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LAG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 13.06.2016, 9 Sa 233/16

   
Schlagworte: Betriebsrat, außerordentliche Kündigung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 9 Sa 233/16
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 13.06.2016
   
Leitsätze: 1. Das Verfahren nach § 104 BetrVG ist präjudiziell für den nachfolgenden Kündigungsschutzprozess des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitnehmer im Beschlussverfahren nach § 104 BetrVG gem. § 83 Abs. 3 ArbGG beteiligt worden ist. Das Verfahren nach § 104 BetrVG hat nur dann einen Sinn, wenn der Betriebsrat die Maßnahme, zu der das Arbeitsgericht den Arbeitgeber verpflichtet, auch effektiv durchsetzen kann. Letztlich ist die Rechtslage des beteiligten Arbeitnehmers durch eine kollektivrechtliche Vorfrage geprägt und das Individualrecht in ein kollektives Bezugssystem eingebettet.
2. Eine erneute Beteiligung des Betriebsrates nach § 102 BetrVG ist bei einem vorausgegangenen Verfahren nach § 103 BetrVG nicht erforderlich. Das Entlassungsverlangen enthält zugleich die Zustimmung zur Kündigung.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 01.02.2016, 4 Ca 6451/15
nachgehend
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.03.2017, 2 AZR 551/16
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Düssel­dorf, 9 Sa 233/16

Te­nor:

1.Die Be­ru­fung der Kläge­rin und die An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 01.02.2016, Az.: 4 Ca 6451/15 wer­den kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

2.Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

T A T B E S T A N D :

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­ner frist­lo­sen, hilfs­wei­se frist­ge­rech­ten Kündi­gung der Be­klag­ten vom 21.10.2015.

Die Be­klag­te, die in der Re­gel mehr als 10 Mit­ar­bei­ter beschäftigt, be­treibt ei­nen be­kann­ten Ver­si­che­rungs­kon­zern. Es be­steht ein Be­triebs­rat.

Die am 12.03.1971 ge­bo­re­ne Kläge­rin ist bei der Be­klag­ten bzw. der Rechts­vorgänge­rin seit dem 03.05.1993 beschäftigt. Sie war zu­letzt als Sach­be­ar­bei­te­rin im Be­reich Rech­nungs­we­sen in der Ab­tei­lung "Cash-Agen­tur In­kas­so E." ein­ge­setzt.

Am 29.10.2014 kam es zu ei­nem Zwi­schen­fall zwi­schen der Kläge­rin und Herrn H., am 06.01.2015 zu ei­nem Zwi­schen­fall mit Frau T.. Letz­te­ren Vor­fall mahn­te die Be­klag­te zunächst mit Schrei­ben vom 07.01.2015 ab. Mit Schrei­ben vom 08.01.2015 kündig­te sie dar­auf­hin das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis mit Schrei­ben vom 08.01.2015 frist­los. Ge­gen die­se Kündi­gung wen­de­te sich die Kläge­rin in ei­nem un­ter dem Ak­ten­zei­chen 12 Ca 506/15 vor dem Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf geführ­ten Ver­fah­ren. In die­sem Ver­fah­ren erklärte die Be­klag­te, aus der Kündi­gung kei­ne Rech­te her­zu­lei­ten und nahm sie zurück.

Dar­auf­hin for­der­te der Be­triebs­rat der Be­klag­ten die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 29.04.2015 auf, die Kläge­rin zu ent­las­sen, hilfs­wei­se sie zu ver­set­zen. Dem kam die Be­klag­te nicht nach. So­dann lei­te­te der Be­triebs­rat der Be­klag­ten un­ter dem Ak­ten­zei­chen 11 BV 100/15 ein Be­schluss­ver­fah­ren vor dem Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf, in dem die Kläge­rin als Be­tei­lig­te zu 3. be­tei­ligt ge­we­sen ist. Der Be­triebs­rat be­an­trag­te in die­sem Ver­fah­ren, der Ar­beit­ge­be­rin auf­zu­ge­ben, die Kläge­rin zu ent­las­sen, hilfs­wei­se sie zu ver­setz­ten. Durch Be­schluss vom 21.08.2015 hat das Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf dem An­trag des Be­triebs­ra­tes nach ei­ner Be­weis­auf­nah­me ent­spro­chen und fol­gen­des te­n­o­riert:

"Der Be­tei­lig­ten zu 2. wird auf­ge­ge­ben, die Be­tei­lig­te zu 3. zu ent­las­sen."

We­der die Be­klag­te noch die Kläge­rin ha­ben ge­gen die­sen Be­schluss Rechts­mit­tel ein­ge­legt.

Dar­auf­hin teil­te die Per­so­nal­re­fe­ren­tin der Be­klag­ten dem Be­triebs­rat mit E-Mail vom 20.10.2015 (Bl. 46 d. A.) mit, dass es be­ab­sich­tigt sei, die Kläge­rin frist­los, hilfs­wei­se frist­ge­recht zum 30.06.2016 zu kündi­gen. Die Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de teil­te hier­auf mit E-Mail vom 21.10.2015 (Bl. 46 d. A.) mit, dass in der Sit­zung vom 21.10.2015 be­schlos­sen wor­den sei, der Kündi­gung zu­zu­stim­men. Mit Schrei­ben vom 21.10.2015, zu­ge­gan­gen am 22.10.2016, kündig­te die Be­klag­te das mit der Kläge­rin be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis frist­los, hilfs­wei­se frist­gemäß zum 30.06.2016.

Die Kläge­rin wen­de­te sich mit ih­rer am 04.11.2015 beim Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge, der der Be­klag­ten am 09.11.2015 (Bl. 13 d. A.) zu­ge­stellt wur­de, ge­gen die­se Kündi­gung.

Die Kläge­rin hat erst­in­stanz­lich die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Kündi­gung vom 21.10.2015 sei un­wirk­sam. Der Be­triebs­rat sei schon nicht ord­nungs­gemäß an­gehört wor­den. Je­den­falls feh­le es an ei­nem Kündi­gungs­grund. Die frist­lo­se Kündi­gung schei­de schon des­halb aus, weil der Be­klag­ten in dem Be­schluss (11 BV 100/15) nicht auf­ge­ge­ben wor­den sei, das Ar­beits­verhält­nis frist­los zu be­en­den. Je­den­falls ha­be die Be­klag­te die zweiwöchi­ge Kündi­gungs­erklärungs­frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht ein­ge­hal­ten. Auch bei ei­nem Ver­fah­ren nach § 104 Be­trVG sei auf die Kennt­nis vom zu­grun­de lie­gen­den Sach­ver­halts ab­zu­stel­len. Es lägen auch kei­ne Gründe für ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung vor. Die Be­klag­te könne sich nicht auf die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts Düssel­dorf in dem Ver­fah­ren 11 BV 100/15 be­ru­fen. Das Ver­fah­ren nach § 104 Be­trVG schaf­fe kei­nen "neu­en" Kündi­gungs­grund. Je­den­falls hätte die Be­klag­te als mil­de­re Maßnah­me ei­ne Ände­rungskündi­gung aus­spre­chen müssen.

Die Kläge­rin hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt,

1.fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen ihr und der Be­klag­ten nicht durch die mit Schrei­ben der Be­klag­ten vom 21.10.2015 frist­los erklärte Kündi­gung auf­gelöst wor­den ist,

2.fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis zwi­schen ihr und der Be­klag­ten auch nicht durch die mit Schrei­ben vom 21.10.2015 hilfs­wei­se frist­gemäß zum 30.06.2016 von der Be­klag­ten erklärte Kündi­gung be­en­det wer­den wird.

Die Be­klag­te hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te meint, die Kündi­gung sei wirk­sam. Sie sei mit dem Aus­spruch der Kündi­gung der ge­richt­li­chen Ver­pflich­tung nach­ge­kom­men. Auch ha­be sie die Kündi­gungs­erklärungs­frist ein­ge­hal­ten. Der "letz­te Vor­fall" vom 06.01.2015 mar­kie­re nicht den Frist­be­ginn des § 626 Abs. 2 BGB. Sie ha­be viel­mehr am 10.10.2015 Kennt­nis da­von er­hal­ten, dass ihr rechts­kräftig die Ver­pflich­tung zur Ent­las­sung der Kläge­rin auf­ge­ge­ben wor­den sei. Das ar­beits­ge­richt­li­che Beschäfti­gungs­ver­bot schaf­fe zwar kei­nen neu­en Kündi­gungs­grund, set­ze aber ei­nen be­ste­hen­den Kündi­gungs­grund um. Ei­ner Anhörung des Be­triebs­ra­tes ha­be es auf­grund des von dem Be­triebs­rat durch­geführ­ten Be­schluss­ver­fah­rens nicht be­durft. Vor­sorg­lich ha­be sie den Be­triebs­rat aber auch an­gehört. Ei­ne Ände­rungskündi­gung sei schon des­halb nicht vor­ran­gig, weil das Ar­beits­ge­richt ihr die Ent­las­sung auf­ge­ge­ben ha­be.

Das Ar­beits­ge­richt Düssel­dorf hat fest­ge­stellt, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht durch die frist­lo­se Kündi­gung der Be­klag­ten vom 21.10.2015 auf­gelöst wor­den ist, son­dern bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist fort­be­stan­den ha­be. Die frist­lo­se Kündi­gung ha­be das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht auf­gelöst, weil die Be­klag­te die Kündi­gungs­erklärungs­frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht ein­ge­hal­ten ha­be. Ent­schei­dend sei, wann der Kündi­gungs­be­rech­tig­te ei­ne zu­verlässi­ge und möglichst vollständi­ge po­si­ti­ve Kennt­nis der für die Kündi­gung maßge­ben­den Tat­sa­chen ha­be. So­lan­ge er die zur Aufklärung des Sach­ver­halts not­wen­dig er­schei­nen­den Maßnah­men durchführe, lau­fe die Aus­schluss­frist nicht. Dies gel­te auch dann, wenn ein Ar­beit­ge­ber auf ein Ent­las­sungs­be­geh­ren des Be­triebs­rats ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung aus­spre­chen wol­le. Da­bei sei die Kennt­nis der Be­klag­ten von der Rechts­kraft des Be­schlus­ses über die Ver­pflich­tung zur Ent­las­sung nicht maßgeb­lich. Ent­schei­dend sei die Kennt­nis vom Sach­ver­halt, auf den sich der er­folg­rei­che An­trag des Be­triebs­ra­tes auf Ent­las­sung der Kläge­rin stütz­te und der wie­der­um die im An­schluss erklärte außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten nach sich ge­zo­gen ha­be. Kündi­gungs­re­le­vant sei hier die Pflicht­ver­let­zung vom 06.01.2015, die be­reits am 07.01.2015 ei­ne Ab­mah­nung der Be­klag­ten und am 08.01.2015 die außer­or­dent­li­che Kündi­gung durch die Be­klag­te ver­an­lasst ha­be. Sämt­li­che wei­te­ren Sach­ver­halts­dar­stel­lun­gen, auf wel­che sich der Be­triebs­rat der Be­klag­ten in dem Be­schluss­ver­fah­ren stütz­te, hätten zeit­lich vor dem 06.01.2015 ge­le­gen. Die or­dent­li­che Kündi­gung sei da­ge­gen wirk­sam und be­en­de das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis am 30.06.2016. Der Kündi­gungs­grund ergäbe sich aus der präju­di­zi­el­len Wir­kung des Be­schluss­ver­fah­rens. Denn die Kläge­rin sei in die­sem Ver­fah­ren be­tei­ligt ge­we­sen und ha­be ih­re Rech­te wahr­neh­men können. Dies ha­be zur Fol­ge, dass das Ar­beits­ge­richt im Kündi­gungs­schutz­pro­zess an die Ent­schei­dung in dem Vor­pro­zess zu § 104 Satz 2 Be­trVG ge­bun­den sei. Es stünde da­mit fest, dass die Kläge­rin durch ihr Ver­hal­ten den Be­triebs­frie­den ernst­lich gestört ha­be. Auch der Be­triebs­rat sei ord­nungs­gemäß an­gehört wor­den. Dies er­ge­be sich be­reits aus der E-Mail vom 21.10.2015. Die Be­klag­te sei - da dem Be­triebs­rat das Be­schluss­ver­fah­ren be­kannt ge­we­sen sei - auch nicht ge­hal­ten, den Kündi­gungs­sach­ver­halt noch­mals ge­son­dert mit­zu­tei­len. Viel­mehr reich­te al­lein die In­for­ma­ti­on über die Tat­sa­che, dass es be­ab­sich­tigt ge­we­sen sei, die Kündi­gung zum 30.06.2016 aus­zu­spre­chen. Mil­de­re Mit­tel sei­en nicht er­sicht­lich. Ins­be­son­de­re sei die Be­klag­te auch nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, ei­ne Ände­rungskündi­gung aus­zu­spre­chen. Denn der Be­klag­ten sei durch den Be­schluss die Ent­las­sung der Kläge­rin auf­ge­ge­ben wor­den.

