas­sa­ge­sei­ti­ge Ab­fer­ti­gung am Flug­ha­fen T. zukünf­tig ins­ge­samt durch an­de­rer An­bie­ter er­brin­gen zu las­sen. Al­le Auf­träge würden, mit Aus­nah­me der Ab­fer­ti­gung der Bri­tish Air­ways an ver­schie­de­ne kon­zern­frem­de An­bie­ter ver­ge­ben.

1.3.2

Die Be­klag­te bemühte sich nicht um Auf­träge am Markt. Ob die­ses recht­lich oder nur tatsächlich un­ter­sagt war, wie die Kläge­rin vor­ge­tra­gen hat und dem die Be­klag­te nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten ist, ist un­er­heb­lich. Ei­ne sol­che Be­schränkung ist je­den­falls kein übli­ches un­ter­neh­me­ri­sches Han­deln. Da­mit der Be­triebs­rat hier­zu ernst­haf­te Al­ter­na­ti­ven zum Er­halt der Ar­beitsplätze der Ar­beit­neh­mer un­ter­brei­ten kann, müss­ten ihm die In­for­ma­tio­nen zu­ge­hen, wes­halb ein nor­ma­les un­ter­neh­me­ri­sches Han­deln nicht ge­wollt ist.

1.3.3

Wei­ter spricht der zeit­li­che Ab­lauf zum Be­schluss über die Be­triebs­auflösung für ei­ne Be­herr­schung durch ein an­de­res Un­ter­neh­men. Denn wenn die Kündi­gung am 22. Sep­tem­ber 2015 un­ter nicht näher dar­ge­leg­ten "in­ter­nen Über­le­gun­gen" der GGB er­folg­te und noch am sel­ben Tag so­fort der Auflösungs­be­schluss - und dann noch im Um­lauf­ver­fah­ren - ge­trof­fen wird, han­delt es sich um ei­ne Be­herr­schung der Be­klag­ten durch ein an­de­res Un­ter­neh­men. Denn an­sons­ten ist ein so überstürz­tes Han­deln mit so weit­rei­chen­den Fol­gen ins­be­son­de­re für die beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer nicht nach­voll­zieh­bar.

1.3.4

Nach dem Vor­trag der Be­klag­ten konn­te die GGB nur be­ste­hen, weil sie an ei­nem so­ge­nann­ten Cash Poo­ling Ver­fah­ren teil­ge­nom­men hat­te, das die Li­qui­dität si­cher­te, was nicht ver­wun­dert, wenn es ei­ner Ge­sell­schaft recht­lich oder tatsächlich un­ter­sagt ist, frei am Markt zu agie­ren. En­de 2014 war nach An­ga­ben der Be­klag­ten im Cash Pool ein Sal­do von mi­nus 7,9 Mio. EUR zu Las­ten der Be­klag­ten auf­ge­lau­fen.

Beim Cash Poo­ling fin­det ty­pi­scher­wei­se banktäglich ein Li­qui­ditätsaus­gleich in­ner­halb ver­bun­de­ner Un­ter­neh­men statt. Freie Li­qui­dität ei­nes Kon­zern­un­ter­neh­mens wird ty­pi­scher­wei­se auf ein bei ei­ner so­ge­nann­ten "Be­trei­ber­ge­sell­schaft" für den Kon­zern zen­tral geführ­tes Kon­to trans­fe­riert, die be­tref­fen­de Pool-Teil­neh­me­rin erhält hierfür ei­nen Aus­gleichs­an­spruch. Um­ge­kehrt ver­pflich­tet sich die Be­trei­ber­ge­sell­schaft, ei­nen ne­ga­ti­ven Sal­do auf dem an das Cash Poo­ling an­ge­schlos­se­nen Un­ter­kon­to der Pool-Teil­neh­mer aus­zu­glei­chen (vgl. Alt­mep­pen in Roth/Alt­mep­pen, Gmb­HG, 8. Auf­la­ge, § 30 Rn. 78). Mit der zum 1. No­vem­ber 2008 ein­geführ­ten Vor­schrift des § 30 Abs. 1 Satz 2 Gmb­HG wur­de klar­ge­stellt, dass ein Cash Poo­ling nur bei Be­ste­hen ei­nes Be­herr­schungs- oder Ge­winn­abführungs­ver­tra­ges oder bei ei­nem voll­wer­ti­gen Ge­gen­leis­tungs- oder Rück­gewähran­spruch ge­gen die Ge­sell­schaf­ter zulässig ist. In der Be­gründung des Ge­set­zes ist aus­drück­lich fest­ge­hal­ten:

"Kei­nes­wegs soll die­se klären­de Re­ge­lung das Aus­plündern von Ge­sell­schaf­ten ermögli­chen oder er­leich­tern. Dies wird durch die aus­drück­li­che Einführung des Voll­wer­tig­keits- und des De­ckungs­ge­bots gewähr­leis­tet. Die Voll­wer­tig­keit der Rück­zah­lungs­for­de­rung ist ei­ne nicht ge­rin­ge Schutz­schwel­le. Ist der Ge­sell­schaf­ter z.B. ei­ne mit ge­rin­gen Mit­teln aus­ge­stat­te­te Er­werbs­ge­sell­schaft oder ist die Durch­setz­bar­keit der For­de­rung aus an­de­ren Gründen ab­seh­bar in Fra­ge ge­stellt, dürf­te die Voll­wer­tig­keit re­gelmäßig zu ver­nei­nen sein. Das De­ckungs­ge­bot be­deu­tet, dass bei ei­nem Aus­tausch­ver­trag der Zah­lungs­an­spruch ge­gen den Ge­sell­schaf­ter nicht nur voll­wer­tig sein muss, son­dern auch wertmäßig nach Markt­wer­ten und nicht nach Ab­schrei­bungs­wer­ten den ge­leis­te­ten Ge­gen­stand de­cken muss. Die Gläubi­ger­schutz­vor­schrift des § 30 ist im Übri­gen vor dem Hin­ter­grund an­de­rer Schutz­in­stru­men­te im Ge­sell­schafts­recht zu se­hen, dem De­liktsrecht, den Recht­spre­chungs­re­geln über den exis­tenz­ver­nich­ten­den Ein­griff, der Geschäftsführer­haf­tung nach § 43 und der In­sol­venz­an­fech­tung. Sie ist auch vor dem Hin­ter­grund des neu­en § 64 Abs. 2 zu se­hen, der aus­drück­lich und ziel­ge­nau Aus­plünde­run­gen durch Ge­sell­schaf­ter im Vor­feld der In­sol­venz adres­siert (BT-Drs. 16/6140, S. 41).

Da­mit ist aber al­lein schon durch die Teil­nah­me der Be­klag­ten als ei­ner nur in Abhängig­keit der GGB und da­mit äußerst be­schränkt am Markt täti­gen Ge­sell­schaft am Cash Poo­ling Ver­fah­ren der W. Grup­pe die Be­herr­schung durch ein an­de­res Un­ter­neh­men of­fen­sicht­lich.

1.3.5

Sch­ließlich spricht für die Be­herr­schung der Be­klag­ten durch ein an­de­res Un­ter­neh­men der W. Grup­pe, dass nur die Ab­fer­ti­gung der Luft­han­saflüge nach Düssel­dorf und München wohl tatsächlich an ei­nen Kon­kur­ren­ten außer­halb der W.-Grup­pe ver­ge­ben wur­de.

Die Auf­träge zur Ab­fer­ti­gung der Flüge der Bri­tish Air­ways (in­klu­si­ve Bag­ga­ge Drop-off) an die Fir­ma Avia­ti­on Cust­o­m­er Ser­vice Ber­lin GmbH & Co KG (ACSB) und der Auf­trag zur Be­treu­ung des Luft­han­sa Bag­ga­ge Drop-Off Schal­ters (Gepäck­ab­ga­be­schal­ter) an die Fir­ma W. P. Ser­vice Ber­lin-Bran­den­burg GmbH & Co. KG stell­ten le­dig­lich ei­ne Ver­la­ge­rung in­ner­halb der W. Grup­pe dar. Dass der Auf­trag bei­spiels­wei­se von der GGB an die W. P. Ser­vice Ber­lin-Bran­den­burg GmbH & Co. KG ver­ge­ben wur­de und nicht an die hie­si­ge Be­klag­te, deu­tet auf ei­ne Ent­schei­dung durch ein an­de­res Un­ter­neh­men hin.