Ge­gen das ihr am 24.03.2016 zu­ge­stell­te Ur­teil hat die Kläge­rin mit ei­nem am 24.03.2016 bei Ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit ei­nem am 20.04.2016 bei Ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet. Die­se Be­ru­fungs­be­gründung ist der Be­klag­ten am 26.04.2016 zu­ge­stellt wor­den. Die Be­klag­te hat mit ei­nem am 25.05.2016 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz An­schluss­be­ru­fung ein­ge­legt.

Die Kläge­rin ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil, so­weit es der Kla­ge statt­ge­ge­ben hat. Zu­dem meint sie, auch die or­dent­li­che Kündi­gung führe nicht zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Sie macht un­ter Wie­der­ho­lung ih­res erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens ergänzend und ver­tie­fend gel­tend: Das Ar­beits­ge­richt be­zie­he sich bei sei­ner Be­gründung im We­sent­li­chen auf das Be­schluss­ver­fah­ren nach § 104 Be­trVG, dem es zu Un­recht ei­ne präju­di­zi­el­le Wir­kung bei­mes­se. Es bestünde ins­be­son­de­re kei­ne Par­al­le­le zu § 103 Be­trVG. Dies sei schon dar­an zu er­ken­nen, dass § 104 Be­trVG nicht von der Be­tei­lig­tenfähig­keit des Ar­beit­neh­mers aus­ge­he, weil die­ser nicht in sei­ner be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Stel­lung be­trof­fen sein könne. Sch­ließlich sei er kein Mit­glied der Be­triebs­ver­fas­sung. Wol­le man gleich­wohl ei­ne § 103 Be­trVG ent­spre­chen­de Bin­dungs­wir­kung an­neh­men, wer­de der Be­griff der Ent­las­sung ver­kannt. Auch wer­de bei § 103 Be­trVG die Zu­stim­mung zu ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung nach § 626 Abs. 1 BGB er­setzt, so dass das Ge­richt die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 626 Abs. 1 BGB voll durch­prüfe. Dies sei bei § 104 Be­trVG ge­ra­de nicht der Fall, denn Norm­zweck sei nur die Wah­rung des Be­triebs­frie­dens. Wäre das Ver­fah­ren nach § 103 Be­trVG durch­geführt wor­den, hätte das Ar­beits­ge­richt auch gar kei­ne Zu­stim­mung er­tei­len können, weil der Kündi­gungs­grund durch die er­teil­te Ab­mah­nung ver­braucht ge­we­sen sei. In­so­fern ge­he es um ei­nen an­de­ren Kündi­gungs­grund, die Störung des Be­triebs­frie­dens. Ent­las­sung sei auch nicht gleich­be­deu­tend mit Kündi­gung. Dem ent­spre­chend sei der Ar­beit­ge­ber nach ei­ner statt­ge­ben­den Ent­schei­dung im Rah­men des § 104 Be­trVG le­dig­lich ge­hal­ten, den Ar­beit­neh­mer auf­grund ei­ner ge­eig­ne­ten per­so­nel­len Maßnah­me nicht mehr zu beschäfti­gen. Die Ent­las­sung könne des­halb durch frist­lo­se Kündi­gung, or­dent­li­che Kündi­gung, Ände­rungskündi­gung, Auf­he­bungs­ver­trag oder ähn­li­ches er­fol­gen. Der Ar­beit­ge­ber ha­be folg­lich ein Wahl­recht. Hier sei da­von aus­zu­ge­hen, dass ei­ne Ände­rungskündi­gung aus­rei­chend sei. Das Ar­beits­ge­richt ha­be in­so­weit zu Un­recht kei­ne Verhält­nismäßig­keits­erwägun­gen an­ge­stellt. Die Wei­ter­beschäfti­gung in ei­nem an­de­ren Be­trieb wäre oh­ne wei­te­res möglich ge­we­sen. Auch sei der Be­triebs­rat nicht ord­nungs­gemäß be­tei­ligt wor­den. Die Be­klag­te sei nur zur "Ent­las­sung" ver­pflich­tet ge­we­sen. Da sie hin­sicht­lich des Mit­tels ein Wahl­recht ha­be, hätte sie so­wohl dem Ge­richt als auch dem Be­triebs­rat mit­tei­len müssen, wel­che Umstände sie zur frist­lo­sen oder or­dent­li­chen Kündi­gung ver­an­lass­ten. Zu Recht ha­be das Ar­beits­ge­richt ge­ur­teilt, dass hin­sicht­lich der frist­lo­sen Kündi­gung die Kündi­gungs­erklärungs­frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht ein­ge­hal­ten wor­den sei. Denn die Be­klag­te ha­be be­reits seit dem 07.01.2015 Kennt­nis vom Kündi­gungs­grund ge­habt.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­rich­tes Düssel­dorf vom 01.02.2016, Az.: 4 Ca 6451/15 wird ab­geändert und es wird fest­ge­stellt, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch die frist­gemäße Kündi­gung der Be­klag­ten vom 21.10.2015 zum 30.06.2016 be­en­det wer­den wird.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

1.die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

2.Im We­ge der An­schluss­be­ru­fung die Kla­ge ins­ge­samt ab­zu­wei­sen.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

die An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil so­weit es die Kla­ge ab­ge­wie­sen hat. Zu­dem meint sie im We­ge der An­schluss­be­ru­fung, dass die Kla­ge ins­ge­samt ab­zu­wei­sen sei. Sie macht un­ter Wie­der­ho­lung ih­res erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens ergänzend und ver­tie­fend gel­tend: Die Wirk­sam­keit der or­dent­li­chen Kündi­gung er­ge­be sich be­reits aus dem Be­schluss vom 21.08.2015 im Ver­fah­ren nach § 104 Be­trVG (11 BV 100/15). Dem ha­be das Ar­beits­ge­richt zu Recht präju­di­zi­el­le Wir­kung bei­ge­mes­sen, weil ihr, der Be­klag­ten, be­triebs­ver­fas­sungs­recht­lich nichts auf­er­legt wer­den könne, was in­di­vi­du­al­recht­lich nicht um­setz­bar sei. Sch­ließlich könne der Be­triebs­rat den Ar­beit­ge­ber durch Zwangs­geld zur Ein­hal­tung des Be­schlus­ses ver­an­las­sen. Ei­ne noch­ma­li­ge Prüfung des Kündi­gungs­grun­des wäre auch rechts­miss­bräuch­lich, weil im Be­schluss­ver­fah­ren ei­ne um­fang­rei­che Be­weis­auf­nah­me durch­geführt wor­den sei. Die Kläge­rin ha­be so­gar ei­ge­ne Be­weis­anträge ge­stellt und die Zeu­gen sei­en ent­spre­chend be­fragt wor­den. Ein mögli­ches Rechts­mit­tel ha­be sie nicht ein­ge­legt. Ih­re Be­tei­li­gung im Rah­men des Ver­fah­rens nach § 104 Be­trVG er­ge­be sich im Ge­gen­satz zu § 103 Be­trVG zwar nicht aus dem Ge­setz, sei je­doch gleich­wohl herr­schen­de Mei­nung in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur. Denn es ge­he um den Ar­beits­platz des Mit­ar­bei­ters. Nichts An­de­res fol­ge aus der rechts­dog­ma­ti­schen Ein­ord­nung des § 104 Be­trVG. Denn die Kläge­rin könne nicht erklären, wie die be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Ver­pflich­tung der Be­klag­ten ge­genüber dem Be­triebs­rat um­ge­setzt wer­den sol­le, wenn dem Ver­fah­ren nach § 104 Be­trVG kei­ne präju­di­zi­el­le Wir­kung zukäme. Der Ein­wand der Kläge­rin, sie hätte vor­ran­gig ver­setzt wer­den müssen, schei­te­re schon dar­an, dass die Be­schluss­ent­schei­dung auf Ent­las­sung, nicht auf Wei­ter­beschäfti­gung lau­te. Auch der Be­triebs­rat sei ord­nungs­gemäß be­tei­ligt wor­den. Sei­ne Be­tei­li­gung sei - we­gen des Be­schluss­ver­fah­rens - nicht ein­mal er­for­der­lich. Je­den­falls rei­che die Mit­tei­lung von der Kündi­gungs­ab­sicht aus, weil die Kündi­gungs­gründe dem Be­triebs­rat be­reits be­kannt ge­we­sen sei­en.

Un­zu­tref­fend sei das Ar­beits­ge­richt hin­sicht­lich der frist­lo­sen Kündi­gung aber von der Versäum­ung der zweiwöchi­gen Kündi­gungs­erklärungs­frist aus­ge­gan­gen. Ent­schei­dend sei der Zeit­punkt der Rechts­kraft des ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­rens. Denn der Be­triebs­rat ma­che hier ei­nen ei­ge­nen An­spruch gel­tend.

Die Kläge­rin hat zur An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die frist­lo­se Kündi­gung schon an der Ein­hal­tung der Kündi­gungs­erklärungs­frist schei­te­re. Zu­dem ha­be das Ar­beits­ge­richt im Be­schluss­ver­fah­ren der Be­klag­ten auch nur auf­ge­ge­ben, die Kläge­rin zu ent­las­sen. Dies ermäch­ti­ge die Be­klag­te schon nicht zur frist­lo­sen Kündi­gung. Im Übri­gen be­tont die Kläge­rin, dass die Ent­schei­dung, ob ei­ne Kündi­gung wirk­sam sei, am Kündi­gungs­schutz­ge­setz zu mes­sen sei. Es könne al­so vor­kom­men, dass ei­ne Ver­pflich­tung aus § 104 Be­trVG nicht um­setz­bar sei. Dies gel­te ins­be­son­de­re dann, wen - wie hier - auch ei­ne Ände­rungskündi­gung möglich sei.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird ergänzend Be­zug ge­nom­men auf die in bei­den In­stan­zen zu den Ak­ten ge­reich­ten Schriftsätze der Par­tei­en nebst An­la­gen so­wie die Pro­to­kol­le der münd­li­chen Ver­hand­lun­gen. Die er­ken­nen­de Kam­mer hat die Ak­ten des Ver­fah­rens 11 BV 100/15 bei­ge­zo­gen und zum Ge­gen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung ge­macht. Auch auf die dor­ti­gen Schriftsätze und Pro­to­kol­le wird in vol­lem Um­fang Be­zug ge­nom­men.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:

A.

Die Be­ru­fung der Kläge­rin ist zulässig, ins­be­son­de­re un­ter Be­ach­tung der Vor­ga­ben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Ver­bin­dung mit § 520 ZPO form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Auch die An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten ist zulässig (§§ 524 Abs. 2 Satz 2, 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO). Be­ru­fung und An­schluss­be­ru­fung sind aber un­be­gründet. Zu Recht hat das Ar­beits­ge­richt ent­schie­den, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht durch die frist­lo­se Kündi­gung der Be­klag­ten vom 21.10.2015 auf­gelöst wor­den ist, son­dern bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist am 30.06.2016 fort­be­stan­den hat. Denn die frist­lo­se Kündi­gung der Be­klag­ten ist un­wirk­sam, die or­dent­li­che Kündi­gung hin­ge­gen so­zi­al ge­recht­fer­tigt. Auf­grund der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­rich­tes Düssel­dorf im Ver­fah­ren 11 BV 100/15 steht mit Bin­dungs­wir­kung für die er­ken­nen­de Kam­mer fest, dass ein die Ent­las­sung der Kläge­rin recht­fer­ti­gen­der Kündi­gungs­rund vor­liegt. Der Aus­spruch ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung ist der Be­klag­ten nach der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­rich­tes im Be­schluss­ver­fah­ren hin­ge­gen schon nicht möglich.

Im Ein­zel­nen:

I.Es be­ste­hen kei­ne Be­den­ken ge­gen die Zulässig­keit von Be­ru­fung und An­schluss­be­ru­fung. Die Be­ru­fung ist nach Maßga­be der §§ 66 Abs.1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und ord­nungs­gemäß be­gründet wor­den. Sie ist auch statt­haft gemäß § 64 Abs.1, 2 lit. c) ArbGG. Die An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten ist zulässig nach §§ 524 Abs. 2 Satz 2, 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO.

II.In der Sa­che ha­ben die Be­ru­fun­gen kei­nen Er­folg. Das Ar­beits­ge­richt hat rich­tig ent­schie­den.

1.Die frist­lo­se Kündi­gung der Be­klag­ten vom 21.10.2015 ist un­wirk­sam und hat das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht mit ih­rem Zu­gang auf­gelöst.

a)Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Ar­beits­verhält­nis oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist aus wich­ti­gem Grund gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zwei­stu­fig zu prüfen. Auf der ers­ten Stu­fe die­ser Prüfung ist fest­zu­stel­len, ob der Kündi­gungs­sach­ver­halt an sich ge­eig­net ist, ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung zu be­gründen. Auf der zwei­ten Stu­fe wird ge­prüft, ob die frist­lo­se Kündi­gung un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls im Rah­men der In­ter­es­sen­abwägung ins­be­son­de­re un­ter Berück­sich­ti­gung des Ul­ti­ma-Ra­tio-Prin­zips ge­recht­fer­tigt ist (BAG v. 22.10.2015 - 2 AZR 569/14, ju­ris; BAG v. 16.07.2015 - 2 AZR 85/15 -, ju­ris; BAG v. 27.9.2012 - 2 AZR 646/11; BAG v. 27.9.2012 - 2 AZR 955/11; BAG v. 19.4.2012 - 2 AZR 258/11; BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227; BAG v. 12.05.2010 - 2 AZR 845/08; BAG v. 23.06.2009 - 2 AZR 103/08, Ju­ris; BAG v. 19.04.2007 - 2 AZR 78/06, AP Nr. 77 zu § 611 BGB Di­rek­ti­ons­recht; BAG v. 07.07.2005 - 2 AZR 581/04, BA­GE 115, 195; KR/Fi­scher­mei­er § 626 BGB Rz. 84).

aa)Da­bei ist all­ge­mein an­er­kannt, dass der Ar­beit­neh­mer, der rechts­wid­ri­ge und vorsätz­li­che - ggf. straf­ba­re - Hand­lun­gen - wie bei­spiels­wei­se ei­ne Körper­ver­let­zung - bei oder im Zu­sam­men­hang mit sei­ner Ar­beit be­geht, zu­gleich in schwer­wie­gen­der Wei­se sei­ne schuld­recht­li­che Pflicht zur Rück­sicht­nah­me ver­letzt und das in ihn ge­setz­te Ver­trau­en miss­braucht. Ein sol­ches Ver­hal­ten kann auch dann ei­nen wich­ti­gen Grund zur Kündi­gung dar­stel­len, wenn die rechts­wid­ri­ge Hand­lung nur ge­ringfügi­gen, mögli­cher­wei­se zu gar kei­nem Scha­den geführt hat (BAG v. 22.10.2015 - 2 AZR 569/14, ju­ris; BAG v. 16.07.2015 - 2 AZR 85/15 -, ju­ris; BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227; BAG v. 13.12.2007 - 2 AZR 537/06, AP Nr. 210 zu § 626 BGB). Da­bei kommt es auf die straf­recht­li­che Würdi­gung des Sach­ver­hal­tes nicht an. Ent­schei­dend ist die durch die Hand­lung zum Aus­druck kom­men­de ar­beits­recht­li­che Pflicht­ver­let­zung (BAG v. 22.10.2015 - 2 AZR 569/14, ju­ris; BAG v. 16.07.2015 - 2 AZR 85/15 -, ju­ris; BAG v. 10.6.2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227; BAG v. 12.5.2010 - 2 AZR 845/08; BAG v. 13.12.2007 - 2 AZR 537/06, AP Nr. 210 zu § 626 BGB).

bb)Bei der Prüfung, ob dem Ar­beit­ge­ber ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers trotz Vor­lie­gens ei­ner er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung je­den­falls bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist zu­mut­bar ist, ist in ei­ner Ge­samtwürdi­gung das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der so­for­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an des­sen Fort­be­stand ab­zuwägen. Es hat ei­ne Be­wer­tung des Ein­zel­falls un­ter Be­ach­tung des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes zu er­fol­gen. Die Umstände, an­hand de­rer zu be­ur­tei­len ist, ob dem Ar­beit­ge­ber die Wei­ter­beschäfti­gung zu­mut­bar ist oder nicht, las­sen sich nicht ab­sch­ließend fest­le­gen. Zu berück­sich­ti­gen sind aber re­gelmäßig das Ge­wicht und die Aus­wir­kun­gen ei­ner Ver­trags­pflicht­ver­let­zung - et­wa im Hin­blick auf das Maß ei­nes durch sie be­wirk­ten Ver­trau­ens­ver­lusts und ih­re wirt­schaft­li­chen Fol­gen -, der Grad des Ver­schul­dens des Ar­beit­neh­mers, ei­ne mögli­che Wie­der­ho­lungs­ge­fahr so­wie die Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses und des­sen störungs­frei­er Ver­lauf (BAG v. 22.10.2015 - 2 AZR 569/14, ju­ris; BAG v. 16.07.2015 - 2 AZR 85/15 -, ju­ris; BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227, BAG v. 28.01.2010 - 2 AZR 1008/08, DB 2010, 1709; BAG v. 10.11.2005 - 2 AZR 623/04, AP Nr. 196 zu § 626 BGB). Ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung kommt nur in Be­tracht, wenn es kei­nen an­ge­mes­se­nen Weg gibt, das Ar­beits­verhält­nis fort­zu­set­zen, weil dem Ar­beit­ge­ber sämt­li­che mil­de­ren Re­ak­ti­onsmöglich­kei­ten un­zu­mut­bar sind (BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227; BAG v. 19.04.2007 - 2 AZR 180/06, AP Nr. 20 zu § 174 BGB). Als mil­de­re Re­ak­tio­nen sind ins­be­son­de­re Ab­mah­nung und or­dent­li­che Kündi­gung an­zu­se­hen. Sie sind dann al­ter­na­ti­ve Ge­stal­tungs­mit­tel, wenn schon sie ge­eig­net sind, den mit der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ver­folg­ten Zweck - die Ver­mei­dung des Ri­si­kos künf­ti­ger Störun­gen - zu er­rei­chen (BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227).

Im Rah­men der Abwägung ist zu prüfen, ob auch ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung oder ei­ne Ab­mah­nung als Sank­ti­on aus­ge­reicht hätte. Zu­dem hat so­dann ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­abwägung zu er­fol­gen.

Die ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung ist so­wohl in Form der frist­lo­sen als auch der or­dent­li­chen Kündi­gung zu­kunfts­be­zo­gen aus­ge­rich­tet. Die Ver­trags­ver­let­zung kommt des­halb als Kündi­gungs­grund nur dann in Be­tracht, wenn aus ihr ge­schlos­sen wer­den kann, dass auch zukünf­ti­ge Ver­trags­pflicht­ver­let­zun­gen des Ar­beit­neh­mers zu be­sor­gen sind. Denn die ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung ist kei­ne Sank­ti­on für Pflicht­ver­let­zun­gen in der Ver­gan­gen­heit, son­dern es soll das Ri­si­ko künf­ti­ger Ver­trags­ver­let­zun­gen aus­ge­schlos­sen wer­den. Maßgeb­lich ist des­halb, ob Wie­der­ho­lungs­ge­fahr be­steht oder ob die Pflicht­ver­let­zung künf­ti­ge Fol­ge­wir­kun­gen auf­weist, die die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses als aus­ge­schlos­sen er­schei­nen las­sen (BAG v. 24.03.2011 - 2 AZR 282/10; BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227; BAG v. 12.02.2009 - 2 AZR 603/07, NZA 2009, 894; BAG v. 13.12.2007 - 2 AZR 818/06, NZA 2008, 589; BAG v. 12.01.2006 - 2 AZR 179/05, NZA 2006, 980; BAG v. 13.6.2002 - 2 AZR 234/01, NZA 2003, 265). So kann die ne­ga­ti­ve Pro­gno­se aus der Schwe­re der Pflicht­ver­let­zung ab­ge­lei­tet wer­den. Das vor­an­ge­gan­ge­ne Er­eig­nis kann sich al­so ins­be­son­de­re we­gen der Schwe­re der Ver­trags­ver­let­zung auch oh­ne Wie­der­ho­lung künf­tig wei­ter be­las­tend aus­wir­ken. Re­gelmäßig wird sich die ne­ga­ti­ve Pro­gno­se aber erst nach ei­ner Ab­mah­nung tref­fen las­sen. Denn ent­schei­dend ist, dass der Ar­beit­ge­ber nicht mehr er­war­ten kann, dass sich der Ar­beit­neh­mer künf­tig ver­trags­ge­recht verhält (BAG v. 12.02.2009 - 2 AZR 603/07, NZA 2009, 894; BAG v. 13.12.2007 - 2 AZR 818/06, NZA 2008, 589; BAG v. 12.01.2006 - 2 AZR 179/05, NZA 2006, 980; BAG v. 27.11.2003 - 2 AZR 692/02 n.v.). Erst ei­ne vor­he­ri­ge ein­schlägi­ge Ab­mah­nung ver­schafft da­zu in der Re­gel die si­che­re Pro­gno­se­grund­la­ge. Sie dient der Ver­ob­jek­ti­vie­rung der Pro­gno­se (BAG v. 13.12.2007 - 2 AZR 818/06, NZA 2008, 589; BAG v. 12.01.2006 - 2 AZR 179/05, NZA 2006, 980).