Auch die Be­haup­tung der Be­klag­ten, dass mit der Fir­ma P. Ser­vice T. GmbH (PST) und de­ren Ge­sell­schaf­te­rin P. GmbH ei­ne nicht zum W.-Kon­zern gehören­de Fir­ma ei­nen Teil der Auf­träge über­nom­men ha­be, er­scheint vor­ge­scho­ben. Denn un­strei­tig hat die GGB zu­sam­men mit dem Geschäftsführer der P. GmbH be­reits die P. Ser­vice Sch. GmbH (PSS) ge­gründet. Nach dem un­be­strit­te­nen Vor­trag der Kläger­sei­te war Herr R. Sch. mit ei­nem Treu­hand­ver­trag an die W. Grup­pe bzw. den W. Kon­zern ge­bun­den. Dass dann die Über­tra­gung des Auf­trags auf die PST nur ei­ne zufälli­ge Par­al­le­lität auf­weist, er­schien der Kam­mer nicht zu­tref­fend.

1.4

Zwar hat die Be­klag­te aus­geführt, dass sie kei­ne wei­te­ren In­for­ma­tio­nen über die Hin­ter­gründe der Kündi­gung be­sit­ze, aber nach § 17 Abs. 3a KSchG bzw. Art. 2 Abs. 4 RL 98/59/EG kann sie mit die­sem Ein­wand nicht gehört wer­den. Oh­ne ei­ne de­tail­lier­te schrift­li­che Mit­tei­lung al­ler zweck­dien­li­chen In­for­ma­tio­nen, al­so auch über die tatsächli­chen Hin­ter-Gründe der Kündi­gung aus Sicht der die Be­klag­te zu­min­dest fak­tisch be­herr­schen­den Un­ter­neh­men kann das Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren nicht ab­ge­schlos­sen wer­den und wäre auch je­de wei­te­re Kündi­gung bei Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen des § 17 Abs. 1 KSchG un­wirk­sam.

Zwar ist der Be­klag­ten zu­zu­ge­ben, dass es in die­sem Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren im Dun­keln ge­blie­ben ist, wel­ches ein­zel­ne oder wel­che meh­re­ren Un­ter­neh­men die­se Be­herr­schung über die Be­klag­te aus­geübt ha­ben. Da­mit blieb un­klar, wer die Ent­schei­dung ge­trof­fen hat, dass die GGB der Be­klag­ten die Auf­träge ent­zie­hen und die­se weit­ge­hend an an­de­re Un­ter­neh­men der W.-Grup­pe oder mit der W.-Grup­pe ver­floch­te­ne Ge­sell­schaf­ten zu ver­ge­ben. Die­ses muss je­doch in die­sem Rechts­streit auch nicht fest­ge­stellt wer­den.

Es wäre zwar er­for­der­lich ge­we­sen, wenn die Kam­mer den Rechts­miss­brauch durch Aus­spruch der Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses hätte fest­stel­len wol­len, im Rah­men des Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­rens ist es je­doch Sa­che der Be­klag­ten, die dem Zweck des Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­rens dien­li­chen In­for­ma­tio­nen schrift­lich zu er­tei­len. Denn der un­mit­tel­ba­re Ar­beit­ge­ber hat auch bei ei­ner Ent­schei­dung an an­de­rer Stel­le das Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren wei­ter ei­genständig durch­zuführen. Nach Art. 2 Ab­satz 4 RL 98/59/EG gilt die Kon­sul­ta­ti­ons­pflicht nämlich al­lein un­abhängig da­von, ob die Ent­schei­dung über die Mas­sen­ent­las­sun­gen von dem Ar­beit­ge­ber oder von ei­nem den Ar­beit­ge­ber be­herr­schen­den Un­ter­neh­men ge­trof­fen wur­de. Es ändert sich am In­halt der Kon­sul­ta­ti­ons­pflicht nichts da­durch, dass die Mas­sen­ent­las­sung von je­mand an­de­rem an­ge­ord­net wird – sie trifft stets den Ar­beit­ge­ber. An­ders sind auch § 17 Ab­satz 3a Satz 2 KSchG und Art. 2 Abs. 4 Satz 2 RL 98/59/EG nicht zu erklären, wo­nach sich der Ar­beit­ge­ber nicht da­mit ver­tei­di­gen kann, das herr­schen­de Un­ter­neh­men stel­le ihm die er­for­der­li­chen In­for­ma­tio­nen nicht zur Verfügung.

Das Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren muss bei dem un­mit­tel­ba­ren Ar­beit­ge­ber ab­ge­schlos­sen sein, ehe die­ser da­mit be­gin­nen darf, Kündi­gungs­erklärun­gen aus­zu­spre­chen (EuGH, Ur­teil vom 10. Sep­tem­ber 2009 – C 44/08).

Es wäre Auf­ga­be der Be­klag­ten ge­we­sen, in­ner­halb des W. Kon­zerns bzw. der W. Grup­pe auf­zuklären, wes­halb an wel­cher Stel­le wel­che stra­te­gi­schen oder be­triebs­wirt­schaft­li­chen Ent­schei­dun­gen letzt­lich die­ses Auf­trags­ver­hal­ten be­dingt ha­ben. Wie der EuGH in der Ent­schei­dung vom 10. Sep­tem­ber 2009 (C 44/08) fest­ge­stellt hat, er­gibt sich aus Art. 2 Abs. 2 Un­terabs. 1 der RL 98/59/EG nämlich, dass sich die Kon­sul­ta­tio­nen ins­be­son­de­re auf die Möglich­keit er­stre­cken sol­len, ge­plan­te Mas­sen­ent­las­sun­gen zu ver­mei­den oder zu be­schränken. Ei­ne Kon­sul­ta­ti­on, die be­ginnt, ob­wohl be­reits ei­ne Ent­schei­dung ge­trof­fen wur­de, die der­ar­ti­ge Mas­sen­ent­las­sun­gen not­wen­dig macht, könn­te sich nicht mehr auf die Prüfung et­wai­ger Al­ter­na­ti­ven er­stre­cken, um die­se Mas­sen­ent­las­sun­gen zu ver­mei­den.

Dass es sich da­bei auch nicht nur um ei­nen rei­nen For­ma­lis­mus han­delt, son­dern ernst­haf­te Kon­sul­ta­tio­nen mit dem Be­triebs­rat die­ses zwin­gend ver­lan­gen, liegt auf der Hand. Denn wenn die bis­he­ri­ge Ver­mu­tung der Be­klag­ten zu­tref­fend sein soll­te, dass al­lein we­gen ei­nes ho­hen Prei­ses die Be­klag­te bei der Auf­trags­ver­ga­be nicht mehr hätte berück­sich­tigt wer­den sol­len, hätte bei Kennt­nis des not­wen­di­gen (nied­ri­ge­ren) Prei­ses ver­sucht wer­den können, die­sen Preis auch bei der Be­klag­ten zu er­rei­chen. Kol­lek­tiv­recht­li­che Maßnah­men sind da­bei das übli­che Mit­tel, um Mas­sen­ent­las­sun­gen zu ver­mei­den. So­fern die bis­he­ri­ge Ver­mu­tung der Be­klag­ten sich im Rah­men der Nach­for­schun­gen der Be­klag­ten nicht bestäti­gen soll­te, wäre erst recht im Rah­men der Kon­sul­ta­tio­nen zu erörtern ge­we­sen, wel­che Gründe bzw. Hin­ter­gründe für die veränder­te Auf­trags­ver­ga­be spre­chen. Denn wenn es kei­ne wirt­schaft­li­chen Gründe ge­we­sen sein soll­ten, hätte man um­so eher ver­su­chen können, mit dem Be­triebs­rat die­se Gründe an­zu­ge­hen, um ei­ne Mas­sen­ent­las­sung zu ver­mei­den."