Un­abhängig da­von, wie schwer­wie­gend ein Pflicht­ver­s­toß ist, bleibt stets zu prüfen, ob un­ter Berück­sich­ti­gung der Ge­samt­umstände des Ein­zel­fal­les das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an der Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses über­wiegt. Da­bei las­sen sich die bei der In­ter­es­sen­abwägung zu berück­sich­ti­gen­den Umstände nicht ab­sch­ließend für al­le Fälle fest­le­gen (BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227; BAG v. 10.12.2009 - 2 AZR 55/09; BAG v. 27.04.2006 - 2 AZR 415/05, NZA 2006, 1033; KR/Fi­scher­mei­er § 626 BGB Rn. 236 ff.; APS-Dörner § 626 BGB Rd­nr. 115). Von be­son­de­rer Be­deu­tung sind Art, Schwe­re und Häufig­keit der Pflicht­ver­let­zung so­wie der Grad des Ver­schul­dens (BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227; BAG v. 12.05.2010 - 2 AZR 845/08; BAG v. 10.12.2009 - 2 AZR 55/09; BAG v. 27.04.2006 - 2 AZR 415/05, NZA 2006, 1033; BAG v. 12.01.2006 - 2 AZR 179/05, NZA 2006, 981; BAG v. 21.1.1999 - 2 AZR 665/98 - AP Nr. 151 zu § 626 BGB; LAG Hamm v. 30.5.1996 - 4 Sa 2342/95, NZA 1997, 1056). Von den So­zi­al­da­ten ist vor­ran­gig die Dau­er der Be­triebs­zu­gehörig­keit zu be­ach­ten, ins­be­son­de­re die Dau­er des un­gestörten Ver­laufs des Ar­beits­verhält­nis­ses. Auch Un­ter­halts­pflich­ten und der Fa­mi­li­en­stand können - je nach La­ge des Fal­les - Be­deu­tung ge­win­nen. Sie sind je­den­falls nicht von vorn­her­ein von der Berück­sich­ti­gung aus­ge­schlos­sen, wenn sie auch im Ein­zel­fall in den Hin­ter­grund tre­ten und im Ex­trem­fall so­gar völlig ver­nachlässigt wer­den können (BAG v. 27.04.2006 - 2 AZR 415/05 - NZA 2006; BAG v. 12.01.2006 - 2 AZR 179/05, NZA 2006, 981; BAG v. 16.12.2004 - 2 ABR 7/04, EzA § 626 Nr. 7; BAG v. 20.01.2000 - 2 ABR 378/99. BA­GE 93, 255; LAG Hamm v. 30.05.1996 - 4 Sa 2342/95 - NZA 1997, 1056; Stahl­ha­cke/Preis/Vos­sen, Kündi­gung und Kündi­gungs­schutz, Rz.1184; Hu­eck/v. Ho­y­nin­gen-Hue­ne, § 1 Rz. 278). Auf Sei­ten des Ar­beit­ge­bers können ins­be­son­de­re nach­tei­li­ge be­trieb­li­che Aus­wir­kun­gen der Pflicht­ver­let­zung berück­sich­tigt wer­den, al­so ob es in­fol­ge der Ver­trags­ver­let­zung zu be­trieb­li­chen Störun­gen ge­kom­men ist. Das Vor­lie­gen von be­trieb­li­chen Störun­gen ist je­doch nicht un­ab­ding­ba­re Vor­aus­set­zung für die so­zia­le Recht­fer­ti­gung ei­ner Kündi­gung, da die Pflicht­ver­let­zung schon in der Ver­let­zung der ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten be­steht. Dies gilt vor al­lem bei Verstößen des Ar­beit­neh­mers ge­gen sei­ne Haupt­leis­tungs­pflicht. Es wirkt sich im Rah­men der In­ter­es­sen­abwägung dann nur noch zusätz­lich zu Las­ten des Ar­beit­neh­mers aus, wenn sein Ver­hal­ten ne­ga­ti­ve be­trieb­li­che Aus­wir­kun­gen hat­te (vgl. auch BAG v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227; BAG v. 10.12.2009 - 2 AZR 55/09; BAG v. 27.04.2006 - 2 AZR 415/05 - NZA 2006; BAG v. 12.01.2006 - 2 AZR 179/05, NZA 2006, 981; BAG v. 16.12.2004 - 2 ABR 7/04, EzA § 626 Nr. 7).

b)Gemäß § 626 Abs. 2 BGB kann die Kündi­gung zu­dem nur in­ner­halb von zwei Wo­chen er­fol­gen. Die Frist be­ginnt mit dem Zeit­punkt, in dem der Kündi­gungs­be­rech­tig­te von den für die Kündi­gung maßge­ben­den Tat­sa­chen Kennt­nis er­langt. Die Versäum­ung die­ser Frist führt zur Un­wirk­sam­keit der gleich­wohl erklärten Kündi­gung. Denn nach Frist­ab­lauf greift die un­wi­der­leg­li­che Ver­mu­tung ein, dass auch ein mögli­cher­wei­se er­heb­li­cher wich­ti­ger Grund nicht mehr ge­eig­net ist, die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses un­zu­mut­bar zu ma­chen. Es han­delt sich um ei­nen ge­setz­lich kon­kre­ti­sier­ten Ver­wir­kungs­tat­be­stand (vgl. schon BAG v. 6.7.1972 - 2 AZR 386/71 - AP BGB § 626 Aus­schluss­frist Nr. 3; zu­letzt BAG v. 5.6.2008 - 2 AZR 234/07 - NZA-RR 2008, 630). Sinn und Zweck der Erklärungs­frist ist es, für den be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer möglichst bald Klar­heit darüber zu er­zie­len, ob sein Ar­beit­ge­ber ei­nen Sach­ver­halt zum An­lass für ei­ne Kündi­gung nimmt (BAG v. 5.6.2008 - 2 AZR 234/07 - NZA-RR 2008, 630). Ent­schei­dend für den Frist­be­ginn bzw. den Frist­ab­lauf nach § 626 Abs. 2 BGB ist da­bei ein be­stimm­ter Kennt­nis­stand, der in der Per­son des sog. Kündi­gungs­be­rech­tig­ten vor­han­den sein muss. Die Frist be­ginnt, so­bald der Kündi­gungs­be­rech­tig­te ei­ne zu­verlässi­ge und möglichst vollständi­ge po­si­ti­ve Kennt­nis von den für die Kündi­gung maßge­ben­den Tat­sa­chen hat, die ihm die Ent­schei­dung ermöglicht, ob die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu­mut­bar ist oder nicht. Zu den für die Kündi­gung maßge­ben­den Tat­sa­chen gehören so­wohl die für als auch ge­gen die Kündi­gung spre­chen­den Umstände (BAG v. 23.10.2008 - 2 AZR 388/07, DB 2009, 572; BAG v. 5.6.2008 - 2 AZR 234/07, NZA-RR 2008, 630; BAG v. 2.3.2006 - 2 AZR 46/05, AP SGB IX § 91 Nr. 6; BAG v. 2.2.2006 - 2 AZR 57/05, AP BGB § 626 Nr. 204). Er­heb­lich ist al­lein die po­si­ti­ve Kennt­nis der maßge­ben­den Tat­sa­chen, der selbst ei­ne grob fahrlässi­ge Un­kennt­nis nicht gleich­zu­stel­len ist (BAG v. 29.07.1993 - 2 AZR 90/93, AP BGB Aus­schluss­frist Nr. 31; BAG v. 15.11.1995 - 2 AZR 974/94, AP Be­trVG 1972 § 102 Nr. 73; MüKo/Henns­ler, § 626 Rn.290; Kitt­ner/Däubler/Zwan­zi­ger, § 626 BGB Rn.204). So­lan­ge der Kündi­gungs­be­rech­tig­te die zur Aufklärung des Kündi­gungs­sach­ver­halts nach pflicht­gemäßem Er­mes­sen not­wen­dig er­schei­nen­den Maßnah­men zügig durchführt, ist die Aus­schluss­frist ge­hemmt. Da­bei muss der Kündi­gungs­be­rech­tig­te mit der ge­bo­te­nen Ei­le Er­mitt­lun­gen an­stel­len, die ihm ei­ne um­fas­sen­de und zu­verlässi­ge Kennt­nis des Sach­ver­hal­tes ver­schaf­fen sol­len. Ins­be­son­de­re dürfen die Er­mitt­lun­gen nicht hin­aus­gezögert wer­den. Letzt­lich sol­len die zeit­li­chen Gren­zen des § 626 Abs. 2 BGB den Ar­beit­ge­ber we­der zu hek­ti­scher Ei­le bei der Kündi­gung an­trei­ben noch ihn ver­an­las­sen, oh­ne ei­ne genügen­de Prüfung des Sach­ver­halts oder vor­han­de­ner Be­weis­mit­tel vor­ei­lig zu kündi­gen (BAG v. 23.10.2008 - 2 AZR 388/07, DB 2009, 572; BAG v. 26.6.2008 - 2 AZR 190/07, NZA 2008, 1415; BAG v. 5.6.2008 - 2 AZR 234/07, NZA-RR 2008, 630; BAG v. 1.2.2007 - 2 AZR 333/06, NZA 2007, 745; BAG v. 17.3.2005 - 2 AZR 245/04, NZA 2006, 101; BAG v. 15.11.1995 - 2 AZR 974/94, AP Be­trVG 1972 § 102 Nr. 73). Nach der zu­tref­fen­den und ständi­gen Recht­spre­chung des BAG ist der Kündi­gungs­be­rech­tig­te für die Ein­hal­tung der Aus­schluss­frist dar­le­gungs- und be­weis­pflich­tig (BAG v. 1.2.2007 - 2 AZR 333/06, NZA 2007, 745; BAG v. 17.8.1972 - 2 AZR 359/71, BA­GE 24, 383; BAG v. 31.3.1993 - 2 AZR 492/92, BA­GE 73, 42; APS/Dörner § 626 BGB Rn. 169; KR-Fi­scher­mei­er § 626 BGB Rn. 386; Stahl­ha­cke/Preis/Vos­sen Kündi­gung und Kündi­gungs­schutz im Ar­beits­verhält­nis Rn. 856).

c)Auf die­ser Grund­la­ge ist das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 21.10.2015 frist­los be­en­det wor­den. Dies schon des­halb nicht, weil der Be­klag­ten im Ver­fah­ren 11 BV 100/15 nicht die Möglich­keit zur frist­lo­sen Kündi­gung der Kläge­rin ein­geräumt wor­den ist. Viel­mehr ist die te­n­o­rier­te Ent­las­sung im Sin­ne des § 104 Be­trVG nur die or­dent­li­che Kündi­gung der Kläge­rin. So­weit die Be­klag­te der frist­lo­sen Kündi­gung un­abhängig von der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­rich­tes im Ver­fah­ren 11 BV 100/15 die dort vor­ge­brach­ten ma­te­ri­el­len Kündi­gungs­gründe zu­grun­de le­gen woll­te, schei­ter­te de­ren Berück­sich­ti­gung an der Präklu­si­ons­vor­schrift des § 626 Abs. 2 BGB.

aa)So­weit die Be­klag­te die frist­lo­se Kündi­gung auf die Ent­las­sungs­ver­pflich­tung aus der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­rich­tes vom 21.08.2015 im Ver­fah­ren 11 BV 100/15 stützt, schei­tert der Aus­spruch ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung be­reits dar­an, dass das Ar­beits­ge­richt der Be­klag­ten in die­sem Ver­fah­ren nicht den Aus­spruch ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung auf­ge­ge­ben hat. Dies er­gibt die Aus­le­gung des Be­schlus­ses.

In der Ent­schei­dung vom 21.08.2015 im Ver­fah­ren 11 BV 100/15 hat das Ar­beits­ge­richt fol­gen­des te­n­o­riert:

"Der Be­tei­lig­ten zu 2) wird auf­ge­ge­ben die Be­tei­lig­te zu 3) zu ent­las­sen."

Da­mit ist der Be­klag­ten des hie­si­gen Ver­fah­rens ent­spre­chend dem Wort­laut des § 104 Satz 1 Be­trVG die "Ent­las­sung" der Kläge­rin auf­ge­ge­ben wor­den. In wel­cher Wei­se die Ent­las­sung er­fol­gen soll, ist dem Te­nor selbst nicht zu ent­neh­men. Zu­zu­ge­ben ist der Be­klag­ten, dass un­ter dem Be­griff "Ent­las­sung" grundsätz­lich auch ei­ne frist­lo­se Kündi­gung sub­su­miert wer­den kann. Denn mit "Ent­las­sung" meint das Ge­setz je­de Art der Be­en­di­gung der Beschäfti­gung im Be­trieb, ins­be­son­de­re die Kündi­gung. Der Be­triebs­rat kann da­bei die außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ver­lan­gen, wenn nach sei­ner pflicht­gemäßen Einschätzung das Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers ei­nen wich­ti­gen Kündi­gungs­grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB dar­stellt (vgl. APS/Linck Be­trVG § 104 Rn. 17).

In­des er­gibt sich aus der Zu­sam­men­schau von Te­nor und Ent­schei­dungs­gründen die Be­schränkung auf ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung.

Nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO enthält ein ver­fah­rens­be­en­den­des Ur­teil ei­ne Ur­teils­for­mel. Da­mit Um­fang der ma­te­ri­el­len Rechts­kraft iSv. § 322 Abs. 1 ZPO und da­mit die Ent­schei­dungs­wir­kun­gen fest­ge­stellt wer­den können, muss der Te­nor klar ge­fasst sein (BAG v: 15.10.2013 - 9 AZR 573/12, ju­ris; BAG v. 14.03.2012 - 7 AZR 147/11, ju­ris). Bei die­sen Fest­stel­lun­gen sind Tat­be­stand und Ent­schei­dungs­gründe ergänzend her­an­zu­zie­hen, wenn der Te­nor den Streit­ge­gen­stand und da­mit den Um­fang der Rechts­kraft für sich ge­se­hen nicht er­ken­nen lässt (für ei­ne kla­ge­ab­wei­sen­de Ent­schei­dung: BAG v. 19.01.2010 - 1 ABR 55/08, BA­GE 133, 75). Da­mit gilt der Grund­satz, dass zur Er­mitt­lung des In­halts ei­nes aus­le­gungs­bedürf­ti­gen Te­nors Rück­griff auf Tat­be­stand und Ent­schei­dungs­gründe ge­nom­men wer­den kann (vgl. BAG v. 19.01.2010 - 1 ABR 55/08, ju­ris; BAG v. 15.10.2013 - 9 AZR 573/12, ju­ris; BAG v. 14.03.2012 - 7 AZR 147/11, ju­ris).

Für ei­nen Te­nor im Be­schluss­ver­fah­ren gilt auf­grund der Ver­wei­sung in § 80 Abs. 2 ArbGG nichts an­de­res. Die Fra­ge, worüber der an­ge­foch­te­ne Be­schluss ent­schie­den hat, be­ant­wor­tet sich aus sei­nem Te­nor, zu des­sen Aus­le­gung die Ent­schei­dungs­gründe her­an­zu­zie­hen sind (BAG v. 19.01.2010 - 1 ABR 55/08, ju­ris; BAG v. 20.10.1994 - 1 ABR 52/93, ju­ris; Ger­mel­mann/Mat­thes/Prüttung/Müller/Glöge, § 81 Rz 33, 34).

In­so­fern er­gibt sich aus den Ent­schei­dungs­gründen un­ter Zif­fer 3. des Be­schlus­ses vom 21.08.2015, dass das Ar­beits­ge­richt die Rechts­auf­fas­sung ver­tre­ten hat, dass § 104 Be­trVG ei­nen Kündi­gungs­grund vor­aus­setzt. Es hat aus­geführt, dass die aus­ge­spro­che­nen Ab­mah­nun­gen ei­ner Kündi­gung nicht ent­ge­genstünden. Zwar sei der Kündi­gungs­grund ver­braucht, wenn ei­ne Ab­mah­nung aus­ge­spro­chen wor­den sei. Die­ser Ver­zicht könne aber nur für die Ar­beit­ge­be­rin, nicht auch für den Be­triebs­rat gel­ten. In­so­fern bil­de das Beschäfti­gungs­ver­bot auf Grund­la­ge von § 104 Be­trVG ei­nen be­triebs­be­ding­ten Kündi­gungs­grund. Die­se Ar­gu­men­ta­ti­on lässt aus Sicht der er­ken­nen­den Kam­mer nur den Rück­schluss zu, dass das Ar­beits­ge­richt sei­ne Ent­schei­dung im Be­schluss­ver­fah­ren als be­triebs­be­ding­ten Kündi­gungs­grund an­ge­se­hen hat und da­mit kei­ne frist­lo­se Ent­las­sung te­n­o­riert hat.

Dem ent­spricht es, dass der Be­triebs­rat im vor­an­ge­gan­ge­nen Be­schluss­ver­fah­ren aus Sicht der Kam­mer die frist­lo­se Kündi­gung we­der sei­nem An­trag noch sei­ner An­trags­be­gründung nach ver­langt hat.

Zu­dem ent­spricht die or­dent­li­che Kündi­gung im Fal­le des § 104 Be­trVG nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung dem Re­gel­fall (APS/Linck Be­trVG § 104 Rn. 18). Denn in der Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur wird über­wie­gend für ein Vor­ge­hen nach § 626 BGB die Ein­hal­tung der zweiwöchi­gen Kündi­gungs­erklärungs­frist im Zeit­punkt des Ver­lan­gens des Be­triebs­rats für er­for­der­lich ge­hal­ten, die re­gelmäßig ab­ge­lau­fen sein dürf­te (LAG Hamm, v. 23.10.2009 - 10 TaBV 39/09, ju­ris; APS/Linck Be­trVG § 104 Rn. 18; Fit­ting § 104 Rn. 17; GK-Be­trVG/Raab § 104 Rn. 20; HSWGN/Sch­lochau­er § 104 Rn. 19. A.A. KR/Et­zel § 104 Be­trVG Rn. 46, der die Zwei­wo­chen­frist des § 626 Abs. 2 BGB mit der Rechts­kraft der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts er­neut zu lau­fen be­gin­nen lässt).

bb)So­weit die Be­klag­te die frist­lo­se Kündi­gung un­abhängig von der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­rich­tes im Ver­fah­ren 11 BV 100/15 auf die dort vor­ge­brach­ten ma­te­ri­el­len Kündi­gungs­gründe stützen woll­te, wäre die zweiwöchi­ge Kündi­gungs­erklärungs­frist nach den dar­ge­leg­ten Grundsätzen oh­ne­hin längst ab­ge­lau­fen. Aus­gangs­punkt der zur frist­lo­sen Kündi­gung führen­den Vorwürfe ist ein Ver­hal­ten der Kläge­rin vom 06.01.2015. Die­se wa­ren be­reits Ge­gen­stand ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung vom 08.01.2015, die die Be­klag­te in­des wie­der zurück­ge­nom­men hat. Da­mit können die­se Gründe auf­grund der be­reits auf­ge­zeig­ten recht­li­chen An­for­de­run­gen im Rah­men des § 626 Abs. 2 BGB kei­nes­falls als ei­genständi­ge Kündi­gungsründe für die Kündi­gung vom 21.10.2015 her­an­ge­zo­gen wer­den.

2.Die or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 21.10.2015 ist hin­ge­gen wirk­sam und hat das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis zum 30.06.2016 auf­gelöst.

a)Auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en fin­det das KSchG gem. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 2 KSchG An­wen­dung, da im maßgeb­li­chen Zeit­punkt des Zu­gangs der Kündi­gungs­erklärung das Ar­beits­verhält­nis länger als sechs Mo­na­te be­stand und die Be­klag­te ständig mehr als zehn Ar­beit­neh­mer beschäftigt. Die Kläge­rin hat gem. § 4 KSchG recht­zei­tig Kla­ge er­ho­ben, da die dreiwöchi­ge Frist zwi­schen Zu­gang der Kündi­gung und Kla­ge­er­he­bung ge­wahrt ist.

b)Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG ist die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­genüber ei­nem Ar­beit­neh­mer, des­sen Ar­beits­verhält­nis in dem­sel­ben Be­trieb oder Un­ter­neh­men oh­ne Un­ter­bre­chung länger als sechs Mo­na­te be­stan­den hat, rechts­un­wirk­sam, wenn sie so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt ist. Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist ei­ne Kündi­gung so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Per­son oder in dem Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers lie­gen oder durch drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se, die ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers in die­sem Be­trieb ent­ge­gen­ste­hen, be­dingt ist. Das Ge­setz dif­fe­ren­ziert al­so zwi­schen be­triebs­be­ding­ter, per­so­nen­be­ding­ter und ver­hal­tens­be­ding­ter Kündi­gung.

Es kann of­fen­blei­ben, wel­chem die­ser Kündi­gungs­gründe die Kündi­gung der Kläge­rin zu­zu­ord­nen ist.

aa)Über­wie­gend wird ver­tre­ten, dass das Ver­lan­gen des Be­triebs­rats kei­nen ei­genständi­gen Kündi­gungs­grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB oder des § 1 KSchG schafft. Viel­mehr set­ze das Kündi­gungs- bzw. Ver­set­zungs­ver­lan­gen ei­nen ob­jek­ti­ven Kündi­gungs- oder Ver­set­zungs­grund vor­aus (BAG v. 15.05.1997 - 2 AZR 519/96, ju­ris; APS/Linck Be­trVG § 104 Rn. 23; KR/Et­zel § 104 Be­trVG Rn. 14; Fit­ting § 104 Rn. 10; GK-Be­trVG/Raab § 104 Rn. 13; HSWGN/Sch­lochau­er § 104 Rn. 11). Ist das Ver­lan­gen des Be­triebs­rats un­be­rech­tigt, müsse sich der Ar­beit­ge­ber vor den be­tref­fen­den Ar­beit­neh­mer stel­len und dürfe dem Ver­lan­gen nicht nach­kom­men. Die vom BAG zur Druckkündi­gung ent­wi­ckel­ten Grundsätze sei­en hier ent­spre­chend an­zu­wen­den (APS/Linck Be­trVG § 104 Rn. 23; KR/Et­zel § 104 Be­trVG Rn. 32; Fit­ting § 104 Rn. 10; GK-Be­trVG/Raab § 103 Rn. 15). Le­dig­lich dann, wenn der Ar­beit­ge­ber dem Druck des Be­triebs­rats bzw. der Ar­beit­neh­mer­schaft nicht ent­ge­hen könne, kom­me ei­ne Kündi­gung in Be­tracht (APS/Linck Be­trVG § 104 Rn. 23; Fit­ting § 104 Rn. 10; KR/Et­zel § 104 Be­trVG Rn. 32; HSWGN/Sch­lochau­er § 104 Rn. 15; wohl auch Ri­char­di/Thüsing, § 104 Rz.14, der aber ei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung an­nimmt).