Hier­von geht auch die hie­si­ge Kam­mer aus. So­weit die Be­klag­te in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung be­tont hat, dass schon der An­wen­dungs­be­reich des § 17 Abs. 3 a Kündi­gungs­schutz­ge­setz nicht eröff­net sei, ist dem nicht zu fol­gen. Die Be­klag­te meint in­so­fern, dass die­se Norm nur dann zur An­wen­dung käme, wenn das herr­schen­de Un­ter­neh­men selbst die Ent­schei­dung über die Ent­las­sun­gen tref­fe. Die­se Auf­fas­sung kann bei eu­ro­pa­rechts­kon­for­mer Aus­le­gung nicht ge­folgt wer­den. So hat der EuGH, Ur­teil vom 10. Sep­tem­ber 2009 – C 44/08 (Aka­van Eri­ty­isa­lo­jen Kes­kus­liit­to) - NZA 2009, 1083 Rn 49 aus­drück­lich ent­schie­den:

"Dem­nach ist auf die ers­te Vor­la­ge­fra­ge zu ant­wor­ten, dass Art. 2 Abs. 1 der Richt­li­nie 98/59 da­hin aus­zu­le­gen ist, dass in­ner­halb ei­nes Kon­zerns der Er­lass von stra­te­gi­schen Ent­schei­dun­gen oder Ände­run­gen der Geschäftstätig­keit, die den Ar­beit­ge­ber zwin­gen, Mas­sen­ent­las­sun­gen ins Au­ge zu fas­sen oder zu pla­nen, bei die­sem Ar­beit­ge­ber die Pflicht zur Kon­sul­ta­ti­on der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter ent­ste­hen lässt."

Gemäß § 17 Abs. 3a KSchG muss das herr­schen­de Un­ter­neh­men al­so nicht selbst die Ent­schei­dun­gen über die Ent­las­sun­gen tref­fen. Es reicht viel­mehr aus, dass dort stra­te­gi­sche Ent­schei­dun­gen gefällt wer­den, die den Ver­trags­ar­beit­ge­ber zwin­gen, Mas­sen­ent­las­sun­gen vor­zu­neh­men. Ge­nau dies ist hier der Fall. Nach­dem die Ent­schei­dung in­ner­halb des Un­ter­neh­mens­ver­bun­des ge­trof­fen wur­de, die Pas­sa­gier­ab­fer­ti­gung auf dem Flug­ha­fen Ber­lin T. nicht mehr durch die Be­klag­te, son­dern fast aus­sch­ließlich durch an­de­re Un­ter­neh­men die­ses Ver­bun­des durchführen zu las­sen, ver­blieb für die Be­klag­te gar kei­ne an­de­re Möglich­keit als die der Be­triebs­sch­ließung. Sie war nicht am Markt tätig und aus­sch­ließlich auf die Zu­wei­sung von Auf­trägen in­ner­halb des Un­ter­neh­mens­ver­bun­des an­ge­wie­sen. Ei­ne sinn­vol­le Fort­set­zung der Be­triebstätig­keit war un­ter die­sen Umständen nicht mehr möglich.

3.

Die Kündi­gung vom 15.7.2015 ist eben­falls des­we­gen un­wirk­sam, weil dem Be­triebs­rat die Hin­ter­gründe der ge­plan­ten Mas­sen­ent­las­sung nicht in aus­rei­chen­dem Um­fang mit­ge­teilt wur­den. In­so­fern wird auf die vor­an­ge­gan­ge­nen Erwägun­gen zu Zif­fer 2 ver­wie­sen. Dies gilt auch für das 2. Kon­sul­ta­ti­ons­ver­fah­ren. Die ein­ge­reich­ten Un­ter­la­gen (An­la­gen B M 8 – 12) be­le­gen nicht die Erwägun­gen, die das herr­schen­de Un­ter­neh­men an­ge­stellt ha­ben will.

III.

Die Kos­ten des Rechts­streits hat die Be­klag­te ins­ge­samt zu tra­gen. Dies gilt auch für den rechts­kräftig ab­ge­wie­se­nen 1. Hilfs­an­trag (§ 92 Abs. 2 ZPO).

Die Re­vi­si­on war we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung zu­zu­las­sen (§ 72 Abs 2 Ar­beits­ge­richts­ge­setz).

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