(1)Das BAG un­ter­schei­det bei der Druckkündi­gung zwei Fälle. Ei­ner­seits die "un­ech­te Druckkündi­gung". Hier kann das Ver­lan­gen des Drit­ten durch ein Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers oder ei­nen per­so­nen­be­ding­ten Grund ob­jek­tiv ge­recht­fer­tigt sein. Fehlt es an ei­ner ob­jek­ti­ven Recht­fer­ti­gung der Dro­hung, kann nach Auf­fas­sung des BAG ei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung in Aus­nah­mefällen ge­recht­fer­tigt sein, "ech­te Druckkündi­gung". Der Ar­beit­ge­ber muss sich auf­grund sei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Fürsor­ge­pflicht zunächst schützend vor den Ar­beit­neh­mer stel­len und al­les Zu­mut­ba­re ver­su­chen, den oder die Drit­ten von ih­rer Dro­hung ab­zu­brin­gen. Ge­lingt dies nicht und dro­hen schwe­re Schäden, sei die be­triebs­be­ding­te Kündi­gung ge­recht­fer­tigt. Sie muss nach dem Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit die ein­zig prak­tisch in Be­tracht kom­men­de Maßnah­me sein, die Schäden ab­zu­wen­den. BAG v. 18. 07. 2013 - 6 AZR 420/12, NZA 2014, 109; BAG v. 31. 1. 1996 - 2 AZR 158/95, AP § 626 BGB Druckkündi­gung Nr. 13; BAG v. 4. 10. 1990 - 2 AZR 201/90, AP § 626 BGB Druckkündi­gung Nr. 12; BAG v. 19. 6. 1986 - 2 AZR 563/85, AP § 1 KSchG Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 33; KR/Grie­be­ling § 1 KSchG Rd­nr. 586. Die Druckkündi­gung passt in­des nicht in das Sys­tem der be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung. We­sent­li­ches Merk­mal der be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung ist, dass das Beschäfti­gungs­bedürf­nis für den gekündig­ten Ar­beit­neh­mer entfällt. Da­von kann bei ei­ner Druckkündi­gung kei­ne Re­de sein. Sys­te­ma­tisch kann die Druckkündi­gung des­halb nur bei der ver­hal­tens- oder per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gung ver­or­tet wer­den. Da­zu ist er­for­der­lich, dass der von Drit­ten aus­geübte Druck aus per­so­nen- oder ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen ei­ne ge­wis­se Be­rech­ti­gung hat. Hat sich der Ar­beit­neh­mer aber über­haupt nichts zu Schul­den kom­men las­sen, darf der un­ge­recht­fer­tig­te Druck Drit­ter nicht zum Ver­lust des Ar­beits­plat­zes führen.

(2)Da­bei wäre ei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung ge­recht­fer­tigt, wenn Umstände im Ver­hal­ten ei­nes Ar­beit­neh­mers vor­lie­gen, die bei verständi­ger Würdi­gung in Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen der Ver­trags­par­tei­en die Kündi­gung als bil­li­gens­wert und an­ge­mes­sen er­schei­nen las­sen. Im Un­ter­schied zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung aus wich­ti­gem Grund müssen die ver­hal­tens­be­ding­ten Gründe nicht so schwer­wie­gend sein, dass sie für den Ar­beit­ge­ber die Un­zu­mut­bar­keit der Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum En­de Kündi­gungs­frist oder bis zur ver­ein­bar­ten Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses be­gründen. Er­for­der­lich ist ein Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers, durch das das Ar­beits­verhält­nis kon­kret be­ein­träch­tigt wird, ei­ne zu­mut­ba­re Wei­ter­beschäfti­gungsmöglich­keit ei­ner an­de­ren Beschäfti­gung nicht be­steht und die Lösung des Ar­beits­verhält­nis­ses in Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le bil­li­gens­wert und an­ge­mes­sen er­scheint (BAG v. 13.12.2007 - 2 AZR 818/06, NZA 2008, 589; BAG v. 12.01.2006, 2 AZR 179/05, NZA 2006, 980). Die­se Prüfung der So­zi­al­wid­rig­keit er­folgt auf die­ser Grund­la­ge re­gelmäßig in vier Stu­fen (so auch Ha­Ko/Fie­big, § 1 KSchG Rz. 201). Auf der ers­ten Stu­fe ist ein ver­trags­wid­ri­ges Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers fest­zu­stel­len. Wie bei der frist­lo­sen Kündi­gung ist auf der ers­ten Stu­fe zunächst zu prüfen, ob das Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers "an sich ge­eig­net" ist, ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen. Das ver­trags­wid­ri­ge Ver­hal­ten muss so­dann auf ei­ner zwei­ten Stu­fe zu ei­ner kon­kre­ten Störung des Ar­beits­verhält­nis­ses führen. Hier­bei ist zu be­ach­ten, dass die Ver­trags­ver­let­zung an sich im All­ge­mei­nen schon ei­ne Störung des Ar­beits­verhält­nis­ses be­deu­tet, es je­doch ent­schei­dend dar­auf an­kommt, ob auch in Zu­kunft ei­ne Störung ein­tre­ten wird. Ver­hal­tens­be­ding­te Leis­tungsstörun­gen sind al­so nur dann kündi­gungs­re­le­vant, wenn auch künf­ti­ge Ver­trags­verstöße zu befürch­ten sind. Auf der drit­ten Stu­fe ist im Rah­men des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes zu prüfen, ob mil­de­re Mit­tel zur Verfügung ste­hen, die or­dent­li­che Kündi­gung ab­zu­wen­den. Zu­letzt ist auf der vier­ten Stu­fe ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­abwägung vor­zu­neh­men. Un­abhängig da­von, wie schwer­wie­gend ein Pflicht­ver­s­toß ist, bleibt stets zu prüfen, ob un­ter Berück­sich­ti­gung der Ge­samt­umstände des Ein­zel­fal­les das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses das des Ar­beit­neh­mers an sei­ner Fort­set­zung über­wiegt.

(3)Bei der per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gung käme es zunächst auf ei­ne ne­ga­ti­ve Pro­gno­se an. Zum Zeit­punkt des Zu­gangs der Kündi­gung müss­ten auf ei­ner ers­ten Stu­fe ob­jek­ti­ve Tat­sa­chen vor­lie­gen, die die Be­sorg­nis recht­fer­ti­gen, dass der Ar­beit­neh­mer aus Gründen in sei­ner Per­son nicht in der La­ge ist, künf­tig die ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen (vgl. et­wa: BAG v. 23.04.2008 - 2 AZR 1012/06, NZA-RR 2008, 515; BAG v. 08.11.2007 - 2 AZR 292/06, NZA 2008, 593). Die pro­gnos­ti­zier­ten Fehl­zei­ten sind nur dann ge­eig­net, ei­ne krank­heits­be­ding­te Kündi­gung so­zi­al zu recht­fer­ti­gen, wenn sie auf der zwei­ten Stu­fe zu ei­ner er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gung der be­trieb­li­chen In­ter­es­sen führen. Hier­zu kom­men zwei Ar­ten von Be­ein­träch­ti­gun­gen in Be­tracht, Be­triebs­ab­laufstörun­gen und er­heb­li­che wirt­schaft­li­che Be­las­tun­gen (BAG v. 08.11.2007 - 2 AZR 292/06, NZA 2008, 593; BAG v. 06.09.1989, EzA Nr. 27 zu § 1 KSchG Krank­heit). Liegt ei­ne sol­che er­heb­li­che Be­ein­träch­ti­gung der be­trieb­li­chen In­ter­es­sen vor, ist auf der drit­ten Stu­fe im Rah­men ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­abwägung gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu prüfen, ob die er­heb­li­chen be­trieb­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen zu ei­ner bil­li­ger­wei­se nicht mehr hin­zu­neh­men­den Be­las­tung des Ar­beit­ge­bers führen (BAG v. 23.04.2008 - 2 AZR 1012/06, NZA-RR 2008, 515; BAG v. 08.11.2007 - 2 AZR 292/06, NZA 2008, 593; BAG v. 20.01.2000 - 2 AZR 378/99, NZA 2000, 768; BAG v. 05.07.1990 - 2 AZR 154/90, AP Nr. 26 zu § 1 KSchG Krank­heit; BAG v. 16.02.1989, 2 AZR 299/88, NZA 1989, 923).

(4)Woll­te man ei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung an­neh­men, könn­ten sich drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se für ei­ne Kündi­gung im Sin­ne von § 1 Abs. 2 KSchG, können sich aus in­ner­be­trieb­li­chen Umständen oder außer­be­trieb­li­chen Gründen er­ge­ben. Die­se be­trieb­li­chen Er­for­der­nis­se müssen drin­gend sein und ei­ne Kündi­gung im In­ter­es­se des Be­trie­bes not­wen­dig ma­chen. Die­se wei­te­re Vor­aus­set­zung ist erfüllt, wenn es dem Ar­beit­ge­ber nicht möglich ist, der be­trieb­li­chen La­ge durch an­de­re Maßnah­men auf tech­ni­schem, or­ga­ni­sa­to­ri­schem oder wirt­schaft­li­chem Ge­biet als durch ei­ne Kündi­gung zu ent­spre­chen. Die Kündi­gung muss we­gen der be­trieb­li­chen La­ge un­ver­meid­bar sein (BAG v. 24.05.2012 - 2 AZR 124/11, ju­ris; BAG v. 23.02.2012 - 2 AZR 482/11, ju­ris; BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 456/98, AP Nr. 103 zu § 1 KSchG 1969 be­triebs­be­ding­te Kündi­gung).

In die­sem Zu­sam­men­hang ist ei­ne Kündi­gung aus in­ner­be­trieb­li­chen Gründen ge­recht­fer­tigt, wenn sich der Ar­beit­ge­ber im Un­ter­neh­mens­be­reich zu ei­ner or­ga­ni­sa­to­ri­schen Maßnah­me ent­schließt, bei de­ren in­ner­be­trieb­li­cher Um­set­zung das Bedürf­nis für die Wei­ter­beschäfti­gung ei­nes oder meh­re­rer Ar­beit­neh­mer entfällt (BAG v. 24.05.2012 - 2 AZR 124/11, ju­ris; BAG v. 14.08.2007 - 8 AZR 1043/06, NZA 2007, 1431; BAG v. 23.02.2012 - 2 AZR 482/11, ju­ris; BAG v. 18.10.2006 - 2 AZR 434/05, NZA 2007, 552; BAG v. 05.12.2002 - 2 AZR 522/01, AP KSchG 1969 § 1 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 126; BAG v. 28.10.2004 - 8 AZR 391/03, AP KSchG 1969 § 1 So­zia­le Aus­wahl Nr. 69). Da­bei muss der Ar­beit­ge­ber dar­le­gen, wel­che or­ga­ni­sa­to­ri­schen und tech­ni­schen Maßnah­men er an­ge­ord­net hat und wie sich die von ihm be­haup­te­ten Umstände un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar auf die Beschäfti­gungsmöglich­keit des gekündig­ten Ar­beit­neh­mers aus­wir­ken. Der Vor­trag muss er­ken­nen las­sen, ob durch ei­ne in­ner­be­trieb­li­che Maßnah­me das Bedürf­nis für die Wei­ter­beschäfti­gung des gekündig­ten Ar­beit­neh­mers entfällt (BAG v. 24.05.2012 - 2 AZR 124/11, ju­ris; BAG v. 23.02.2012 - 2 AZR 482/11, ju­ris; BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 456/98, a.a.O.; BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 522/98, AP Nr. 102 zu § 1 KSchG 1969 be­triebs­be­ding­te Kündi­gung; BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 141/99, AP Nr. 101 zu § 1 KSchG 1969 be­triebs­be­ding­te Kündi­gung). Da­bei un­ter­liegt es der vol­len Nach­prüfung durch die Ge­rich­te, ob ei­ne ent­spre­chen­de un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung tatsächlich vor­liegt und durch ih­re Um­set­zung das Beschäfti­gungs­bedürf­nis für ein­zel­ne Ar­beit­neh­mer ent­fal­len ist. Da­ge­gen ist die un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung nicht auf ih­re sach­li­che Recht­fer­ti­gung oder ih­re Zweckmäßig­keit zu über­prüfen, son­dern nur dar­auf, ob sie of­fen­bar un­sach­lich, un­vernünf­tig oder willkürlich ist (BAG v. 24.05.2012 - 2 AZR 124/11, ju­ris; BAG v. 23.02.2012 - 2 AZR 482/11, ju­ris; BAG v. 18.10.2006 - 2 AZR 434/05, NZA 2007, 552; BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 522/98, a.a.O.).

bb)Auf ei­ne ei­genständi­ge Prüfung der Vor­aus­set­zun­gen des § 1 KSchG kommt es in­des nicht an. Denn die Bin­dungs­wir­kung des Be­schlus­ses vom 21.08.2015 im Ver­fah­ren 11 BV 100/15 ist zu berück­sich­ti­gen.

Un­abhängig da­von, ob § 104 Be­trVG ei­nen ei­ge­nen neu­en Kündi­gungs­grund schafft, oder aber ei­nen sol­chen nach dem KSchG vor­aus­setzt, ist zu be­ach­ten, dass der Be­klag­ten im Ver­fah­ren 11 BV 100/15 rechts­kräftig die Ent­las­sung der Kläge­rin auf­ge­ge­ben wor­den ist. Auch ist zu be­ach­ten, dass der be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung in die­sem Be­schluss­ver­fah­ren gem. § 83 Abs.3 ArbGG zu be­tei­li­gen und des­halb zu hören ist (LAG Hamm v. 23.10.2009 - 10 TaBV 39/09, ju­ris; LAG Ba­den-Würt­tem­berg v. 24.01.2002 - 4 TaBV 1/01, ju­ris; APS/Linck, § 104 Rz. 30; KR/Et­zel § 104 Be­trVG Rn. 42; Fit­ting § 104 Rn. 14; Ri­char­di/Thüsing § 104 Rn. 21; HSWGN/Sch­lochau­er § 104 Rn. 17; aA GK-Be­trVG/Raab § 104 Rn. 18; Hauck/Helml/Biebl § 83 Rn. 13). Die er­for­der­li­che Be­tei­li­gung in die­sem Ver­fah­ren ist auch er­folgt.

Ist dies der Fall, dann ist die statt­ge­ben­de Ent­schei­dung im Be­schluss­ver­fah­ren nach § 104 Be­trVG nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung präju­di­zi­ell für den nach­fol­gen­den Kündi­gungs­schutz­pro­zess. Die - nicht ge­setz­lich aus­drück­lich vor­ge­se­he­ne - Be­tei­li­gung im Be­schluss­ver­fah­ren eröff­net dem Ar­beit­neh­mer die Möglich­keit, al­le Rech­te ei­nes Be­tei­lig­ten im Ver­fah­ren wahr­zu­neh­men, um ei­ne ihm nach­tei­li­ge Ent­schei­dung zu ver­mei­den. Wenn er aber nicht le­dig­lich Ob­jekt des Ver­fah­rens ist, son­dern den Sta­tus ei­nes Be­tei­lig­ten hat, ist es ge­recht­fer­tigt, dem Ver­fah­ren Bin­dungs­wir­kung bei­zu­mes­sen (LAG Ba­den-Würt­tem­berg v. 24.01.2002 - 4 TaBV 1/01, ju­ris; APS/Linck Be­trVG § 104 Rn. 38; Däubler, § 104 Be­trVG Rz. 11; KR/Et­zel, § 104 Be­trVG Rz. 78; Ri­char­di/Thüsing, § 104 Rz. 26; Fit­ting, § 104 Rz. 17). Das Ver­fah­ren nach § 104 Be­trVG hat nur dann ei­nen Sinn, wenn der Be­triebs­rat die Maßnah­me auch ef­fek­tiv und nicht nur durch ein for­ma­les Rechts­geschäft, zu dem er den Ar­beit­ge­ber durch Zwangs­geld zwin­gen kann, durch­set­zen kann, so­weit er sie zu Recht ver­langt. Die­se Möglich­keit ist im Übri­gen im Rah­men des § 104 Be­trVG auch all­ge­mein an­er­kannt (APS/Linck Be­trVG § 104 Rn. 36; Fit­ting § 104 Rn. 19; KR/Et­zel § 104 Be­trVG Rn. 62; GK-Be­trVG/Raab § 104 Rn. 19). Soll­te kei­ne Bin­dungs­wir­kung für das nach­fol­gen­de in­di­vi­du­al­recht­li­che Ver­fah­ren zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Ar­beit­neh­mer be­ste­hen, hätten die­se es in der Hand, durch ein dem­ent­spre­chen­des pro­zesstak­ti­sches Ver­hal­ten das et­wa be­rech­tig­te Ver­lan­gen des Be­triebs­rats zu un­ter­lau­fen (LAG Ba­den-Würt­tem­berg v. 24.01.2002 - 4 TaBV 1/01, ju­ris). Dies ver­kennt die Kläge­rin in ih­rer Be­ru­fungs­be­gründung. Denn un­abhängig da­von, dass § 104 Be­trVG nicht aus­drück­lich ih­re Be­tei­li­gung vor­sieht, ist zu be­ach­ten, dass ei­ne sol­che tatsächlich er­folgt ist.

An­ders als im Rah­men des § 103 ist zu­dem zu be­ach­ten, dass nicht nur ei­ne kol­lek­tiv­recht­li­che Sper­re be­sei­tigt wird und der Te­nor auf "Er­set­zung der Zu­stim­mung zu ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung lau­tet" (vgl. da­zu BAG v. 15.08.2002 - 2 AZR 214/01, ju­ris). Die im Be­schluss ent­hal­te­ne An­ord­nung zur "Ent­las­sung" nimmt al­so an der Rechts­kraft teil. Auch die­sen Um­stand ver­kennt die Kläge­rin in ih­rer Be­ru­fungs­be­gründung. In der Tat be­ste­hen zwar durch­aus Un­ter­schie­de zwi­schen § 103 und 104 Be­trVG, die­ser Un­ter­schied be­steht aber in der Te­n­o­rie­rung und führt un­mit­tel­bar zu ei­ner Bin­dungs­wir­kung, weil der Te­nor ge­ra­de auf "Ent­las­sung" lau­tet.

Nach dem auch im ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­ren an­wend­ba­ren § 322 Abs. 1 ZPO sind Be­schlüsse der Rechts­kraft fähig, so­weit über den durch den An­trag er­ho­be­nen An­spruch ent­schie­den ist (BAG v. 23.02.2016 - 1 AZR 73/14, ju­ris; BAG v. 05.03.2013 - 1 ABR 75/11, ju­ris). Der Be­griff des An­spruchs in § 322 Abs. 1 ZPO be­zeich­net den pro­zes­sua­len An­spruch im Sinn der Streit­ge­gen­stands­leh­re. Die­ser rich­tet sich nach dem zur Ent­schei­dung ge­stell­ten An­trag und dem zu­gehöri­gen Le­bens­sach­ver­halt, aus dem die be­gehr­te Rechts­fol­ge her­ge­lei­tet wird. Da­bei sind die Gründe des Be­schlus­ses ergänzend her­an­zu­zie­hen, wenn die Ent­schei­dungs­for­mel, wie ins­be­son­de­re bei ei­ner den An­trag ab­wei­sen­den Ent­schei­dung, den Streit­ge­gen­stand und da­mit den Um­fang der Rechts­kraft nicht er­ken­nen lässt (BAG v. 23.02.2016 - 1 AZR 73/14, ju­ris; BAG v. 05.03.2013 - 1 ABR 75/11, ju­ris).

Das Ar­beits­ge­richt hat in­des rechts­kräftig über "die Ent­las­sung" ent­schie­den. Da­bei ist auf­grund des Te­nors und der Ent­schei­dungs­gründe klar, dass das Ar­beits­ge­richt dem Ar­beit­ge­ber die or­dent­li­che Kündi­gung der Kläge­rin auf­ge­ge­ben hat. Die­ses rechts­kräfti­ge Er­geb­nis, das un­ter Be­tei­li­gung der Kläge­rin zu­stan­de ge­kom­men ist, muss sie ge­gen sich gel­ten las­sen, weil die präju­di­zi­el­le Wir­kung be­steht.

Das BAG ver­tritt in ständi­ger Recht­spre­chung die An­sicht, dass ei­ne präju­di­zi­el­le Bin­dungs­wir­kung oder Präklu­si­ons­wir­kung - auch außer­halb vom Be­ste­hen aus­drück­li­cher Präklu­si­ons­nor­men und des vom Wort­laut des § 325 ZPO vor­ge­ge­be­nen Rah­mens - dann ge­recht­fer­tigt ist, wenn die Rechts­la­ge des Ar­beit­neh­mers primär durch ei­ne kol­lek­tiv­recht­li­che Vor­fra­ge ge­prägt und da­her sei­ne in­di­vi­du­el­le Po­si­ti­on in ein überg­rei­fen­des Be­zugs­sys­tem ein­ge­bet­tet ist (BAG v. 23.02.2016 - 1 AZR 73/14, ju­ris). In­so­weit gründet sich die Bin­dungs­wir­kung von Ent­schei­dun­gen im Be­schluss­ver­fah­ren für ei­nen nach­fol­gen­den In­di­vi­du­al­rechts­streit vor al­lem in der ma­te­ri­ell- und ver­fah­rens­recht­li­chen Kom­pe­tenz der Be­triebs­par­tei­en. Die­se wirkt je­den­falls dann für und ge­gen den Ar­beit­neh­mer, wenn er an die­sem Ver­fah­ren be­tei­ligt ge­we­sen ist (vgl. da­zu auch: Tre­ber: Präju­di­zia­lität rechts­kräfti­ger Ent­schei­dun­gen im ar­beits­ge­richt­li­chen Be­schluss­ver­fah­ren, NZA 2016, 744). An­dern­falls wäre das ar­beits­ge­richt­li­che Be­schluss­ver­fah­ren ent­wer­tet und im Fal­le des Ob­sie­gens des Ar­beit­ge­bers auch sinn­los, wenn er ein wei­te­res Ver­fah­ren mit iden­ti­schem Streit­ge­gen­stand führen müss­te. Die ma­te­ri­el­le Rechts­kraft er­fasst nicht nur die iso­lier­te "Ent­las­sung", son­dern auch den zu Grun­de lie­gen­den Ge­stal­tungs­grund.

Dies hat zur Fol­ge, dass das Ar­beits­ge­richt im Kündi­gungs­schutz­pro­zess an die Ent­schei­dung im Vor­pro­zess zu § 104 Be­trVG ge­bun­den ist.

Es hat da­her da­von aus­zu­ge­hen, dass die Kläge­rin durch ihr Ver­hal­ten den Be­triebs­frie­den ernst­lich gestört hat, ih­re Ent­fer­nung aus dem Be­trieb zur Wie­der­her­stel­lung des Be­triebs­frie­dens er­for­der­lich ist und so­mit ein Kündi­gungs­grund iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor­liegt. Da­bei ist zu be­ach­ten, dass das Ar­beits­ge­richt - wie be­reits her­aus­ge­ar­bei­tet - der Ar­beit­ge­be­rin ei­ne kon­kre­te Kündi­gung auf­ge­ge­ben hat. Es ist des­halb un­er­heb­lich, dass der Be­griff "Ent­las­sung" durch­aus auch durch frist­lo­se Kündi­gung oder Ver­set­zung voll­zo­gen wer­den kann. In­so­weit hat die Kläge­rin recht. In­des ver­kennt sie - und dar­auf wur­de be­reits hin­ge­wie­sen - dass das Ar­beits­ge­richt im zu­grun­de­lie­gen­den Be­schluss der Ar­beit­ge­be­rin ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung auf­ge­ge­ben hat.

c)Ei­ne Ver­set­zung kommt als mil­de­res Mit­tel eben­falls nicht in Be­tracht.

Der Kläge­rin ist zu­zu­ge­ben, dass der Be­triebs­rat bei sei­ner Ent­schei­dung - eben­so wie je­der Ar­beit­ge­ber vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung - zu prüfen, ob er nicht an­stel­le der Ent­las­sung des be­triebsstören­den Ar­beit­neh­mers nur des­sen Ver­set­zung als mil­de­res Mit­tel zur Er­rei­chung des gewünsch­ten Ziels (Her­stel­lung des Be­triebs­frie­dens) ver­langt (LAG Hamm v. 23.10.2009 - 10 TaBV 39/09, ju­ris; APS/Linck Be­trVG § 104 Rn. 20; KR/Et­zel § 104 Be­trVG Rn. 23; Fit­ting § 104 Rn. 9; GK-Be­trVG/Raab § 104 Rn. 11; Ri­char­di/Thüsing § 104 Rn. 14; HSWGN/Sch­lochau­er § 104 Rn. 9).

Dass als mil­de­res Mit­tel ei­ne Ver­set­zung in­des nicht in Be­tracht kommt, ist eben­falls schon dem Be­schluss vom 21.08.2015 im Ver­fah­ren 11 BV 100/15 zu ent­neh­men. Denn der Te­nor lau­tet aus­drück­lich auf Ent­las­sung. Dies, ob­gleich der Be­triebs­rat in die­sem Ver­fah­ren den Hilfs­an­trag auf Ver­set­zung ge­stellt hat. In­so­fern hat das Ar­beits­ge­richt auf Sei­te 10 sei­nes Be­schlus­ses auch dar­ge­legt, dass die Störung des Be­triebs­frie­dens nicht durch ei­ne Ver­set­zung be­sei­tigt wer­den kann. Dies schließt auch ei­ne Ände­rungskündi­gung mit ein. Auch dar­an ist die er­ken­nen­de Kam­mer nach den Ausführun­gen un­ter b) ge­bun­den. Die Kläge­rin hat in­so­weit auch sub­stan­ti­iert nichts vor­ge­tra­gen, son­dern le­dig­lich gel­tend ge­macht, die Wei­ter­beschäfti­gung in ei­nem an­de­ren Be­trieb hätte an­ge­bo­ten wer­den müssen.

d)Der Be­triebs­rat ist ord­nungs­gemäß be­tei­ligt wor­den.

aa)Gem. § 102 Abs. 1 Be­trVG ist der Be­triebs­rat vor je­der Kündi­gung zu hören. Da­bei hat der Ar­beit­ge­ber dem Be­triebs­rat die Gründe für die Kündi­gung mit­zu­tei­len, d.h. der Ar­beit­ge­ber muss schrift­lich oder münd­lich dem Be­triebs­rat ne­ben nähe­ren In­for­ma­tio­nen über die Per­son des be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mers, die Art und den Zeit­punkt der Kündi­gung und die sei­ner An­sicht nach maßgeb­li­chen Kündi­gungs­gründe mit­tei­len. Der für den Ar­beit­ge­ber maßge­ben­de Sach­ver­halt ist un­ter An­ga­be der Tat­sa­chen, aus de­nen der Kündi­gungs­ent­schluss her­ge­lei­tet wird, so näher zu be­schrei­ben, dass der Be­triebs­rat oh­ne zusätz­li­che ei­ge­ne Nach­for­schun­gen in die La­ge ver­setzt wird, die Stich­hal­tig­keit der Kündi­gungs­gründe zu prüfen und sich über ei­ne Stel­lung­nah­me schlüssig zu wer­den (BAG v. 23.10.2008 - 2 AZR 163/07, BB 2009, 1758; BAG v. 17.02.2000 - 2 AZR 913/98, NZA 2000, 761). Da­bei gilt der Grund­satz der sub­jek­ti­ven De­ter­mi­nie­rung. Der Ar­beit­ge­ber muss dem Be­triebs­rat die Gründe mit­tei­len, die ihn zum Aus­spruch der Kündi­gung ver­an­las­sen und aus sei­ner sub­jek­ti­ven Sicht den Kündi­gungs­ent­schluss tra­gen. Umstände, die der Ar­beit­ge­ber nicht für ent­schei­dend hält, braucht er dem Be­triebs­rat nicht mit­zu­tei­len. Es kommt des­halb für die Wirk­sam­keit der Anhörung al­lein auf die Sicht des Ar­beit­ge­bers an (BAG v. 23.10.2008 - 2 AZR 163/07, BB 2009, 1758; BAG v. 05.04.2001 - 2 AZR 580/99, NZA 2001, 893). Ei­ne be­wusst ir­reführen­de Sach­ver­halts­schil­de­rung, z. B. durch Ver­schwei­gen we­sent­li­cher Umstände führt dem­ge­genüber zur Un­wirk­sam­keit der Be­triebs­rats­anhörung und hat die Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung zur Fol­ge (BAG v. 09.03.1995, NZA 95, 678).

Die Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers zu ei­ner ge­nau­en und um­fas­sen­den Un­ter­rich­tung des Be­triebs­ra­tes entfällt, wenn der Ar­beit­ge­ber den Be­triebs­rat be­reits vor Be­ginn des Anhörungs­ver­fah­rens erschöpfend über die Kündi­gungs­gründe un­ter­rich­tet hat. Der Ar­beit­ge­ber genügt sei­ner Mit­tei­lungs­ver­pflich­tung in ei­nem sol­chen Fall, wenn er im Anhörungs­ver­fah­ren pau­schal auf die be­reits mit­ge­teil­ten Gründe ver­weist (BAG vom 19.05.1993, AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969). Das Glei­che gilt, wenn dem Be­triebs­rat die Gründe für die Kündi­gung oh­ne­hin be­kannt sind (vgl. auch BAG v. 20.05.1999 - 2 AZR 532/98, DB 2000, 149; BAG v. 24.11.1983, AP Nr. 30 zu § 102 Be­trVG).

bb)Auf die­ser Grund­la­ge ist bei ei­nem vor­an­ge­gan­ge­nen Kündi­gungs­ver­lan­gen des Be­triebs­ra­tes ei­ne Pflicht zur Anhörung nicht er­for­der­lich. Dies ent­spricht der ständi­gen Recht­spre­chung der BAG so­wie der ein­hel­li­gen Auf­fas­sung in der Li­te­ra­tur. Denn das Ent­las­sungs­ver­lan­gen enthält dann be­reits die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu der Kündi­gung, so­lan­ge der Ar­beit­ge­ber mit sei­ner Kündi­gung nur die­sem Ent­las­sungs­ver­lan­gen nach­kommt und nicht et­wa ei­ne an­de­re Maßnah­me ein­lei­tet (BAG v. 15.05.1997 - 2 AZR 519/96, ju­ris; BAG v. 30.11.1978, 2 AZR 130/77, n.v.; APS/Linck Be­trVG § 104 Rn. 24; Thüsing, § 104 Be­trVG Rz. 15; KR-Et­zel, § 104 Be­trVG Rz 33; GK-Raab/Be­trVG, § 104 Rz 16; Fit­ting, § 104 Rz 7; Däubler, § 104 Rz 7; LAG München v. 13.02.1975 - 8 TaBV 73/74, BB 1975, 968). Die­se Sicht­wei­se ist zu­tref­fend. Der Be­triebs­rat hat die Ent­las­sung der Kläge­rin ge­for­dert und in ei­nem Be­schluss­ver­fah­ren durch­ge­setzt. Dies setzt vor­aus, dass sich der Be­triebs­rat mit dem Fall be­fasst hat und ei­nen Be­schluss zur Ein­lei­tung des Be­schluss­ver­fah­rens auf Ent­las­sung ge­trof­fen hat. In die­sem Ver­fah­ren war die Kläge­rin be­tei­ligt und hat um­fas­send zum Sach­ver­halt vor­ge­tra­gen. In die­ser Si­tua­ti­on hat der Be­triebs­rat nicht nur die er­for­der­li­che Kennt­nis und In­for­ma­ti­on. Er ist Initia­tor der Ent­las­sung und der Ar­beit­ge­ber zur Um­set­zung ver­pflich­tet. In die­ser Si­tua­ti­on Be­tei­li­gungs­rech­te des Be­triebs­ra­tes ein­zu­for­dern, kon­ter­ka­rier­te die ge­setz­li­chen Be­tei­li­gungs­re­ge­lun­gen. Darüber hin­aus reicht in ei­nem Ver­fah­ren nach § 104 Be­trVG je­den­falls die Mit­tei­lung über die be­ab­sich­tig­te Kündi­gung, die hier vom 21.10.2015 da­tiert.

B.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91, 97 Abs. 1 ZPO. Da­nach fal­len die Kos­ten ei­nes oh­ne Er­folg ein­ge­leg­ten Rechts­mit­tels der Per­son zur Last, die es ein­ge­legt hat. In­so­fern trägt die Kläge­rin die Kos­ten der Be­ru­fung, die Be­klag­te die Kos­ten ih­rer An­schluss­be­ru­fung.

C.

Die ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Zu­las­sung der Re­vi­si­on an das Bun­des­ar­beits­ge­richt lie­gen vor. Die Kam­mer ist der Auf­fas­sung, dass dem Rechts­streit we­gen der Fra­ge der Reich­wei­te der Bin­dungs­wir­kung des vor­an­ge­gan­ge­nen Be­schluss­ver­fah­rens grundsätz­li­che Be­deu­tung zu­kommt. Da­mit be­steht der Re­vi­si­ons­grund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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